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Freund hat viele Geheimnisse vor mir

T
Zitat von leilani1801:
Die meisten Menschen in meinem Freundes-Familien oder Kollegenkreis haben sicherlich auch ihre Probleme, aber die sind doch etwas alltäglicherer Natur.


Weisst du, das möchte anzweifeln. Das was unter deren Oberfläche brodelt, kannst du nicht sehen. Seit meiner stationären Therapie sehe ich bei so vielen Menschen in meinem Umfeld deren Probleme. Ich weiss nicht, ob ich sensitiver geworden bin, meine Antennen neu ausgerichtet wurden oder sonstiges. Aber ich kann dir versichern, dass ich Menschen mit anderen Augen sehe.
Als ich in der Klinik aufgeschlagen bin, war ich verwundert durch welche Schichten sich das alles zieht. Da war ein Endzwanziger - braungebrannt, Typ Surferboy, viel gelacht, offen und kommunikativ. Auf deutsch: hättest du den auf der Straße gesehen, hättest du bestimmt gedacht: Wow, der hat bestimmt ein cooles Leben und reitet jedes Wochenende auf einer anderen Welle. Ich kann dir zu ihm sagen: Innerlich war es total kaputt und es war sein dritter stationärer Aufenthalt. Es war auch kein Einzelfall von dem ich hier berichte. Viele Menschen die da waren, den hättest du nicht zugetraut, dass es in ihnen so ein dunkles Loch gibt - Egal ob Borderline, Zwangsstörung, Angststörung, Depression, usw..
Also komm von diesem Gedanken weg.

Zitat von leilani1801:
Aber jetzt ist auch gut. Was ich damit sagen will: mich nervt es oft wenn Leute sagen piens nicht rum, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Das sehe ich einfach nicht so. Oder sagen wir es so: jeder hat seins zu tragen, aber beim einen ist es leichter und beim anderen schwerer.


Warum nervt es dich? Es kommt darauf an, wie man den Satz sieht/bewertet und vor allem, innerhalb welcher Bedeutung ich ihn wahrnehme.
Sicher gibt es genug unreflektierte Menschen, die nicht nachvollziehen können was eine psychische Erkrankung wirklich bedeutet. Aber wenn die sowas sagen, dann kratzt es mich nicht die Bohne. Warum sollte ich von einem gelernten Ballett-Tänzer Ratschläge in Sachen Schiffsreparatur annehmen?
Man kann es aber auch so verstehen: Reiß dich zusammen und geh das endlich an Sender- und Empfängerprinzip.
Es ist für mich schwer hier in Schrift zu verfassen, was ich alles gelernt habe und wie ich die Dinge nun sehe. Ich bin damals dorthin (war schon länger in einer Verhaltenstherapie) und war wie @E-Claire - Die sollen einen Schamanentanz um mich aufführen und nach 8-12 Wochen wollte ich wieder funktionieren. Ja, funktionieren - so habe ich das auch immer wieder ausgedrückt und wurde dann zurechtgerückt.
Nach 3 Wochen war ich erst soweit, dass die Leute dort mit mir arbeiten konnten. Man muss mitarbeiten, man muss sehr stark reflektieren, es macht einen teilweise kaputt und es gab Tage, da bin ich morgens nach dem Einzelgespräch auf mein Zimmer und habe im Wechsel heulend und schlafend den Tag verbracht, weil keine Energie mehr da war. Das wichtigste: Man muss WOLLEN! Ich unterstelle dir nicht, dass du nicht willst. Aber wollen und wollen sind zwei unterschiedliche Dinge, wenn du verstehst.

Ich will hier nicht zu weit ausholen, aber ich glaube, dass du zu vielen Dingen in deinem Leben deine Aufmerksamkeit oder Bedeutung schenkst, die sie nicht benötigen. Du kümmerst dich um alles andere, nur nicht um dich.
Wie gesagt, wenn ich so zurückblicke denke ich immer: Wie blöde warst du eigentlich, weil du die Dinge so und so gesehen hast. Heute kann ich es einfach nicht mehr nachvollziehen, wie ich so sein konnte. Es ist, als sehe ich nun klarer, was vorher alles mit Grauschleier belegt war. Und ich glaube auch, dass das jeder Mensch lernen kann. Ja, es ist ein LERNEN und der Prozess ist nicht abgeschlossen. Meine Erkrankung ist weiterhin Teil von mir, aber ich bekämpfe ihn nicht mehr, ich achte auf ihn mit einer positiven Grundeinstellung.

Übrigens Danke an @E-Claire : Dein Text ist wundervoll und so wahr.

03.02.2018 10:24 • x 1 #61


K
Ich glaube auch, dass Du das mit den Päckchen der anderen unterschätzt. Eine Freundin hat wohlhabende Eltern und muss eigentlich keine exiszenziellen Ängste haben. Dennoch hat sie sie.
stark. Meine Eltern haben kein Geld. Ich habe diese Ängste nicht.

Sie musste ein Kind abtreiben und konnte sich ihren großen Kinder- und Familienwunsch nie erfüllen. Ich wollte nie Kinder. Ich hätte wohl gekonnt.

Ich wurde vergewaltigt und hatte dennoch Beziehungen und immer ein gutes Intimleben. Sie hat beides nicht mehr, seit sie vor 20 Jahren vor den Altar stehen gelassen wurde.

Sie scheitert regelmäßig an ihren Ansprüchen an andere und dem eigenen Perfektionismus. Ich habe Depressionen.

Sie betreibt Körperkult und zählt jede Kalorie, womit der Genuss zu kurz kommt. Ich wiege zu viel, aber genieße.

Sie kommt aus einer einigermaßen heilen kleinen Familie mit noch recht gesunden Eltern. Ich komme aus einer großen Familie, die ich früher mal für relativ heil hielt, die aber in Wahrheit zerrüttet ist und meine Eltern sind beide sehr krank.

Sie wünschte sich immer Geschwister und fühlt sich deswegen einsam, ich leide darunter, dass mein Bruder so desinteressiert ist.

Sie leidet seit etwa dem 30. Lebensjahr unter schwerer Migräne. Ich zwischen 12 und etwa 40 Jahren.

Sie hat ihr Traumstudium an einer Privatschule absolviert, das ihre Eltern finanzierten. Ich habe irgendwas gelernt, um schnell Geld zu verdienen und erst später studiert, weil ich schnell unabhängig sein wollte. Nun verdient sie wenig Geld und ist in ihrem Traumberuf unglücklich. Ich bin Jahrzehnte in irgendeinem Beruf sehr glücklich gewesen und habe dort Erfolge erzielt und weitaus mehr Geld verdient.

Wir sind beide Frauen Ende 40. Wer hat nun das größere Päckchen zu tragen?

Keiner, weil das alles eben nicht vergleichbar ist und auch nicht sein muss.

Schau nicht so sehr auf die anderen. Schau, was Dir wichtig ist. Das Leben ist leider wirklich das, was passiert, während Du andere Pläne machst.

03.02.2018 10:44 • x 6 #62


A


Freund hat viele Geheimnisse vor mir

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K
Und um das nochmal zu ergänzen:
Eine andere Freundin lebt den Traum der ersten mit Mann und Kind, aber die Ehe besteht nur noch auf dem Papier. Sie hat ihren Traumberuf aufwändig gelernt und konnte ihn schon bald aus gesundheitlichen Gründen (Hautkrankheit) nicht mehr ausüben. Ihre Eltern sind eher situiert wie meine und sie hat ein gutes Verhältnis zu ihnen. Aber ihr Vater liegt eigentlich schon seit Jahren im Sterben. Aussehen ist ihr nicht so wichtig, lieber haut sie mit ihrem Kind ab in irgendeinen Steinbruch zum Steineklopfen - auch um ihren Mann nicht auf dem Sofa herumganmeln zu sehen am Wochenende. Unter der Woche haut er zum Arbeiten ab in eine andere Stadt, was er nicht mit ihr vereinbart hatte. Sie sieht sich quasi als Alleinerziehende. Ihre Tochter hat von Geburt an gesundheitliche Probleme und muss besonders gefördert werden. Zudem arbeitet sie halbtags.

Das alles ist auch ein Päckchen, das mit den anderen beiden nicht vergleichbar ist.

Könntest Du Dich entscheiden, welches dieser Leben Du haben wolltest?

Also ich habe trotz allem am liebsten meins.

03.02.2018 11:04 • #63


Scarlett2016
@leilani1801

Du schreibst es ja schon selbst: dieser Mann scheint nicht zu Dir zu passen und Du wirst nie glücklich mit ihm sein.

Zwangsstörung hin oder her: Du bist misstrauisch. Möglicherweise zu Recht.

Darfst Du jetzt eigentlich in seine Wohnung? Plant Ihr auch gemeinsam Urlaube?

Willst Du überhaupt mit ihm weiter zusammen sein? Wenn ja, weshalb?

03.02.2018 11:07 • #64


L
Zitat von Scarlett2016:
Darfst Du jetzt eigentlich in seine Wohnung? Plant Ihr auch gemeinsam Urlaube?

Willst Du überhaupt mit ihm weiter zusammen sein? Wenn ja, weshalb?


Das mit den Besuchen hat sich ja bereits vor einigen Wochen wieder eingependelt. Ich glaube inzwischen auch nicht mehr, dass was mit der Nachbarin am Laufen ist, da haben sich weitere Infos ergeben.

Und ja, er ist auch sehr intensiv damit beschäftigt, Urlaube mit mir zusammen zu planen, das ist gestern wohl falsch rübergekommen. Ich habe aktuell nur wenig Kraft für normale Lebensplanung, da mich meine Sorgen einfach zu sehr runterreißen, der Alltag muss ja auch noch gestemmt werden. Dann ist ja noch vor 3 Wochen mein Bruder verstorben, der Familienknatsch etc.

Deswegen ist mein aktueller Modus so weit es geht zu entspannen und meine Beziehungsprobleme halbwegs auszublenden. Ich bin da gerade in so einem Tunnel, nur auf das Negative konzentriert und sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.

Ziel ist jetzt erstmal mich durch Ablenkung von der Kontrollschiene wegzubekommen. Das werde ich schaffen, habe ich schon sehr oft.

Und vor allem meinen Freund die nächste Zeit mit meinen Sorgen nicht zu belasten. Es ist gut, dass er dieses Wochenende unterwegs ist.

Wenn nichts gravierendes passiert, dann wird die Beziehung erstmal weiterlaufen. Und ich werde versuchen von meiner Seite das mir mögliche zu tun.

Also versuchen selbst für mein Wohlergehen zu sorgen und nicht meinen Freund mit meiner Erwartungshaltung ersticken.

03.02.2018 14:25 • x 1 #65


Scarlett2016
Mein tief empfundenes Mitgefühl @leilani1801 zum Tod Deines Bruders.

Die Trauer wird sich auch in Dir ausbreiten bzw. es wird evtl. in Dir etwas in Bewegung gebracht haben.

Sei gut zu Dir. Versuche Dich nicht nur auf Deinen Freund zu fokussieren sondern auf Dich, auf Deine Gefühle.

Nimm Dir Zeit für Dich, Deine Trauer und vor allem versuche, geduldig mit Dir zu sein.

Alles in Deinem Tempo zu Deiner Zeit.

03.02.2018 14:38 • x 1 #66


E-Claire
@leilani1801

Ich fand nicht, daß Du in Selbstmitleid gebadet hast. Ich fand eigentlich, daß Du sehr gut beschrieben hast, wie frustrierend, schmerzhaft und einsam sich das Leben auch anfühlen kann. Ich denke hier gibt es einige die mitlesen und denken, ja genau, so fühlt sich das an.

Zitat von leilani1801:
Die meisten Menschen in meinem Freundes-Familien oder Kollegenkreis haben sicherlich auch ihre Probleme, aber die sind doch etwas alltäglicherer Natur.

Ähnlich wie @TinTin1980 und @KBR sehe ich das nicht so und insbesondere KBR hat sehr schöne Beispiele vorgebracht. Ich glaube, es ist verführerisch einen vermeintlich objektiven Maßstab, des Besser oder Schlechter brauchbar zu machen, ich glaube auch, daß es in uns zum Teil angelegt ist, gerade auf die zu schauen, die haben, was man sich selbst doch so sehr wünscht.

Leidensdruck, das Leiden selbst sowie Lebensqualität sind aber objektiven Maßstäben nicht wirklich zugänglich. Was für den einen das Schlimmste ist, kann für den anderen deutlich erträglicher sein und nur weil ein anderer etwas als höchstes Glück empfindet, muß es nicht das sein, was einen selbst zufrieden machen würde.

Das Festhalten aber an diesem Glauben, führt zur Isolation.

Zitat von leilani1801:
Was ich damit sagen will: mich nervt es oft wenn Leute sagen piens nicht rum, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Das sehe ich einfach nicht so. Oder sagen wir es so: jeder hat seins zu tragen, aber beim einen ist es leichter und beim anderen schwerer.

So wollte ich meinen Beitrag nicht verstanden wissen. Noch mal, der persönliche Schmerz wird nicht dadurch gemildert, daß es anderen Menschen schlechter auch eben auch schlecht geht.
Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schmerz allerdings, kann dazu führen, daß man lernt diesen besser anzunehmen und dieser Prozess führt möglicherweise weg von objektiven Bewertungen und hin zur Empathie. Mitgefühl für sich selbst und dadurch eben auch Mitgefühl für die anderen.

Diese Reifeprozess erlaubt uns dann den Schmerz (und auch all die anderen Gefühle) bei anderen ebenso wahrzunehmen, wobei das Gefühl in den Vordergrund und der Anlass in den Hintergrund tritt. So wird aus einem nun hab dich doch nicht, daß ist ja alles gar nicht so schlimm, ein hey ich sehe, wie viel Angst Du gerade hast oder wie weh Dir das tut.
Diese Änderung der Wahrnehmung von sich selbst und anderen führt in die Verbundenheit. So fühlen wir uns mit anderen verbunden im gemeinsamen Schmerz aber auch im gemeinsamen Glück.

Haben wir uns vorher aufgrund unseres Schmerzes einsam und isoliert gefühlt, weicht dies dann der Erkenntnis des gemeinsamen.

Zitat von leilani1801:
Sicherlich gibt es auch andere Lebensentwürfe, aber für das Gros der Menschen ist das Führen einer stabilen Partnerschaft ganz zentral für ein schönes Leben.

Um ehrlich zu sein, bin ich mir da nicht ganz sicher. Ich glaube, daß Menschen stabile Bindungen brauchen. Das kann eine romantische Partnerschaft sein, aber Menschen empfinden auch Glück und Zufriedenheit durch Bindung an die Familie, durch Freundschaften, die Bindung zu Kindern, ob nun eigene oder die anderer. Manche Menschen finden ihr Glück in einem Verein, andere in Tieren.
Persönlich glaube ich, daß es nicht die eine Bindung ist, die uns Glück empfinden lässt, sondern eine Vielzahl von Bindungen, vor allem dann, wenn wir aufhören Stabilität mit Statik zu wechseln.

Was mich nachdenklich gemacht hat, ist Deine Beschreibung, daß
Zitat von leilani1801:
este Beziehungen zu führen, die größtenteils glücklich sind war für mich ja auch bis ich Anfang 30 war überhaupt kein Problem. Was die Entwicklung in diesem Punkt umso tragischer macht.


Es ist sicher richtig, daß sich viele psychische Schwierigkeiten mit Ende 20, Anfang 30 manifestieren. Ich denke, daß dies auch etwas damit zu tun hat, daß wir in diesem Alter angekommen, den nächsten Schritt in unserer Entwicklung tun sollen.

Wenn wir über Isolation reden, dann reden wir ja auch von einer Art Getrenntheit, die wir empfinden. Diese Getrenntheit hat ja aber auch Funktion. sie ist wichtig, damit wir als Kinder anfangen uns als Individuen wahrzunehmen, unser Ich ausbilden können. Würden wir für immer in der mütterlichen Symbiose bleiben, wäre uns dies verwehrt. Je nach persönlicher Veranlagung, genetischer Disposition und dem wie gut wir eben als Babies und Kinder versorgt werden, gelingt diese Ich-Bildung mehr oder weniger.
Getrenntheit ist aber zwingende Voraussetzung für diesen Prozeß.

Wenn wir dann langsam in unsere Lebensmitte vordringen, sich unser Ich, als Individuum, so gut es eben ging, entwickelt hat, wandelt sich auch unser Bedürfnis. Dieses Getrennt-Sein, welches zB ja als Teenager ich bin ich, ich bin anders (wer von uns hat dies nicht als Teenager so empfunden) so wichtig ist, weicht einer Sehnsucht nach Verbindung.
Plötzlich empfinden wir Trennung und Getrenntheit als schmerzhaft, sehnen uns nach den Kugelmenschen, nehmen Defizite unserer Kindheit schmerzhaft war und versuchen alles, um dieses Gefühl zu überwinden.

An diesem Punkt fangen wir auch an, an die Heilsversprechung der Partnerschaft zu glauben. Wir glauben, daß wir das Getrenntsein, was wir nun als Isolation empfinden, durch die romantische Liebe der Partnerschaft überwinden können. Gelingt dies nicht, weil für aufgrund von Kindheitserlebnissen, anderer Umstände, Schicksalsschlägen, daran vermeintlich gehindert werden, kann es passieren, daß der Wunsch nach Partnerschaft zu einer Art Sehnsuchtsort, einem Walhalla der Verbundenheit stilisiert wird.
Dabei übersehen wir gern, daß gelebte Partnerschaft im besten Fall eigentlich ein kontinuierliches Spiel zwischen ich und wir ist, welches genauso schnell oder langsam in das Gefühl der Isolation führen kann, weil auch gelebte Partnerschaft kein Ersatz für die inneren Reifeprozesse darstellen kann. Im Gegenteil oft ist es so, daß wir durch verquere Verantwortungsübertragung, Verlustängste und vieles mehr in Partnerschaften verbleiben, die die eigenen Reifeprozesse eher behindern.

Der Wunsch nach Zugehörigkeit, nach Bindung und Verbindung ist ein in uns absolut tiefsitzender Herzenswunsch, er ist dem Menschsein absolut immanent. Diesen Wunsch allerdings mit dem Wunsch einen Partner zu haben (statt in einer Bindung zu sein) zu verwechseln, führt uns nur in die tiefere Isolation.

Wer kennt nicht das Gefühl der ganz tiefen Einsamkeit was uns in schlecht laufenden Partnerschaften überfällt. Wer von uns hat sich noch nie zutiefst einsam in mitten einer großen Anzahl von Menschen gefühlt?

Gelingt es uns also nicht in der Mitte unseres Lebens das ursprüngliche gute Getrenntsein, welches nunmehr als Isolation empfunden wird, aufzubrechen und zu überwinden, mag uns ein zufriedenes Leben nur schwerlich gelingen. Wir hadern mit uns und der Welt.
Wir blicken auf andere und empfinden die eigene Last als unfair, schwerer und kaum zu bewältigen. Dies allerdings, ohne das wir es eigentlich wollen, verschärft aber nur unsere Einsamkeit. Es zieht den Graben zwischen uns und den anderen nur tiefer.

Wenden wir uns stattdessen aber voller Mitgefühl und Fürsorge unserem eigenen Schmerz zu, erkennen wir diesen als Teil des Lebens an und als Teil unseres Selbst. Finden wir Wege des Umgangs und der Akzeptanz, so ermöglicht uns das voller Mitgefühl auch auf die uns umgebenden Personen zu schauen. Durch liebevolle Zuwendung hin zu sich selbst, erlernen wir auch, uns anderen liebevoll zuzuwenden und das ist der Anfang von Verbundenheit.

Dieses Gefühl erlaubt uns dann für uns nicht befriedigenden Verbindungen auch wieder zu verlassen und neue, andere einzugehen. Es erlaubt uns, unsere Bedürfnisse besser einordnen zu können und es erlaubt uns, nicht in nur einer Person die Lösung für unsere Isolation zu suchen. Es erlaubt uns aber vor allem das Leben, welches sich ständig ändert, uns großes Glück und tiefes Unglück beschert, besser zu meistern.

@leilani1801 es tut mir sehr leid, daß Du Dich in Deiner Partnerschaft nur bedingt gut fühlst. Es tut mir auch sehr leid, daß Du Verluste erleiden musstest und Deine Familie zerstritten ist. Ich wünsche Dir sehr, daß Du Wege findest, die dich aus der Isolation herausführen.

viel Glück für dich.

03.02.2018 14:45 • x 2 #67


K
Zitat:
Diese Reifeprozess erlaubt uns dann den Schmerz (und auch all die anderen Gefühle) bei anderen ebenso wahrzunehmen, wobei das Gefühl in den Vordergrund und der Anlass in den Hintergrund tritt. So wird aus einem nun hab dich doch nicht, daß ist ja alles gar nicht so schlimm, ein hey ich sehe, wie viel Angst Du gerade hast oder wie weh Dir das tut.
Diese Änderung der Wahrnehmung von sich selbst und anderen führt in die Verbundenheit. So fühlen wir uns mit anderen verbunden im gemeinsamen Schmerz aber auch im gemeinsamen Glück.


Ich finde das, was @E-Claire hier schreibt, sehr gut. Es ist ein Reifeprozess, andere in ihrem Schmerz, in ihrem Glück, in ihrem Kampf und ihrer eigentlichen Leistung (jenseits von Geld und äußeren Merkmalen wie Haus, Hof, Auto) wahrnehmen zu können.

Das dauert bei den meisten Menschen, bei mir tut es das auch. Aber es befriedigt ungemein, eine andere Sicht auf die Dinge zu bekommen.

Ich stelle mir vor, @TinTin1980 und ich wären uns vor 10 Jahren begegnet. Ich denke, wir hätten nichts miteinander anfangen können. Wahrscheinlich hätten wir uns sogar gegenseitig ziemlich nichtssagend, wenn nicht sogar bescheuert gefunden. Es wäre müßig, jetzt auszuführen, wie er rein hypothetisch vor 10 Jahren war und wie ich es gewesen bin. Allein, dass es kaum Überschneidungen gegeben hätte, weder vom Alter her, noch familiär oder beruflich, genügt.

Ich denke, wenn wir uns heute begegnen würden, wäre das anders. Denn allein über unsere individuellen Erfahrungen und über das Schreiben hier haben wir die Möglichkeit eine ganz andere Ahnung von der jeweiligen Lebensleistung des anderen angesichts seiner Erfahrungen und der beschrittenen Wege zu einem reiferen Ich zu bekommen. D.h. nicht, dass wir zwangsläufig Freunde werden würden, aber wir würden einander vermutlich mit einem anderen Respekt begegnen als noch vor 10 Jahren.

Bei dem Einen setzt das eher ein, als bei dem anderen. Vielleicht ist es das, waws man früher so oft als Altersmilde bezeichnete.

Wenn ich die genannten Freundinnen ansehe, hätte ich noch vor 10 Jahren gesagt, dass ich nciht verstehe, warum sie nicht aus den selbst gewählten Gefängnissen ausbrechen und dass sie es doch ganz leicht hätten, das zu tun. IHRE Gefängnisse würden mich nicht halten und an gar ncihts hindern. Heute weiß und sehe ich, für sie ist es nicht leicht; nur weil es eben für mich leicht wäre. Dafür habe ich meine eigenen Gefängnisse, die für die beiden keinerlei Hürden darstellen würden.

Ich denke, man muss um Beziehungen kämpfen, wenn sie es wert sind. Aber man muss eben auch wissen, wann sie es nicht wert sind bzw. wann ein Kampf sinnlos wäre. Das ist eine Entscheidung, die Dir keiner abnehmen kann. Wir können nur anregen, bestimmte Dinge zu hinterfragen.

M.E. hältst Du an einem Traum fest, der sich mit diesem Mann nicht erfüllen wird. Das sagt mir meine Lebensefahrung. In meiner Erlebenswelt ist es unvorstellbar, bei jemandem zu bleiben, mit dem ich so wenig zufrieden bin, dass ich ihn hier zum Thema machen müsste. Aber vielleicht musst Du das eben einfach noch ein paar Jahre erfahren, bis Du es auch so siehst. Oder ich werde eines besseren belehrt und Ihr beide schafft es, Euch gegenseitig glücklich zu machen. Wer weiß das schon!

Mein Beileid zum Tod Deines Bruders.

03.02.2018 15:13 • #68


L
Zitat von KBR:
M.E. hältst Du an einem Traum fest, der sich mit diesem Mann nicht erfüllen wird. Das sagt mir meine Lebensefahrung. In meiner Erlebenswelt ist es unvorstellbar, bei jemandem zu bleiben, mit dem ich so wenig zufrieden bin, dass ich ihn hier zum Thema machen müsste. Aber vielleicht musst Du das eben einfach noch ein paar Jahre erfahren, bis Du es auch so siehst. Oder ich werde eines besseren belehrt und Ihr beide schafft es, Euch gegenseitig glücklich zu machen. Wer weiß das schon!


Ach... so wie ich seit einigen Jahren drauf bin, würde wohl jeder Partner zum Thema werden. Das ist kein Massstab.

Das einzige, was ich in dieser Situation tun kann, sind die Stressfaktoren für die ich verantwortlich bin rauszunehmen und dann zu schauen, ob sich die Beziehung stabilisiert. Es kann ja durchaus sein, dass er dann von sich aus wieder mehr auf mich eingeht.

Wenn es dann aber dazu führt, dass er immer weitere Freiräume möchte, es also gar nichts mit der Beziehungsqualität zu tun hat, sondern schlichtweg mit seinem Wesen, dann muss ich wohl irgendwann die Reißleine ziehen.

03.02.2018 15:25 • #69


T
Zitat von KBR:
Ich stelle mir vor, @TinTin1980 und ich wären uns vor 10 Jahren begegnet. Ich denke, wir hätten nichts miteinander anfangen können. Wahrscheinlich hätten wir uns sogar gegenseitig ziemlich nichtssagend, wenn nicht sogar bescheuert gefunden. Es wäre müßig, jetzt auszuführen, wie er rein hypothetisch vor 10 Jahren war und wie ich es gewesen bin. Allein, dass es kaum Überschneidungen gegeben hätte, weder vom Alter her, noch familiär oder beruflich, genügt.

Ich denke, wenn wir uns heute begegnen würden, wäre das anders. Denn allein über unsere individuellen Erfahrungen und über das Schreiben hier haben wir die Möglichkeit eine ganz andere Ahnung von der jeweiligen Lebensleistung des anderen angesichts seiner Erfahrungen und der beschrittenen Wege zu einem reiferen Ich zu bekommen. D.h. nicht, dass wir zwangsläufig Freunde werden würden, aber wir würden einander vermutlich mit einem anderen Respekt begegnen als noch vor 10 Jahren.


Na aber Hallo! Ein B. ist auf jeden Fall drin, wenn wir uns mal bei den Hamburger Treffen sehen ^^ Ich bin echt gespannt, was hier dem KBR Kürzel für eine Person steckt.

Sorry für OT....

03.02.2018 16:12 • x 2 #70


L
Ich habe mich die letzten 24 Stunden wieder ganz gut erholt. Gott sei Dank, bin ich dazu inzwischen in der Lage.
Mir hat es auch unglaublich gut getan, mal ein Wochenende für mich alleine zu haben. Ich brauche Ruhe und Ordnung, um mich entspannen zu können.

Mein Freund hat in der Zwischenzeit mal wieder das getan, was er besonders gut kann - Stress verbreiten. Zunächst kam die Nachricht, dass er früher daheim ist und ich ihn noch besuchen kann wenn ich das möchte. Dann, dass er sich einen Schnitt beim Skifahren zugezogen hat und wohl ins Krankenhaus fährt, um sich nähen zu lassen. Ich weiß nicht wie viele SMS ich in dem Zeitraum bekommen habe... Mal wieder organisatorisches Chaos und alles anders als geplant.

Wir werden uns wohl kommendes Wochenende wieder sehen bis dahin werde ich mich weiterhin in erster Linie auf mich konzentrieren, mein Ding machen und den Fokus von ihm nehmen.

Wohin das alles führt, weiß ich nicht. Aber ich denke, dass sich vieles weisen und zeigen wird, wenn ich selbst innere Ruhe habe und meine freie Zeit nicht mit Grübeleien verschwende.
Ich hoffe, dass ich diesen Grundzustand schaffe für ein paar Monate durchzuziehen, um zu sehen wie die Dinge dann liegen. Ich sehe das wie eine Art Testballon, ob sich etwas verändert, wenn ich mich verändere.

Eigentlich ist mein Wunsch schon irgendwann mal zu heiraten und zusammenzuziehen, das weiß mein Partner. Ich eigne mich sicherlich nicht auf Dauer für eine Fernbeziehung. Vielleicht noch zwei Jahre, aber dann müsste schon etwas in die Richtung passieren.
Aber auch das wird die Zeit zeigen und ich werde merken, ob diese Themen überhaupt noch präsent sind, wenn ich keinen Druck ausübe oder ob er sich dahingehend verschlossen zeigt.

Egal wie sich die Dinge entwickeln, ich werde es überstehen und ich bin wieder hoffnungsvoll dahingehend, dass ich irgendwann die Partnerschaft bekomme, die mir vorschwebt, ob nun mit ihm oder ohne ihn.

04.02.2018 14:10 • #71


K
Ich finde es gut, wei Du Dich jetzt aufstellen willst. Auch wenn ich glaube, dass Du mit ihm ein totes Pferd reitest.

Aber ich möchte Dich etwas fragen, was ich wirklich nicht verstehe. Was sind die guten Eigenschaften an Deinem Freund, die ihn als Partner qualifizieren?

04.02.2018 14:16 • #72


L
Zitat von KBR:
Aber ich möchte Dich etwas fragen, was ich wirklich nicht verstehe. Was sind die guten Eigenschaften an Deinem Freund, die ihn als Partner qualifizieren?


Das frage ich mich ehrlich gesagt auch manchmal. Ein Traummann ist mein Freund sicherlich nicht. Ich denke sonst hätte er in seinem Leben bereits längere Beziehungen gehabt oder eine Familie. Bislang gingen seine Beziehungen ein paar Jahre und dann haben sich die Frauen entnervt zurückgezogen. Das ist so das, was ich seinen Erzählungen entnehmen kann. Fremdgeherei scheint wohl kein Thema gewesen zu sein.

Er ist einfach unglaublich anstrengend. Schon eine Konversation mit ihm zu führen ist nicht einfach. Er kommt extrem schnell zu irgendwelchen Detailbeschreibungen uninteressanter Dinge, was bei mir oft dazu führt, dass ich den Hörer weghalte und warte bis er fertig ist, was schon ein paar Minuten dauern kann.
Dann fängt es schon morgens an, dass er seinen Tagesablauf plant mit Blick auf Wetter, Verkehr etc. und das alle 20 Minuten. Damit eine Unternehmung auch wirklich klappt. Und alles wird ständig umgeworfen etc.
Er bringt auch ständig Daten, Ereignisse etc. durcheinander, was bei mir anfänglich dazu führte, dass ich echt den Eindruck hatte, dass er pemanent lügt. Den gleichen Sachverhalt erzählt er komplett unterschiedlich... Mittlerweile weiß ich, dass er einfach megaverplant ist und sich an vieles bereits Minuten danach nicht mehr erinnert.
Auch 6 ist total stressig, da gibt es einfach keinen Flow... Er ist total verkrampft und jeder Pieps verunsichert ihn. Da verliere ich dann schnell die Lust.
Und wirkliche tiefe Nähe - Fehlanzeige. Das liegt aber daran, dass er einfach kein Mensch der Gefühle ist, sondern eher auf Dinge fixiert.
Insgesamt kommt mir mein Partner wie ein großes Kind vor, nicht wie ein Mann.
Das zeigt sich auch im Umgang mit Konflikten. Die sind nicht friedlich zu lösen, da er jede Kritik extrem persönlich nimmt. Da wird dann schnell rumgebrüllt.

Jetzt aber endlich zum Positiven:

Wenn ich gut drauf bin, dann kann ich mit seinen Schrullen sehr gut umgehen. In diesem Thread kommt es wohl nur schlecht rüber - aber ich sehe viele Dinge ziemlich entspannt und kann mich gut einstellen.
Er mag mich wirklich sehr und ich bin ihm wichtig. Er möchte mich immer sehen und macht sich um mein Wohlergehen Sorgen. Freizeitaktivitäten plant er so, dass wir beide Spaß haben. Also langweilig wird es mit ihm nicht.
Es ist auch schön mit ihm zu schmusen und er nimmt mir viel ab. Auch wieder so organisatorische Dinge wie Steuererklärung, Bankgeschäfte etc.
Wenn ich meine Ängste im Griff habe und stabil bin, dann ist die gemeinsame Zeit wirklich schön harmonisch. Aber ist eben nicht der Typ Partner, der einen halten kann, wenn man selbst schwach ist.

Ich weiß, so rosig sieht es wirklich nicht aus. Aber irgendeinen Grund muss es ja haben, dass gerade mit ihm für mich eine längere Beziehung möglich ist. Die in den Jahren davor haben ja immer nur wenige Monate gehalten.

04.02.2018 14:58 • #73


K
Ich finde es schön, dass Du nicht nur negative sondern auch positive Dinge beschreibst.

Aber nun kommt das Aber:

Lies Dir Deinen Text nochmal durch. Du stellst in den virtuellen Raum, dass es Gründe für geben muss, warum er so lange mit Dir zusammen ist. Du bist da in der Argumentation eher bei seinen Bedürfnissen als bei Deinen eigenen Bedürfnissen.

Seine Fähigkeit, mit Dir eine längeren Beziehung zu führen als jemals zuvor, sollte nicht Deine Motivation oder der ausschlaggebende Grund sein, mit ihm zusammen zu sein. DAS ist seine Motivation.

Du schreibst, Du möchtest eine Entwicklung in der Beziehung und hältst jetzt schon genervt den Telefonhörer weg, wenn er Dir etwas erzählt, was ihm wichtig ist, weil es Dich langweilt. Du must auch dafür kein Interesse haben, aber in solchen Punkten muss man Lösungen finden, denn sonst ist das keine Basis für mehr.

Ist ein dauerhaftes Zusammenleben mit einem Mann, der wie er ist, für Dich wirklich ein Traum? Du darfst nicht damit rechnen, dass er sich maßgeblich ändern wird. Er ist um die 50 und man kann sich auch noch mit 50 ändern. Aber das setzt voraus, dass man selber Defizite in seinem Verhlaten sieht, die groß genug sind, etwas daran ändern zu wollen.

Will er das? Arbeitet er daran, seine Zwänge beherrschbar zu machen, um ein Partner zu sein, mit dem es für Dich einfacher ist.

Falls ja, ist es gut. Dann sehe ich gemeinsame Ziele.

Falls nein, denke ich, dass er kein Interesse daran hat, den Zustand zu ändern, weil dieser für ihn bequem ist.

04.02.2018 15:56 • #74


L
@kbr:

Ich denke prinzipiell nicht, dass man einen Menschen ändern kann. Das will ich auch überhaupt nicht.

Für mich zählt erstmal, dass ich mit ihm im Vergleich zu den letzten 10 Jahren recht lange zusammen bin. Also muss da schon einiges zwischen uns passen - vielleicht liegt es daran, dass wir, da beide zwanghaft, Verständnis für den jeweils anderen aufbringen können.

Weiterhin habe ich gemerkt, dass die Beziehungsqualität in erster Linie mit meiner Stabilität zu tun hat. Ist ja klar - wenn es dir selbst einigermaßen geht, läuft auch das Zusammenleben mit anderen Leuten besser.

Ich kann für mich einfach nicht wirklich einschätzen ob ich aus einer Mücke einen Elefanten machen oder die Beziehung im Grunde zum Scheitern verurteilt ist.

Wie gesagt - solange ich das nicht wirklich weiß, möchte ich einfach weiterschauen. Ich denke, wenn man nicht weiß, was zu tun ist, dann ist es erstmal besser stillzuhalten als in der Emotion Entscheidungen zu treffen, die man später eventuell bereut.

04.02.2018 16:12 • x 1 #75


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