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Ich muss mich trennen, obwohl ich ihn liebe

R
Liebe/r Gus, vielen Lieben Dank auch für Deine Worte. Es freut mich, dass Du diesen meinen Thread aufgesaugt hast und darin das erkannt hast, was ich auch ausdrücken wollte: Meine tiefe Liebe und mich zerreissende Sehnsucht nach diesem Mann, der mein Engel und Teufel, der Heilsbringer und Alleszerstörer ist. Die Unfassbarkeit dessen, was diese von Inoue auch passend Gefühlstäter genannten Menschen (hier im speziellen Männer) tun, macht es so schwer, rechtzeitig, also am Anfang, zu sehen, dass man das nicht verdient hat und die Reissleine ziehen sollte. Meiner hat sich rückblickend gesehen das erste Ding gleich in der zweiten Woche geleistet, und als ich geschockt meinte, sowas geht gar nicht, kam nur Sei doch nicht so empfindlich, andere fänden das witztig, also war ich die Blöde. Oh, wenn ich damals nur gewusst hätte, wohin das führt, wäre ich aufgestanden und gegangen und hätte ihn ausgelacht.

Und ja , Du hast recht, er hat mich tatsächlich nicht verdient, das sehe ich jetzt auch so. Ich habe ihn geliebt, das tue ich immer noch, nur pumpe ich jetzt nicht mehr hemmungs- und selbstlos meine ganze Lebensernergie in dieses Schwarze Loch aus Selbsthass, Wut und Agressionen gegen sich, mich und die ganze Welt, denn diese Schwärze kann keine ehrlich gemeinte Liebe der Welt gesundlieben. Aber um das zu erkennen, musst ich fast erst ausbluten.

GW42, Du hast hier einen interessanten Punkt angesprochen, nämlich den, was wir nicht verdient haben. Gus hat recht, natürlich haben wir nicht verdient, wie ein Abtreter und Seelenmülleimer behandelt zu werden. Aber das andere? Hab ich das dann auch nicht verdient? Genau das will ich ja nicht hören, nicht wahrhaben, davor habe ich eben Angst, genau das nicht mit einem normalen Mann, den ich mir irgendwann an meiner Seite wünsche, wenn ich meine in der Landschaft verstreuten Fragmente wieder zusammengesetzt habe, erleben zu können, diese unbeschreibliche Tiefe, Innigkeit, Zärtlichkeit, Intimität.

Ich habe meine Seelenschmerzmann jetzt am Ende immer wieder gefragt, wie es sein kann, dass er mir das eine gibt und mich dann so verletzt, abblitzen lässt, von dem von Dir beschriebenen Sockel stösst. Seine erschreckende und in seiner perfiden Welt anscheinend logische Antwort: Es kann nicht immer die Sonne scheinen. Ich musste doch aufpassen, dass Du nicht irgendwann zu viel Gutes erlebst und es nicht mehr zu schätzen weist. After the rain comes sun, after the sun comes rain again... - Wie bitte?! Und auch: Ich werde mich wohl noch lange fragen, was echt und ehrlich, was Trug und Schein war. So wie von Dir beschrieben. GW42, ich freue mich noch auf Deine Entwarnung.

Liebe CiaraH, nein Du solltest nicht bleiben, um es herauszufinden, weil Du nur das rausfinden wirst, was ich rausgefunden habe, weil ich jedesmal mich habe wieder einwickeln, überreden lassen und gehofft habe, dass er es diesmal, diesmal wirklich, diesmal und endlich und entgültig besser macht.

18.04.2016 23:09 • x 4 #46


G
Liebe Raupe, es gibt die absolute Seelenverwandtschaft... Alles was du im letzten Post geschrieben hast erleben nur sehr wenig Menschen und ich glaube das ist es, was Shakespeare mit Romeo und Juliet ausdrücken wollte, warum wir in x-Varianten diesem in Hollywood so sehr hinterher schmachten und... das es so schön ist, dass wir sogar dafür sterben würden...

Aus letzterem Grund verneinen viele kluge Köpfe, die Existenz der Seelenverwandtschaft, weil sie eine gefährliche Totgeburt sein kann... in Shakespeare endet sie sogar als solche. Und... leider irgendwie immer so enden muss, nur unser Überlebensinstinkt uns die Kurve kriegen lässt. Es ist richtig, dass du gehst, ihn verlässt... aber auch etwas von ihm in dir behälst.

Bei allem was du schreibst, kann ich nur feststellen, dass du total die gleichen Erfahrungen gemacht hast wie ich. Meinen Mängelexemplar mach(te) ich exakt die gleichen Vorwürfe, finde auch, du hast es im letzten Post nochmals sehr gut auf den Punkt gebracht, was ich auch umschrieben habe.

Warum ich aber von Mängelexemplar schreibe und nicht, oder sehr ungern, von Narzisten schreibe, ist, dass ich glaube, dass es wenigstens zwei braucht, wie Schlüssel und Schloß, um zunächst einen überzogen Sockel zu schaffen und sich GEGENSEITIG immer wieder von selbigen zu stoßen. Ja, ja ich weiß, den Co-Narzisten, aber auch das greift zu kurz, wenn die Beziehung von einem gesunden, reflektierten Menschen versucht wird zu führen. Wenn man jemanden liebt, versucht man ja erst Alles um es zu einer glücklichen Beziehung zu machen, erst später merkt man, dass es eben nicht immer mit Liebe und Leidenschaft geht.

Damit meine ich, dass ich einen großen Anteil an den Geschehnissen hatte, so dass er all seine Pathologie ausgerechnet an mir auslebte. Ich hätte VIEL früher aussteigen müssen, so wie du auch er empfunden hast. Aber weil ich ihn nicht weggestoßen habe, fasste das Mängelexemplar soviel vertrauen, so dass es mir all seine aufgestaute Liebe nicht nur gab sondern postwendend immer wieder genommen hat. Ich durfte nie behalten, was er mir gerade noch wunderschön gegeben hatte - Mechanismen habe wir hier ja schon rauf und runter geschrieben...

Genauso wie ihr beide, genauso habe ich und mein Ex in unser Kindheit schweren Schmerz, absolute Illojalitäten erlebt, den wir nur durch große Sehnsüchte nach Liebe, so glaube ich, entfliehen konnten.

Verkürzt gemeint, finde ich das am besten bei Astrid Lindgrens Brüder Löwenherz beschrieben. Wurde ich gedemütigt, floh ich imaginär in eine andere Welt die viel schöner war... so dann auch mit mein Ex, mit welchem ich dann immer wieder in die Welt voller seelischer und damit auch körperlich in eine andere Dimension flog.

Aber: Als reflektierte Mensch habe ich zwischen der großen Nähe und der Realität keinen riesen Graben ziehen müssen. Mein Mängelexemplar musste Alles Schöne zerstören, er konnte das Schöne nicht im Alltag ertragen, alles körperliche hat er im Nachhinein relativiert.

Dass alles hört sich natürlich total infantil an, ist es ja auch, es ist die Wiederholung alter Sehnsüchte und... Wir brauchten uns beide in der Rolle des Teufel um -kurz - in die Engelrolle zu rutschen. Es sind, so meine Interpretation, die uralten Sehnsüchte von gequälten Seelen, die zu völliger (körperlichen) Hingabe führen. In unserer Kindheit waren die Rollen getrennt, da die Quälerei, und da die Sehnsucht in meinem/seinem Kopf nach Liebe. In unserer Mängelbeziehung sind beide getrennte Rollen verschmolzen, seelenverwandt und wir haben - in deinen Worten, liebe Raupe - uns gegenseitig und wechselseitig Engel und Teufel zugeschoben.

Das alles ist etwas von mir hier unbeholfen ausgedrückt, die Dynamiken sind viel komplexer, aber die Erkenntnis ist die, dass mein Mängelexemplar und mich letztendlich kindliche Sehnsüchte verbanden, deshalb alles körperliche auch so umgehemt ausgelebt wurden.

Anderseits brauchte es wohl einen in unserer Beziehung, der uns immer wieder aus der schönen Seelentiefe herausholen musste, wie unserer Eltern, die uns oft erniedrigten und uns Träumer in den schnöden Alltag schubsten und uns zeigten wie wenig wir wert waren.... mein Mängelexemplar übernahm diese Rolle irgendwie und ich wollte es lange nicht wahrhaben, warum er es tat.

Hier die Entwarnung für zukünftige Beziehungen, die ich dem Grunde nach aber schon erwähnte. Es gilt zu verstehen, dass es Menschen gibt, die einem, und ich meine auch gegenseitig, nicht gut tun. Mein Mängelexemplar ist ehrlicher Weise ein intressanter Mann, aber mit mir in Kombination lebte er Dinge aus, vor den er bei anderen Hemmungen hatte. Das meint sowohl die positiven (fühlt sich stark, liebevoll, zärtlich) als auch die negativen (herablassend, gehässig, fies). Wir haben das im Nachhinein, Monate nach der Trennung sehr selbstkritisch und zugewandt geklärt im Sinne von (an)erkennen.

Wir taten uns in Kombination nicht gut einerseits, erlebten aber anderseits höchste Gefühle der Nähe, Extase und nah-Tod Erfahrungen pur.

Es gilt, liebe Raupe, und da wiederhole ich mich, die FRAGMENTE der Beziehung zu TRENNEN und nur das erlebte, ja erlernte SCHÖNE in die nächste Beziehung einzubringen.

Eine liebevolle Beziehung kennt kein Schmerz, das ist richtig. Eine liebevolle Beziehung ist verlässlich, respektvoll und rücksichtsvoll... lauter Dinge die selbstverständlich sind, und an denen auch keine Abstriche gemacht werden sollte.

Aber es stimmt, viele solche Männer, die dazu in der Lage sind, sind körperlich, auch sonst so etwas langweilig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frau aber Mann auch weiterentwickeln kann, ihm eine andere Welt zeigen kann, gemeinsam in totale Höhen steigen kann... Es ist so kitschig was ich hier schreibe, aber ich liebe meinen jetzigen Partner sehr, erlebe nachdem ich ihn zu mir gezogen habe, in meine Seele und weibliche Bedürfnisse habe Einblick gewähren lassen, unglaublich schöne Momente, die ich nie wieder loslassen möchte, er auch nicht. Hier haben sich zwei Menschen entwickelt, und ich war der Motor ihn dazu zu bringen... Und das, liebe Raupe, nimmt dir keiner: Die Erfahrung wie die schönen Momente zu sein haben und das gilt es durch Vorleben, Empathie und Offenheit zu entwickeln.

Warum schreibe ich dann hier?

Ich schreibe wenig, und will es auch wieder weniger, aber eines ist in mir geblieben. Bei aller Liebe dem schönen gegenüber, Treue und Zuversicht ist eines leider geblieben: So gerne hätte ich all das jetzige gemeinsam mit meinem Ex geteilt, es ist eine Sehnsucht geblieben, eine Melancholie, ihn zu heilen. Wie immer man das nennt (ich weiß Helfersyndrom) was da noch verbindet, diese Sehnsucht bleibt, wie ein Stachel und ich lebe meine gesunde Sehnsucht jetzt mit meinem gesunden Partner aus.

Ab und zu treffe ich meinen Ex, ich könnte über ihn geradezu herfallen, gleich auf der Straße ihn am liebsten hemmungslos küssen. Aber ich tue es nicht, weil ich so genau verstanden habe, dass ich nicht ihn sondern nur meine Sehnsucht in mir liebe, er, mein ex, nur der fiese Auslöser meiner Sehnsüchte ist.

Ich habe gelernt, mich nur noch dem hinzugeben, der mich mit Respekt behandelt... und das werde ich von meinem jetzigen Partner und niemals von meinem Ex.

Im Gegenzug führe ich meinen Partner in eine Dimension, die er noch nie kannte, wie denn auch... er hatte ja eine normale Kindheit, musste nie entbehren, nie einen Gefühlsstau ausleben, ein angepasster, moderner, braver Mann aber die Erkenntnis ist die, ich bestimme jetzt die Leidenschaft und zeige ihm, was er mit mir auch sein kann... ehrlich und doch auch fast archaisch... GW42

19.04.2016 04:44 • x 4 #47


A


Ich muss mich trennen, obwohl ich ihn liebe

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Liebe GW42, vielen lieben Dank für diesen Beitrag. Beim Lesen sind erstmal die Tränen geflossen. Vor Rührung über die Liebe, die da hineingewebt hast, für die Mühe, die Du Dir gemacht hast, und weil es mich eben im Innersten trifft, aus meiner verwundeten Seele, meinem offenen Herzen spricht. Leider hatte ich gestern und habe heute nicht die Kapazität darauf angemessen zu antworten, daher werde ich mir das für morgen oder Freitag aufheben, weil ich nicht schnell und schlampig was dazu hinklatschen mag, dazu ist Dein Text und vielleicht meine Antwort zu wertvoll. Wertschätzung war immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens und im Umgang mit anderen Menschen, selbst jeden, die mir nicht sympathisch sind, wahrscheinlich weil ich es zu Hause oft nicht erfahren habe. Mein Seelenschmerzmann weiss, glaube ich, gar nicht, was dieses Wort bedeutet, wie es sich anfühlt. Bis morgen oder übermorgen, die Raupenfrau.

20.04.2016 23:42 • x 1 #48


R
Liebe GW42, jetzt habe ich die Muße, Dir angemessen zu antworten. Vielleicht hätte ich mir in den vergangenen Tagen mal ein Notizbuch nehmen sollen, um so einige Gedankenströme, die durch meinen Kopf geflossen sind, aufzuschreiben, denn viele davon wären über eine Antwort hinaus interessante Ansatzpunkte für diesen Thread gewesen. Hier nun also absatzweise meine Gedanken zu den Themen, die Du in Deinem letzten Beitrag besprochen hast:

Für diese eine Liebe sterben, das hätte ich zwar nie so formuliert, aber anscheinend war ich dazu so lange bereit, denn ich habe mich seelisch und körperlich selbstzerstörerisch verhalten, bis ich für mich nicht mehr zu übersehen körperlich abgebaut hatte und mein Überlebenswille eingesetzt hat. Bisher habe ich den Begriff der Seelenverwandtschaft nicht benutzt, und ich bin viel zu viel Atheist und Naturwissenschaftler als dass ich überhaupt an die Existenz einer nicht-organischen Seele glauben würde, aber egal, ob es sie gibt oder nicht, das spielt keine Rolle, mit diesem Modell kann ich gut arbeiten, deshalb spreche ich hier von meinem Herzen und meiner Seele, und daher kann ich mich, besser uns, nach dem Erlebten auch mit dem Modell der Seelenverwandtschaft identifizieren. Nein, wegen ihrer Gefährlichkeit würde ich ihre Existenz nicht verneinen, aber ich muss mich doch fragen, ob ich das überhaupt noch mal will, wenn das der Preis ist. Und ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass ich mit meinem Seelenschmerzmann wohl nur ein Stadium vor Einsetzten meines Selbsterhaltungstriebes erreicht habe, bei dem ich eine Ahnung davon bekommen habe, in was für eine Hölle ich da geraten bin, ich war nur im Vorzimmer, bevor sich die Pforten hinter mir hätten schließen können – im Vergleich zu dem, was andere hier und in ähnlichen Foren erlebt haben.

Ich bin selbst nicht zufrieden mit dem Begriff Narzisst, instabile Persönlichkeit und / oder passive Aggressivität. Bereits in meinem Eingangspost habe ich ja geschrieben, dass ich ihn nicht pathologisieren will, aber eben starke Merkmale insbesondere des Narzissten bei ihm gefunden habe, aber eben auch solche, die atypisch sind. Letztendlich ist es auch egal, was ein Psychiater zu ihm sagen würde, da steckt vor allem mein Hilfeschrei dahinter, das irgendwie verstehen zu können, wie sich ein Mensch so liebevoll und so schrecklich, eben so dermaßen ambivalent verhalten kann. Dass es mich gebraucht hat, um diese zerstörenden Dynamiken freizusetzen, ist mir durchaus bewusst, und darin sehe ich auch die Gefahr für mich, wieder in solch einen Strudel geraten zu können, daher auch meine Frage an mich selbst, ob ich mir denn einen Seelenverwandten in dem Sinne überhaupt noch mal vorstellen kann – aus Selbstschutz! Was ich aus dem Wenigen, was ich Nützliches, Klärendes von ihm erfahren habe, hier aber auch nur aufgrund von geschicktem Nachfragen, hat es mich gebraucht, um das Innige, das sich Vereinende, das Zärtliche, das Bedürfnis nach Schmusen und Seelennähe in ihm zu wecken. Das kannte er vor mir nicht, aber seine früheren Freundinnen haben wohl in voller Ausprägung die geballte Negativität abbekommen, wobei er auch sagte, dass er in seiner schlechten Laune, Genervtheit, oder wie auch immer er das so harmlos benennt, mir gegenüber nicht ansatzweise so laut, aggressiv, wütend und dominant war wie sonst (das schließt auch sein Verhalten gegenüber Arbeitskollegen, Bekannten und Familienmitgliedern ein). Diese Aussagen kann ich nur so hinnehmen, dabei war ich nicht, vorstellen kann ich es mir schon. Mein Anteil lag, eben wie bei Dir, darin, diesem Verhalten rechtzeitig einen Riegel vorgeschoben zu haben und ihm damit eine Steilvorlage zu bieten. Und das hätte, rückblickend betrachtet, bereits in der zweiten / dritten Woche sein müssen, als die erste Entgleisung kam, die auch noch ein ziemlicher Hammer war. Ich denke mich manchmal in diese Stunden zurück, die so schön, so zärtlich und voller Liebe waren, und wie er dann seinen Mund aufmachte, um das Grauen ins Zimmer zu lassen, unumkehrbar, denn vergessen habe ich es nie, nur versucht zu verdrängen, erfolglos. Die einzig angemessene Reaktion damals wäre gewesen, zu sagen, das kannst Du gerne mit anderen machen, wenn Du das brauchst, in meinem Leben (!) hat das keinen Platz, und dann zu gehen ohne zu zögern, ohne mich umzusehen. Aber vielleicht hatte ich da schon mein eigenes Leben vergessen. Nun kommt diese Reaktion mit einer neunmonatigen Verzögerung und ziemlich schleppend, ich zögere und sehe mich ständig um. Für mich gab es eigentlich keinen Widerspruch zwischen der gespürten und in der Realität, im Alltag gelebten Seelenverwandtschaft. Er hat zwar davon geredet, dass er das auch will, nicht anderes, aber er war es, der es durchbrochen, zerstört hat. Hierfür hatte er die bereits von mir genannten Erklärungen, dass es doch normal sei, dass nicht immer die Sonne scheine. Zwischen nicht scheinender Sonne, also einem trüben Tag, einem Regenschauer oder eben einem alles vernichtenden Zyklon kann ich allerdings unterscheiden – er nicht.

Auch wir hatten eine parallele Fluchtwelt. Und das waren nicht nur die Momenten größter Nähe, sondern auch eine von uns erschaffene und ansonsten geheimgehaltene Phantasiewelt, wie Eltern sie oft für ihre Kindern entwickeln, aus der wir uns gegenseitig liebevolle Geschichten erzählten von zwei imaginären Wesen, die uns dargestellt haben. Auch wenn er die Entwicklung dieser Welt ebenso vorangetrieben hat wie ich, war ich meist die Erzählerin und Zeichnerin, er hat sich an mich gekuschelt und mich um eine Geschichte oder eine Zeichnung gebeten. Auch hier hat sich wohl unsere kindliche Sehnsucht nach Nähe, Geborgenheit und bedingungsloser, nicht einer Willkür unterliegender, nicht endender Lieber wiedergespiegelt. Ich habe im Gegensatz zu ihm all das zu Hause erfahren, genau wie die Ambivalenz von Illoyalität, willkürlichem Liebesentzug, Ablehnung, Abwertung, alleine gelassen Werden – meine Beziehung zu meinem Seelenschmerzmann ist also die Wiederholung dessen, und ich habe gehofft, das Steuer umlegen zu können, um meinen Urschmerz endlich zu heilen. Und er hat versucht seinen Urschmerz an mir zu heilen, in dem er all das bekommt, was er nie hatte, genau wie er durch das Ausleben seiner Aggressionen das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit seiner Kindheit endlich loswerden wollte. Aber ich bin nicht – und auch das hast Du bereits sehr richtig angesprochen – seine Mutter, weder als Liebesspender noch Bestrafungsobjekt.

Du schreibst, dass ihr beide für einander „Engel“ und „Teufel“ gewesen seid, da möchte ich gerne noch mal nachfragen, wie Du das meinst, so ganz klar ist mir das nämlich nicht, wie bei Dir die Rolle des „Teufels“ ausgesehen hat, oder meinst Du damit, dass auch die malignen Strukturen nur bei Dir zutage getreten sind?. Ich, und nur ich, nach seinen immer wiederkehrenden Beteuerungen, konnte den „Engel“ in ihm wecken, die andere Seite. Der „Teufel“ ist für ihn Normalität (und das ist wohl auch die Erklärung, warum er das alles gar nicht so schlimm findet), den musste ich nicht triggern. Umgekehrt hat es ihn nicht gebraucht, meine Fähigkeit zu lieben zu wecken und dies auch in allen Details des Lebens und des Alltag auszudrücken, habe ich bereits mitgebracht in diese Beziehung. Und selbst in den widerlichsten Situationen hat er keinen „Teufel“ aus mir herauskitzeln könnten. Ich denke, dass er genau das manchmal auch provozieren wollte, aber ich habe auf seine Angriffe weder mit Gegenaggression noch mit ähnlich stumpfen Tiefschlägen reagiert, sondern mit Verletzung, Trauer, Verzweiflung und irgendwann Flucht. All diese Reaktionen hat er weder in seinem Elternhaus erlernt noch anscheinend in seinen früheren Beziehungen (dort war die Partnerin entweder verzweifelt-aggressiv und hat mit Tellern geworfen oder war vollkommen passiv, wohl weil sie es selbst normal fand).

Dein Mängelexemplar ist wohl wesentlich reflektierter als mein Seelenschmerzmann, er gibt es zwar alle Mühe, aber diesen Grad an Klärung, den ihr miteinander habt besprechen können, den wird es bei uns mangels Einsicht seinerseits, nicht geben.

Unbeholfen hast Du Dich nicht im Geringsten ausgedrückt, Deine Sprache ist schön, analytisch, bedient sich Metaphern, zeugt von einem hohen Bildungsgrad und Intelligent, Empathie sowieso. Danke. Ich verstehe das, was Du sagst sofort, als ob Du mir der korrelierenden Frequenz meine Saiten zum Schwingen bringst.

Mein Dank für Deine nicht selbstverständliche Mühe ist Dir sicher. Ich freue mich von Dir zu lesen, egal was. Wenn es zu anstrengend ist, schreib mir doch nur, dass Du es gelesen hast. Und mein Dankbarkeit richtet sich auch an alle anderen, die sich die Zeit genommen haben, das zu lesen.

Ich werde später oder morgen noch etwas zur aktuellen Situation schreiben.

22.04.2016 19:19 • x 2 #49


G
Liebe Raupe, danke für die netten Komplimente. Auch ich genieße deine Reflexion, deine Art zu schreiben.

Ich habe auf dieser (sehr lesenswerte!) Seite umgang-mit-narzissten.de/arten-des-narzissmus/
folgenden Spruch gelesen:

„Am Ende des Lebens anzukommen und festzustellen, dass mein Leben nicht das Richtige gewesen ist – das ist die größte Tragödie, die ich mir vorstellen kann“ Dr. Wayne Dyer

Ich glaube, es ist dieses Streben nach Glück, sogar in der amerikanischen Verfassung als pursuit of happiness formuliert, uns (immer wieder?) in die Arme von unserem Sterben (vor)bestimmter Menschen treibt und dann auch kleben/lieben lässt, die uns auf den zweiten Blick uU nicht gut tun.

ABER Es ist unsere Entscheidung, also, eines jeden Menschen, ob und was wir in unseren Partnerschaften uns antun lassen, akzeptieren aber auch selber austeilen usw. Schuld sind immer die anderen, oder Schuld ist immer mein Ex, mein Mängelexemplar, mein ex Narzist, mein usw usw ist eine Denke, die es gilt zu hinterfragen. Denn es ist genau diese Denke, die ich meinem Ex um die Ohren haute, das er selber viel schlimmer austeilt als je eingesteckt hat. Erstmals mit 41 Jahren, und zu Beginn meiner Rekonvalenz nach meinem Ex, habe ich begonnen über mich nachzudenken. Er hat gnadenlos, allerdings intuitiv, meine Schwächen, meine nonplausiblen Verhaltensweisen gespiegelt und damit mir selber den Spiegel vorgehalten. Damit mir auch die größte Chance meines Lebens gegeben über mich und mein streben nach Glück und Lebensziele nachzudenken.

Damit verzeihe ich ihm dennoch vieles nicht, vieles war einfach grausam im Umgang, aber ich habe für mich die Chance erhalten was ganz genau ich mit der ihm gegebenen Lebenszeit, Erfahrung für die Zukunft anfange.

Es gibt Menschen, die sind einem auf irgendeinem Gebiet überlegen. Oft ist das gut so, bei einem ausgeprägten Narzisten ist es mal so mal so. Oder, in Anspielung auf den bekannten Werbespruch sind sie dir zu stark, dann bist du zu schwach...

Ich habe mein Mängelexemplar wirklich sehr geliebt, wäre für ihn gestorben, also Disney-Schnulze pur, weil ich ihm eine Bedeutung geben habe, die zur totalen Aufgabe gereicht hätte.

War ich aber vielleicht zu schwach für ihn? In der Beziehung war er ein echtes A.Loch, hat mich gedemütigt usw, haben wir alles hier besprochen bzw immer die gleichen Varianten irgendwie, aber was ist mein Anteil das alles ertragen zu müssen? Warum bin ich nicht - genauso wie du es geschrieben hast - nicht schon nach den ersten Wochen weggelaufen? Wie oft habe ich morgens länger im Bett gelegen oder bin früher aufgestanden und habe gedacht...heute gehst du und kommst nie wieder.. ach, vielleicht morgen, vielleicht nächste Woche, nach dem Urlaub... Da war ständig dieses Warnsignal und ICH habe es überhört. Nicht ER hat nicht meine Wünsche gesehen, sondern ICH habe meine Wünsche VERRATEN, ICH bin geblieben, ICH habe den tollen xeS erst konsumiert und ICH habe das fiese Nachspielen BEWUßT immer wieder in Kauf genommen. Das verbrannte Kind meidet eben nicht die heiße Herdplatte sondern hält selber mit der anderen obendrauf...

Das perfide an Mängelexemplaren ist, dass sie diese Selbstzweifel manipulativ instrumentalisieren, wie A..ig. Echte Narzisten sind ihren - selbst gewählten, in der Regel ihnen unterlegenen Umgebung - immer eine Nasenlänge voraus. Ein Verhalten bzw eine Fähigkeit, welche sie entschieden haben, EBEN NICHT zum Guten zu nutzen (wir alle wissen, dass jeder narzistische Anteile hat, wenigstens jeder Schauspieler, Politiker usw aber eben auch wir Normalos) sondern sie kippen ihren Müll über die schwächsten in ihren Umgebung aus...und wenn es ihre Partnerin ist dann eben auch über sie. Love is a battlefield nehmen Mängelexemplare wörtlich und hauen drauf, meinen dabei allem Ernstes das sie das dürfen, weil der Druck in ihnen so groß, weil sie Peiniger als Vorbilder für sich gewählt haben....

Aber ich habe mich im Rahmen der Rekonvalenz, in der Zeit der warmen Trennung (ein Ausdruck, den ich von dir übernehme und der trifft es) entschieden, mal ganz genau bei MIR hinzuschauen wie authentisch ICH wirklich bin, wie authentisch ich meine Wünsche kommuniziere, wie authentisch ich meine Verletzungen bzw meine wunden Punkte geschützt habe, wie authentisch ich STOPP gesagt habe immer wieder und wieder die selben Sehnsüchte in mir habe sabotieren lassen bzw alte Verletzungen aus vergangen Zeiten mich gezielt habe triggern lassen...

Nein, stellte ich damals fest, ich habe ihn machen lassen. Ich habe zugelassen, dass er exakt die gleichen Methoden anwandte wie er und ich es von Zuhause kannten und SO HAßTEN. Ein Mängelexemplar tut das, ein empathischer Partner tut das nicht.... Ein authentischer Partner lässt ein solches Verhalten auch nicht zu... aber warum lasse ICH das zu... Weil ich auf anderer Art und Weise, auf anderen Gebieten selber ein Mängelexemplar bin, das sich missbrauchen lässt (und jetzt Bitte keine Aufklärung zum Co-Narzisten, das greift zu kurz, es geht um viel mehr Reflexion...)


Du fragst nach Engel und Teufel und was mein Anteil daran war... Harmonie ist schön, normal und erstrebenswert. Gleichwertigkeit (nicht diese langweilige Gleichberechtigung...), Einfühlung und Intuition Verletzungen zu umschiffen sind bzw sollten für Partnerschaften selbstverständlich sein. Irgendwie gelingt das ja meistens ganz gut. Nicht so bei meinem Mängelexemplar... er liebte mich wohl(?) aufrichtig, sagt er wenigstens während der Beziehung, auch jetzt rückblickend, aber beim Schlussmachen sagte er nie habe ich...., genauso hat er ständig ALLES Schöne STÄNDIG kaputt gemacht, im nachhinein wohlgemerkt, erst genossen, dann zerstört. Es hat gebraucht zu verstehen, dass für ihn IMMER Regen nach Sonnenschein (dein Bild) SEIN MUSS... und ER lieber selber der Regenmacher ist bevor er für den erlebten Genuß bestraft wird (Kindheit). Will sagen, mein Mängelexemplar war falsch sozialisiert, falsch im Laufe des Lebens programmiert worden und als starke Persönlichkeit wollte er immer Programmdirektor sein, der Daumen hoch oder runter drehte wie er glaubte es aus SEINER Erfahrung tun zu müssen. Also keine Reflexion anderer Sichtweisen, kein Hinterfragen seiner Haltung und Handlungen, kein Respekt für Dritte.

Das alles ist leicht zu kapieren, was aber komplex ist, ist zu verstehen, dass was für mich schön ist, ist auch für ihn im Moment des Geschehens schön (Engel) und dann kippt es bei ihm in Teufel, plötzlich, unerwartet (bzw erwartet wenn man länger mit ihm zusammen ist) weil es darf nicht schön sein, also dann bestraft er mich, sich und alles um ihn mit einer schwarzen Sichtweise (ja man nennt das Spalten für den der mir das erklären will...)
Damit wurde ich von jetzt auf gleich Teufel (schwarz) und ich habe dann selber oft angefangen schöne Erlebnisse selber zu relativieren um seine Ablehnung abzumildern (was aber bei Mängelexemplaren funktioniert weil sie das als un authentisch durchschauen und dann auch noch dafür eine Szene machen...)

Ein viel zu langer Text den ich hier geschrieben habe, total sorry dafür. Aber ich bin der Erfahrung dennoch sehr dankbar, weil ich zu mir selbst dadurch gefunden habe und hoffe, dass du, liebe Raupe, avbildas positive aus deiner Beziehung ziehst. Bald wirst du alles verstanden haben, dein Ex wird dich entweder links liegen lassen ODER ihr beginnt euch gegenseitig zu verstehen. Eine Beziehung, nachdem du dich und ihn durchschaut hast ist nicht mehr möglich, weil es all die hier beschrieben pathologien braucht um stabil ustabil zu bleiben.

Wenn ich heute meinen Ex - trotz neuer schöner Partnerschaft - vermisse, dann glaube ich, dass ich nicht ihn sondern etwas ganz anderes vermisse.. Ich weiß nicht was, aber ich glaube ich will es garnicht wissen, weil es innerlich gut anfühlt auch etwas unerklärliches zu vermissen.... Alles Liebe, für dich Raupe, GW42

23.04.2016 14:12 • x 2 #50


PrincessHazel
Ihr beiden, Raupe und w42,

ich kann mich so sehr reinfühlen in eure Beschreibungen. Einiges habe ich selber gerade hinter mir, manches von dem hätte ich so schreiben können.
Mein jetzt Ex ist selber Ex-Freund einer Narzistin und hat vieles davon mit zu uns genommen, so dass ER manchmal der Narzist und manchmal der Co-Narzist war, aber eben bei mir. Ich fühle mich weder ungesund abhängig noch narzisstisch und konnte mit den Anfeindungen, erniedrigungen etc schlicht wenig anfangen, dennoch war es verletzend, es war schon allein verletzend, dass mein Freund mich verletzen wollte, ohne Sinn und Verstand. Und Es war mir unangenehm die Mutter spielen zu sollen, in allem bei Entscheidungen zu helfen (Kleinigkeiten, telefonate, briefe, sms beantworten), Alltägliches für ihn zu erledigen, denn das konnte er mal, mal nicht.
Es lag wenig Zeit zwischen seiner Trennung und unserem Zusammenkommen und er hat sie bei weitem nicht los lassen können. Auch wenn kein Kontakt bestand war sie da, jeden Tag, mit vermissen und weinen. Sie war die Mutter, die alles besser konnte und wusste und ihn klein machte und über ihn entschied, Schulden machte auf seinen Namen, so das er finanziell eingeschränkt war, ihm Dro. zuführte alá du bist besser mit Dro., dann gehts dir besser, du kannst es nicht anders, bei allem was du erlebt hast, kannst du kein ganzer, guter Mensch sein oder werden.
Ich wollte nicht mehr Nummer 2 sein, nicht seine Mutter sein und nicht der Fußabtreter für seine unendliche Wut. Ich habe es also jetzt beendet, nachdem es immer schlimmer statt weniger wurde. Und umso mehr er die Mutter in mir suchte umso häufiger wurde er von mir enttäuscht, umso häufiger wurde er wütend und um so häufiger sehnte er sich nach seiner Ex.

Ihr berichtet beide von Narzistischen Exfreunden und ich habe große schwierigkeiten ihn einzuschätzen, seine Schublade zu finden. Das was er mir angetan hat (emotional) kommt ganz klar aus Kindheitserfahrungen (dominanter Vater, trinkende Mutter) und aus dem was er bei seiner Ex freundin erlebt hat, quasi ein wieder erleben seiner Kindheit, mit all den missbräuchen (nur emotional). Vllt könnt ihr mir eure einschätzungen schreibe, euch da besser hineinversetzen, denn mir ist dieses bedingungslose Abhängig machen, genauso wie das erniedrigen und verletzen sehr fern. Meine Mutte hatte ähnliche Tendenzen, die mein Vater wahnsinnig gut aufgefangen und ausgeglichen hat. Die beschriebenen Gefühle zu Co-Narzisten erkenne ich bei mir in Gedanken an meine Mutter und immer gibt es dazu etwas von meinem Vater, ein verstehendes und auffangendes Gespräch oder so, etwas was mich gelehrt hat, mich davon frei zu machen und auf mich zu vertrauen.

Er war 14 Jahre mit ihr zusammen, denkt ihr, dass er die Muster von ihr übernommen hat, gemäß so muss es eben sein, oder denkt ihr, dass es tief aus seinem Selbst herrührt?

Ich hoffe ich hab in der Kürze verständlich geschrieben, es brennt mir auf der Seele, das ganze besser einschätzen zu können und habe den Eindruck, dass ihr alle Seiten schon kennengelernt habt und ich würde eure Eindrucke dazu sehr zu schätzen wissen.

Liebe, liebe Grüße und viel Glück und Kraft wünsche ich euch.

24.04.2016 12:46 • x 2 #51


G
Liebe PH, du gibst dir selbst in vielen Punkten die Antwort auf deine Fragen. Ich persönlich meine, dass es wenig Sinn machen wird, über deinen Ex zu philosophieren, denn, klar, du hast ja alles schon selber hergeleitet. 14 Jahre in einer Beziehung, wie du sie andeutest, sind für deinen Ex natürlich extrem prägend, 14 Jahre Beziehung kann man so oder so nicht einfach wegwischen.... Das braucht einen sauberen Abschluß, den dein ex wohl noch längst nicht vollzogen hat(te).

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die erste(n) Beziehung(en) nach einer Ehe oder wenigstens mehrjährigen Ex-Beziehung selten lange halten weil sich wenigstens einer noch in der instabilen suchen, finden, Selbsteinschätzung, aufholen, nachholen usw usw -Phase befindet.

Dein Ex hat all das an und mit dir abgearbeitet, du hast es mit ihm versucht, hast verstanden und hast eine klare Konsequenz gezogen. Hut ab, du hast schlichtweg gesund und schnell die Kurve gekriegt, hast dein Mängelexemplar schnell, und wie es scheint, auch konsequent losgelassen.

GW42

25.04.2016 09:18 • x 2 #52


R
Liebe Hazel,

ich schließe mich GW42 an. Wie wir beide in diesem Thread geschrieben haben, sucht man, um nicht selbst wahnsinnig zu werden, nach einer plausiblen Erklärung für das unplausible Verhalten des Menschen der doch vorgibt einen zu lieben, aber völlig widersprüchlich handelt. Da eine lange Reihe an Persönlichkeitsmerkmalen übereinstimmen, aber eben nicht alle (!), bin ich zu dem Schluss gekommen, wie auch GW42, dass es narzisstische und andere (instabile, passiv-aggressive) Anteile gibt, aber das ist eben nicht alles. Und für die wirkliche Verarbeitung bringt einen die Schublade dann auch nicht weiter, sie ist nur ein erster Schritt. Daher ist es für mich, und ich denke für GW42, auch sehr wichtig, uns selbst nicht als Co-Narzissten zu pathologisieren, denn das sind wir nicht. Meine vergangenen Beziehungen waren völlig anders, langweilig im Vergleich zu dem jüngst erlebten, aber respekt- und liebevoll. Daher haben wir auch ureigene Bezeichnungen für unsere Phänomene gewählt, Mängelexemplar, Seelenschmerzmann.

Mein Seelenschmerzmann wollte mich unter anderem, so meine Vermutung, mit seinem übergriffigen, verletzenden Verhalten bestrafen für das, was er selbst in seiner Kindheit erleben musste. Sein Vater war anscheinend ein herrischer und gewalttätiger Tyrann, von dem er sich bis er ca. 25 war schlagen und demütigen lies, dann hat der Vater die Familie und damit das Haus verlassen für eine andere Frau. Die Mutter meines Seelenschmerzmannes hat ihre Kinder nie vor diesem Vater geschützt, weder verbal noch körperlich, was den emotionalen Missbrauch anging, hat sich ihn wohl noch unterstützt. Dass seine Schwester mit 14 Dro.abhängig, mit 18 beim Dro. und mit 20 im Knast war, wundert da wohl auch wenig. Interessanterweise gibt mein Seelenschmerzmann heute der Schwester die Schuld dafür, dass es der Mutter heute so mies geht.

Worauf ich aber eigentlich hinaus will, ist, dass ich mir vorstellen kann, dass Dein Ex, der 14 Jahre lang von einer Narzisstin, wenn sie denn eine war, beherrscht wurde, die Muster insofern übernommen hat, dass er sie inzwischen selbst bei einer geeigneten Person als Bestrafung anwenden kann, so wie er sich selbst damals geeignet hat und Du jetzt. Er konnte Dich als Projektionsfläche für seinen Hass und seine Wut auf sie, auf sich, dass er das hat mit sich machen lassen, benutzen.

Dass Du es so schnell erkannt und unterbunden hast, ist absolut gut und richtig. Dass der Abschied aus einer so sinnlos zertrampelten Beziehung höllisch schmerzt, davon können hier wohl nicht nur GW42 und ich ein Lied singen. Um noch mal den Bogen zu schlagen, um die eine Antwort für’s Erste zu geben: Als erster Schritt Deiner Heilung, des Verstehens, des Ablösen ist es sicherlich richtig und wichtig er erkennen, dass er gewisse Persönlichkeitsmerkmale in sich trägt und an Euch ausgetobt hat. Auf Deinem weiteren Weg halte ich dies – mittlerweile aus eigener Erfahrung – für nicht mehr wichtig oder sogar kontraproduktiv, weil es eben dazu führen könnte, dass man sich selbst gleich mit in eine falsche Schublade steckt.

Ich denke nicht, dass ich generell ein Co-Narzisst bin. Ich habe zwar in den letzten neun Monaten gedacht, wahnsinnig zu werden, aber ich weiß, dass ich es weder war noch bin. Ich bin in der Lage eine gesunde Beziehung zu führen, zu lieben. Und um mit Gloria Gaynor zu sprechen, der wohl ähnliches widerfahren ist:

I've got all my life to live,
And I've got all my love to give,
And I'll survive!

(Ich empfehle an dieser Stelle, sich den Song anzuhören, den Text in sich aufzusaugen und so laut wie möglich mitzusingen, gerne auch auf Rollschuhen.)

Bis später, die Antwort auf GW42 ist noch in Arbeit - mir ist wieder so viel eingefallen… *lach*

Die Raupenfrau

25.04.2016 12:22 • x 1 #53


R
Auch diesmal sind mir wieder die Tränen gelaufen wegen der erschreckenden und doch heilsamen Übereinstimmung. Heilsam – weil ich mich verstanden fühle, es jemanden Da draußen (Dich) gibt, der mich wissen lässt, dass ich nicht wahnsinnig bin, mich verstehen lässt, dass es nicht an mir lag, dass ich mich nicht geborgen und wohlfühlen konnte an seiner Seite. Was Deine Texte mit Sicherheit nicht sind – zu lang. Ich könnte Dir stundenlang weiter folgen, es ist so heilsam. Insbesondere die Tatsache, dass Du so viel weiter bist und den entscheidenden Meilenstein genommen hast, nach diesen Erfahrungen eine wünschenswerte, wertschätzende, liebevolle, nicht weniger innige, Beziehung mit dem guten Fragmenten der vergangenen zu haben, gibt mir so viel Hoffnung.

Er versteht und bereut zwar, dass er mich so gequält hat, aber ihm war es wichtig, in unseren „Gesprächen“ zu betonen, dass auch ich nicht nur gute Seiten habe und auch er viel zu schlucken gehabt hätte. Zwar hat er damit prinzipiell Recht, jedoch arbeitet er in Gesprächen grundsätzlich nur mit argumentativen Keulen ohne konkrete oder valide Beispiel dafür zu geben, weshalb auch das für mich alleine aufzuarbeiten ist.

Eine meiner schlechten Seiten sei angeblich, dass ich nicht „einfach mal das gemacht habe, was er sagt“. Damit meint er unter anderem die Situationen, in denen er mich plötzlich in Leithammelmanier herumkommandieren wollte und scheiterte, ich mich oft zwar fügte, aber nicht freudestrahlend und seine Glanzleistung anerkennend, sondern durch meine Verletzung über den lieblosen Umgang mit mir ihm den Status des großen Mannes nehmend. Aus seiner Sicht, im Gefüge seiner ungesunden Strukturen, hat er wahrscheinlich wirklich darunter gelitten, aber ich denke nicht, dass es in eine gesunde, liebevolle, wertschätzende Beziehung gehört, dass man einander herumkommandiert und der andere dabei die Klappe zu halten hat.

Er hat auch Situationen benannt, in denen ich mich – tatsächlich und objektiv – nicht so verhalten habe, wie ich es für eine Partnerschaft akzeptabel halte. Allerdings waren dies ausschließlich Situationen, in denen er mich zuvor über einen anderen Punkt dermaßen nahe an den Rande eines Nervenzusammenbruches gebracht hatte, dass ich gar nicht mehr normal reagieren konnte. Meine Ungerechtigkeit war in diesen Momenten mein letztes, aus der Hilflosigkeit erwachsene Mittel mich gegen die zuvor erlebte grausame Verletzung überhaupt irgendwie zu Wehr zu setzen. Da ja nie ein klärendes Gespräch über diese Verletzungen möglich war, und er sein Verhalten nie reflektiert hat, konnte er natürlich den Zusammenhang zu meiner drauffolgenden Situation nicht erkennen. Ich habe ihm (das Gespräch war erst vorgestern) auch ganz klar gesagt, dass ich es ungerecht finde, mich in eine derartige Gemütslage zu treiben und mir dann dafür, beziehungsweise die Reaktion darauf, nämlich nicht partnerschaftstaugliches Verhalten, noch Vorwürfe zu machen. Hier geht es nicht um destruktive Situationen, wie es sie auch in Beziehungen geben kann, in denen Trotz durch „wie Du mir so, ich Dir“ ausgelebt werden, sondern um eine für mich bereits kaum ertragbare emotionale Notlage als Resultat seelischer Grausamkeit seinerseits.

Es war auch nicht möglich, in unseren „Gesprächen“ zwischen Schuld und Verantwortung zu trennen, da er den eklatanten Unterschied nicht kennt. Tatsächlich habe ich eine Abneigung dagegen, dem anderen die „Schuld“ für etwas zu geben, hier ihm für den schlimmen Zustand und das Ende unserer Beziehung, mir ist es wichtig, von Verantwortung für das eigene Handeln zu sprechen. Schuld ist endgültig und erfordert Strafe als Konsequenz. Aus Verantwortung erfolgen zwar auch Konsequenzen, aber sie lässt dem Verantwortlichen Raum zum Handeln, vor allem für Änderung, und dem Nicht- beziehungsweise weniger Verantwortlichen ebenso.

Ja, es wird meine Aufgabe der kommenden Zeit sein, mich zu hinterfragen, wie ich das zulassen konnte, und zwar so, dass sich sein übergriffiges, verletzendes Verhalten etablieren konnte. Dafür war die Zeit mit ihm und das Leiden, was mich wohl noch einige Zeit begleiten wird, wohl gut, dass ich nun die Chance habe, einen Teil von mir zu erkennen, zu verstehen und das Beste daraus zu machen. Wie Du es treffend beschrieben hast, die verschiedenen, gegensätzlichen Fragmente unserer extremen Beziehung getrennt zu sehen und die guten, produktiven davon mitzunehmen.

Er hat in mir Ängste geweckt und wunde Punkte geschaffen, aber auch Sehnsüchte und Wünsche, deren Erfüllung mir für eine zukünftige Partnerschaft als unabdingbar erscheinen, wenn auch auf eine andere Art und Weise, nämlich nicht mit der auf dem Fuße folgenden Bestrafung für das eben erlebte Hochgefühl.

Auch ich habe mir so oft vorgenommen, wegzulaufen, einfach weg zu sein, insbesondere (und liebe GW42, wie erschrecken identisch unsere Erfahrungen doch sind), besonders in den Morgenstunden, wenn er noch schlief und ich schon wach war. Und ich habe es auch immer vor mir hergeschoben, auf den richtigen Moment gewartet, auf eine besonders unerträgliche Breitseite seinerseits, die so offensichtlich war, dass ich es zum Anlass nehmen konnte. Dieses Gefühl wurde immer stärker, und dann kam tatsächlich der Tag (unsere gemeinsame Urlaubswoche vor Ostern), in der das Fass überlief.

Die gleiche Erfahrung wie Du habe ich auch mit unserem unbeschreiblich intensiven, erfüllenden xeS gemacht. Ich habe es in Kauf genommen, wohlwissend, was am nächsten Tag passieren wird. Dass der nächste Tiefschlag kommt, wusste ich, nur nicht welcher aus seinem reichhaltigen Repertoire. Der xeS hatte für mich noch eine andere Funktion. Es wäre nämlich – zumindest meistens – eine Situation, DIE Situation, in der ich ihm nicht nur maximal Nahe sein konnte und er sich öffnete (oft liefen ihm dabei die Tränen vor Rührung und Fassungslosigkeit über sein einmaliges, exklusives Glück mit mir), sondern die hat mich auch für diese kurze Zeit entschädigt für die erlittenen Schmerzen. Ich hatte oft das Gefühl, diesen Moment einzukapseln und zu verstecken in mein Herzen, um darauf zurückgreifen zu können wenn es wieder schlimm wird, wie ein Kind sich in sein Kuscheltier krallt, wenn es Schmerzhaftes für Seele oder / und Körper erlebt. Natürlich funktioniert das in der Welt eines Erwachsenen nicht.

Ich selbst war in der Beziehung übrigens alles andere als ich selbst, nicht authentisch, habe große Teiles meines Ichs, was mich ausmacht, meine Interessen und außerhalb der Beziehung gelegenen Wünsche versteckt und ihm nur den Teil von mir gezeigt, den er lieben wollte und konnte, da auch im kleinsten Ansatz alles andere plattgemacht wurde, sobald ich etwas davon gezeigt habe. Denn ich hatte enorme Angst, dass er sich dann abwendet, Verlustangst in Reinstform, und dabei waren es nur normale sympathische Bausteine meines Lebens, Freunde, Freizeitinteressen, Lust auf Fortbildung. Ich hätte den Liebesentzug nicht ertragen, und genau damit hat, hoffentlich unbewusst, ständig gespielt und mich dadurch völlig unter Kontrolle gehabt, dabei hätte er doch Angst haben müssen, mich zu verlieren bei diesem Umgang mit mir. Und bis jetzt sind es nur wenige Punkte, die ich ihm als Grund für meine Trennung nennen kann, die wenigen, die er nachvollziehen kann, die er gelobt, besser zu machen (worin ich aber mein Vertrauen verloren habe). Ja, selbst jetzt, wo mein Entschluss, zu gehen, steht, habe ich Angst vor seinem Liebesentzug, weshalb ich ihm die anderen Punkte, dass er mich zum Beispiel durch sein Plattmachen und Kontrollieren so eingeschränkt und klein gehalten hat, nicht nenne, aus Angst, dass wenn er mein wahres Ich kennt mich seinerseits nicht mehr will und gar froh sein könnte, mich los zu sein, weil ich dann gar nicht mehr die Traumfrau bin, die er da kennengelernt und über Monate hinweg erlebt hat. Mein eigener, narzisstischer Anteil erträgt den Gedanken nicht, von ihm nicht geliebt zu werden, so weh es auch tat, daher habe ich den letzten Faden zu ihm noch nicht durchtrennt.

Und jetzt leide ich – ebenso wie bei Dir aufschäumend in Wellen – an den Sehnsüchten, die er in mir geweckt hat. Sehnsucht nach dem überirdisch und eigentlich absurden, nicht Möglichem, was wir in den innigsten Momenten miteinander erlebt haben, was er mir jetzt heraufbeschwören will, um mich zurückkehren zu lassen, um mich dann wieder niederzuwerfen und auf meiner Seele herumzutrampeln (auch hier verweise ich auf Gloria Gaynor).

Liebe GW42, falls ich irgendwo überlesen habe, tut es mir leid, aber ich frage Dich: Wie lange ward Ihr beiden eigentlich ein Paar? Ich stelle mir Deine Trennung auch so viel schwerer vor als die meine, denn in Deinem Fall hat er sich getrennt, und nach all dem, was wir hier voneinander erfahren haben, frage ich mich: Wie hast Du das (in dem Moment) überlebt? Ich freue mich, alsbald wieder von Dir zu lesen. Bis dahin, an Dich und allen anderen (stillen) Lesern, an deren Meinung und Gedanken ich immer interessiert bin, einen lieben Gruß von der Raupenfrau, die irgendwann anfangen sollte, ihren Kokon zu spinnen.

25.04.2016 22:51 • x 1 #54


R
Liebe GW42, eine brennende Frage habe ich noch (natürlich kann dazu auch gerne jeder andere seine Meinung sagen): Hast Du mit Deinem jetzigen Partner über Deine Vergangenheit mit Deinem Mängelexemplar gesprochen, und wenn ja, wie tiefgehend, oder still und wohlwissend die mitgenommenen, guten Fragmente in Eure Beziehung eingeflochten?

Aufgrund der schmerzhaften Erfahrungen mit meinem Seelenschmerzmann ist dieses Thema (Beziehungsvergangenheit) für mich ein extremes Reizthema geworden, dazu habe ich mich in Hazels Thread geäussert. Er hat damit beim mir eine diffuse, quälende Eifersucht geschaffen. Ich habe das Gefühl, nie wieder davon etwas hören zu können und zu wollen, ausser es sei eine absolut notwendige Information, um den Partner zu verstehen, für die eigene Beziehung. Wir haben alle unsere Vergangenheit, sind keine Jungfrauen mehr, aber das Gefühl des Besonderen, Exklusiven ist auch eine romantische Illusion, die man zärtlich durch Schweigen aufrecht erhalten kann, ohne zu lügen, aber ohne unnötige Informationen herauszuposaunen. Ich habe das in meinem bisherigen, alle wertschätzenden Beziehungen so gehalten, habe meinerseits nie den Anlass gesehen noch das Bedürfnis gehabt, da was zu erzählen. Dinge, die ich erlebt habe, habe in erster Linie *ich* erlebt, nicht das wir, das es nicht mehr gibt.

Anmerkung: Mir ist bewusst, das es Paare gibt, die es anders halten. Das ist okay, aber ich will es nicht wissen und hab meinerseits keine Lust da was von mir auszubreiten. Das habe ich ihm immer klar kommuniziert. (Natürlich erfolglos.)

26.04.2016 12:35 • x 1 #55


G
Liebe Raupe,
ich bin sprachlos... Deine Sprache, deine präzisen Schleifen zu Gedanken, Analyse und Anekdoten sind dermaßen pregnant, dass es mir - trotz aller Tragik unseres Themas - eine große Freude ist mit dir auszutauschen. Ich kann zudem - auch das für mich erstaunlich - jeder deiner Erfahrung zustimmen und sagen: Ja, genau! so! war! es!...

Ich habe viel reflektiert, viel gelesen, viel verstanden aber dir gelingen Sichtweisen, die mich absolut beeindrucken. Insbesondere deine Erkenntnis, Liebens-Vorräte anzulegen um von denen in stürmischen, insbesondere total erwartbaren, stürmischen Zeiten, zu zehren ist etwas was ich noch NIE so gesehen habe, noch NIE irgendwo als Gedanken je derart formuliert gefunden habe! Das trifft es aber total.

Ein weiterer Punkt, ist die (bis jetzt) andauernde Gefühle oder Vielmehr Auswirkungen des Liebesentzugs. Auch hier, nicht nur totale Zustimmung, sondern auch, dass die Auswirkungen bis Heute so stark nachwirken. Auch diesen Gedanken habe ich noch nie derart präzise - im Zusammenhang unserer Erfahrungen und deren Nachwirkungen - analysiert gefunden! Jetzt ENDLICH, DANK DIR / / / VERSTEHE ich warum ich immer noch nicht loslassen konnte / ..... DANKE

Dass Liebensentzug schwere Auswirkungen haben, weiß jedes Kind, jeder Erwachsener, jeder Mensch überhaupt. Das ist ja nix neues, auch, dass dieses schwer zu verkraften ist, ja, so scheint es sogar zu sein, die härteste Bestrafung überhaupt ist, die einem Zuteil werden kann... deshalb sind ja hier die Seiten so voller Schmerz.

Dass aber unsere Mängelexemplare/Seelenschmerzmänner usw. dieses Instrument DAUERHAUFT als Zünglein eines Manipulations-Barometers einsetzten, volatil, impulsiv, steuernd, usw. benutzten um uns zu drangsalieren, dass wird mir jetzt in aller Deutlichkeit klar.

Jetzt endlich verstehe ich auch, warum wir nach JEDEM FÜNKTCHEN Liebesbeweis unserer Ex'en geradezu Ausschau gehalten haben, homöopathische Dosen sogar akzeptierten .... ...und dieses immer noch tun.... weil wir die (unfassbare) Ambivalenz einerseits geliebt zu werden und adhoc, von gleich auf jetzt zurückgestoßen zu werden nicht wahrhaben konnten, nicht wahrhaben wollten, und, in der Rückschau, immer noch nicht verstehen .

Bleibt die Frage: Warum war der xeS so berauschend? Ich glaube, weil alle unsere Sinne auf Suchen und Alarm geschaltet waren und wir für einen Moment locker lassen konnten. Ich glaube aber auch, dass unsere Ex'en selber dieses Hochventil brauchten, weil sie uU sich bzw. die Liebe sonst nicht spüren. Will sagen, kann es sein, dass weil unsere Ex'en normale Zustände einer geborgenen, Zuverlässigen Beziehung nicht trauen, selber ständig unter Verlust(angst), Selbstzwfeifel (Selbstwert) leiden, sind sie sich im Akt der absoluten Verschmelzung sich sicher fühlen, dass jemand ENDLICH (also jeweils wir in den Beziehung) real nur für sie da sind....

DU sprichst deine Anteile in Konfliktsituationen an.... Genau dieser Punkt ist es, den ich als Chance zur Reflexion angenommen habe, ja ihm zutiefst dankbar bin. Ich bin dadurch, schmerzlich wiedergeboren, ein besserer Mensch geworden, ein besserer Partner. Wenn ich heute in einer wirklich zuverlässigen, stabilen Beziehung lebe, dann auch, weil ich zum einem nicht mehr das Drama in der Partnerschaft suche und brauche und zum anderem weil ich verstanden habe, was es braucht on top aus Blümchen-xeS, wie es auch mein jetziger Freund bislang kannte, echte Gefühlstiefe mitzubringen.... ich schrieb herüber ja schon.

Auch ich, liebe Raupe, kenne das Gefühl weinen zu müssen. Genauso wie du habe ich in der Zeit mit meinem Mängelexemplar und auch etwas danach unglaublich viele Tränen vergossen. Oft auch aus Freude.... in etwa so, wie Hazel es - nicht bei sich - sondern bei ihrem Freund erlebte. Ich war unglaublich emotional. Medizinisch ist das wohl vorsichtig als reaktive depressive Stimmung zu bezeichnen. Etwa so, als wäre täglich ein Hollywood-Film in unserem Kopf am laufen. Dieses Verhalten hat bei mir inzwischen aufgehört, aus und vorbei bzw. ich kann es kontrollieren. Während der Ex-Beziehung platzten mir geradezu die Tränen heraus, wenn es besonders schön war. Das tut es nicht mehr. Es waren Tränen, die mit einem schönen Gefühl einhergingen. Vielleicht eine Depression, vielleicht auch was anderes.... ABER ich habe mich entschieden, dieses Gefühl für mich zu konservieren, als etwas sehr i.nt.im.es schlichtweg im Herzen zu behalten...

Damit komme ich zu deiner letzten Frage: Das Gespräch mit Dritten und meinem jetzigen Freund über die Zeit damals. Dein, im letzten, unglaublich logischer und zugleich präziser Gedanke eines emotionalen Liebes- Reservoirs, der in mir (auch derzeit noch) als Schatz vorhanden ist (es gibt hier auf den Seiten auch einen schönen Thread In meinem Herzen gibt es einen Kleiderschrank... oder so ähnlich) war mir so heilig, dass ich, wann immer jemand versuchte an diesem heranzukommen ich diese Schatz/ Notvorrat geradezu aggressiv verteidigt habe. Eben weil ich - wie ich dank dir - verstanden habe, dass dieser Schatz / Notvorrat teil meines Überlebens war, konnte ich nicht ertragen, dass jemand daran rührte.
Konkret: Ich hab daher nur über die üblichen Trennungsgründe mit Dritten gesprochen, über den immer noch in mir angelegte Notration kann ich nur hier, anonym und durchaus auch noch als Trennungsschmerz sprechen. WIll sagen, auch hier habe ich wie du die gleichen Erfahrungen gemacht, wenn gleich du nur indirekt dieses Phänomen ansprichst. Würde ich vis-a-vis mit meinem Freund und gesamten Umgebung darüber sprechen, würde mich NIEMAND verstehen, ich glaube auch, dass mein Partner (ZU RECHT) auch verletzt wäre. Hier Danke dir Hazel (falls du noch mitliest): Dein Ex hat all diesen Seelenschmerz nicht mit sich ausmachen können und man sieht, wie sehr dich das verletzt hat, dass er - trotz einer Beziehung zu dir - immer noch seiner Ex hinterhertrauerte.... das versteht NIEMAND, aber vielleicht findest du zumindest etwas Erklärung was bei ihm mit dir abgelaufen ist. Ja, es ist sehr komplex.

Ich werde bestimmt noch eine Weile diesen Schatz in mir bewahren, er wird NIE dazu reichen, mit meinem EX auch nur ansatzweise wieder zusammen sein zu wollen, denn abgesehen, dass es nicht funktioniert, ich einen wirklich liebenswerten Partner habe und diesen auch sehr gerne behalten möchte glaube ich, dass es all die gemachten Erfahrungen, selbst den Kometen-xeS mit dem Ex ohne all diesen Emotionsmüll und erst recht mit der heutigen Erkenntnis NIE WIEDER GEBEN WIRD. Klartext: Einmal alles durschaut ist der Zauber - der negative aber auch der positive - WEG. Es ist und bleibt eine Anekdote, der ich manchmal und auch noch eine Weile hinter-schmachten werde.... ausgelebt wäre es bestimmt eine Enttäuschung weil ich die bisherige Täuschung bereits entdeckt, aufgedeckt, enttarnt habe. Die Maske der Niedertracht, in Anlehnung an diesen Titel, ist weg... was bleibt von meinem EX.....? NICHTS, NICHTS, NICHTS, etwas Höflichkeit wenn wir uns sehen, small-talk über Kinder und Alltag, blabla.... der kleine Liebes-Vorrat den ICH - nicht er (und das verstehe ich jetzt) - angelegt habe, behalte ich für mich alleine.

Alles, alles Liebe, meine liebe Raupe, es wird Zeit, dass du dich zum schönen Schmetterling entwickelst, dich und deine Erfahrung nimmst und alles zum Leuchten bringst, aufhörst zu Weinen, sondern das Glück überlebt zu haben und besser als zuvor zu leben, das du unglaublich Okay bist, endlich begreifst. Dein Ex ist und war es nicht wert zu betrauern, DU WEINST NUR UM DICH und DU ALLEIN entscheidest, was DU ALLEIN mit all dem anfängst. Sei allenthalber deinem EX dankbar für die Chance dich aus einer Raupe zu einem Schmetterling zu entwickeln, aber, letzter Tip, sage ihm und niemanden, dass er, dein EX, eigentlich dein Kokong war.... Zutiefst dir verbunden und dankbar: Deine GW42

27.04.2016 14:20 • x 2 #56


R
Liebe GW42, vielen, vielen Dank für alles, wie immer.

Den hier: habe ich nur leider gar nicht verdient gerade. Das ist auch der Grund für mein seit Tagen andauerndes Schweigen. Ich habe einen Rückfall schlimmster Art geschehen lassen, ich blöde Kuh. Trotz aller Reflektion, trotz aller Einsicht, trotz aller Schmerzen, die ich mir von meinem Seelenschmerzmann habe zufügen lassen, habe ich sehenden Auges das getan, wovon ich wußte, dass ich mir selbst damit maximales Leid zufüge. Wie ich es Inoue schon geschrieben habe, ich würde mich am liebsten einfach in Luft auflösen, nicht mehr existieren, weil ich momentan sowieso von der Frau, die ich mal war, nichts mehr spüre. Was haben ich in meinem Eingangstext geschrieben? Ich mag mich und mein Leben? Ich freue mich auf die Zukunft? Dass ich das empfunden habe, glaub ich selbst grad nicht. Momentan fühl ich mich wie eine leere Hülle, nein, wie ein durch die Gegend wankender, rein organisch lebendiger Beutel gefüllt mit Schmerzen, die nur keiner sehen kann.

GW42, ich möchte Dir so gerne schreiben, wie ich es noch vor drei, vier Tagen konnte, aber momentan ist da Schmerz, Angst, Verzweiflung, keine analytischen Gedankenschleifen und Selbsterkenntnis. Ich hoffe, ich kann es wieder, morgen, übermorgen...

Ich glaub, ich brauch gerad die Absolution, dass solche Rückfälle zu den Peinigern, die man so krankhaft liebt, und die einem sagen, dass sie das auch tun, normal sind und man auch das überleben wird.

30.04.2016 23:46 • #57


G
Liebe Raupe, ich weiß nicht was du getan hast, kann jetzt inhaltlich nur rätseln aber da du es sehr bereust muss Du wohl dich deinem ex wohl sehr geöffnet haben....

Es gehört zum Leben und zu deiner Entwicklung dazu, dass du (nochmals) diese Schleife ziehen musst.

Ich glaube es gehört zum Trennen dazu Rückwärtsschleifen zu drehen um mit dem nächsten Schritt noch weiter weg zu kommen. Dazu kann auch mal xeS mit dem Ex gehören, ich ahne so etwas, um sich ganz sicher zu sein, daß die Intimitäten, auch wenn noch so schön, nicht für eine liebevolle Beziehung ausreichen...

Neulich laß ich ich hier einen Beitrag, wo eine Frau schrieb, dass sie mit ihrem Ex nochmals geschlafen hat, danach aufstand, jegliches danach abbrach und sich nach Hause fahren ließ und meinte, dass sie ihren Ex sicherlich damit sehr verletzte aber es für SIE wichtig war um sich des sichere Ende zu vergewissern... Das hat mich sehr betroffen gemacht, aber wer bin ich zu urteilen? Jeder von uns hier ist erwachsen.

Melde dich wenn du klar sehen kannst, ich glaube ganz sicher das alles Gut wird und ALLES seinen Grund hat. Du bist nicht allein und bestimmt auch eine sehr starke Frau, die sich leisten kann auch mal schwach zu werden, auch mal gegen eigene Prinzipien sich stellt, du lebst, darum geht es doch und dazu gehört, dass du das auf allen Wegen auch spüren möchtest. Kopf hoch, auch diesen Rückschlag, wenn er denn wirklich einer ist, wird vorbei gehen.... alles liebe GW42

01.05.2016 13:20 • x 1 #58


G
Hallo Raupe, lange kein Lebenszeichen von dir, ist alles gut? LG GW42

03.06.2016 09:31 • #59


A


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