Hallo ihr da Draussen,
Ich habe dieses Forum erst vor kurzem entdeckt und ich bin erstaunt, betroffen, ja auch ein bisschen fasziniert über all diese Leidensgeschichten die ich hier gelesen habe, aber auch hoffnungsvoll, da doch soviele wieder aus dem Tal des Jammers herausgefunden haben. und das macht mir Mut um hier meine Geschichte abzuladen.
Es ist jetzt knapp eine Woche her, dass ich einen fürchterlichen Krach mit meinem Mann hatte, völlig aus dem Nichts und wieder einmal wegen einer ziemlichen Nichtigkeit. Er explodierte von 0 auf 100 wegen eines einzigen Satzes von mir, der auch selbst jetzt einige Zeit später rückblickend betrachtet wirklich eine Lappalie war. Leider muss ich feststellen, dass sich solche Szenen leider häufen, was früher alle naselang mal vorkam, passiert nun alle paar Monate. Tendenz steigend.
Aber ich greife vor und sollte wohl besser ein paar Fakten einstreuen.
Ich bin 53, mein Mann ist 56. Dieses Jahr sind wir 30 Jahre zusammen und 28 Jahre verheiratet. Wir haben einen 19jährigen Sohn, zwei Eigentumswohnungen und finanziell geht es uns gut. Unsere Ehen hatte, wie alle Ehen, gute Zeiten und Krisen die wir einigermaßen ordentlich umschifft haben und für Außenstehende sind wir ein wundervolles Paar, hier stimmt einfach alles. könnte man denken.
Doch in Wahrheit stimmt hier gar nichts mehr. Ich habe schon lange das Gefühle ich befinde mich auf der Titanic, mit dem Vorwissen dass da ein Eisberg kommt, vielleicht haben wir ihn ja schon längst gerammt und sinken bereits. ich weiß es nicht mehr.
Seit diesem Streit vor einer Woche fühle ich nur noch unendliche Traurigkeit und Müdigkeit. Ich bin es müde für diese Ehe zu kämpfen, da ich doch scheinbar die Einzige bin die kämpft. So viele Jahre habe ich in dieser Ehe als Kapitän, erster Offizier, Steuermann und Heizer fungiert, und er hat es sich als erster Klasse Passagier gemütlich gemacht, nimmt an Annehmlichkeiten mit was ihm passt, der Rest wird ignoriert. ICH werde ignoriert.
Mein Mann spricht nicht mehr mit mir. eigentlich hat er noch nie wirklich viel mit mir gesprochen. Klar, wir reden natürlich das übliche, den Alltag. was willst du Essen, heute ist es wieder heiß. höflich, freundschaftlich, die meiste Zeit auch respektvoll. Smalltalk. Alltag. Und darüber hinaus ist da nichts mehr. Keine Nähe, kein Interesse, keine Wertschätzung seinerseits. Wenn ich mal ein Gespräch anleiere, dass diese Wort auch verdient, dann ist es ein Monolog mit gelegentlich eingestreutem mmmh seinerseits.
Ich fühle mich von ihm schon seit so langem ungeliebt, nicht wertgeschätzt, ich bin ein Möbelstück, angenehm zu haben, aber mehr wohl nicht mehr. Wir sind eine nette WG, keine Ehepartner mehr und schon gar keine Liebenden mehr.
Es war nie einfach mit ihm, da ich einen deutlich ausgeprägteren Kommunikationsbedarf und auch über einen höheren Bedarf an sozialen Kontakten für mein geistig-emotionales Wohlbefinden habe , als mein Mann war dies immer schon ein großer Konfliktpunkt in unserer Ehe, denn er ist der große Schweiger, der einsame Wolf, der eigentlich niemanden braucht.
Nein, ich wollte ihn nie so umkrempeln, dass aus ihm ein smarter, redegewandter Partytiger wird. Obwohl ich ihn damals kennengelernt hatte, als er den Partytiger spielte, hab ich sehr schnell gemerkt dass diese Facette seiner Persönlichkeit nur der Brautschau zuliebe durchgezogen wurde.
Er hatte andere Qualitäten und solange wir in einigermaßen parallelen Bahnen liefen, kam ich mit diesem Aspekt seiner Person durchaus zurecht. Bis er dann vor etwa 10 Jahren zum Bigamisten wurde. Ja Bigamist, denn den Platz den ich als seine Partnerin, Freundin, Geliebte und vor allem Ehefrau einnehmen sollte, den nimmt nun sein Computer ein.
Mein Mann ist, zumindest in meinen Augen, Online-Spiele süchtig. Seiner Meinung nach ist das alles natürlich gar nicht wahr. Seit er das Computerspielen entdeckt hat sitzt er ohne Übertreibung wirklich durchschnittlich 12-15 Stunden am Tag am Computer.
Und ich. ich verhungere emotional am langen Arm. Ich fühle mich nicht mehr wahrgenommen, wir funktionieren zusammen im Alltag. aber darüber hinaus ist da nichts mehr.
Mein Mann hat die letzten 10 Jahre knapp 40 Kilo zugenommen, hat sich von einer sportlichen Figur und Kleidergröße M auf eine x. hoch gefuttert. Ich spüre wie er mit dieser Situation zwar sehr unzufrieden ist, das gibt er auch in manchen wenigen ehrlichen, einsichtigen Momenten zu, aber er ist viel zu träge um irgendetwas daran zu ändern, im Gegenteil er futtert sich durch simple Maßlosigkeit zum nächsten 10er-Strich der Wage. Sport, Bewegung? Fehlanzeige. Seine Bewegung beschränkt sich aufs Rasenmähen, 2x wöchentlich Einkaufen im Supermarkt und ab und an eine halbe Stunde mit mir spazieren (weil ich das verlange) und gelegentlichen kurzen Radausflügen (so ca. Stunde oder so). Ansonsten sitzt er wie Little nein inzwischen Big Buddha vor seinem Computer.
Unser S.Leben ist nicht mehr existent, was aber an mir liegt, wie ich ehrlich zugeben muss. Teilweise liegt es an einer chronischen Krankheit, die ich seit nunmehr fast 20 Jahren habe, dies betrachtet mein Mann als Haupt- und alleiniger Grund. Aber ist bei mir höchstens ein Teilgrund.
Ich kann einfach nicht mehr mit ihm intim sein , ich habe mittlerweile einen richtigen Widerwillen davor. Ich bin weiß Gott kein oberflächlicher, aufs äußere Erscheinungsbild fixierter Mensch, aber er ist mittlerweile derart übergewichtig um es schonungslos zu sagen fett, dass er mich in keinster Weise S. erregt. Ich habe keine Probleme mit seinen Falten, grauen Haare, dass er Brille trägt, auch mit einem normalen Bäuchlein käme ich zurecht. Hey, wir sind schliesslich 30 Jahre älter, aber er hat sich dermaßen gehen lassen, und ich hab noch nie auf Dicke gestanden. Sorry ist einfach so. Zudem schwitzt bei der kleinsten körperlichen Anstrengung, ist oft ungewaschen, ungepflegt, müffelt. Na wenigstens was seine Körperpflege angeht hatte ich vor einigen Wochen ein Machtwort gesprochen, und seither bemüht er sich etwas mehr.
Doch ich glaube, selbst damit (also bis auf das ungepflegt sein), käme ich zurecht, wenn da mehr zwischen uns wäre als eine Alltags-WG. Wenn da neben einer Freundschafts-Ebene noch die Liebenden-Ebene vorhanden wäre. Aber mir reicht es als Vorspiel einfach nicht, wenn abends keine zwei Sätze gesprochen werden, er nach Stunden am PC ins Bett kommt, und dann sofort an die Br. und zwischen die B. greift.
Reden? Keine Chance! Egal wie sanft, dezent, feinfühlig oder konkret ich versuche das anzusprechen. Er ist spätestens nach meinem zweiten Satz beleidigt, macht dicht, und alles artet wieder in einen Monolog meinerseits aus. alles schon gehabt. unzählige Male. Lieber verzichtet er komplett auf S. - heroisch, weil es liegt ja an meiner Krankheit, nicht etwa an ihm, als das er mit mir zusammen daran arbeiten würde.
Auch das ich mir in unserer Beziehung mehr Nähe, mehr Wertigkeit, mehr Präsenz (mir fällt grad kein besseres Wort ein) wünsche, immer und immer wieder versuchte ich in den 30 Jahren diese von Jahr zu Jahr höhere Mauer zu durchdringen. Er reagiert immer auf die gleichen drei Arten.
Variante Eins: es ist alles gar nicht wahr, ich bin zu empfindlich, ich bilde mir das alles ein, so sei er nunmal halt.
Variante Zwei: er blockt, wird sauer, beleidigt, reagiert mit Sätzen wie wie immer bin halt ich der Depp, der an allem schuld ist.
Variante Drei: er stimmt mir in allem zu, akzeptiert Veränderungsvorschläge, selbstverständlich Schatz du hast ja Recht, ich werde mich mehr bemühen. und macht dann NICHTS.
Vor drei Monaten habe ich ganz lieb, sanft, nett einen Wunsch an ihn geäußert. Da wir uns zu Geburtstag etc. schon lange nichts mehr schenken, hatte ich mir von ihm gewünscht, dass er mich einmal im Monat zu einem Date ausführt. Egal was, ob es ein Abendessen, Kino, ein Besuch am See um mit einem Glas Wein dem Sonnenuntergang zuzuschauen. alles würde zählen, solange von ihm die Initiative, Überlegung und Planung gemacht wird.
Das war wie gesagt vor drei Monaten und bisher wurde ich NULL mal ausgeführt.
Ach ja, der Streit vor einer Woche. er klagte, wie so oft in letzter Zeit über Rückenschmerzen, und ich hatte einfach eher aus Besorgnis gesagt: du brauchst mehr Bewegung. danach stand Polen offen.
Üblicherweise ist so ein Krach nach zwei, drei Stunden beigelegt. Aber dieses Mal fühle ich so eine anhaltende Traurigkeit und ja Hoffnungslosigkeit in mir. Ich bin es leid in dieser Ehe Kapitän, Steuermann und auch noch Heizer zu sein, der dafür sorgt dass die Motoren laufen. Ich hab beschlossen auch nur noch Passagier zu sein, aber die Titantic WIRD sinken, und da ist im Moment nichts mehr was ich dagegen tun kann denn ich bin leer.
Ich kann einfach nicht mehr alleine um diese Ehe kämpfen. Was also? Aufgeben? Eine Trennung nach 30 Jahren wäre schlimm, schwierig, finanziell wohl ein Desaster. Und was kommt danach? Ich schließe eine neue Beziehung, wie auch immer geartet für mich persönlich komplett aus also dann alleine bis zum Tod? Oder die Freundschaft-WG weiterlaufen lassen, bis meine letzten Wünsche und Sehnsüchte zu Asche geworden sind?
Danke fürs zuhören, ich hoffe ich war nicht allzu wirr mit meinem Geschreibsel.
01.08.2018 22:59 •
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