Zitat von CaHeLiLa: Es muss eine emotionale Daueranspannung gewesen sein, ständig mit der Unsicherheit zu leben, was als Nächstes kommt.
Es war keine Daueranspannung. Ich musste das auch oft verdrängen und zwischen den Schüben gab es wieder Phasen, wo ein Normalzustand einkehrte - bis zum nächsten Mal, dem nächsten Schub, den nächsten Folgeerkrankungen. Im Lauf der Jahre wurde es aber immer schlimmer und es blieben Schäden zurück.
Mein Vater war letztendlich enger dran und musste mehr für sie da sein, denn nach dem Abitur begann ich ein neues Leben und das gerne. So was wie Freiheit umwehte mich,aber ich fuhr oft nach Hause, schon weil ich meine Familie wieder sehen wollte.
Aber dennoch ist eine chronische Krankheit, die letztlich letal enden wird, wie eine bedrohliche Wolke. Nach ruhigen Phasen ging es wieder los.
Ich kann mich noch gut erinnern an die langen Gänge in der Klinik und je näher wir ihrem Zimmer kamen, desto mehr spürte ich die Angst und die Last und die Ungewissheit. Wie würde es ihr heute gehen?
Noch Jahre später spürte ich Beklemmungen, wenn ich am Krankenhaus vorbei fuhr und als ich mal hinein musste wegen eines MRT, verließ ich die Klinik danach fluchtartig. Nur noch raus hier!
In den letzten Jahren wurde es besser, die Klinik beeindruckt mich nicht mehr so negativ.
Das mit Deiner Mutter ist richtig schlimm. Diese Übergriffigkeit, diese Bedrängung. Meinst Du, dass sie psychisch krank ist? Ich glaube das schon, denn sie überschreitet Grenzen und will Dich offenbar fest an Dich binden und setzt Dich unter Druck.
ich verstehe voll und ganz, dass Du Dich davon absetzen musst, denn das würde Dich krank machen. Zwei Unfälle aufgrund familiärer Streßsituationen sprechen eine deutliche Sprache.
Du kannst weg, Dein Vater offenbar nicht. Er bleibt im System hängen und versucht irgendwie damit klar zu kommen.
Und jetzt ein Brief? Oh Mann, was sollst Du damit anfangen?
Es ist ja schon wieder eine Bedrängung, womöglich Klagen, Jammern, ein Appell an Deine Verantwortung? Vielleicht auch Verständnis für Dich? Sollte der Brief kommen, lass ihn erst Mal liegen. Manchmal weiß man irgendwann, heute lese ich ihn. aller Bedrohung zum Trotz.
Das wirst Du mit Dir selbst ausmachen müssen. Das Leben stellt seine Aufgaben. Zurück schicken würde ich ihn nicht, aber auch das ist Deine Entscheidung.
Sie lassen Dich nicht in Ruhe, beide nicht und Dein Gewissen und Dein Verantwortungsgefühl auch nicht, selbst wenn es die richtige Entscheidung ist.
Ich denke, dass fachliche Unterstützung von neutraler Seite sehr hilfreich sein könnte. Es gibt auch Beratungsstellen wie Pro Familia oder die Caritas, die Familienberatungen anbieten. Einfach mal nachfragen. Eine Freundin war mal bei der Caritas und sie fand es hilfreich, weil sie danach erst begriffen hatte, dass sie allein ihre Ehe nicht retten kann.
Zitat von CaHeLiLa: Ich habe keine Hoffnung mehr auf Veränderung, und auch wenn es mir weh tut und ich nachts Angst sogar habe, sie könnten sich etwas antun: Ich muss das bei Ihnen lassen. Scheizze schwer....und möchte eigentlich nur Ruhe.
Schreckliche Situation. Du musst Dich schützen, aber der Preis dafür ist hoch. Du zahlst mit dem Abbruch mit neuen, anderen Ängsten. Es ist ungerecht was passierte und passieren wird. Aber das ist nicht zu ändern.
Kümmern sich Deine Schwestern um die Eltern und wie gehen sie damit um?
Ach übrigens, mein Vater ist 87. Er ist recht rüstig für sein hohes Alter, aber das Erinnerungsvermögen lässt nach. Ich mag ihn, ich fühle eine größere Nähe zu ihm als Jahre zuvor. Wir sehen uns zweimal die Woche.
Meine Schwester lebt 70 km entfernt und ist auch krank. Nach beidseitigen Nierentumoren, die erstaunlicherweise nicht bösartig waren entgegen der Prognose der Ärzte, nahmen die Nieren den Betrieb nicht mehr auf. Sie muss dreimal pro Woche an die Dialyse, auf lange Sicht bei allem Nutzen eine Belastung für den Körper. Und so richtig Ruhe kehrt hier auch nicht ein. Verwachsungen im Bauchraum mussten operiert werden, wohl eine Folge der Bauch-OP vor einigen Jahren Nach einiger Zeit kam es zu Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall, die so heftig waren, dass mein Schwager den Notarzt rief. Wieder Krankenhaus, ein Enterobacter chloacä war der Auslöder, den sie vielleicht in der Klinik eingefangen hatte. Also wieder Krankenhaus und Antibiotikainfusionen.
Jetzt ist sie wieder zu Hause und es wird sich hoffentlich wieder normalisieren. Aber es gibt einfach keine Ruhe vor den Krankheiten. Ich dachte, ich hätte jetzt alles was mit Krankheit zu tun hat, abgearbeitet, meinen Teil darunter gelitten. Sieht nicht danach aus. Das Thema verfolgt mich.
Mein Mann leidet zudem unter leichten Depressionen. Letzthin war ich so fertig, dass ich heulte und schrie: Ich griff ihn nicht an, denn er kann ja nichts dafür, aber mein Nervenkostüm lließ mich im Stich. Vielleicht auch mal heilsam. Keine Sorge, keine Ehekrise, wir bleiben zusammen und ich mag ihn nach wie vor sehr gerne. Aber manche Tage ....
Du weißt, ich jammere nicht. Ich stelle nur fest.
Aber jeder hat sein Päckchen zu tragen wie mir scheint, manche ein schwereres als andere. Da kann man nichts machen.
Weißt Du was? Wir stellen jetzt beide die Päckchen oder Pakete in die Ecke oder den Keller und gönnen uns einen schönen Feierabend. Machst Du mit? Ich freue mich auf eine Rückmeldung morgen.