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Mindestens verbales Fremdgehen

M
Zitat von Jane_1:
Liest sich fast, als wäre er das Kind und du die Mutter

Das ist ja leider gar nicht so selten. Männer, die ihre Frauen so erzogen haben, dass sie nichts zu entscheiden haben, weil die Mutter die Macht zumindest innerhalb der Familie an sich gezogen hat. Und diese Rollenmuster verfestigen sich im Lauf der Jahre.

Der Vater kann sich wahrscheinlich nicht dagegen auflehnen, weil das wieder schlechte Folgen für ihn hätte und er ja weiß, wie wenig stabil die Mutter ist. Und so ist das eigentliche Familienoberhaupt weder der Vater noch die Mutter, sondern eine psychische Störung, die alles dominiert.

06.08.2025 09:51 • x 2 #151


CaHeLiLa
Zitat von Margerite:
Und so ist das eigentliche Familienoberhaupt weder der Vater noch die Mutter, sondern eine psychische Störung, die alles dominiert.

Ich finde, das hast du sehr treffend formuliert.

06.08.2025 10:05 • x 1 #152


A


Mindestens verbales Fremdgehen

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M
Zitat von CaHeLiLa:
Ich finde, das hast du sehr treffend formuliert.

Ich bin mit einer schweren und unheilbaren Krankheit meiner Mutter groß geworden. Daher weiß ich, wie sich das Damoklesschwert einer Krankheit auf das Familienleben auswirkt. Es ist wie eine Bedrohung, die immer da ist, aber die man wegschieben muss, wenn man leben will. Aber sie kommt immer wieder und zieht nicht weiter. Sie ist da - über lange Zeiten fast unbemerkt - ehe sie wieder zuschlägt. Das ist so bei Autoimmunerkrankungen, die schubweise auftreten.

Als ich zum Studieren weg ging, gab es noch lange keine Handies, keine PCs. Es war nachträglich betrachtet eine gemütlichere Zeit damals und man lernte die Menschen life kennen, aber nicht über Geräte. Und Partner fanden sich ohne Internet, was gewinnbringender war. Denn die Menschen merkten dadurch oft viel schneller, was zusammen passte oder auch nicht.
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Aber jedes Mal, wenn ich daheim anrief, fühlte ich eine Beunruhigung, ja eine innere Blockade, die nichts weiter war als eine tiefsitzende Angst, wie es jetzt wieder aussieht.
Wenn mein Vater dann sagte, im Moment geht es gut, war ich beruhigt und erleichtert. Wenn ich hörte, die Mutti ist wieder im Krankenhaus, fiel die schwarze Wand wieder auf mich.

Als meine Mutter mit 54 Jahren verstorben war (damals trotz allem überraschend und 10 Jahre mehr Lebenszeit, als ihr so mancher Arzt prognostiziert hatte), merkte ich nach einiger Zeit, dass eine Last von mir genommen worden war. Es war eine Erleichterung weil die Angst weg war. Krankheiten - ob körperlich oder psychisch - haben eine unglaubliche Macht, weil sie Menschen verändern und nicht nur die Erkrankten, sondern alle, die im engeren Dunstkreis damit leben müssen.

06.08.2025 10:29 • x 3 #153


CaHeLiLa
Ich finde es sehr stark, wie du mit so einer Belastung aufgewachsen bist und wie du darüber schreibst. Es muss eine emotionale Daueranspannung gewesen sein, ständig mit der Unsicherheit zu leben, was als Nächstes kommt.
Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie sich diese ständige Sorge eingeprägt hat – und wie tief sie wirkt, auch über viele Jahre.

Das mit den Nachrichten und der Angst kommt mir sehr bekannt vor. Vor ziemlich genau einem Jahr war ich unterwegs, einkaufen, als ich von meiner Mutter wieder einmal eine Nachricht voller Vorwürfe erhielt. Ich war plötzlich so überfordert und kopflos, dass ich erneut, kurz nach dem ersten, einen Unfall baute. Es war zwar nur ein kleiner Sachschaden und durch Versicherung kein großes Problem, aber ich hatte einen riesigen Schreck bekommen – denn ich war einfach losgefahren, ohne zu schauen. Es hätte genauso gut jemand dort stehen können. Ich war entsetzt über mich selbst. Das war rückblickend der eigentliche Wendepunkt, ab dem Zeitpunkt gehe ich immer mehr auf Distanz. Der erste Unfall kurz vorher war übrigens auch in einer familiären Stresssituation passiert. Keine Angst vor mir im Straßenverkehr, vorher und danach war nix mehr.
Jeder Anruf, jeder Besuch, jede Nachricht – es war immer diese Angst da. Oft rief sie zu völlig unmöglichen Zeiten an und verlangte, dass ich sofort zurückrufe. Und jedes Mal hatte ich Panik, dass etwas Schlimmes passiert war. Am Ende ging es meist um etwas völlig Belangloses oder Verrücktes. Seit dem Unfall achte ich ganz bewusst darauf: Ich gehe nicht ans Telefon, lese keine Nachrichten, wenn ich unterwegs bin oder mich konzentrieren muss. Und wenn ich gestresst bin, dann bin ich besonders langsam oder mache Pause.
Letzte Woche war es wieder ähnlich – zwölf Anrufe hintereinander und eine Nachricht: „Bitte rufe zurück und sei zuverlässig wie immer.“ Als ich dann zurückrufen wollte, war ich so emotional angespannt und gestresst, dass in mir alle Alarmglocken schrillten. Danach traf ich meine Entscheidung ganz auf Abstand zu gehen.

Heute erhielt ich eine SMS von meinem Vater. Darin kündigte er an, mir einen Brief zu schicken. Er schrieb, er sei psychisch nicht in der Lage, eine bestimmte Sache zu Ende zu bringen, die auch mich betrifft. Und obwohl ich diese Angelegenheit jetzt nicht genauer beschreiben möchte (seine Privatsphäre), zeigt mir das: Auch er steckt tief im Familiensystem fest. Ich habe mich ihm gegenüber versucht, so positiv wie möglich auszudrücken, und weiß, dass ich gerade Schmerz ausgelöst habe. Einem großen Teil in mir, tut das unglaublich leid. Doch was wäre die Alternative? Weiterhin Teil eines Systems zu bleiben, mit dem es mir schlecht geht? ER könnte auch anders handeln und macht es aber nicht, ok....dann ist das seine Entscheidung.

Ich überlege ernsthaft, den angekündigten Brief – sollte er kommen – ungeöffnet zurückzuschicken. Denn ich hatte um Abstand gebeten. Alles andere wäre inkonsequent. Und ich fürchte, dass darin wieder nur Schuld und Vorwürfe stehen – ohne echte Reflexion. Ich habe keine Hoffnung mehr auf Veränderung, und auch wenn es mir weh tut und ich nachts Angst sogar habe, sie könnten sich etwas antun: Ich muss das bei Ihnen lassen. Scheizze schwer....und möchte eigentlich nur Ruhe. Ich suche mir aktuell auch professionelle Unterstützung, da ich glaube, dass es keine gute Idee ist, alles mit mir allein auszumachen.

Ich bin auch gespannt, wie sich meine Schwestern verhalten werden.

06.08.2025 17:16 • x 2 #154


ElGatoRojo
Zitat von CaHeLiLa:
Ich überlege ernsthaft, den angekündigten Brief – sollte er kommen – ungeöffnet zurückzuschicken. Denn ich hatte um Abstand gebeten. Alles andere wäre inkonsequent.

Egoismus³ - Toll, du weißt er hat Probleme und vertraut dir - aber das Prinzesschen will noch nicht einmal lesen, was ihren Vater bedrückt. Ob und was du antwortest ist ja die zweite Frage -- aber einfach nicht lesen? Ich würde mich schämen als Kind. Egal, wie nervig meine Mutter wäre.

06.08.2025 17:38 • x 2 #155


HeavyDreamy
Zitat von CaHeLiLa:
Heute erhielt ich eine SMS von meinem Vater. Darin kündigte er an, mir einen Brief zu schicken. Er schrieb, er sei psychisch nicht in der Lage, eine bestimmte Sache zu Ende zu bringen, die auch mich betrifft.

Zitat von CaHeLiLa:
Ich überlege ernsthaft, den angekündigten Brief – sollte er kommen – ungeöffnet zurückzuschicken


So wie ich verstanden habe, ist es ja eher die Mutter, die starke Probleme macht?

Dein Vater eher weniger oder?

06.08.2025 17:44 • x 1 #156


M
Zitat von CaHeLiLa:
Es muss eine emotionale Daueranspannung gewesen sein, ständig mit der Unsicherheit zu leben, was als Nächstes kommt.

Es war keine Daueranspannung. Ich musste das auch oft verdrängen und zwischen den Schüben gab es wieder Phasen, wo ein Normalzustand einkehrte - bis zum nächsten Mal, dem nächsten Schub, den nächsten Folgeerkrankungen. Im Lauf der Jahre wurde es aber immer schlimmer und es blieben Schäden zurück.
Mein Vater war letztendlich enger dran und musste mehr für sie da sein, denn nach dem Abitur begann ich ein neues Leben und das gerne. So was wie Freiheit umwehte mich,aber ich fuhr oft nach Hause, schon weil ich meine Familie wieder sehen wollte.

Aber dennoch ist eine chronische Krankheit, die letztlich letal enden wird, wie eine bedrohliche Wolke. Nach ruhigen Phasen ging es wieder los.

Ich kann mich noch gut erinnern an die langen Gänge in der Klinik und je näher wir ihrem Zimmer kamen, desto mehr spürte ich die Angst und die Last und die Ungewissheit. Wie würde es ihr heute gehen?
Noch Jahre später spürte ich Beklemmungen, wenn ich am Krankenhaus vorbei fuhr und als ich mal hinein musste wegen eines MRT, verließ ich die Klinik danach fluchtartig. Nur noch raus hier!
In den letzten Jahren wurde es besser, die Klinik beeindruckt mich nicht mehr so negativ.

Das mit Deiner Mutter ist richtig schlimm. Diese Übergriffigkeit, diese Bedrängung. Meinst Du, dass sie psychisch krank ist? Ich glaube das schon, denn sie überschreitet Grenzen und will Dich offenbar fest an Dich binden und setzt Dich unter Druck.

ich verstehe voll und ganz, dass Du Dich davon absetzen musst, denn das würde Dich krank machen. Zwei Unfälle aufgrund familiärer Streßsituationen sprechen eine deutliche Sprache.
Du kannst weg, Dein Vater offenbar nicht. Er bleibt im System hängen und versucht irgendwie damit klar zu kommen.

Und jetzt ein Brief? Oh Mann, was sollst Du damit anfangen?

Es ist ja schon wieder eine Bedrängung, womöglich Klagen, Jammern, ein Appell an Deine Verantwortung? Vielleicht auch Verständnis für Dich? Sollte der Brief kommen, lass ihn erst Mal liegen. Manchmal weiß man irgendwann, heute lese ich ihn. aller Bedrohung zum Trotz.
Das wirst Du mit Dir selbst ausmachen müssen. Das Leben stellt seine Aufgaben. Zurück schicken würde ich ihn nicht, aber auch das ist Deine Entscheidung.
Sie lassen Dich nicht in Ruhe, beide nicht und Dein Gewissen und Dein Verantwortungsgefühl auch nicht, selbst wenn es die richtige Entscheidung ist.

Ich denke, dass fachliche Unterstützung von neutraler Seite sehr hilfreich sein könnte. Es gibt auch Beratungsstellen wie Pro Familia oder die Caritas, die Familienberatungen anbieten. Einfach mal nachfragen. Eine Freundin war mal bei der Caritas und sie fand es hilfreich, weil sie danach erst begriffen hatte, dass sie allein ihre Ehe nicht retten kann.


Zitat von CaHeLiLa:
Ich habe keine Hoffnung mehr auf Veränderung, und auch wenn es mir weh tut und ich nachts Angst sogar habe, sie könnten sich etwas antun: Ich muss das bei Ihnen lassen. Scheizze schwer....und möchte eigentlich nur Ruhe.

Schreckliche Situation. Du musst Dich schützen, aber der Preis dafür ist hoch. Du zahlst mit dem Abbruch mit neuen, anderen Ängsten. Es ist ungerecht was passierte und passieren wird. Aber das ist nicht zu ändern.

Kümmern sich Deine Schwestern um die Eltern und wie gehen sie damit um?

Ach übrigens, mein Vater ist 87. Er ist recht rüstig für sein hohes Alter, aber das Erinnerungsvermögen lässt nach. Ich mag ihn, ich fühle eine größere Nähe zu ihm als Jahre zuvor. Wir sehen uns zweimal die Woche.
Meine Schwester lebt 70 km entfernt und ist auch krank. Nach beidseitigen Nierentumoren, die erstaunlicherweise nicht bösartig waren entgegen der Prognose der Ärzte, nahmen die Nieren den Betrieb nicht mehr auf. Sie muss dreimal pro Woche an die Dialyse, auf lange Sicht bei allem Nutzen eine Belastung für den Körper. Und so richtig Ruhe kehrt hier auch nicht ein. Verwachsungen im Bauchraum mussten operiert werden, wohl eine Folge der Bauch-OP vor einigen Jahren Nach einiger Zeit kam es zu Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall, die so heftig waren, dass mein Schwager den Notarzt rief. Wieder Krankenhaus, ein Enterobacter chloacä war der Auslöder, den sie vielleicht in der Klinik eingefangen hatte. Also wieder Krankenhaus und Antibiotikainfusionen.

Jetzt ist sie wieder zu Hause und es wird sich hoffentlich wieder normalisieren. Aber es gibt einfach keine Ruhe vor den Krankheiten. Ich dachte, ich hätte jetzt alles was mit Krankheit zu tun hat, abgearbeitet, meinen Teil darunter gelitten. Sieht nicht danach aus. Das Thema verfolgt mich.

Mein Mann leidet zudem unter leichten Depressionen. Letzthin war ich so fertig, dass ich heulte und schrie: Ich griff ihn nicht an, denn er kann ja nichts dafür, aber mein Nervenkostüm lließ mich im Stich. Vielleicht auch mal heilsam. Keine Sorge, keine Ehekrise, wir bleiben zusammen und ich mag ihn nach wie vor sehr gerne. Aber manche Tage ....

Du weißt, ich jammere nicht. Ich stelle nur fest.
Aber jeder hat sein Päckchen zu tragen wie mir scheint, manche ein schwereres als andere. Da kann man nichts machen.

Weißt Du was? Wir stellen jetzt beide die Päckchen oder Pakete in die Ecke oder den Keller und gönnen uns einen schönen Feierabend. Machst Du mit? Ich freue mich auf eine Rückmeldung morgen.

06.08.2025 17:53 • x 1 #157


CaHeLiLa
@ElGatoRojo

Entschuldige bitte aber ich schreibe es mal direkt... Prinzesschen ist ganz schön daneben ohne die Geschichte zu kennen.. Entweder hast du den Rest nicht gelesen oder was auch immer.... Ich habe deutlich gemacht, dass ich keinen Kontakt möchte. Es sind ja keine Probleme, bei denen ich helfen kann....

06.08.2025 18:03 • x 2 #158


CaHeLiLa
@Heavydreamy

Ich müsste jetzt beschreiben was ich mit Angelegeheit meine. Er hat mir damit klar signalisiert auf welcher Seite er steht. Meine ist es nicht....

06.08.2025 18:04 • x 2 #159


HeavyDreamy
Zitat von CaHeLiLa:
Ich müsste jetzt beschreiben was ich mit Angelegeheit meine. Er hat mir damit klar signalisiert auf welcher Seite er steht. Meine ist es nicht....

er ist zu sehr unter der Pantoffel deiner Mutter - Klar, dass er sich eher zu ihr positioniert, weil eben auch verheiratet.

Hast du eine supertolle Freundin oder Kumpel, mit der/dem du diesen Brief zusammen öffnen kannst? So bist du nicht alleine damit?

06.08.2025 18:07 • x 2 #160


CaHeLiLa
@Heavydreamy
Zitat von Margerite:
Weißt Du was? Wir stellen jetzt beide die Päckchen oder Pakete in die Ecke oder den Keller und gönnen uns einen schönen Feierabend. Machst Du mit? I

Sehr gute Idee von dir, ich mache mit!

06.08.2025 18:15 • x 1 #161


HeavyDreamy
@CaHeLiLa äh wolltest du auf meine Frage antworten? Da war nix dabei jetzt

06.08.2025 18:17 • #162


ElGatoRojo
Zitat von CaHeLiLa:
Ich habe deutlich gemacht, dass ich keinen Kontakt möchte. Es sind ja keine Probleme, bei denen ich helfen kann....

Eben - du möchtest nicht. Was dein Vater fühlt oder denkt ist dir offensichtlich so was von egal, denn du möchtest nicht. Tut mir leid, hört sich nicht nach erwachsener Tochter an, die etwas zurück geben könnte.

Und nicht helfen können? Ach, kann man hier nicht ansonsten seitenlange Texte gerade von Frauen lesen, dass es nicht auf die Problemlösung, sondern die Zuwendung ankommt?

06.08.2025 19:28 • x 1 #163


Jane_1
Zitat von ElGatoRojo:
Ich würde mich schämen als Kind. Egal, wie nervig meine Mutter wäre.

Katerchen, du schreibst aus der Warte von jemandem, dessen Mutter vielleicht nervig war.

Hier geht es aber nicht um nervig. Die TE hat nur kurz angerissen, wie es war.
Persönlich bin ich in einem Haushalt groß geworden, in dem Terror herrschte. Es gibt Situationen, in denen Abstand das gesündeste ist, was man machen kann. Damit man sich selber wenigstens retten kann.

Persönlich würde ich den Brief auch lesen, allein weil ich so neugierig bin. Wenn die TE das anders handhaben will, ist das ihre freie Wahl, die nicht derart beurteilt und abgewertet werden sollte.

Eltern haben ihre Kinder nicht gefragt, ob sie auf die Welt kommen können. Das war eine ur-egoistische Wahl. Wenn Eltern aber das Leben ihrer Kinder zu einem Vorhof der Hölle verwandeln, dürfen sie sich nicht über die Konsequenzen ihres Handelns wundern. Und erst recht nicht ein ehren der Eltern.

Davon abgesehen kann man seine Beiträge auch wirklich mal netter schreiben.

@CaHeLiLa: sorry fürs Schreiben über dich und nicht mit dir.

06.08.2025 19:34 • x 4 #164


HeavyDreamy
@ElGatoRojo Hast du Eltern, die dir weh tun, so richtig seelisch weh tun?

06.08.2025 19:35 • #165


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