Nach 26 Jahren Ehe in Warteposition

Moin Danny,
danke für die Erklärungen. Dadurch wird einiges verständlicher. Unverständlich bleibt, was deinen Mann dazu bewogen hat, nach einem langen gelungenen Familienleben von 20 Jahren, das mit drei Kindern gekrönt wurde, sich bei seiner Trennung auf einen Vorfall von vor 20 Jahren zu berufen. Das ist schräg und das sieht danach aus, als habe er sozusagen mit Gewalt nach etwas gesucht, woran DU SCHULD BIST.
Es ist sehr ungewöhnlich, was er da macht. Er darf das natürlich, er darf sich trennen und gehen und er darf das auch damit begründen, dass eure Beziehung nicht mehr leidenschaftlich sondern geschwisterlich ist. Aber das hat nichts mit euren Ausbrüchen vor 20 Jahren zu tun. Das scheint mir sehr konstruiert zu sein und es sieht danach aus, als wolle er damit etwas Aktuelles verschleiern.

Zitat:

Er begründet es damit, dass er an der Sache vor 20 Jahren so zu nagen hat, dass dies einer der Hauptgründe wäre. Das Vertrauen wäre weg, und würde so nie wieder kommen.
Als ich sagte, dass sich das Vertrauen wieder bilden könne, so kam als Antwort Nie wieder so wie früher.

Da komme ich ehrlich gesagt nicht mit. Das ist dermaßen konstruiert, dass sich mir die Fußnägel aufrollen. FRÜHER wäre dann also vor all dem gewesen? Vor dem langen gelungenen Familienleben mit drei Kindern? Daran kann er sich erinnern? Das wünscht er sich zurück, obwohl er damals selber fremd gegangen ist und damit schon selber das Vertrauen zerstört hatte? Spielt sein eigener Ausbruch bei der Vertrauensfrage keine Rolle? Fragwürdig..

Zitat:

Es ist schwer wieder zu vertrauen, das weiß ich doch. Aber es ist mir doch auch gelungen. Ich habe ihn wohl erstickt mit Misstrauen, wenn er alleine weg wollte die letzten Monate. Vielleicht habe ich aber auch schon gespürt, dass er weg ist, ich kann es noch nicht sagen.

Das scheint durchaus logisch. Ihn mit Misstrauen zu ersticken ist natürlich genau das Gegenteil von Vertrauen. Auch du hast ihm also aus welchen Gründen auch immer nicht vertraut. Und warum? Auch wegen seines Betruges vor 20 Jahren? Habte ihr 20 Jahre lang auf die Pausentaste gedrückt und ein Leben geführt, das jetzt im Nachhinein ausgelöscht werden soll?

Zitat:

Wir beide kamen bei der Paarberatung nicht zu dem Punkt, wo man gezielt den Vertrauensbruch bearbeiten konnte. Es wurde nur angedeutet. Und danach die Beratung wegen Zeitmangel meiner Ausbildung ( die Beratungsstelle war 30 km weg). Dadurch, dass er Briefe und Zeitungen austrägt, war ihm ein Termin nachmittags lieber. Ich aber konnte eher früh vormittags. So ist das ausgelaufen.

Das ist verständlich, es geschieht leider häufig, auch wenn es sehr bedauerlich ist. In solchen Beratungen gibt es bestenfalls in den ersten Sitzungen ein positives Erleben, eine Zuversicht, es doch miteinander schaffen zu können. Das bewirkt, dass der Leidensdruck geringer wird. Man hat die Beratung aber nur begonnen, weil ein großer Leidensdruck vorhanden war. Wenn der nachlässt und sich Gründe finden lassen, die es sowieso schwieriger machen, dann hören viele Paare zu früh auf. Sie hören auf, bevor die eigentlich wichtigen Punkte, die schmerzhaft sind und die der Berater nicht gleich an den Anfang genommen hat, nicht besprochen und geklärt werden. Es kann also durchaus sein, dass ihr da offene Baustellen mit durch die lange Ehe genommen habt, dürftig abgedeckt mit ein paar dünnen Brettern (um beim Bild zu bleiben). Das erklärt mir allerdings immer noch nicht ausreichend, wieso du plötzlich in das alte Misstrauen zurück fällst und wieso dein Mann sich wegen der uralten Geschichte nun trennen will.

Zitat:

Nein, ich denke, da ist noch niemand. Er wird geflirtet haben, sich offen für eine andere gezeigt haben. Aber wie weit das ging, weiss ich nicht. Sein Kumpel wird ihm signalisiert haben, dass es auch andere Frauen gibt, und er sich hier jetzt mitgezogen fühlt.

Das widerspricht deinem Misstrauen, das du ihm ja gezeigt hattest. Denn auch dafür hat es ja Gründe gegeben. Ich bin ja vielleicht ein alter Skeptiker, aber die Erfahrung hat immer wieder gezeigt, dass da plötzlich doch eine neue Frau im Spiel war oder ist.

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Bedenklicher stimmt mich eher die Aussage, dass die Next seines Kumpels meinte, wenn es jemals eine neue chance geben sollte, dann muss eine sofortige räumliche Trennung her. Die er ja jetzt einleitet, indem er die unbenutzte Wohnung seines Kumpels bewohnen will, während dieser bei Next momentan wohnt.

Das stimmt mich weniger bedenklich. Räumliche Trennungen können auch positive Folgen haben. Wenn allerdings eine neue Frau am Start ist, hat er den Weg frei. Aber dann ist es eh zu spät und du wirst es auch recht bald erfahren. Es geht also nicht darum, dass die Schuld im Falle einer neuen Verliebtheit bei ihm läge, sondern es geht darum, dass alle Bemühungen dann eh vergebens sind.

Zitat:

Im Augenblick ist er noch bei uns zuhause, wir haben im gleichen Bett geschlafen, waren gestern sogar kurz in der Kneipe, wo wir die letzten Monate mal reinschnuppern wollten.

Das ist erstaunlich. Nutzt ihr denn die Nähe, um noch in gute Gespräche zu kommen? Oder mauert er? Was sagt er, wenn du klar machst, dass du das vor dem Hintergrund seiner Erklärungen einfach nicht verstehen kannst?

Hi Danny,
die gute Nachricht zu Beginn: Es gibt Motorräder, die schaffen das locker, sie sind sogar dafür gebaut. Aber das wird dir wenig helfen.

Im Ernst: Es scheint tatsächlich so, als wolle er jetzt die Sau von der Kette lassen, weil er vielleicht die Sorge hat, dass ihm sonst Wesentliches entgeht, was das Leben für ihn bereit halten könnte. Das ist normal, das geht vielen so und ich hatte dieselbe Panik mal. Und dann habe ich mich nach 27 Jahren Ehe tatsächlich getrennt, obwohl es mit fürchterlichen Konsequenzen belegt war. Aber ich habe nicht meine Frau dafür verantwortlich gemacht. Und damit sollte er auch aufhören, das greift zu kurz und wirkt lächerlich.

Zitat:

Boah, das ist jetzt ein Denkanstoss!
Er wollte eigentlich nie Kinder, keinen Hund, keine Katze. Jetzt haben wir 3 Kinder zusammen, einen Hund und 6 Katzen.

Das ist wirklich interessant. Denn es könnte ihm wie Schuppen von den Augen gefallen sein, dass er da ein fremdes Leben führt. Das stimmt zwar nicht, denn er konnte ja vieles tun, was ihm gefallen hat.aber wenn man seine Gedankenwelt erst einmal auf eine Richtung eingeschossen hat, findet man meist auch Gründe, die dafür sprechen, etwas durchzuziehen.

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Ich hab darauf noch keine Antwort. Alles in mir schreit nach ihm. Ich denke, ich habe das nicht immer rüberbringen können. habe ihm immer wieder gesagt, wie sehr ich ihn liebe, aber er gab mir darauf keine Antwort, oder kaum. Tat er es doch, so habe ich ihm das geglaubt. Es kam von innen. So hat sich das angefühlt.

Es mag gut sein, dass du dich da nicht ideal verhalten hast. Das kann ich nicht beurteilen. Und damit hast du halt auch deine Anteile am Status Quo. Aber ER trennt sich. Und damit lässt er dir keine Wahl mehr, sondern zwingt dich zu etwas, das du nicht wolltest, nicht willst und das auch mit drei Kindern nur sehr schwierig zu schaffen ist. Da wird ihm noch manches klar werden, was das auch für Konsequenzen für ihn und sein Leben hat.

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Seit er die Herzmedikamente nach dem Herzinfarkt und den Bypässen nehmen muss, nimmt er Betablocker zu sich. Die kühlen seinen Puls runter und anscheinend senken die Libido. um es ganz grob zu sagen, Halbmast war angesagt, was mich aber nie gestört hat. Diese angst ist nur in seinem Kopf, er meinte daraufhin, dass er wüsste, dass dies für mich kein Problem wäre, aber er hätte eines dafür.

Klingt logisch, überzeugt mich aber noch nicht so ganz. Denn Hormone können Wunder wirken, auch beim Halbmast.

Zitat:

Ansonsten zuhause, keine Umarmungen mehr, ist ja klar, aber Blickkontakt findet nach wie vor etwas statt.
Auf der anderen Seite wenn er weint, nehme ich ihn in den Arm und er lässt es zu. Auch immer wieder umgekehrt. Seine Worte klingen so verdammt nobel, ich warte auf den Moment, wo er wieder umschwenkt und mich kühl wie eine Fremde behandelt.

Das verstehe ich gut. Und das ist die Angst in dir. Die darf da ja auch sein. aber eben nicht nur. Lass deiner Angst also nicht zu viel Raum, sie sollte nicht über dich bestimmen. Nutze die Gelegenheiten der Nähe für das, was dir am Herzen liegt. Und wenn er dann wieder Distanz zeigt, dann ist das die Gelegenheit, auch deinerseits in die Distanz zu gehen und ihm zu sagen, dass du dich ab jetzt nicht mehr von ihm verletzen lassen, sondern dich auf ein eigenständiges Leben vorbereiten willst.

Zitat:

Habe nun einen Termin bei der alten Paarberaterin gemacht. Da gehe ich auch alleine hin.

Sehr gut. Dann bist du ja emotional nicht mehr alleine. Juristisch musst du dir aber auch helfen lassen.