Liebe Memi,
ich habe nicht den gesamten Thread gelesen aber speziell zu Deinem Titel habe ich ein paar Gedanken, die ich dem Buch Die Angst vor Nähe (Wolfgang Schmidbauer) entnommen habe.
Die Partnerschaft mit einem Süchtigen ist eine oft über sehr lange Zeit stabile Lösung, mit der Angst vor Nähe umzugehen. Der Süchtige stellt die Sucht als Puffer zwischen sich und seine Ängste vor einer nahen Beziehung. Der Partner tut dasselbe, aber auf andere Weise. Die paradiesische Zukunft, in der er für seine Mühen belohnt wird, sieht er dann, wenn die Sucht endlich besiegt ist. Bis dahin bleibt er der einzige, der wirklich um alle Tiefen des Kranken weiß. In die Sucht kann wie in einen Müllschlucker alles gekippt werden, was die Hoffnung auf Harmonie und Verständnis trübt- der Schuldige ist dann llemal das Dro. oder der Schnap.. Man braucht sich nicht befragen, ob die Liebe die Beziehung trägt. Die eigene Verpflichtung tut es allemal. Man ist doch gewiss liebesfähig, wenn man es bei so jemandem aushält!
Solange ich es meinem eigenen Versagen, meiner Untüchtigkeit, mangelnden Intelligenz und Leistungsbereitschaft, meiner kaputten Kindheit oder der kaputten Kindheit meines Partners zuschreibe, dass ich nicht so geliebt werde, wie ich es brauche- solange kann ich immer noch glauben, dass ich etwas machen kann. So bin ich ängstlich (dass es mir misslingt), wütend (weil ich mich anstrengen muss) oder völlig leer und entkräftet (weil ich mich erschöpft habe). Trotzdem weigere ich mich, anzuerkennen, dass es einfach so ist. Ich kann eine Wirklichkeit, die mich sehr traurig machen würde, von mir fern halten.
Ich hoffe, Du liest das nicht als Angriff. Ich selbst habe einmal in einer ähnlichen Konstellation wie Du geliebt und habe mich an meinen Gedanken über ihn, über seine Unfähigkeit zu Nähe (Kindheit...) festgebissen. Ich sah seine Krankheit fast schon als etwas abgespaltenes von ihm, das unserer Liebe im Wege steht. Der Liebesfeind im Außen. Die Krankheit war verantwortlich dafür, dass wir unsere Liebe nicht leben konnten, nicht er, auch nicht ich Und mit Heldenmut wollte ich beweisen, dass meine Liebe stärker ist, als seine Krankheit
Aber ein Mensch hat dennoch eine Willensfreiheit, eine Liebesfreiheit und er, nicht die Krankheit, entschied sich gegen uns, gegen unsere Liebe.
Alles Gute
29.11.2014 12:38 •