Hallo!
Mir ist natürlich bewußt, daß nur jeder für sich definieren, wissen und spüren muß, was ihn glücklich macht.
Und ich bin hierin eben auf derselben Wellenlänge wie Klee. (Nur in einem bin ich etwas anderer Meinung: nämlich daß Ratgeber ihre Bücher nur des Geldes wegen schreiben würden, bei manchen ist das so, bei den meisten aber lediglich ein Nebeneffekt; denn bei vielen liegt die eigentliche Motivation darin, sozusagen messianische Botschaften zu verbreiten, zumeist, um das, was sie raten, selber zu glauben (es funktioniert nämlich auch bei ihnen selber nicht, im Grunde sind es Selbsthilfebücher (aber eben nicht für andere, sondern eigentlich für den Autor selber) - aber das nur nebenbei.)
Manfredus zitiert etwa den Dalai Lama. Bei allem Respekt: Aber mit dem zufrieden zu sein, was man hat, ist eben nicht Glück, sondern Zufriedenheit (auch schön, aber etwas anderes als Glück). Wenn jemand nun das Glück hat, daß für es für ihn bereits Glück bedeutet, zufrieden zu sein, dann sei ihm das vergönnt. Nur zweifle ich, ob er Glück, also dieses Gefühl der Glückseligkeit, überhaupt jemals erlebt hat. Mir kommt das so vor, als würde ein Flugzeugpassagier einem deprimierten Astronauten erklären, wie schön und befriedigend fliegen ist.
Auch bin ich absolut nicht der Meinung, daß es viel Sinn macht, aufgrund von Erinnerungsbildern das damals erlebte Glück wieder heraufzubeschwören. Man mag es zwar tatsächlich empfinden, aber sobald das Bild weg ist, ist auch das Glücksgefühl wieder weg und schlägt dann oft sogar noch ins Gegenteil um (wie Klee sagte: es ist etwas Melancholisches).
Für mich ist jedenfalls vorrangig das Wichtigste, daß man sich an der Realität orientiert. Solche Glücksheraufbeschwörungen sind letztlich ja nichts anderes als eine Berauschung, die dem kurzfristigen Ausblenden der Realität dient, um sich für kurze Zeit aus der grauen Wirklichkeit in glücksträchtige Bilder der Vergangenheit zu flüchten. Und wenn man das schon möchte, dann halte ich es noch für sinnvoller, sich entsprechende Bilder auszumalen, die in der Zukunft liegen. Denn die Zukunft bietet wenigstens grundsätzlich die Möglichkeit, daß sich etwas bewahrheiten könnte, während die Vergangenheit eben Vergangenheit ist, und sich daran festzuhalten, blockiert einem nur am Erleben der Gegenwart und der Gestaltung der Zukunft.
Ebenso möchte ich - ich betone nochmals: für mich - keinen Ersatz für etwas. Wenn ich, um bei Klees Beispiel zu bleiben, mit einem Paddelboot ein Wildwasser hinunterpaddeln möchte, weil mich das glücklich macht (bzw. mir etwas Besonderes gibt, von Glück im eigentlichen Sinn kann hier ja keine Rede sein), dann möchte ich eben nicht in einem Tretboot auf einem See dahinschaukeln. Das wäre, für mich, auch kein Ersatz.
Und womit Klee vollkommen den Nagel auf den Kopf trifft: Wenn man als Kind nicht geliebt worden ist (und umgekehrt die Liebe des Kindes dann natürlich keinen Empfänger hatte), dann kann man tausendmal hören und sich sagen: Liebe dich selber!, es geht nicht. Es ist ja bei allen Dingen so: Man hört immer wieder: Man muß sich selber lieben, man muß mit diesem und jenem zufrieden sein, man muß an sich glauben usw. - Alles, was man tut, tut man, weil man es kann, und nicht weil man es muß. Liebt sich jemand selber, dann nicht, weil er es muß, sondern weil er es kann, weil er es tun kann. Er ist dazu, aus welchen Gründen auch immer, eben imstande. Und der, dem man rät, er müsse es tun, kann es eben nicht, sonst täte er es ja.
Es wäre ja so, als wäre ein Nichtschwimmer ins Wasser gefallen, und man würde ihm zurufen, er müsse ja nur schwimmen ...
Das wäre ja, wie jedem einleuchten wird, absurd.
Manfredus, ich will Deine Meinung keineswegs kritisieren, wenn es für Dich stimmig ist, Dir hilft, Dich glücklich macht, freut es mich für Dich.
Aber man kann das eben nicht verallgemeinern. Es paßt für Dich, aber das heißt nicht, daß es auch für alle anderen paßt.
Etwa diese Lebensratgeberallerweltsbinsenweisheit: Akzeptiere dich, wie du bist (oder: Ich bin ok, du bist ok) - nein, das werde ich nicht tun, weil ich mich weiterentwickeln möchte und mich auch zeitlebens weiterentwickelt habe. Und das geht eben nur, wenn man gewisse Dinge eben nicht akzeptiert (man muß deshalb ja nicht mit sicher selber in Feindschaft leben, ganz und gar nicht). Wenn ich etwa nach Peru auswandern will, aber akzeptiere, daß ich nicht spanisch sprechen kann, dann werde ich dort nicht viel Freude, sondern viele Probleme haben.
Und dann noch etwas zu dem, was Du zur Liebe gesagt hast: Du hast geschrieben, Du entscheidest bewußt, wen Du liebst und wen nicht. Also wenn Du das wirklich meinst (und kanst), dann - und nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich das so offen sagen - hast Du das Wesen der Liebe nicht einmal im Ansatz verstanden und ebenso nicht das Wesen des Menschen. Nicht einmal, wenn wir eine banale Zahnbürste kaufen, entscheiden wir bewußt, welche wir nehmen. Vielleicht kennst Du ja die entsprechenden Untersuchungen: Jeder Gedanke, den wir denken, ist bereits da, ehe er uns bewußt wird (etwa 500ms davor). Und hier geht es, wie gesagt, nur um Gedanken. Um wie vieles komplexer ist die Liebe! Wenn Deine Ansicht richtig wäre, könnten wir hier ja einfach eine Verlosung veranstalten: jeder/jedem wird ein(e) Parner(in) zugelost, beide entscheiden sich, den anderen zu lieben, und wir treffen uns dann ihm Forum: Liebesglück wieder.
Also, wie gesagt, nicht böse sein, aber so funktionieren die Dinge in der Realität nun einmal gar nicht, in Ratgebern ja, aber nicht im wirklichen Leben.
Liebe Grüße
04.04.2014 15:48 •
#1667