Guten Morgen!
@ Freya
Wenn Du mich fragst, wie ich es geschafft habe, mich gleichsam wieder neu einzurichten:
Also der Faktor Zeit spielt natürlich eine ganz wichtige Rolle, aber bei weitem nicht die einzige.
Ich kann Dir auch nur sagen, wie es bei mir abgelaufen ist.
Das erste ganz Fatale war, daß die Trennung ganz plötzlich kam, wirklich von einer Minute auf die andere, und das aus einer beiderseitigen tiefen Liebe heraus (ich habe es ja schon einmal ausführlich geschildert, daher nur kurz: meine Ex hatte durch Zufall Mails von mir gelesen, die ich VOR ihrer Zeit mit einer anderen Frau ausgetauscht hatte (ich hatte meiner Ex sogar davon erzählt); diese Mails waren auch durchaus harmlos, also nicht vielleicht irgendwie anstößig oder etwas in dieser Art, sondern Kennlern-Mails - und das hat sie - ihr fehlt es völlig an Selbstvertrauen, und sie ist innerlich sehr verunsichert und verletzlich - dermaßen in Rage gebracht und in Panik versetzt, daß sie sofort Schluß gemacht hat und auch danach nicht mehr mit ihr zu reden war).
Das zweite ganz Fatale war, daß ich mich nach der Trennung noch auf einen Mailkontakt mit ihr eingelassen habe.
In den ersten Monaten nach Trennung war ich wie unter Schock und unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Doch dann (zu Weihnachten letzten Jahres, vier Monate nach der Trennung), ist es mir zumindest einmal geglückt, den Kontakt zu beenden.
Dennoch habe ich weiter gelitten und dem verlorenen Leben hinterhergetrauert - und habe insgeheim auch weiter noch gehofft.
Das größte Problem, kann ich im Nachhinein sagen, ist, an den gemeinsamen Phantasien, die man hatte, den Träumen und Plänen vom gemeinsamen Leben festzuhalten. Das ist wie eine Fessel, wie eine (seelische) Gefangenschaft - was es letztlich ja auch ist: man lebt mehr in einer Phantasiewelt als sich auf die Realität zu konzentrieren.
Nach und nach habe ich mich dann von diesen Phantasien gelöst. Das geht natürlich nur langsam, aber es geht, wenn man es konsequent verfolgt, indem man seine Aufmerksamkeit wieder auf die Realität lenkt, sich an kleinen Dingen erfreut, sein eigenes Leben wieder aufnimmt, neue Phantasien bzw. Zukunftsvorstellungen entwickelt, die mit der/dem Ex nichts zu tun haben. Das ist natürlich ein etwas langwieriger Prozeß und geht nicht von heute auf morgen, so wie ja auch der Himmel nach einem Gewitter nicht schlagartig wieder klar ist. Aber er schreitet nach und nach voran (Rückfälle inklusive, aber davon darf man sich nicht wieder gefangennehmen lassen), und gleichzeitig kommt man langsam, aber sich wieder zurück zu sich selber. Man denkt nicht mehr so oft an früher bzw. an die/den Ex, die gemeinsam Vorstellungen weichen eigenen, neuen Vorstellungen, die Idealisierungen schwinden, die Realität wird immer sichtbarer, das Leid läßt nach und wird immer weniger, man findet auch wieder in seine Welt zurück (z. B. habe ich, nach Monaten, wieder angefangen, regelmäßig Gitarre zu spielen). Und irgendwann ist man darüber hinweg, das spürt man richtig, wie ein einziges großes Aufatmen, und man findet sich bei sich und in seinem Leben wieder (und das fühlt sich wirklich gut an!).
Für mich war das Entscheidende (neben dem Kontaktabbruch) das Loslassen dieser Phantasien, die mit der Ex und dem gemeinsamen Leben verknüpft waren. Denn das ist das größte Verhängnis, das hält die Seele gefangen. Man muß sie durch andere, eigene Phantasien ersetzen, die eben nicht eine verlorene Vergangenheit in die Zukunft projizieren und immer weiter fortspinnen, sondern die gleichsam den Gehalt realer zukünftiger Möglichkeiten haben.
Oder man fragt sich auch: sie hat doch immer gesagt, sie werde mich für immer lieben, es wäre ihr Tod, würde sie mich verlieren, ich sei der wunderbarste und wichtigste Mensch für sie usw. - und was ist nun?
Und ich glaube, hier muß man sich einfach eingestehen, daß solche Aussagen ja mit der Realität absolut nichts zu tun haben. Man macht sie selber und hört sie natürlich nur zu gerne - aber, nüchtern betrachtet, sind sie natürlich völlig unhaltbar und gelten nur für den Augenblick. Kein Mensch, und wenn er heute noch so liebt, kann sagen, wie er morgen fühlt, und er kann auch nicht darüber bestimmen (d. h., irgendwelche Vorwürfe in dieser Richtung sind im Grund nicht nur sinnlos, sondern auch unberechtigt - man ist nicht getäuscht worden, sondern hat sich selber getäuscht, wollte die Realität nicht sehen (was in diesem Zustand aber nur natürlich ist, anders ginge es auch nicht, denn wer würde mit jemandem eine Beziehung eingehen, der ehrlich sagt: Heute liebe ich Dich über alles, aber was morgen ist, kann ich leider nicht sagen ... - so jemand würde ja nicht für einen ehrlichen Menschen gehalten werden, sondern für einen völlig unzuverlässigen, beziehungsunfähigen Hallodri, mit dem man nichts anfangen kann und von dem man die Finger läßt; und vor allem fühlt man es selber auch so, auch man selber ist überzeugt, daß es die ewige Liebe ist).
Und mir jedenfalls haben diese Erkenntnisse sehr geholfen. Sie sind hart, ja, gerade für einen unverbesserlichen Romantiker wie mich. Aber es hilft ja nichts, sich an irgendwelche Versprechungen und Aussagen zu klammern, die eben irgendwann einmal gemacht und damals auch so gefühlt worden sind.
Ja, und so ist das bei mir abgelaufen. Wie schon gesagt: Ich zweifle noch heute nicht daran, daß es unser Leben gewesen wäre. Aber dieses unser geht eben nur zu Zweit, und wenn einer es nicht will, kann man nichts dagegen tun. Es gibt auch ein Leben danach, sofern man das unsere loslassen kann. (Wobei es ja auch ein anderes unser Leben geben kann - man darf halt nicht für immer auf diesen einen bestimmten Menschen fixiert bleiben und all sein Glück und Unglück in ihn hineinprojizieren.)
Ich hoffe, ich konnte Dir mit meiner Erfahrung etwas weiterhelfen und Dir Mut machen! Ich weiß, es fühlt sich an wie das Ende, aber es ist nicht das Ende, es ist vielmehr ein Anfang (wenn auch ein zunächst ziemlich schmerzlicher ...). Nach jeder Nacht, und sei sie noch so dunkel und ohne jeden Stern, kommt ein Morgen - wenn man es nicht mit aller Gewalt darauf anlegt, ihm in einem fort davonzulaufen ...
Alles Gute und liebe Grüße