@chocomoko
Ich verstehe dich. Diesen Traum hatte ich auch mein Leben lang. Ich bin mit den Hollywoodfilmen aufgewachsen und meine Eltern haben mir eine vorbildliche Beziehung/ Ehe vorgelebt. In den 20er während des Studiums kennengelernt, ganz Europa bereist, Haus gekauft, 2 Kinder, Krise, wieder Zusammengefunden, gemeinsam in die Rente - glücklicher und aktiver als vorher. Meine Eltern, vor allem mein Vater hat so eine Entwicklung durchgemacht, ich bin extrem überrascht von diesem Menschen.
Aber es war ein harter Weg für beide und wir als Kids mussten auch darunter leiden. Sie haben es jedoch geschafft und waren immer mein Vorbild. Es gab meines Wissens auch nie Affären oder dergleichen.
Ich denke jedoch, was die meisten unterschätzen ist, wie gering eigentlich die Wahrscheinlichkeit dieser Hollywood- Beziehungen ist. Die Wahrscheinlichkeit einen Menschen mit den selben moralischen Werten auf das ganze Leben bezogen zu finden ist - wie ein Lotto- Gewinn. Dieser Mensch muss absolut auf einer Wellenlänge sein und mit dir an einem Strang ziehen. Das ganze restliche Leben. Sonst zerfällt dein Traum wie ein Kartenhaus früher oder später.
Nicht umsonst werden 50% der Ehen geschieden und in denen, die erhalten bleiben, geht ein grosser Anteil fremd oder die Partner leben neben sich her und gehen sich aus dem Weg irgendwann.
So eine Beziehung/ Ehe, die du dir vorstellst, ist etwas, was die wenigstens Menschen dauerhaft bekommen. Wo ist da auf Dauer diese Hollywoodbeziehung? Ist das etwas, was dich dein ganzes Leben lang glücklich machen wird? I doubt it.
Nur weil Menschen in Beziehungen sind, sind sie nicht per se glücklich. Sie können einfach nicht alleine sein, weil sie soziale Wesen sind.
Ich habe, wie gesagt, diesen Traum ebenso gehabt. Immer habe ich nach der richtigen Partnerin gesucht und bin ja auch zuletzt ziemlich auf die Schnauze geflogen - siehe mein eigener Thread. Das war mir aber vorher schon irgendwo bewusst vom Bauchgefühl her, ich habs trd gemacht.
Jetzt mit 33 Jahren habe ich 7 Beziehungen geführt und mit über 30 unterschiedlichen Frauen etwas gehabt und kann sagen „ich bin „rumgekommen“.
Und zum ersten Mal in meinem Leben hat sich seit meiner letzten Trennung ein Schalter umgelegt bei mir.
Mich hat mal ein sehr guter Freund gefragt während meiner letzten Beziehung, warum ich eigentlich so versteift diesen Traum habe? Und ich entgegnete „…weil das für mich den einzigen Lebenswert darstellt. Also glückliche Beziehung, Familie usw“ und er fragte mich, wieso eigentlich? Und was würde ich tun, wenn ich das nicht im Leben „erreiche“ oder wenn die anfängliche Euphorie verschwunden ist? Ist das Leben dann nicht mehr lebenswert? Kann man sich keine anderen Ziele setzen? Wer sagt eigentlich, dass das die Pflicht eines jeden Menschen ist? Sagen dir das auch die Millionen geschiedener Menschen, oder diejenigen die in unglücklichen Beziehungen „feststecken“? Wo kein Lebenspartner gefunden wurde, der dich dauerhaft gut fühlen lässt?
Ich hab durch diese ganzen Erfahrungen denke ich wirklich gelernt - oder ich bin dabei -, dass diese ganze Beziehungskiste nicht so wichtig ist und nicht einen so hohen Stellenwert haben sollte, wie man ihr einräumt.
Denn nach anfänglicher Euphorie ist es harte Arbeit. Wenn es geschafft wurde sein „Ziel“ zu erreichen mit Haus, Hof, Kind. Daran festzuhalten und wirklich aktiv daran mit dem Partner zu arbeiten, schaffen wie gesagt die wenigsten Menschen. Und so kann es dir auch ergehen. Selbst wenn du in einem Jahr den Traummann kennenlernst und deine Ziele innerhalb der nächsten 5 Jahre erreichst - kannst du dich danach im öden Alltag wiederfinden, den du selbst auf einmal gar nicht mehr so feierst. Und dann merkst du, wie du einfach nur dieses gesellschaftlich vorgelebte Ziel mit allen Mitteln erreichen wolltest. Aber am Ende dich in einer Beziehung wiederfindest, die dich selbst irgendwann anödet. Und vielleicht bist du dann diejenige die Schluss macht?
Was hast du dann?
Und dann kommt eventuell noch mit einer über 50%igen Wahrscheinlichkeit eine Affäre oder Scheidung auf dich zu. Daran willst du dein Leben jetzt fix machen und aufhängen?
Will sagen:
Das Leben ist mehr.
Musst du denn auf Teufel komm raus Kinder haben nur weil deine biologische Uhr tickt oder es die Gesellschaft vorlebt und das „dein Traum“ ist - der sich auch jederzeit ändern kann, wenn du willst.
Nicht umsonst zeigen Studien, dass Singles, die regelmässig S. haben, genauso oder glücklicher sind als Langzeitpaare.
Und ist die Ehe nicht nur ein Konstrukt der Kirche? Und hat sie bisher eigentlich nicht nur so lange und gut funktioniert, weil es ein Abhängigkeitsverhältnis war? Und wie siehts eigentlich in der Natur aus? Sind alle Tierarten ihrem einen Partner ein Leben lang treu? Ich weiss es von Pinguinen. Aber es gibt solche und solche. Und je mehr die Menschen freier werden und weniger durch äussere Umstände gebunden sind - desto mehr kristallisiert sich in der heutigen Zeit eben auch heraus, dass die meisten nicht dazu fähig sind oder schlichtweg sich nicht körperlich an einen Menschen ihr restlichen Leben binden wollen.
Und so wird die Chance einen Menschen zu finden der 1:1 ein Leben lang an einem Strang mit dir zieht verschwindend gering.
Gewöhn dich dran. Es geht fast allen Menschen so.
Du hast es nur noch nicht „erfahren dürfen“, während andere in der zweiten Scheidung stecken. Das alles ist ein grosser Wunschtraum, den die allerwenigsten ihr Leben lang leben.
Stell dir es wie ein Spiel vor: Du steckst halt bei Level 1 fest, andere sind bei Level 5 mit Kindern und co. Aber über die Hälfte der Menschen wird niemals das Happy- End erreichen. Vielleicht 20%? (Bezogen auf eine Partnerschaft die hält).
Also leb dein Leben für dich. Ruf dir ins Gewissen, dass du bald älter und nicht mehr so mobil sein wirst, tu etwas dagegen (deine gesundheit/ geistige und körperliche Fitness sind das wichtigste im Leben), entdecke die Welt, lerne neue Leute kennen, umgib dich mit guten Menschen und bau dir selbst ein Lebensziel und eine Bucket-list auf. Wenn sich dann irgendwann mal doch eine Beziehung ergeben sollte, ist das nett. Aber sie wird irgendwann auch wieder vorbei sein - mit hoher Wahrscheinlichkeit.
Und das ist okay.