Zitat von Maus 89:Das passt...er tut mir nicht mehr gut...also kann er weg...
Aber das muss erstmal im Herzen ankommen...dauert und tut weh...
Ich dachte, ich liefere euch mal einen (etwas längeren) Erfahrungsbericht. Passt sehr gut zum Thema gesunde Grenzen setzen. Aber auch zu den Themen Double bind, Hoffnungen machen und Kontrolle über den Kontakt behalten.
Wie ihr wisst, habe ich meine Geschichte ja Ende Oktober beendet, als meine persönliche Leidensfähigkeit definitiv überschritten war. Das Ganze lief - mit Unterbrechungen, die von ihm aus gingen - seit April letzten Jahres, also etwa sieben Monate. Davon hatten wir dreieinhalb tatsächlich Kontakt.
Mit diesen ständigen Offs (aus Gewissensgründen) hat er mich total weichgekocht. Ich hatte irgendwann nur noch Angst, dass es morgen schon wieder so weit sein könnte. Das, und all der Rest, den Kätzchen so eindrucksvoll beschrieben hat (siehe oben).
Vernunftmäßig war mir längst klar, dass ich mir Sachen gefallen lasse, die einfach gar nicht gehen. Emotional hing ich aber so tief drin, dass ich den Ausgang lange Zeit nicht finden konnte. Ihr kennt das alle.
Ich dachte, das kann nicht wahr sein. Du sitzt hier, wartest wie ein Hündchen darauf, dass der Typ sich gnädigerweise mal wieder meldet oder Zeit hat und alles was dich sorgt, ist die Frage, ob er dich morgen vielleicht wieder ganz abschießt. Wann hast du eigenlich den Schuss nicht gehört?
Ich weiß es nicht. Es ging schleichend. Schleichendes Gift. Wie kleine Dosen Arsen oder so.
Ende Oktober hab ich mich also noch einmal mit ihm getroffen, um die Lage noch einmal dezidiert abzuchecken. Ohne Vorwürfe (ich halte nichts von Vorwürfen, komme ich später noch einmal drauf zurück). Er wusste das nicht, dass ich bei diesem Gespräch ganz im Stillen für mich noch einmal sondiert habe, was da zu holen ist. Das Ergebnis war absehbar: Es war nichts zu holen. Keine klare Aussage. Keine klare Willenserklärung. Ich bin überzeugt, dass er es selbst nicht wusste, was er will.
Ich hab das so stehen lassen und ihm am nächsten Tag einen Abschiedsbrief geschickt, aus dem sehr deutlich hervorging, dass ich nicht willens bin, weiterhin in dieser Situation zu verharren und dass ich ihm hiermit Adieu sage. Keine Treffen mehr, kein Kontakt über Whatsapp, kein gar nichts mehr. Wieder ohne Vorwürfe. Mir ging es zu der Zeit schrecklich aber das habe ich ihm nicht gesagt. Ich dachte, das Ungleichgewicht in dieser Beziehung ist ohnehin schon groß genug. Noch mehr Macht über mich muss ich ihm nicht geben, und sei es auch nur emotional.
Relativ interessant ist, was dann geschah.
Es hat etwa zwei oder drei Wochen gedauert, bis ich den deutlichen Eindruck bekam, dass ER jetzt anfing zu leiden.
Ich habe mir sein FB-Profil angeschaut. Da ging es dann los. Seine Posts erzählten zwischen den Zeilen von jemandem, der unzufrieden ist mit seinem Leben, sich gefangen fühlt, ausbrechen will. Memes, Bilder, Musikstücke, all so Zeug. Und Liebeslieder voller Sehnsucht, die er als You-Tube-Links geteilt hat.
Ihr müsst wissen, dass wir schon eine Weile (seit August) auf FB nicht mehr befreundet waren. In irgendeiner Off-Phase habe ich ihn von meiner Freundesliste geschmissen, weil es mir zu viel wurde, schon zum Frühstück unvorbereitet mit irgendwelchen Fotos von ihm auf meinem Newsfeed traktiert zu werden.
Nach dem Aus von meiner Seite hat er dann plötzlich alles Mögliche öffentlich geteilt und seine Einstellungen dahingehend geändert, dass auch Nicht-Freunde (also ich zum Beispiel) das liken können. Was ich natürlich nie getan habe.
Er hat also vermutlich (leider zu Recht) gehofft, dass ich mir das alles anschaue.
Im Januar wurden diese Posts so dicht, so drängend und so sehnsuchtsvoll, dass ich dachte, der bricht jetzt entweder zusammen oder steht demnächst vor der Tür. Passiert ist aber - sofern ich es wahrnehmen konnte - nichts.
Das hat mich so kirre gemacht, dass mir klar wurde, dass ich aufhören muss, mir den Kram anzuschauen. Das hab ich dann auch gemacht - mit eiserner Disziplin. Ich habe nie wieder seine FB-Seite aufgerufen.
Danach habe ich ihn nur noch sporadisch im Training gesehen, jeweils für wenige Minuten oder Sekunden. Da hat er sein Interesse an mir überdeutlich gemacht. Ich habe ihn jedoch kaum noch angeschaut. Nur kurz gegrüßt, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Wenn er mir direkt im Gang entgegenkam zum Beispiel.
Im Mai - nach über fünf Monaten - hat er sich wieder bei mir gemeldet. Eines schönen Tages per Whatsapp.
Diesmal wusste ich allerdings mehr über diese verdammte Dynamik und habe bewusst gegengesteuert. Im Prinzip wollte ich wissen, ob sich bei ihm etwas verändert hat. Das sah zunächst auch so aus. Dazu später mehr.
Was ich gemacht habe - vor allem die Ratschläge von Kätzchen befolgend - ist Folgendes:
Ich habe ihm die Kontrolle über den Kontakt nicht mehr gelassen. Nicht immer sofort geantwortet, bin in meinen Antworten knapp geblieben und hatte vor allem nicht mehr ständig Zeit. Ich habe mir keine Zeitfenster mehr für ihn freigehalten und nur dann geschrieben, wenn ich tatsächlich Zeit hatte (und sie mir nicht stehlen musste) und manchmal nicht einmal dann.
Das Ergebnis war relativ erstaunlich. Plötzlich hatte er in Momenten Zeit, zu denen es früher angeblich unmöglich war. Abends. Am Wochenende. Was auch immer. Mit Treffen war es ähnlich. Ich habe mich nur noch darauf eingelassen, wenn es tatsächlich für mich passte. Oft genug passte es einfach nicht. Ich habe ihm keine Priorität mehr eingeräumt (die hatte ich bei ihm ja auch nie), keine Termine wegen ihm abgesagt, mir nicht prophylaktisch für ihn freigehalten.
Dasselbe Ergebnis: Er wollte mich plötzlich ganz oft sehen, hatte zu den unmöglichsten Terminen Zeit und so weiter.
Er ist sogar plötzlich irgendwo einfach vorbeigekommen, wenn er aus unserem Chat wusste, dass ich da bin (Baggersee oder so).
Fazit: Es ist tatsächlich so. Da wirken Mechanismen, denen man bewusst entgegensteuern kann, wenn man sie kennt und weiß, was zu tun ist.
Diesem extremen Ungleichgewicht kann man entgegenwirken. Und es funktioniert.
In all dieser Zeit habe ich ihn körperlich nicht mehr an mich herangelassen. Aus reinem Selbstschutz. Nichts. Keine Berührungen, keine Küsse und schon gar kein S..
Ich wollte nur wissen, ob sich bei ihm etwas geändert hat, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen. Ich wollte aber nicht wieder so tief drinhängen, wie es in der Vergangenheit war. Und deshalb habe ich keinerlei körperliche Nähe mehr zugelassen.
Interessant hierbei ist, dass das seinem Interesse an mir keinen Abbruch getan hat. (Er hat es natürlich immer wieder versucht, aber jedesmal vergeblich). Dafür hat er sich jedoch emotional immer weiter geöffnet. Es schien, als wolle er mich in sein Leben einbinden, so weit das auf die Entfernung möglich war. Hat mir Bilder geschickt von Unternehmungen, von seinen Freunden, seinen Kindern, all so Sachen. Hat er früher nie getan.
Irgendwann jedoch fing er wieder mit dem extremen Rumgeeier an. Hat Dates gemacht und abgesagt. Mehrere hintereinander. Die alte Ambivalenz. Das habe ich mir ein paar Tage angeschaut, mich dann mit ihm getroffen um den Kontakt wieder ganz abzubrechen. Weil ich gemerkt habe, dass mich das zuviel Nerven kostet. Dass da wieder irgendwelche Kräfte im Spiel sind, denen ich mit meinen Gegenstrategien nicht mehr gewachsen war.
Habe ihm zum zweiten Mal - ohne Vorwürfe - erklärt, dass ich so nicht will und kann. Was die Wahrheit ist.
Was er mir während dieser sechs Wochen, die wir wieder in Kontakt standen, erzählt hat, ist Folgendes:
In seiner Ehe muss es rapide bergab gegangen sein. (Was dafür spricht, dass so eine Affäre tatsächlich die Ehe stabilisiert, denn ich weiß, dass die beiden zuvor - etwa im September - ein echtes Revival hatten).
Irgendwann Anfang des Jahres (also als ich über FB den Eindruck hatte, dass er jetzt echt am Rad dreht) ist seine Frau für mehrere Wochen aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen und hat im Elternhaus bei ihrem Vater gewohnt.
Er war in dieser Zeit schon bei der Bank, um sich zu erkundigen, wie die finanzielle Lage aussieht, wenn er das Haus verkauft und seine Frau ausbezahlt.
Bei den beiden hat es also mächtig gekracht.
Das alles hat er mir im Mai bei unserem ersten Treffen in irgendeinem Café ganz beiläufig erzählt. Gar nicht im Zusammenhang mit uns, sondern 'einfach so'.
Ich glaube, als er mich kontaktiert hat, hatte er tatächlich die Absicht oder den Vorsatz, die Trennung jetzt durchzuziehen. Ich glaube auch zu wissen, was ihn dann letztlich doch wieder abgehalten hat. Das sind aber nur indiziengestützte Vermutungen.
Ich musste den Kontakt ohnehin wieder abbrechen, denn VOR einer Trennung seinerseits macht das alles gar keinen Sinn. Im schlimmsten Fall hätte ich ihm nur wieder seine insgesamt desolate Lebenssituation erträglich gemacht. Auch ohne S. übrigens. Was er nämlich vor allem braucht, ist jemand, mit dem er gut reden kann. Mit dem er Dinge teilen kann, zu denen in seinem Umfeld keiner so recht einen Draht hat. Das war zumindest mein Eindruck. Geht mir ja ähnlich. Auch ich habe ihm über das Körperliche hinaus eine Menge zu sagen. Ich mag ihn einfach. Hilft aber alles nix.
Vielleicht hilft das jemandem, der mit sich hadert, ob er den Kontakt abbrechen soll oder nicht.
Meine Erfahrungen zusammengefasst: Ja. Unbedingt.
Man stabilisiert tatsächlich die Ehe. Solange man mitspielt, scheint für ihn die Situation erträglicher zu sein.
Was er wirklich verloren hat, merkt er in emotionaler Hinsicht erst, wenn man weg ist. (Sofern überhaupt echte Emotionen vorhanden sind). Bei meinem zumindest sind Sehnsucht und Vermissen erst da so richtig aufgeflammt. Eigentlich klar. Vorher musste er mich nie vermissen. Ich Depp war ja einseitig immer da, wenn er mich brauchte.
Und am Wichtigsten: Für einen selbst ist es im Grunde der einzig gangbare Weg, auch wenn er noch so wehtut.
Egal, was der andere dann macht. Diese extreme emotionale Abhängigkeit, die vorher bestand, KANN nicht der Weg sein. Was soll denn das - selbst wenn er sich entscheidet - für eine Beziehung werden?
Wollte euch das nur mal so im Nachgang mitteilen. Vielleicht kann der eine oder die andere was damit anfangen. Vielleicht hilft es jemandem.