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Trauma, Traumaübertragung und Traumafolgestörung

Scheol
Zitat von Hansl:
...Früher, da gabs dass nicht. Da hat man einfach weitergelebt.
mMn gilt dies dann aber ebenso für Herzinfarktereignisse.
Kann man sagen: Mei, früher ist man einfach gestorben.

RICHTIG !……….ABER ,…….Früher hat man auch 5 bis 7 Liter Blut aus einem Körper gelassen ( Aderlass ) um zu heilen , und war verwundert warum die Leute versterben. Heute weiß man es besser.

Wer keine Erfahrung , damit hat, wird es vielleicht nicht verstehen können.


Dr. Baer ein Trauma Spezialist , erklärt sehr gut das Verhalten von traumatisierten.

Meine Mutter , aus Schlesien geflüchtet, wie sie 6 oder 8 Jahre alt war. Ist nun 88 Jahre , erzählt oft vom Krieg und oft das gleiche. Dr. Baer erklärte , das alte Menschen später oft vom Krieg reden, weil ihnen die Kraft fehlt , diesen Deckel des Traumas weiter auf dem Topf zu lassen. Also werde ich jetzt nicht sagen „ Mama , das hast du mir schon drei mal erzählt !“ sondern ich lasse sie reden , weil geschwiegen hat sie die letzen 80 Jahre. Weil da waren alle mit sich selbst beschäftigt.

12.01.2023 08:32 • x 4 #271


Scheol

16.01.2023 12:08 • x 2 #272


A


Trauma, Traumaübertragung und Traumafolgestörung

x 3


Scheol
Etwas komplexer der Vortrag , aber gut wie ich finde.


18.01.2023 12:36 • #273


Scheol
Denkst du manchmal, dass du vielleicht oft zu nett bist, auch zu Menschen, die du nicht einmal magst?

Vielleicht ist dann der sogenannte Fawn Response in dir aktiv.

Fawn heißt auf Englisch Rehkitz, Response bedeutet Antwort. Fawn ist im Englischen allerdings auch ein Verb und bedeutet: jemandem schmeicheln, sich unterwerfen.

Ich nenne es den „Bambi-Reflex“. Man versucht so harmlos, freundlich und nett zu sein, dass niemand „böse“ wird.


Wie du den Fawn Response bei dir feststellen kannst
So kannst du erkennen, ob du betroffen bist:
Du lächelst, obwohl dir nicht zum Lächeln ist?
Du fragst immer erst einmal, was die andere Person will?
Du bist unglaublich um Harmonie bemüht und hast immer Angst, dass andere „böse“ auf dich sind?
Du versuchst, es immer allen recht zu machen?
Anderen zu gefallen ist für dich nicht nur ein „Nice to have“, sondern ein Muss. Andernfalls bist du gestresst und fühlst dich unwohl.
Du entschuldigst dich viel zu oft für Dinge, für die du nichts kannst.

Echte und zwanghafte Freundlichkeit – der Unterschied
Ich liebe Freundlichkeit, empfinde diese als sehr wohltuend und versuche auch selbst, freundlich zu sein. Zu anderen Menschen und zu mir selbst. Doch schon in meiner Zeit als Wendo-Trainerin (Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Frauen) ist mir aufgefallen, dass es so etwas wie eine zwanghafte Freundlichkeit gibt, die gar nichts mit einer echten, im Körper gefühlten Freundlichkeit zu tun hat.

Mir wurde schon damals klar, dass es sich dabei mehr um eine Art Unterwerfungsgeste handelt. Und genau dies ist der Fawn Response.

Der Fawn-Response ist eher eine chronifizierte Unterwerfungsgeste, die oft auch für die Betroffenen unbewusst ist, da sie sich gar nicht anders kennen.

Fawn Response und Trauma: Die 4 Reaktionen auf traumatische Ereignisse

In der Traumafachwelt wird diese Reaktion inzwischen immer mehr als 4. Reflex auf traumatische Ereignisse gesehen. Bisher galten Kampf, Flucht und Erstarrung (Fight – Flight – Freeze) als die Reaktionen auf eine Gefahr oder ein traumatisches Ereignis. Pete Walker hat diesen Reaktionen eine weitere hinzugefügt In seinem Buch „The 4Fs: A Trauma Typology in Complex Trauma” prägt er den Begriff Fawn Response als 4. Reaktionsform und definiert dieses Verhalten wie folgt:


Übersetzung (D.C.): “Bambi-Menschen suchen Sicherheit, indem sie sich an die Wünsche, Bedürfnisse und Anforderungen anderer Menschen anpassen oder mit ihnen verschmelzen. Sie verhalten sich, als würden sie unbewusst glauben, dass der Preis für eine Beziehung das Opfern all ihrer Bedürfnisse, Rechte, Vorlieben und Grenzen ist.“

Ich würde gerne zunächst auf die Entstehung dieses Verhaltens eingehen, damit es besser verständlich wird, warum Menschen sich den Bambi-Reflex unbewusst aneignen.



Die 4 Reaktionen auf Gefahr
Die ersten drei Reaktionen auf Gefahr sind inzwischen allgemein bekannt:
Kampf – Flucht – Erstarrung.
Sobald Gefahr im Verzug ist, springt unser sympathisches Nervensystem an und macht uns bereit, um zu fliehen oder zu kämpfen. Dafür muss viel Energie bereitgestellt werden. Dafür sorgt der Sympathikus. Wir versuchen, die Gefahr zu bekämpfen oder zu fliehen, wenn Kämpfen nicht möglich ist.

Können wir der Gefahr nicht mehr ausweichen, dann kann es sein, dass wir erstarren. Wir wehren uns nicht mehr und lassen „es“ über uns ergehen. Sehr häufig ist dies davon begleitet, dass wir uns selbst von außen sehen und nicht mehr mit uns verbunden sind, wir sind dissoziiert.

Man kann sagen, dass dies eine Schutzvorrichtung der Natur ist, den Schmerz und die Angst nicht mehr voll bewusst zu spüren.

Dieses Erstarren wird immer noch durch den Sympathikus gesteuert. Das bedeutet, dass immer noch sehr viel Spannung und Erregung im Körper ist, auch wenn man diese nicht durch Kampf oder Flucht ausagiert.

Fawn Response als Reaktion auf Gefahr
Die 4. Reaktionsweise, der Fawn Response, ist bisher noch nicht Allgemeinwissen geworden.

Sind wir für längere Zeit einer für uns nicht zu bewältigenden Situation ausgesetzt, so geben wir auf.

Wir ergeben uns im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Reaktion wird vom Parasympathikus gesteuert, der eigentlich dafür sorgt, dass wir uns entspannen.

Bei dieser Reaktion geht die Spannung aus unserem Körper, wir haben keine Energie mehr, um zu kämpfen oder zu fliehen. Es ist eine Art Totstellreflex, der über die momentane Erstarrungsreaktion hinausgeht.
Wir geben auf.
Wir geben auf, aber wir leben weiter.

Kampf oder Flucht ist für Babys und Kinder ja auch einfach faktisch unmöglich. Wir müssen mit den Menschen (über-)leben, die uns demütigen, lieblos behandeln oder Gewalt antun.
Das kann dazu führen, dass wir den Fawn Response als Überlebensmechanismus entwickeln, der aus Anpassung und Unterwerfung besteht. Wir versuchen so freundlich und entgegenkommend zu sein, dass niemand „böse“ auf uns wird und wir möglichst keine Aufmerksamkeit, Demütigung oder Gewalt auf uns ziehen.

Die kindliche Annahme ist leider, dass man selbst der Auslöser für das Verhalten der Erwachsenen ist – von daher auch die Schuld- und Schamgefühle, die viele in sich tragen.
Das Kind versucht, möglichst keinen Unmut auszulösen. So kann mit der Zeit der Fawn-Response oder Bambi-Reflex entstehen.
Der Fawn-Response kann allerdings durch langanhaltende Gewaltbeziehungen auch noch bei Erwachsenen entstehen.

Der Fawn-Response als intelligente Überlebensstrategie
Als Kinder müssen wir eine Strategie finden, mit der wir am meisten Bindung, Zuwendung und am wenigsten Gewalt erfahren. Kinder haben immer eine Bindung zu ihren Eltern oder Bezugspersonen.

Wir lieben unsere Eltern und wir sind angewiesen darauf, dass sie uns lieben oder zumindest versorgen.

Es kann also eine sehr intelligente Strategie sein, immer freundlich zu sein. Es kann wichtig sein, immer herauszufinden, wie man sein muss, um keine Gewalt auszulösen oder vielleicht sogar der Sonnenschein der Familie zu werden.

In solchen Elternhäusern versuchen Kinder immer die Stimmung ihrer Eltern zu lesen. Viele Kinder versuchen sich möglichst unsichtbar zu machen, freundlich und hilfreich zu sein, damit sie überleben.

Dabei gibt man sich selbst auf. Arno Gruen nannte dies den Verrat am Selbst. Durch das Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse kann es mit der Zeit zu Identitätsverlust kommen.
Manchmal lernt man allerdings dieses Selbst, diese eigene Identität nicht einmal kennen, weil man zu früh gelernt hat, sich anzupassen und immer „lieb“ zu sein. Menschen laufen dann vielleicht lächelnd durch die Welt, fühlen sich aber leer, einsam und wissen im Grunde nicht, wer sie sind und was sie vom Leben wollen.

Die Folgen des Bambi-Reflexes
Dieses überangepasste Verhalten bringt viele Probleme für die Betroffenen, da sie ja für ihre Umgebung einfach nett und freundlich sind und es daran zunächst ja nichts auszusetzen gibt. So bekommen sie selten eine Rückmeldung, dass sie vielleicht zu nett sind und sich selbst schaden.

Im Gegenteil: Für ihre Mitmenschen ist ihr Verhalten oft sehr praktisch, da die Wünsche und Bedürfnisse der anderen immer im Mittelpunkt stehen und man selten Grenzen gesetzt bekommt oder ein Nein hört.

Das häufigste Problem ist jedoch, dass Betroffene sich selbst einfach kaum noch als Selbst spüren. Es ist ungeheuer schwer, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu formulieren. Manchmal ist es schon unmöglich, diese überhaupt nur zu fühlen. Es ist ein Automatismus, sich meistens den Bedürfnissen von anderen unterzuordnen. Dies geschieht so schnell, darüber müssen Betroffene nicht einmal mehr nachdenken. Dadurch werden sie oft zum „seelischen Mülleimer“ von anderen.

Und die anderen halten sie für wunderbar, weil der Umgang so harmonisch, zugewandt und aufmerksam ist. So kann es auch zu Co-Abhängigkeit oder anderen nicht gesunden Beziehungen kommen. Gerade für Narzissten sind Betroffene „leichte Beute“. Pete Walker geht davon aus, dass Menschen mit einem ausgeprägten Fawn Response häufig ein narzisstisches Elternteil hatten und deshalb anfällig dafür sind, sich wieder Partner*innen mit einer narzisstischen Störung zu suchen.

Ein Leben in dieser ständigen Selbstverleugnung kann der Boden für viele Symptome, wie Depression, somatische Schmerzen und weiteren Krankheiten sein. In seinem Buch „Der Körper sagt Nein“ beschreibt Gabor Maté, wie der Mangel an Grenzen und der Fähigkeit sich selbst zu behaupten die Grundlage für viele somatische Erkrankungen sein kann.
Durch das Zurücknehmen von eigenen Emotionen wie Traurigkeit, Wut oder Angst, um potentielle Wut, Gewalt oder Gefühllosigkeit einer Bezugsperson zu vermeiden, richten Kinder (oder später Erwachsene) diese Gefühle oft gegen sich selbst, in Form von Selbstverurteilung und autoaggressivem Verhalten.

Ein weiteres Problem auch in Psychotherapien ist, dass Psychotherapeut*innen teilweise nicht erfassen, dass ihre Klient*innen in einem chronifizierten Totststellreflex oder im Fawn Response gefangen sind.

Viele, auch traumainformierte Menschen glauben, dass Dissoziation, Erstarrung oder der Totstellreflex (soweit überhaupt bekannt), vorübergehende Phänomene sind, die nur auftauchen, wenn sie durch einen Reiz ausgelöst werden. Leider ist dies nicht der Fall. Viele Menschen leben jeden Tag in diesen Zuständen, oft ohne es bewusst wahrzunehmen, weil sie es/sich nicht anders kennen.

Die ersten Schritte aus dem Fawn Response
Menschen mit diesem Überlebensmechanismus haben oft die Angst, dass sie womöglich unfreundlich zu anderen sind. Dies gilt es zu verändern. Wir können freundlich sein, wenn wir es möchten. Wir dürfen aber auch einfach neutral und entspannt schauen, wenn es gerade nichts zum Lächeln gibt.

Wir dürfen auch traurig oder frustriert aussehen. Es ist auch möglich, respektvoll Ärger auszudrücken und Nein zu sagen, ohne unhöflich oder gemein zu sein.

Möchtest du also langsam aus dem Bambi-Reflex aussteigen, ist es wichtig, dass du dich selbst beobachtest und anfängst deine Reaktionen und auch dein Mienenspiel/deinen Gesichtsausdruck bewusst wahrzunehmen.

Mach dir klar, dass der Fawn Response eine Art von Konditionierung ist, die in deiner Kindheit sinnvoll und wichtig zum Überleben war. Konditionierungen kann man wieder verlernen und Reize entkoppeln. Das braucht Zeit, Geduld und Liebe von deiner Seite.

Wenn du möchtest, kannst du ausprobieren, was in dir passiert, wenn du nicht ständig lächelst. Oftmals wirst du dann eine diffuse oder auch akute Angst spüren. Dies ist ein Signal dafür, dass dein Lächeln eher etwas mit einer Unterwerfungsgeste zu tun hat. Ein echtes Lächeln ist an ein Gefühl von Freude gekoppelt.
Beobachte auch, ob dein Ja von Herzen kommt oder ob du vielleicht lieber Nein sagen möchtest. Beobachte auch da, was in dir passiert, wenn du Nein sagst.
Wie gehst du mit deinen Grenzen um? Spürst du diese überhaupt? Und kannst du ausdrücken, wenn dir etwas zu nah oder zu viel ist?


Dies sind erste Schritte, um aus dem dem Fawn Response wieder aufzuwachen und zu beginnen, dich wieder zu spüren. Angst wird dabei deine Begleiterin sein, denn du hast den Bambi-Reflex ja entwickelt, weil du damals so viel Angst hattest.

Du hattest Angst vor Aggression und davor, deine Bezugspersonen ganz zu verlieren. Geben wir die Muster, die uns damals beschützt haben, auf, so kommt leider die abgespaltene Angst von damals wieder hoch.

Sei freundlich zu dir!

Versuche lieb mit dir zu sein und zu realisieren, dass es eine alte Angst ist.
Sie gehört zu deiner Geschichte und braucht nun Raum, Aufmerksamkeit und Liebe, damit sie endgültig gehen kann. Du wirst mit der Zeit immer mehr entdecken, wer du eigentlich bist und was du dir vom Leben wünschst!

Es kann sein, dass du „Freund*innen“ verlierst, doch mach dir klar, dass echte Freund*innen, die dich lieben, sich eher an deiner Entwicklung erfreuen und dich dabei unterstützen werden.

Das Schöne für deine Umgebung wird sein, dass alle viel besser wissen, woran sie bei dir sind. Denn, Hand aufs Herz, manchmal lässt du Leute hinterher doch spüren, dass du etwas nicht gerne getan hast oder nicht wolltest.

Menschen, die klar sagen, was sie sich wünschen und auch klar sagen, wenn sie zu etwas keine Lust haben, sind im Umgang viel einfacher. Wir können uns in deren Gegenwart besser entspannen und hören auf, für die andere Person mitzudenken.

24.01.2023 15:45 • x 5 #274


L

28.01.2023 08:51 • x 2 #275


Scheol
Was gestern im TV bei 3 Sat Scobel Traumata Wunden der Seele


https://www.3sat.de/wissen/scobel/scobe...e-100.html

03.02.2023 10:53 • #276


Klio
Ich bin auf der Suche nach Antworten, nach Ruhe, nach Akzeptanz, Auflösung und Befreiung. Ich weiß auch nicht, ob meine Worte hier hingehören. Letztes Jahr hatte ich mir diesen Thread einmal durchgelesen und bei einem Beitrag wurde mir ganz flau. Weil er das zugegeben hat, was ich verschleiere. Ob ich in einer Art traumatisiert bin, weiß ich nicht. Das muss auch nicht die Antwort sein. Vielleicht mag ich ein paar Dinge gerne herunterschreiben, vielleicht hat jemand Denkanstöße für mich oder einfach nur ein offenes Ohr.
Die Trennung ist nun ein Jahr her. Für meine Vorgeschichte, bin ich darauf bezogen eigentlich gut zu Recht gekommen. Keine Rückfälligkeit in alte Symptomatik, keine große Dunkelheit, aber Ängste. Ich habe dagegen angekämpft und wollte auch einfach nicht in irgendeinen Bereich zurück, auch u.a. wegen seinen Vorwürfen, die mich sehr getroffen haben und noch immer im Kopf herum spuken.
Ängste sind immer noch da. Die Dunkelheit hat Einzug gefunden. Das beängstigt mich gerade und ich bin sauer auf mich. Die Phasen von Selbsthass und großer Wut gegen mich hatte ich bereits letztes Jahr. Ich versuche sie anzunehmen und dann auslaufen zu lassen. Sie sind mir keine Unbekannten.
Diese Dunkelheit was soll ich mit ihr anfangen. Ich kenne sie seit 30 Jahren. Was ich mich manchmal frage, ich bin ja nun nicht 30 Jahre lang depressiv. Es ist eine immer da Traurigkeit. Ich bin melancholisch. Damit kann ich mittlerweile umgehen, bzw es akzeptieren. Das ging lange nicht, da ich mich deswegen sehr falsch gefühlt habe. Nicht zugehörig.
Das kommt auf Grund der Ablehnung und den verletzenden Worten aus meiner Kindheit/Jugend/Adoleszenz. Wie sah das zb. aus?
Mein Bruder und Cousin haben dies schon immer getan. Schulbeginn war ein Ende. Jeden Tag Angst, Panikattacken auf dem Schulweg. Ich bin jeden Morgen immer wieder alleine aufgestanden, zur Schule und die Angst ausgehalten und dann alles was dort passiert ist über mich ergehen lassen. Emotionale Unterstützung hatte ich nicht. Ich habe mich sehr gehasst, ich wollte gerne sterben. Ich habe mir als Kind manchmal extra weh getan, um Trost zu erhalten. Ich habe ihn nicht bekommen. Es gab dann Ärger. Weinen durfte ich nicht. Laut sein auch nicht, wütend auch nicht. Wenn ich zu still war, war das auch verkehrt. Weil sich dann andere Erwachsene beschwert haben oder meiner Mutter gesagt wurde, dass ich unverschämt bin, weil ich nicht antworte. Von anderen Kindern wurde geschwärmt, weil sie so lebendig sind. Ich war immer falsch. Ich habe existiert, mehr nicht. Hoffnung hatte ich immer einmal Freunde zu finden. Mit 13 hatte ich welche, irgendwann sehr viele. Viele verschiedene. Ich war im Schulsprecherteam, habe im Jugendzentrum Kinderferien betreut usw. Öffentlich und auch verdeckt abgelehnt und beleidigt wurde ich weiterhin. Aber ich konnte es zumindest Mal bei Freunden aussprechen. Gut ging es mir nie ganz. Ich wurde dennoch mit 13 krank. Für immer versteckt. Mit 19 bin ich alleine umgezogen. Habe viel erlebt und vieles nicht. Meine erste Beziehung hatte ich mit 27. Ich bin mit 26 gesunder geworden. Das war Erleichterung. Es war damals meine Entscheidung. Entweder mich weiter zu Grunde richten oder leben. Ich lebe seit dem damit ganz gut. Habe vor vier Jahren meinen Eltern verziehen. Meinem Bruder auch. Habe gedacht damit abgeschlossen zu haben, mit dem Gefühl der Ausgrenzung. Die Trennung hat Altes wieder hoch geholt. Ich habe an Altem noch Mal gearbeitet und akzeptiert, versuche dies auf Recht zu halten.
Seit einem Monat etwa brökel ich. Vielleicht wird der Leidensdruck gerade immens. Ich weiß es nicht.
Wie habe ich damals überlebt? Mit Worten. Ich habe mit 7 begonnen zu schreiben. Hermann Hesse hat mir mit 12 sehr geholfen. Mit 13 die Philosophie. Ich habe viele Worte/Zitate gesammelt und sie aufgeschrieben. Mich in Geschichten gefunden. Das Märchen - das Mädchen mit den Schwefelhölzern mochte ich sehr. Sie ist ist gestorben und hat gelächelt. Das war mein Ich in der Grundschule. Ich möchte Leben, fühle mich aber der Welt abhanden gekommen.
Da gibt es noch mehr Worte. Aber sie sind mir gerade zu anstrengend.
Es kommt jetzt durcheinander.
Was wollte ich sagen?
Ich habe eine Identität. Kann vieles auch annehmen, aber manches wirkt nicht wie meine Natur. Ich stecke fest.

05.02.2023 17:20 • x 10 #277


H
@Klio Meine Liebe Klio, es tut so weh einen Menschen wie du es bist so leiden zu sehen, zu lesen, zu hören.
Ich spüre quasi in diesen Moment deinen Schmerz und ich kann dir nur sagen, du darfst dich der Depression oder das in dem du steckst nicht hingeben.

Du bist ein so liebenswerter Mensch. Nichts von dem was andere über dich in der Vergangenheit sagten ist wahr, nichts von dem was dein ex dir vorwarf ist wahr, sondern nur deren Wahrheit.
Du hast keine Freunde? Doch, in Solingen hast du mindestens einen.

Warum hörst du auf die Menschen die dir weh tun? Höre auf mich, allen anderen hier die dir Zuspruch spenden, die Menschen in deinem Umfeld die dich lieben.

Du hast ein Talent zu schreiben. Deine Gefühle in Zeilen und Texte wiederzugeben. Nutze es als Kanal.

Gebe Menschen die dich nicht zu schätzen wissen, nicht so einen großen Wert.

Fühle dich mal herzlich gedrückt.

05.02.2023 17:41 • x 8 #278


P
Zitat von Klio:
Ich war immer falsch


Ach Klio, du wundervolle Klio.
Einzigartig bist du.

Wie kann deine Vergangenheit nur so unfassbar falsch liegen mit dir? Es tut mir so weh zu lesen, wie böse Menschen zu dir waren, die eigentlich für dich da sein sollten.

Ich bin froh dich zu kennen. Und ich bitte dich, bleib weiterhin ein Teil in meinem, in unserem leben.

Du bist so viel wert. Mehr wert, als jedes einzelne giftige Wort das die falschen giftigen Menschen in deinem früheren Leben hatten.

Bleib.

05.02.2023 17:53 • x 7 #279


W
@Klio Meine liebe Klio, du hast mir hier schon oft mit deinen treffenden Analysen geholfen. Man merkt, dass du ein sehr feinfühliger, empathischer Mensch bist.

Deine Geschichte, die du hier beschreibst, berührt mich zutiefst. Weil deine Jugend offenbar meiner ähnelt. Ich kenne das Gefühl des falsch-seins, des nicht-dazu-gehörens als Kind und Jugendliche sehr gut. Ich kenne das Gefühl der unendlichen Einsamkeit. Erst als Erwachsene hat sich das bei mir nach und nach geändert.

Das hinterlässt Spuren, tiefe Narben und Ängste. Welche Erlösung, dann endlich angenommen zu werden in einer Partnerschaft! Endlich am richtigen Ort im Leben zu sein. Ein Happyend des Märchens vom Aschenbrödel? Und dann die tiefe Kränkung, wenn der Mensch, dem man sich zeigt, wie man ist - wenn genau dieser Mensch einen dann behandelt wie die Menschen zuvor einen auch behandelt haben.

Das mag auch dran liegen, dass man in seiner Verletztheit auf einen Menschen gestossen ist, der selbst nicht heil ist.

Wenn dann so eine Beziehung zerbricht, kommt alles wieder hoch, die Ängste werden stärker als zuvor. Jede Trennung destabilisiert, das ist einfach so. Und damit kommen die Ängste. Man muss erst wieder anfangen, stabil zu stehen.

Erst wenn man wieder sicheren Boden unter den Füssen hat, sollte man allenfalls ganz vorsichtig in den Abgrund der eigenen Geschichte schauen, meint meine Therapeutin zurzeit. Jetzt sei es noch zu früh. Ich glaube, sie hat Recht.

Was kannst du tun für dich, damit du noch stabiler stehst?

05.02.2023 18:13 • x 4 #280


ImBlindflug
Liebe @Klio

Zitat von Klio:
Ich weiß auch nicht, ob meine Worte hier hingehören.

weiß ich auch nicht aber
Zitat von Klio:
oder einfach nur ein offenes Ohr.

das bekommst du gerne.
Ratschläge/Hilfe kann ich nicht bieten, weil es mir selbst ganz oft so geht und ich noch keine Lösung für mich gefunden habe, an der ich teilhaben lassen könnte.

Zitat von Klio:
Das beängstigt mich gerade und ich bin sauer auf mich.

Die Angst kann ich gut nachvollziehen. Mir wurde davon abgeraten, sauer auf mich zu sein, lieber voller Mitgefühl für mich selbst. Wer den heiligen Gral diesbezüglich gefunden hat, darf sich gerne melden.
Ich habe auf alle Fälle Mitgefühl für dich.

Zitat von Klio:
Nicht zugehörig.

So fühlen sich erstaunlich viele. Ich auch, ganz oft in letzter Zeit. Und falls ich mich dann doch einen kurzen Moment zugehörig fühle, dann schrickt irgendetwas in mir zurück.
Für mich bist du hier auf jeden Fall zugehörig. Nicht nur das, ich würde sogar sagen wichtig.
Weil
Zitat von Klio:
Wie habe ich damals überlebt? Mit Worten.

Das merkt man. Dass dir das Schreiben liegt, dass du dein ganzes Herz und sehr viel Überlegung in jeden deiner Texte packst. Mach damit also gerne, auch uns zuliebe, weiter!
Und ich muss mich nochmals wiederholen: für mich bist du hier zugehörig, wichtig, wertvoll.

E
Zitat von Klio:
Ich habe eine Identität. Kann vieles auch annehmen, aber manches wirkt nicht wie meine Natur. Ich stecke fest.

Auch hier: wer den heiligen Gral zufällig gefunden hat, ich wüsste auch gerne, wie das geht, mit der Identitätsfindung, natürlich sein können.

05.02.2023 19:06 • x 3 #281


Ema
Ach, Klio,

es ist immer wieder so traurig zu hören, was manche Menschen ertragen müssen, wenn sie noch so kleine und doch so schutzbedürftige Kinder sind. Kinder, die überhaupt nichts für die grausame Umgebung können, in die sie hineingeboren werden und die sie irgendwie ertragen müssen.

Zitat von Klio:
Das ging lange nicht, da ich mich deswegen sehr falsch gefühlt habe. Nicht zugehörig.

Leider kann ich dir nicht viel Tröstliches sagen. Den Stein der Weisen habe auch ich nicht gefunden.
Nur so viel: Kein Wunder, dass du dich falsch und nicht zugehörig fühlst, wenn du so etwas erleben musstest.
Aber ich, für mich, weiß inzwischen, dass niemand auf diesem wunderbaren Planeten falsch sein kann. Alle, die hier sind, sind genau richtig und genauso gewollt und geliebt, wie sie sind. Ganz gleich, was dir irgendwelche Leute in deiner Kindheit erzählt und dich spüren lassen haben. Es sind nur Menschen.
Aber es gibt etwas, das viel größer und wunderbarer ist. Und das wird dich niemals ablehnen. Wenn man dieses Gefühl und Wissen für sich findet, dann ist man nie mehr allein und fühlt sich nie mehr falsch.
Ich wünsche dir, dass du es findest.

05.02.2023 19:16 • x 5 #282


Vienne
Meine liebe, liebe Klio....

Sehr schmerzhaft ist es für mich zu sehen, wohin du dich verrannt hast und ich dir offensichtlich, so gerne ich das möchte, bis jetzt nicht besser habe helfen können...

Du bist so ein wertvoller, reflektierten Mensch, warmherzig, gut und empathisch. Und blitzgescheit noch dazu. Du quälst dich so entsetzlich, weil du offenbar nicht so angenommen wirst, wie du bist... diese Erfahrungen waren sicherlich prägend.

Dein Exfreund hat noch ein paar anständige Schäuflein dazu getan...und dich in abscheulicher Weise weiter demoralisiert.

Du musst diese Dinge hinter dir lassen, einen Strich setzen und das Leben neu anpacken. Und wenn du Hilfe annehmen kannst...ich bin da für dich, das weißt du....

05.02.2023 19:20 • x 4 #283


Vienne
Zitat von Herakles:
@Klio Meine Liebe Klio, es tut so weh einen Menschen wie du es bist so leiden zu sehen, zu lesen, zu hören. Ich spüre quasi in diesen Moment deinen Schmerz und ich kann dir nur sagen, du darfst dich der Depression oder das in dem du steckst nicht hingeben. Du bist ein so liebenswerter Mensch. Nichts von dem was ...

Lieber Herakles,
danke für deine schönen Worte...und ich fühle, dass du das ernst meinst und es eben nicht nur schöne Worte sind.

Es ist schön, dass es dich gibt... tja ..@Mira hatte gestern schon recht...wir brauchen dich geklont

05.02.2023 19:26 • x 2 #284


Klio
Zitat von Herakles:
Warum hörst du auf die Menschen die dir weh tun?

Weil sie mich in meinem Selbstbild bestätigen. Ich weiß nicht was real davon ist oder nicht. Es kann ihre Wahrheit sein, ja und ich werde mit meiner Art auch was auslösen.

Zitat von Herakles:
Du hast keine Freunde? Doch, in Solingen hast du mindestens einen.

Das sind schöne Worte, danke

Ich schieß mich selbst ins Abseits.
Ich weiß noch nicht wie ich aufstehe. Jemanden treffen ist gut, ja. Danach geht es mir dann nicht gut. Ich weiß nicht wie ich das beschreiben soll. Meine Nähespeicher füllen sich nicht, sondern sind dann verzweifelt. Ich habe damit noch keinen Umgang.
Mich nervt das. Dann kommen böse Worte - kannst du nicht Mal zufrieden sein mit dem was du gerade hattest.
Genauso, dass ich überhaupt so quengelig über manches bin. Andere leben trotzdem ihr leben gut und in Bahnen. Bei mir schwappt es wieder daneben. Ich mag mich nicht wichtig nehmen. Ich habe Angst, dass ich es dann zu sehr tue.
Ich will einfach machen.
Kann doch nicht so schwer sein.

Und eigentlich will ich gar nichts.

Zitat von Herakles:
Höre auf mich, allen anderen hier die dir Zuspruch spenden, die Menschen in deinem Umfeld die dich lieben.

Ich höre dich
Aber ich kann dich nicht ernst nehmen. Das hat nichts damit zu tun, dass ich denke, dass du flunkerst oder ich dir deine Meinung absprechen möchte.
Das ist meins.
Wie ist das mit der Selbstannahme? Die muss ich versuchen in mir zu füttern.
Und trotzdem komisch, wenn man ohne Spiegelungen vor sich daher lebt. Und was wird aus dem Menschen ohne nette Worte von Aussen. So jemand wie ich. Das kann also auch nicht richtig sein.

05.02.2023 19:28 • x 2 #285


A


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