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Tod des Partners - Erfahrungen und Hilfe für Betroffene

E
Zitat von KBR:
Dennoch hätte ich anders gehandelt, wenn ich um ihre Bedürfnisse gewusst hätte. Niemals hätte ich gewollt, dass sie sich von mir allein gelassen fühlt. Auf einmal war sie nicht mehr da und ich konnte nichts mehr besser machen.


Zitat von KBR:
Worauf ich hinaus will: gib Deinem Mann und Deinen Kindern die Gelegenheit, genau das Richtige für Dich zu tun, artikuliere Deine Bedürfnisse



Aber sie hat es Dir nicht gesagt - und ich kann das auch nicht sagen - reicht es denn nicht, dass ich krank bin und unsere Familie das tragen muss für lange Zeit? Muss ich jetzt auch noch einfordern es mir bitte möglichst angenehm zu machen? Welches Recht habe ich denn dazu, was ist mit meinem Mann und meinen Kindern? Wer macht es ihnen denn möglichst einfach und angenehm, ich bin ja manchmal schon gar nicht mehr in der Lage, die einfachsten Bedürfnisse zu erfüllen - sei es, weil ich zu erschöpft bin, sei es, weil ich mich hilflos fühle und nicht weiß, wie ich es angehen soll - ich möchte nicht noch mehr einfordern für mich, das fühlt sich einfach unfair an - jedenfalls für mich

Zitat von KBR:
Ich verstehe, dass Du es ihnen so wenig schwer wie möglich machen willst, aber ich glaube, in der Zeit danach wäre es nicht ihr Wunsch, von Dir geschont worden zu sein, sondern Dich unterstützt zu haben, wo es nur geht.


Ich glaube schonen kann ich sie auch gar nicht - es ist ja da, jetzt und hier, es ist Realität und ich kann ja nicht so tun, als wäre es nichts....

Mein Mann verweigert jedes Gespräch um das Thema und wenn, dann zeigt er sehr deutlich, dass er nicht darüber sprechen will - er sagt einfach, ich hätte nicht das Recht zu sterben und wenn ich mir nur genug Mühe gäbe, dann käme es auch niemals dazu!

Mir ist klar, dass er das alles blockiert, weil er nicht damit umgehen kann, aufgrund der alten Verletzungen, umso mehr fühle ich mich eben aber auch schuldig, weil ich der Grund bin, dass er schon wieder in dieser Lage ist - ich weiß nicht ob man das so nachvollziehen kann, vielleicht ist das auch totaler Käse - keine Ahnung... ich kann mir das einfach nicht verzeihen, ihn damals darin bestärkt zu haben, es doch noch einmal zu versuchen...was habe ich mir nur dabei gedacht?

Zitat von Benita:
Versuche im Hier und Jetzt mit deinem Mann zu leben, geniesst die gemeinsame Zeit, die euch verbleibt, du weißt nicht wielange deine oder seine Lebenszeit noch andauert.


Das würde ich sehr gern, doch das ist nicht so einfach - er kann mich kaum noch ansehen, ständig hat er Tränen in den Augen und geht dann in ein anderes Zimmer - weint dort, allein! Lässt mich nicht mehr an sich heran. Er will mich nicht damit belasten, dabei macht es alles doch nur noch schwerer, für uns beide - aber ich kann ihn schließlich nicht zwingen!

Zitat von Benita:
Ich hätte mir gewünscht, daß wir uns noch vorneinander verabschieden könnten


Das ist wohl die schrecklichste Art, davon betroffen zu sein, vom Tod betroffen zu sein - wenn es unvorbereitet geschieht und man keine Zeit mehr hatte, all die Dinge zu sagen, die einem wichtig waren, sich zu verabschieden, dem anderen zu danken für die gemeinsame Zeit - das tut mir sehr Leid @Benita

Simply

12.06.2019 15:06 • x 2 #31


Z
Dein Mann hat Verlustängste. Die hatte er vielleicht schon vor eurer Beziehung, oder?
Daran zu arbeiten, mit den alten Verlusten umzugehen und mit dem bevorstehenden Verlust ist seine Aufgabe und seine Verantwortung.
Auch wenn du damals diejenige warst, die ihm gezeigt hast, was Liebe und Partnerschaft sind, so war er seine Entscheidung. Für dich. Für eure Familie, oder nicht?

Darf ich fragen, wie alt eure Kinder sind?

Ich drücke dich mal ganz fest virtuell, Simply.

12.06.2019 15:19 • x 1 #32


A


Tod des Partners - Erfahrungen und Hilfe für Betroffene

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B
Zitat von SimplyRed:
er kann mich kaum noch ansehen, ständig hat er Tränen in den Augen und geht dann in ein anderes Zimmer - weint dort, allein! Lässt mich nicht mehr an sich heran. Er will mich nicht damit belasten, dabei macht es alles doch nur noch schwerer, für uns beide - aber ich kann ihn schließlich nicht zwingen!

Ja, ich kann nachvollziehen, daß es dich auch schmerzt ihn so zu sehen und dann nicht mal darüber reden zu dürfen, es könnte auch für ihn eine Chance sein sich langsam damit vertraut zu machen und gemeinsam mit dir daraufhin zu arbeiten eure Situation zu akzeptieren. Später muss er es allein durchstehen.
Wo bekommst du Hilfe in deiner Verzweiflung ? Machst du eine Therapie oder bist du in einer Selbsthilfegruppe ?
Und wie ist es mit ihm ? Wäre er bereit sich therapeutisch helfen zu lassen ?
Denn je leichter deine Lebenssituation ist, desto höher kann dein Immunsystem fahren und es gibt manchmal auch Wunder in diesem Leben.

12.06.2019 15:35 • x 3 #33


Verloren1974
Zitat:
Therapien abzulehnen - das bedeutet nicht, abgeschlossen zu haben. Therapien abzulehnen, kann bedeuten. zu mehr Lebensqualität beizutragen, die dann zwar nur kurzfristig gegeben sein kann, aber viel wichtiger sein kann, als sich über längere Zeiträume unter Therapien mies zu fühlen.


WUNDERBAR gesagt und so wahr!

12.06.2019 15:39 • x 1 #34


K
Hallo simply, trotz deiner Diagnose würde ich dich gerne weiterhin nicht als Sterbende, sondern als bis zur letzten Minute Quicklebendige betrachten und dir dieselben Fragen stellen oder Antworten geben, wenn ich nichts davon wüsste was Dir womöglich bevorsteht. Zu deinem schlechten Gewissen fällt mir folgendes ein, nämlich dass Schuldgefühle meistens bei mir entstehen, wenn ich was übersehen habe oder ignoriere. Was könnte das denn bei dir sein? Sobald du das herausgefunden hast wird das schlechte Gewissen verschwunden sein. Dieses Gefühl kann auch ein sehr guter Wegweiser sein mit dir selbst ins Reine zu kommen.

12.06.2019 15:40 • x 2 #35


R
Das ist wirklich existenziell bedrohlich, deinen Mann, um ehrlich zu sein, für mich ist sein Verhalten verständlich, vielleicht möchte er dich mit seiner Angst nicht zusätzlich belasten,
sind denn wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft? Onkologische Therapien sind heute sehr vielversprechend, natürlich sind deine Wünsche zu respektieren, vor allem Versuch dich nicht mit nebenbaustellen in ideensümpfe zu ziehen, schau auf dich, auf euch, was dir gut tut, alles was geht, nimm mit, vergiss Pflichten, tägliches einerlei, wenn ihr könnt, jede Therapie, zumindest informativ verinnerlichen, ansonsten lebe, sch.... auf Finanzen ,Konventionen , einen anderen Kontinent sehen, ein unglaublich mondänes Styling, 2 nächte first class, alles alles gute dir verlier die Zuversicht nicht, nicht immer tritt das ein, was man befürchtet, es kann sich auch zum besseren wenden

12.06.2019 15:46 • x 1 #36


E
@SimplyRed

Krebs bedeutet nicht gleich immer unheilbar Krank.

Ich habe Generalisierte Epilepsie mit Bewusstseinsverlust, hatte ich schon 3 mal eigentlich ist diese Krankheit unheilbar aber ich denke das so..

Wenn du die Krankheit nicht mehr als Fluch sondern eher als sozusagen Segen betrachtest, also es nicht so schlecht siehst Und so lebst als hättest du die Krankheit nicht, wirst du das Leben wieder mehr genießen können.

Es gibt viele Menschen die trotz Krebs Krankheit nie aufgegeben haben und es sogar geheilt bekommen haben.

Und das sogar mit einer anderen Einstellung zu diesem Thema.

12.06.2019 15:46 • x 3 #37


B
Leuchtende Tage -sei nicht traurig, dass sie gewesen, sei dankbar, dass sie waren

So wird dein Mann denken, wenn du über die Brücke gegangen bist.

Woher ich das weiß? Weil mein Papa nach 59 Ehejahren und 4 Beziehungsjahren meine Mama und uns verließ und sie und wir all das durchmachen , was dein Mann noch durchzustehen hat. Ja, er wird wütend sein, ja, er wird traurig sein. Ich erlebe und durchlebe das jeden Tag mit meiner Mama und mit meinen Geschwistern.

Aber was bleiben wird, ist die Liebe, die ihr hattet. Die bleibt. Für den Rest seines Lebens. Und die Erkenntnis, dass es gut ist, so wie es dann ist. Es ist ein beschwerlicher Weg für die Hinterbliebenen zu dieser Einsicht zu kommen. Aber auch dein Mann wird den Punkt finden, wo er nur noch dankbar für deine Liebe, Fürsorge und dein Sein sein wird.

Ich, liebe Simply, habe Herzschmerzen, wenn ich deine Gedanken lese, hatte mein Papa doch die gleichen. Ich weiß das, hab ich ihn doch ein Jahr gepflegt und unzählige Gespräche mit ihm darüber geführt. Ich verstehe dich SO gut. Und auch mit meiner Mama hatte und habe ich täglich diese Gespräche. Täglich, seit 7 Monaten und 8 Tagen, 12 Stunden und 10 Minuten.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute und ich schließe dich in mein Nachtgebet ein.

Liebe Grüße von Doris.

12.06.2019 16:04 • x 3 #38


K
@ SimplyRed

du bringst es auf den Punkt - das geht mir sehr nahe...und das ist gut so.

Was geschehen ist, sind nun mal Tatsachen, mit denen es sich zu arrangieren gilt - das ist quasi ein MUSS, um sich selbst irgendwie über Wasser zu halten - so lange und so gut es eben geht. Und das betrifft auch die Angehörigen...die müssen für sich einen Weg zu finden versuchen. Und das auszuhalten - von dir aus - das kommt ja noch oben auf?

Zitat:

Zitat:
Mein Mann verweigert jedes Gespräch um das Thema und wenn, dann zeigt er sehr deutlich, dass er nicht darüber sprechen will - er sagt einfach, ich hätte nicht das Recht zu sterben und wenn ich mir nur genug Mühe gäbe, dann käme es auch niemals dazu!


Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache....und dass dein Mann so reagiert, ist vollkommen normal. Loslassen wollen, loslassen müssen, loslassen können....und das bezieht sich auf beide Seiten - irgendwann. Nicht darüber reden wollen - bei denen, die zurück bleiben werden....auch das sehe ich als normal an.
Ob da Gespräche mit entsprechenden Instanzen hilfreich sein können, kann im Vorfeld nicht gesagt werden. Hospiz-Dienste, caritative Einrichtungen, kirchliche Einrichtungen, konfessionslose Einrichtungen halten das vor...
...und ich weiß aus dem Bekanntenkreis, dass ein Mann mit seinem behinderten Sohn - 45 ist der etwa - den Hospiz in Anspruch nahm, weil BEIDE mit der Situation nicht umgehen konnten, dass die Frau und Mama in Kürze sterben wird. Der EM hat seine Frau mit allem versorgt, was ihm möglich war. ER wusste, dass es für seine Frau keine Rettung mehr gibt. Die Frau wusste das auch, was bis zuletzt bei vollen Bewusstsein. Die Frau hat losgelassen, wusste, dass ihr Mann und ihr Sohn durch soziale Dienste betreut werden. DESHALB konnte die Frau ihren Mann, ihren Sohn, ihre Familie loslassen....und Mann und Sohn MUSSTEN loslassen lernen und haben es, durch den Hospiz unterstützt, durch betreuende Ärzte unterstützt, erlernt.

@KBR

zu viel nachzudenken, ob Frau/Mann etwas sagt oder macht, ist nicht gut.... gar nicht zu denken, auch nicht. Zu MACHEN...denn was soll falsch daran sein, etwas zu sagen, bzw. zu machen, was
einem wichtig vorkommt? Denn - es kann irgendwann zu spät sein. Sich dann Vorwürfe zu machen - es bringt nichts.

Es nutzt dann kein hätte, könnte, würde, wäre nix - auch nicht, wenn du informiert gewesen wärest. Du kannst nicht wissen, ob und wie du reagiert hättest, weil es sein kann, dass bestimmte Lebenssituationen eben KEIN rationales Handeln mehr zulassen.

Meine Tante verstarb 2012 - keine Angehörigen da. Ich wurde angerufen, als es zu Ende ging. Was mache ich denn jetzt? Was sage ich ihr? DA sein...in den letzten Stunden und Minuten, sie zu berühren, zu beobachten, die Laborwerte gesagt bekommen, und zu WISSEN - die letzten Minuten sind angebrochen. Nein...es gab nichts mehr zu sagen. Es gab nichts mehr zu tun - es gab NUR das DA sein, das bei ihr sein....obwohl ich ihr noch so viel zu sagen gehabt hätte. Sie war mein Vorbild, weil sie mit ihrer Krebserkrankung noch fast 55 Jahre gelebt hat. Sie konnte nicht loslassen, lag nach einer OP im Koma. Ich musste loslassen...und ihr Tod war eine Erlösung für sie - wegen multiplen Organversagen....nicht wegen dem Krebs.

@SimplyRed

du hast ein Thema eröffnet, was in seiner Komplexität sehr weitreichend ist. Ängste gehen damit einher, Panik geht damit einher, Sorgen und Nöte auch. Du hast beide Seiten angerissen - von dir als Betroffene einer heftigen Erkrankung....und von der Seite der Angehörigen - stellvertretend dein Mann.
Akzeptanz und Respekt einander entgegenzubringen....das ist die Crux. Und wie soll da ein Weg gefunden werden, einen gemeinsamen Weg zu finden? Die Endgültigkeit von Entscheidungen steht nun mal im Raum. Ob sich da Annäherung ergeben könnte, die das ENDGÜLTIGE nicht so krass werden lässt, obwohl das Endgültige aus deiner Sicht unumgänglich ist....dein Mann wird sich arrangieren müssen.

Dass Tod Verlustängste mit sich bringt, ist vollkommen normal. Einen geliebten Mensch zu verlieren, bringt Ängste mit sich...auf die eigene Zukunft bezogen. Was mache ich jetzt, wenn sie/er nicht mehr da ist? Dass der EM das nicht wahrhaben will....ist auch normales Verhalten. Dass sich der EM mit sich auseinandersetzt - die Reaktionen, die die TE beschreibt, zeigen das auf. Dass sich die TE damit AUCH auseinandersetzt - mit den Problemen, die ihr Mann hat, ist auch normal. Damit überein zu kommen, dass das jeweilige Verhalten normal ist.

In solchen Situation zu schonen - die Fakten zeigen auf, dass Schonung die Kluft vergrößert. Offener und ehrlicher Umgang mit den Tatsachen - von der TE gegeben. Der EM kommt damit nicht klar....verständlich, aber das, was auf ihn zukommen wird, ist nicht abwendbar.

Es bleibt zu hoffen, dass sich viele Menschen des Umgangs mit den nahestehenden Menschen bewusster wird, dass Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang mit sich selbst noch mehr Einzug hält.
@SimplyRed hat in eindrucksvoller Weise ihre Sachlage dargestellt....und die ihres Mannes angeführt. Es ist zu erkennen, zu welchen Problemen es kommen kann...und daher ist es gut, dass in DER Klarheit zu lesen. Danke für deine Offenheit ...@SimplyRed.

Mal ehrlich - dieses Thema relativiert sehr viele geschilderte Probleme im Forum. Nein... ich will keines klein reden. Aber... dieses Thema zeigt Endgültigkeiten auf, die sich von anderen Themen gravierend unterscheiden. Die Sensibilität des Themas ist gegeben....und wird hoffentlich erhalten bleiben, um ggf. irgendwann nicht mehr als Tabu angesehen werden.

12.06.2019 16:06 • x 2 #39


G
@SimplyRed

Liebe SimplyRed
auch ich war in dieser Situation, habe sie mittlerweile überlebt und wohl wieder gesund.
Ich verstehe Dich sehr sehr gut. Waren auch meine Gedanken, mein Stress.
Was hat mir geholfen:
1.
Gehe davon aus, dass du wieder gesund wirst. Egal, was die Ärzte sagen. Diese Sicherheit in deinem Innersten aufnehmen und sie dementsprechend artikulieren. Siehe dir immer wieder Bilder von gesunden Brüsten an (wenn du daran erkrankt bist) und zeige Deinem Gehirn somit, was es zu tun hat. Das ist kein Witz. Vor allem hast Du dann nebenbei noch das Gefühl, Einfluss zu nehmen. Denn das hast du auf jeden Fall.
2.
Für die Kinder ein Tagebuch schreiben. Gemeinsame Erlebnisse darin festhalten und dabei erzählen, wie schön es war, welche Gedanken aufkamen und was so alles bei diesen Erlebnissen passierte.
3.
Egal wie schlecht es mir ging....sie immer angelächelt, wenn sie ins Zimmer oder ins Krankenhaus kamen
4.
Den Alltag so gut wie möglich weiterleben. Für sie kochen, backen, Schulhefte einkaufen usw. Wenn es gar nicht ging, habe ich auch schon mal den Pizza-Service bestellt.
4.
Deinem Mann und Kindern zuhören, ihn erzählen lassen von seiner ARbeit von sonstigen alltäglichen Geschichten. Das lenkt dich ab, lässt dich teilhaben und er weiß, dass du dich für ihn interessierst.
5.
dich ab und an an einen ruhigen Ort legen und nur auf dich hören. Hör in dich rein, hör dir an, was dein Körper zu sagen hat. Suche auch Gespräche mit Menschen, die dir gut tun. Menschen, die dir nicht guttun, halte fern (keine zeit etc). Höre Musik, die dich berührt. Iss so viel, wie du kannst! und was dir schmeckt!

Und manchmal hilft es auch, wenn man einfach drauf los heult.

12.06.2019 16:10 • x 5 #40


H
Hallo Simply.

Ich habe das bei meinen Eltern erlebt.
Meine Mutter hatte Eierstockkrebs, galt nach einer Chemo zunächst über 5 Jahre als geheilt, bis der Krebs zurück kam...und dann ging es schnell, so schnell.
Sie hat daran gearbeitet, nach der 1. Diagnose.
Wir Kinder, wir haben Bücher bekommen, Fotoalben versehen mit Erinnerungen, Zitaten. Aufnahmen ihrer Stimme, wenn sie uns unsere Lieblingsgeschichte aus der Kindheit vorliest.
Briefe für etwaige Enkelkinder, die sie nicht mehr kennenlernen konnte.
Sie hat ihre Beerdigung geplant.
Eine Chemo hatte sie noch gemacht, um Zeit rauszuholen, die hatte sie auch ganz gut verkraftet.
Wir haben eine Bucketliste angelegt, mit Heißluftballonfahrt und einem Trip nach Paris.
Danach entschied sie, die Behandlungen samt und sonders bleiben zu lassen, es war nur schwer zu ertragen, auch ihre Entscheidung, zu Hause zu bleiben.
Ich fühlte mich hilflos und wütend, dass sie uns dieser Situation aussetzt. Heute, mit dem nötigen Abstand, sehe ich das anders.

Es gibt keine Möglichkeit, der Familie den Schmerz zu nehmen. Es wird ein Trauma und es wird weh tun und auch dein Mann wird Wege finden und suchen, sich damit auseinanderzusetzen.
Möglicherweise braucht es noch Zeit. Wie lange ist deine Diagnose her?

Unsere Zeit ist endlich und keiner weiß, wie viel noch bleibt. Wir leben blind in der Illusion von Unvergänglichkeit. Das Damoklesschwert wird erst als ungerecht und schicksalhaft wahrgenommen, wenn es in Form einer Krankheit sichtbar wird.
Dabei ist es im Grunde doch ein Signal: das Sichtbarwerden einer Uhr, die für jeden von uns läuft.
Dieses Signal gab meiner Mutter wichtige Zeit der Auseinandersetzung und der Vorbereitung, die sie sonst möglicherweise in eben jener Illusion ungenutzt gelassen hätte.

Es liest sich irgendwie, als wären es nur noch Wochen für dich?
Ist dein Krebs bereits metastasiert?

12.06.2019 16:15 • x 7 #41


N
Zitat von SimplyRed:
Mein Mann verweigert jedes Gespräch um das Thema und wenn, dann zeigt er sehr deutlich, dass er nicht darüber sprechen will - er sagt einfach, ich hätte nicht das Recht zu sterben und wenn ich mir nur genug Mühe gäbe, dann käme es auch niemals dazu!

Da steckt mächtig die Liebe zu dir dahinter, und ein auf und ab von Trauer und Ratlosigkeit.

12.06.2019 16:37 • x 3 #42


B
Als Jemand,der recht früh die schwere Erkrankung und den Tod der Mutter miterlebt hat, kann ich dir sagen,dass Rücksichtnahme von deiner Seite auf Seiten deiner Familie für weitere Fragen und der daraus resultierenden Hilflosigkeit sorgen kann. Ich hätte mir gewünscht, dass meine Mutter mir gesagt hätte,was sie sich wünscht und braucht. So habe ich versucht,das Richtige zu tun und habe versucht, so still und leise wie möglich zu sein.Ich habe meine Angst in mich reingefressen,mein Vater hat seine Angst in sich reingefressen.
Gib deinen Kindern die Möglichkeit, etwas für dich zu tun.Sie werden es eh versuchen und das kann für ganz große Verzweiflung sorgen,weil man nicht weiß,was man tun kann.
Ich wünsche euch als Familie ganz viel Zeit und Gemeinsamkeit.

12.06.2019 16:49 • x 3 #43


E
Meine Güte, so viele liebe Antworten, ich weiß gar nicht was ich sagen soll....danke!

Zitat von Zugaste:
Dein Mann hat Verlustängste. Die hatte er vielleicht schon vor eurer Beziehung, oder


Ja, die hatte er schon lange vor unserer Beziehung, was ihn zu der Überzeugung brachte, das gesamte Konzept Emotionalität für nicht erstrebenswert zu erachten - weder eine Partnerschaft, noch Liebe, Familie, Kinder - nicht einmal S. weil letztere für ihn trotz allem untrennbar mit Emotionen verwoben war - er hat all das nie zugelassen vor unserer Zeit!

Zitat von Zugaste:
Daran zu arbeiten, mit den alten Verlusten umzugehen und mit dem bevorstehenden Verlust ist seine Aufgabe und seine Verantwortung.


Natürlich hast Du vollkommen Recht - rein sachlich gesehen - auf der emotionalen Ebene ist das allerdings für mich nicht zu vertreten, dass es allein seine Sache sein soll - das erscheint mir nicht fair zu sein ihm gegenüber.

Zitat von Zugaste:
Darf ich fragen, wie alt eure Kinder sind?


Unsere älteste Tochter ist 16 Jahre alt und das jüngste Würmchen ist gerade einmal ein Jahr alt, als ich schwanger war, wurde mir bereits gesagt, dass in meiner Brust ein Tumor ist.

Zitat von Benita:
Wo bekommst du Hilfe in deiner Verzweiflung ? Machst du eine Therapie oder bist du in einer Selbsthilfegruppe ?


Hm, ich spreche mit guten Freunden darüber und lese viel über das Thema! Ich finde für mich noch keinen Sinn in einer Therapie für mich selbst, ich glaube, dass ich daran erst denke, wenn ich absolut nicht mehr weiter weiß...

Zitat von Benita:
Und wie ist es mit ihm ? Wäre er bereit sich therapeutisch helfen zu lassen ?


Zu 100% nein, niemals!

Zitat von Karina14:
Hallo simply, trotz deiner Diagnose würde ich dich gerne weiterhin nicht als Sterbende, sondern als bis zur letzten Minute Quicklebendige betrachten


Also, ich hoffe nicht, dass ich hier als sterbende wahrgenommen werde, denn noch ist es nicht so weit - glaube ich zumindest und ich fühle mich auch nicht so, als ob das Ende schon in Sicht wäre...Gott sei Dank!

Zitat von Rübli:
sind denn wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft? Onkologische Therapien sind heute sehr vielversprechend


Das kann ich Dir gar nicht beantworten, einfach weil ich es selbst gar nicht weiß - ich habe kein staging machen lassen, daher weiß ich auch nicht, ob sich bereits Metastasen irgendwo befinden, oder noch weitere Primärtumoren in meinem Körper sind....Dieses wissen wäre für mich auch gar nicht hilfreich, weil sich dadurch nichts an meiner Herangehensweise ändern würde und ich wohl eher noch weiter belastet werden würde, wüsste ich Bescheid über das gesamte Ausmass - sollte es denn so sein, dass da mehr ist, als bis jetzt angenommen....

Zitat von Bewusstsein:
Krebs bedeutet nicht gleich immer unheilbar Krank.


Das ist mir vollkommen klar und ich sehe das auch gar nicht so!

Zitat von Bewusstsein:
Wenn du die Krankheit nicht mehr als Fluch sondern eher als sozusagen Segen betrachtest, also es nicht so schlecht siehst Und so lebst als hättest du die Krankheit nicht, wirst du das Leben wieder mehr genießen können.


Ich empfinde die Krankheit nicht als Fluch, auch nicht als Segen - ich nehme sie erstmal nur an, ganz neutral. Ich kann das Leben auch durchaus genießen, dennoch habe ich eben auch große Schwierigkeiten, diese beschränken sich bislang aber eben stark auf meine Familie und das Leid, welches sie derzeit dadurch erleben.

Simply

12.06.2019 17:06 • x 2 #44


B
Es gibt übrigens mittlerweile ganz tolle Projekte für Kinder und Jugendliche, deren Eltern an Krebs erkrankt sind.Dort können sie sich altersentsprechend austauschen und werden begleitet. Können über ihre Ängste und Sorgen sprechen, mit denen sie die Eltern nicht belasten wollen. Könnte ich dir raussuchen, wenn du möchtest. Zu meiner Zeit gab es sowas leider nicht oder es hat niemand daran gedacht, danach zu schauen,aber wie ich als Erwachsene davon hörte,hatte ich das starke Gefühl, dass es mir geholfen hätte.Mehr als still und unauffällig bleiben und alles mit mir selbst auszumachen

12.06.2019 17:13 • x 2 #45


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