Liebe @blaublond ,
ich lese hier schon eine Weile mit und es gibt so viel zu diesem Thema zu sagen…
Zu allererst das: Wie viel Zeit du brauchst, um über deine Affäre hinwegzukommen, bestimmst du. Aussagen anderer Forenmitglieder, die Länge deines Trauerns wäre pathologisch, sind doch wenig hilfreich und führen nur dazu, dass man sich noch schlechter fühlt, weil man die Dinge nicht in der adäquaten Zeit verarbeitet. Also bitte… Dann lieber nichts schreiben.
Dann weiter: Es ist gut, dass du dir Hilfe gesucht hast und dass du hier schreibst. Was ich bedenklich finde, ist, dass du sagst, deine Therapeutin weiß auch nicht weiter. Ohne dir das zuschreiben zu wollen, würde ich mal folgenden Verdacht äußern (und nein, ich bin keine Psychologin). Aber aus eigener schmerzvoller Aufarbeitung der Vergangenheit habe ich am Ende bei mir festgestellt, dass meine Affäre und die anschließende lange Trauerphase viel mit MEINER Bindungsangst zu tun hatte. Du hast geschrieben, dass du eine schwere Kindheit mit viel Verlust erlebt hast. Das ist schlimm und es tut mir leid für dich. Vor diesem Hintergrund ist es schwer, sich auf enge Bindungen einzulassen. Freundschaften scheinst du auch zu vermeiden. Und du verliebst dich in einen Mann, der gebunden ist. Von dem du also weißt, dass er nicht für dich verfügbar ist. Von dem du dir aber erhoffst, dass er deine Leerstellen füllt. Diese Affäre ist aus einem Mangel auf deiner Seite entstanden. Du hast gehofft, dass er dich endlich glücklich macht und dir das gibt, was du dir wünschst. Du schreibst ihm eine Erlöserrolle zu, die er nie hätte erfüllen könnte, selbst wenn er es gewollt hätte. Und mit diesem Denken hältst DU DICH SELBST von Anfang bis Ende in der Opferrolle fest, du blockierst dich selbst. In jeder Hinsicht. Du selbst hältst dich mit deiner Trauer davon ab, weiterzugehen, dich weiterzuentwickeln, zu dir selbst zu finden und das Leben zu leben, was du dir wünschst, und glückliche Beziehungen aufzubauen.
Er ist völlig egal. Es geht hier nur um dich. Es geht darum, dass du deine Baustellen wirklich löst. Sieh ihn als Motor und Initialzündung (was für eine Ironie…) für deinen Wachstumsprozess. Kümmere dich um dich, baue echte, tiefe Beziehungen zu anderen Menschen auf. Zeige dich und lerne, dass du ein liebenswerter, einzigartiger Mensch bist, und dass sich andere glücklich schätzen dürfen, dich in ihrem Leben zu haben. Sei authentisch, sei stark, sei mutig und sei laut! Und dieser Prozess dauert… Und er ist anstrengend und es gibt Rückschläge, aber er lohnt sich. Bei mir dauert er seit 3 Jahren an und ich bin noch nicht durch. Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich mich, meinen Ex-AM und die Affäre heute mit ganz anderen Augen sehe. Das alles hatte seine Berechtigung und es hat mich dazu geführt, mich wirklich einmal komplett neu aufzustellen. Aus der Opferrolle herauszukommen, in die Eigenverantwortung zu gehen und mein Leben in die Hand zu nehmen.
Sei froh, dass er sich nicht bei dir entschuldigt. Es würde nichts bringen, außer dass du weiter drinhängst in der Geschichte und ihn dann wieder idealisieren würdest, dass er ja doch kein A-loch ist. Und dann würdest du weiter trauern, dass du ihn nicht haben kannst und hältst dich weiter davon ab, vorwärtszugehen. Er ist ein A-Loch. Aber so richtig! Und das ist gut so. Denn nur so lernst du, dass du dich nicht mehr so behandeln lässt.
Und auch auf die Gefahr hin, hier schamlos zu verallgemeinern: Männer sind in Sachen Empathie nicht gut ausgerüstet, ganz und gar nicht. Männer erobern und beuten aus. Unsere Welt ist nicht umsonst so, wie sie ist. Im Großen und im Kleinen. Und Männer brauchen Frauen, die Grenzen setzen, die sich nicht ausnutzen lassen. Und die ihnen keine Möglichkeit bieten, sich so verachtend zu verhalten. Das ist deine Eigenverantwortung (wie auch meine). Du hast dich auf die Affäre eingelassen, du hast ihm die Möglichkeit gegeben, dich so zu behandeln. Das ist der Kardinalfehler. Wenn du ihm bei seinem ersten Annäherungsversuch die kalte Schulter gezeigt hättest und dich nicht so bedürftig (entschuldige, ich meine das nicht böse, bei mir war es genauso) in die Affäre begeben hättest, wäre er wahrscheinlich ganz kleinlaut wieder in seine Beziehung gekrochen.
Und im Nachhinein denke ich, dass jede/jeder so eine A-Loch Erfahrung in seinem/ihrem Leben machen muss. Um in sich hineinzuwachsen, sich selbst wahrzunehmen und Grenzen setzen zu können. Du bestimmst, wie du dich von anderen behandeln lässt. Ob du dir Menschen suchst, mit denen du dich klein und wertlos fühlst, weil du denkst, du verdienst nichts Besseres. Oder Menschen, die dich stark machen und dir Kraft geben und die für dich da sind, weil du genau das verdienst!
Du bist kein kleines Mädchen mehr, das wehrlos ist gegen das, was ihm angetan wird oder ihm nicht gegeben wird. Du bist eine erwachsene Frau. Du kannst entscheiden, die Vergangenheit radikal loszulassen, damit du im Hier und Jetzt ankommst. Du kannst dir alles selbst geben, was du brauchst. Deine Selbstliebe und dein Selbstwert sind nicht abhängig von irgendeinem feigen und egozentrischen Männelchen, das zu Hause wahrscheinlich nichts zu melden hat. Finde bitte die stolze und freie Amazone in dir, die so etwas nie wieder nötig hat . Du gestaltest dein Leben.
Und an alle einwandfreien EFs in diesem Thread: Ihr könnt euch gern dazu aufschwingen, den AFs der Welt alle Schuld zuzuschreiben, wenn es euch dabei hilft, euch besser zu fühlen. Für eure Beziehungen tragt ihr gemeinsam mit euren Männern die Verantwortung, niemand anderes. Das ist ein Fakt. Eure Männer haben sich nach außen orientiert und sich dort ganz aktiv darum bemüht, zu bekommen, was sie wollen. Das solltet ihr nicht ausblenden. Ich würde behaupten, es sind mehrheitlich nicht die AFs, von denen die Initiative zur Eroberung ausgeht. Auch das liegt in der Natur der Sache. Also ganz ehrlich, wascht euren Männern die Köpfe und nehmt die in die Verantwortung für ihr Verhalten. Denen klar zu machen, dass sie nicht nur euch verletzt haben, sondern auch noch einen anderen Menschen, weil sie ihre Probleme nicht kommunikativ lösen konnten, wäre ein erster Schritt. Und auch wesentlich empathischer und zielführender für die Diskussion insgesamt.
25.03.2023 18:02 •
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