Ich finde es schwierig, sich jetzt hier gegenseitig angesichts trauriger Geschichten beweisen zu wollen, wer mehr oder weniger beurteilen kann, was eine schwere Krebserkrankung mit Angehörigen oder Partnern macht. Ich denke, jeder hat eine solche Geschichte im näheren oder im entfernteren Umfeld. Natürlich ist es umso tragischer, wenn so eine Erkrankung nicht zum Ende eines erfüllten Lebens sondern mittendrin auftritt.
Ich kann jede Frau und jeden Mann verstehen, der aus der Begleitung so kranker oder auch sterbender Menschen mal ausbrechen muss. Mir geht es jedenfalls so. Ich selber möchte manchmal nichts mehr hören davon und versuche dennoch mein Bestes. Mehr als mein Bestes kann niemand von mir verlangen und auch vom TE kann niemand mehr als sein Bestes verlangen. Wenn das für Dich @Butterblume63 bedeutet, Dich vollkommen zurück zu nehmen, dann ist das eben so. Für andere ist es so, dass sie eben auch noch etwas anderes brauchen, um in dieser Situation bestehen zu können. Sowohl währenddessen als auch danach.
Man kann Affären verurteilen und verwerflich finden und sich sagen, dass diese für einen selbst niemals in Betracht kommen würden. Aber man kann keinem Menschen das Verlangen vorwerfen, dass nach einem so harten und auch noch andauernden Weg auch seine Bedürfnisse mal erfüllt werden.
Ich finde es auch absolut anmaßend zu bewerten, ob die Erkrankung seiner Frau für sie selbst oder für ihn schwerer ist. Beide haben auf unterschiedliche Art und Weise damit zu kämpfen und für beide ist es entsprechend auf unterschiedliche Art und Weise schwer.
Eine Lösung für sein Dilemma weiß ich nicht und selbst, wenn ich sie wüsste, würde ich sie in diesem Fall nicht raten wollen. Ich denke der Weg führt über reden, reden, reden und vielleicht stellt dann das Ehepaar fest, dass es verbunden ist durch früheres Glück, durch die Krankheit, durch ein gemeinsames Kind und eine tiefe Freundschaft, aber eben nicht mehr durch Liebesgefühle, wie sie Paare füreinander haben sollten. Nichts von dem vorstehend Genannten müsste deshalb eine andere Bewertung oder weniger Bedeutung bekommen. Vielleicht stellen sie fest, dass sie sich wiederfinden wollen oder dass für den Einen das Eine oder für die Andere das Andere gilt. Wer weiß das schon? Herausfinden kann man es nur, wenn man bespricht, dass die Paarebene auf der Strecke geblieben ist und dieses ein Problem darstellt.
Verurteilung finde ich vollkommen unangemessen. Bewältigungsstrategien sehen unterschiedlich aus. Der TE ist in den besten Jahren, steht in Saft und Kraft und hat jahrelang alles zurück gestellt bzw. vermutlich gar nicht gefühlt. Aber irgendwann fordert halt auch mal die Natur ihr Recht. Nochmal: ich befürworte eine Affäre nicht, aber irgendwie kann ich es verstehen. Auch mir tut die Ehefrau leid, die davon hoffentlich nicht erfährt.
Gerade jetzt würde ich selber auch gern den Kopf in den Sand stecken, statt meinen besten Freund beim Sterben seiner Mutter zu begleiten und zeitgleich meiner eigenen gegenüber ein schlechtes Gewissen zu haben. Und das ist verglichen mit dem, was der TE oder alle, die Verwandte verlieren, ertragen müssen, akut nur eine vergleichsweise kleine Bürde. Ich weiß nämlich tatsächlich überhaupt nicht mehr, was ich noch dazu sagen soll, das nicht schon x-mal gesagt ist.
@te
Ich glaube, Du schätzt es schon ganz richtig ein, dass vieles in der Beziehung zu Deiner Affäre von der Verliebtheit getrieben ist und dass auch diese irgendwann in etwas Anderes (in vielleicht gar nichts oder aber in Liebe) übergehen wird.
Wenn ich mit einer anderen Frau in Konkurrenz war, habe ich öfter mal den Kürzeren gezogen mit der Begründung, ich wäre die Stärkere von beiden bzw. könne besser ohne den jew. Mann zurecht kommen. Ich fand das immer sehr gemein und weiß auch nicht, ob es die Wahrheit war. Ich dachte immer, wie kann es sein, dass der Eindruck von Stärke und Unabhängigkeit dazu führt, zurück gelassen zu werden? Zumal ich mich schwach und klein fühlte.
Wir wissen ja gar nicht viel über die beiden Frauen, aber ich denke, falls das Thema Unabhängigkeitsvermögen ein Aspekt bei einer Entscheidung für die Zukunft sein sollte, ist auch ziemlich klar, an wen dieser Punkt geht. Ob das ausschlaggebend für eine Entscheidung ist, weiß ich nicht, aber es ist zumindest ein Kriterium, denke ich. Hast Du versucht, die Für und Widers mal aufzuschreiben, statt sie sich im Kopf drehen zu lassen? Vielleicht bekommst Du sie dadurch ein bisschen besser sortiert und gewichtet.
Ich würde auch nicht ausschließen, dass Deine Frau feststellt, auch noch einmal etwas anderes vom Leben zu wollen als Eure kleine Familie. Wer mehrfach sein Leben retten konnte, hat vielleicht mehr Hunger danach oder sieht viel mehr Notwendigkeit zur Verwirklichung der Träume als jemand, der nicht in dieser Situation war. Wie würde es Dir damit gehen, wenn sie nach den schweren Jahren und Deinem Support danke sagt und ihren Weg ab nun alleine gehen wollte?
Redet bitte mit und ohne professioneller Unterstützung.
08.03.2020 14:48 •
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