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An den ersten Peiniger meines Lebens

Nachtlicht
Ich habe mal sinngemäß gelesen - ich weiß leider nicht mehr wo - dass sich alte Selbstbilder, bzw. Glaubenssätze über einen selbst, nicht wirklich ablegen lassen.

Die These dazu war, dass man nur lernen könne, neue, positivere Selbstbilder/Glaubenssätze aufzubauen als Gegengewicht gegen die alten, die man dann zum Teil bewusst abrufen kann. Aber dass eben eine richtige Umprogrammierung, bei der man negative Muster komplett loswird zugunsten positiver Muster, kaum möglich sein soll.

Mir hat das geholfen, dieses Gefühl von Unzulänglichkeit loszuwerden, das daraus entstand dass ich es nie wirklich geschafft habe, meine inneren alten Überzeugungen loszuwerden. Auch wenn mir die neu erworbenen, von viel mehr Selbstliebe geprägten Bilder deutlich realistischer erscheinen als die alten negativen Überzeugungen, haben letztere immer noch sehr viel Macht, vor allem in schwierigeren Momenten oder Zeiten.

Aber ich finde das viel leichter, mit diesen nebeneinander existierenden Doppelbildern von mir selbst zu leben, als ständig bei dem Versuch zu scheitern die alte Prägung komplett abzustreifen. Wie soll das auch gehen, frühestes inneres Erleben und daraus entstandene Überzeugungen über seinen Platz in der Welt einfach auszutauschen als wären das Datensticks?

27.10.2021 23:21 • x 2 #271


K
Ich würde gerne etwas zum Thema ererbte Erinnerung und Konditionierung sagen.

Das erste ist eine sehr wackelige These. Die Vermutung entstand, weil Nachkommen von Holocaust Überlebenden bisweilen mit Traumbildern und Flashbacks konfrontiert waren, die sie als anders als andere Träume wahrnahmen. Dazu wird besonders in Israel schon länger intensiv geforscht. Der aktuelle Stand dazu ist, dass in aussergewöhnlichen und lebensbedrohlichen Situationen der Körper verstänliicherweise mit Stresshormonen überflutet wird. Eine längere Aussetzung in dieser Form körperliche Veränderungen bewirken KANN und auch den Foetus einer schwangeren Frau in einer solchen Situation erreicht.

Dass sich Erinnerungen im ungeborenen Kind oder gar den Ei-zellen einbrennen ist bislang völlig unbewiesen. Vielmehr scheinen diese vermeintlichen Traumerinnerungen aus dem oft hochemotionalen Erzähmungen der Eltern/ des Umfelds zu resultieren. Eine erhöhte Rate psychischer Traumata war in israelischen Studienteilnehmern, die nicht direkt Opfer des Holocausts waren, nicht festzustellen.

Das steht im Blickpunkt mit vermeintlichen Rückführungshypnosen. In diesen Rückführungen erlebt kaum ein Proband das ruhige Alltagsleben eines vermeintlich früher gelebten Ichs, sondern in der Hypnose werden fast ausschließlich außergewöhnliche Situationen von exponierten Personen (Admige, Pfarrer, besondere Magd etc) erinnert. Es sind keine Erinnerungen! Es sind Geschichten, die wir gehört, gesehen und mit uns verbunden haben. Uns selbst mögen als Kind Beschreibungen und Bilder vom Krieg, Holocaust etc so aufgewühlt haben, dass dieses aufwühlende Erlebnis fehlgedeutet wird als Erinnerung.

Das ist wichtig. Denn in Bearbeitungssituationen kann sich so ein falscher Nebenschauplatz eröffnen. Anstatt uns der Lösung unseres Problems und einer Neukonditionierung zu widmen, erscheint hier eine plausible Erklärung für unser Denken, Handeln und Fühlen. Das gleichzeitig aber in der Idee der ererbaren Erinnerung als unausweichliches Schicksal gedeutet wird.

Fakt ist: Wir sind nicht das Opfer von Selbstmord- oder Suchtgenen. Die gibt es so nicht. Es cibt möglicherweise bestimmte Alk. oder Substanzaffinitäten falls die Mutter in der Schwangerschaft oder in der Stillzeit konsmierte. In der Familie und im Umfeld wird früh durch Vorbild und mit Regeln das Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst. In Gesellschaften wie Japan z.B., ist der Suizid akzeptierter und gesellschaftlich präsenter als in anderen Ländern, in denen er für den Selbstmörder, besonders aber für die Hinterbliebenen, zum Stigma werden kann. Die frühen Werte prägen uns, nicht Gene oder ein Hokuspokus , mit Hokuspokus meine ich natürlich nicht die Gene

Der selbstverantwortliche Mensch, der neu beginnen kann, der seine Gedanken lenken kann und der sich neu konditionieren kann, den gibt es nachweislich. Es ist ist der steinigere Weg als der der eingeübten Muster. Er lohnt sich aber. Denn jeder Tag in Angst, Trauer oder Streit ist ein Tag, den wir wegwerfen. Wir haben aber nur eine sehr begrenztd Zahl von Tagen in einem zudem sehr wohlhabenden und sicheren Teil dieser Erde. Deshalb nehmt den neuen Tag und nehmt euch vor, heute 5 schöne Dinge bewusst zu erleben. 5 schöne Dinge etwas länger zu betrachten und sich bewusst zu freuen: Ich lebe und darf dieses hier sehen. Heute bewusst anderen Menschen 5 nette Dinge zu sagen. 5 mal bewusst zu lächeln und sich sagen: Ich bin hier. Mein Lächeln gehört zu mir.

Konditionierung ist ein langsamer Prizess. Je bewusster wir negative Gedanken abstellen: Dieser Gedanke/ dieses Brüten nützt mir nichts ich denke lieber an... Desto eher vermeiden wir eine negative Konditionierung, die das Kopfkino z.B. ist. Das Leben ist schön und beginnt jeden Tag neu Versucht heute die 5+5+5+5 Dinge zu tun und freut euch an euch selbst, euren Kindern und der Welt. Das Leben ist in sich selbst so schön

28.10.2021 07:01 • x 3 #272


A


An den ersten Peiniger meines Lebens

x 3


L
Zitat von Karili:
Es sind Geschichten, die wir gehört, gesehen und mit uns verbunden haben

Das kann bei mir nicht ausschließlich der Fall sein, so fiel ich schon mit drei Jahren auf und erlebte Stress und Streitsituationen besonders intensiv und zwar so sehr, dass ich mich biss.
Immer wieder biss ich mich selbst mit zwei, drei Jahren so sehr, dass meine Hand blau war.

Meine Mutter stand übrigens häufig nachts weinend und hochschwanger am Fenster, als mein Vater bei seiner Geliebten war.
Ich muss schon im Bauch etwas an Stresshormonen abbekommen haben.

Meine Geburt war nicht ungefährlich, endete mit einem beinahe Erstickungstod.
Deswegen vermute ich bei mir ganz tief liegende Ursachen, deswegen auch meine Entscheidung zu einer Traumatherapie.

Die Erzählungen kamen erst wesentlich später als ich detailliert nachfragte, da muss ich um die 30 gewesen sein.

Das Thema meines Vaters und meiner Mutter wurden nie thematisiert, eher totgeschwiegen.
Unterhaltung fand generell selten statt.
Zitat von Karili:
Wir sind nicht das Opfer von Slbstmord- oder Suchtgenen. Die gibt es so nicht.

Mein Psychiater sagte, die Wahrscheinlichkeit dass in Familien solche Dinge passieren ist höher, als in gesunden.
Ob das nun ein Gen oder Vererbung oder Emotionen sind die weitergegeben werden ist irrelevant.
Die Häufung ist aber Fakt.

28.10.2021 07:13 • x 2 #273


K
Zitat von LoveForFuture:
Das kann bei mir nicht ausschließlich der Fall sein, so fiel ich schon mit drei Jahren auf und erlebte Stress und Streitsituationen besonders ...

Wie man das letztlich für sich erklärt ist gar nicht so wichtig. Denn, wie geschrieben, die Forschung zu dem Thema ist noch in vollem Gange.

Entscheiyender wäre zu fragen, wozu dir die Erinnerungen und die Geschichte deiner Geburt heute dienen. Es gibt immer einen Benefit wenn wir etwas tun oder uns entschließen. Schwierige Geburten sind häufiger als wir denken. Wozu könnte dir die Erklärung zu deiner Geburt und den frühen Jahren dienen. Da du aber in Therapie bist, werdet ihr da im wahren Leben natürlich nahe dran sein.

28.10.2021 07:30 • #274


Hola15
Zitat von Karili:
Vielmehr scheinen diese vermeintlichen Traumerinnerungen aus dem oft hochemotionalen Erzähmungen der Eltern/ des Umfelds zu resultieren.


Zitat von Karili:
Uns selbst mögen als Kind Beschreibungen und Bilder vom Krieg, Holocaust etc so aufgewühlt haben, dass dieses aufwühlende Erlebnis fehlgedeutet wird als Erinnerung.

Ich möchte nicht behaupten, dass meine Träume mit den Erlebnissen meiner Vorfahren tatsächlich in Zusammenhang stehen. Allerdings will ich anmerken, dass zumindest in meinem Fall das Thema Flucht und Vertreibung nicht thematisiert wurden, ausser der sachlichen Feststellung, dass es so war.

Insgesamt ist eher davon auszugehen, dass die Kriegsgreuel in den allermeisten Familien ein Tabu waren und sind. Die Kriegsgeneration hat viel dafür getan, diese Erinnerungen und auch die Täterschaft aus ihrem Leben und Alltag zu vertreiben. (Abgesehen von den direkten Opfern des Holocaust. Das ist mehr aufgearbeitet worden, meiner Ansicht nach)
Zitat von Karili:
Das ist wichtig. Denn in Bearbeitungssituationen kann sich so ein falscher Nebenschauplatz eröffnen.

Kann ich voll mitgehen.
Zitat von Karili:
Fakt ist: Wir sind nicht das Opfer von Selbstmord- oder Suchtgenen. Die gibt es so nicht. Es cibt möglicherweise bestimmte Alk. oder Substanzaffinitäten falls die Mutter in der Schwangerschaft oder in der Stillzeit konsmierte. In der Familie und im Umfeld wird früh durch Vorbild und mit Regeln das Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst. In Gesellschaften wie Japan

Abgesehen von sozio-kulturellen Prägungen und dem direkten Einfluss durch die Eltern sehe ich eine genetische Komponente nicht als ausgeschlossen. Stichwort: Epigenetik. Das sich Einflüsse auf die Schalter des Erbgutes auswirken ist gut belegt. Natürlich bisher (meines Wissens nach) bei nachweisbaren, zumeist körperlichen Aspekten. Das mit den Träumen erklärt sich dadurch nicht. Das sagte ich ja auch. Aber einen Einfluss auf die Hirnchemie kann es durchaus haben.
Zitat von Karili:
Der selbstverantwortliche Mensch, der neu beginnen kann, der seine Gedanken lenken kann und der sich neu konditionieren kann, den gibt es nachweislich.

Nachweislich ? Das wäre mit neu. Ich bin weder Anhänger der Position, dass wir alle Marionetten unserer Gene sind, noch dass wir komplett selbstbestimmt sind. Für MICH liegt - wie so oft - die Wahrheit dazwischen. Wir bekommen eine genetische Disposition mit, wir sind sozio- kulturellen Einflüssen unterworfen. Das ist kein unausweichliches Schicksal aber mE durchaus ein Rahmen in dem wir uns bewegen können. Wir können lernen und reifen - aber alles mit Grenzen. Ebenso wie wir unsere Intelligenz nur zu einem gewissen Maße beeinflussen können.

Der Streit nature vs nurture ist ja ein alter. Während um die 70er alles auf sozio-kulturelle Prägungen geschoben wurde, waren wir um die Jahrtausendwende alle Opfer unserer Anlage. Mir geht es nur darum dieses selbstbestimmt nicht in Stein gemeißelt hier stehen zu lassen.

28.10.2021 07:41 • x 1 #275


L
Zitat von Karili:
Entscheiyender wäre zu fragen, wozu dir die Erinnerungen und die Geschichte deiner Geburt heute diene

Mit dienen die nicht.
Meine Nachricht ging an dich um verständlich zu machen, dass keine Erzählungen oder gesehene Bilder Anteile an meiner frühkindlichen Traumatisierung haben.

Ob wir da
Zitat von Karili:
werdet ihr da im wahren Leben natürlich nahe dran sein.

Wird sich zeigen, gestern sagte sie noch, sie möchte Retraumatisierungen vermeiden und es sei gut, dass vieles bewusst nicht mehr abrufbar sei.

Aber wie Nachtlicht schon schrieb, ist es nicht einfach Anteile abzustreifen, die mich als Mensch ausmachen, die dazugehören, die mich zu dem machen was ich bin.

Da sagte meine letzte Therapeutin, ich solle mich so lieben wie ich bin.

Man hört unterschiedliche Ansichten.
Ich lege mein Vertrauen in meine aktuelle Therapeutin.
Und bin gespannt, inwiefern Selbstliebe oder ein Zurechtkommen auf diesem Planeten angegangen werden können, denn ich alleine und drei Therapien haben bislang nicht helfen können alte Muster zu durchbrechen.

Da bin ich bei Nachtlicht, denn wenn das so einfach wäre, wären viele Therapeuten arbeitslos.

28.10.2021 07:45 • x 3 #276


K
Zitat von Hola15:
Ich möchte nicht behaupten, dass meine Träume mit den Erlebnissen meiner Vorfahren tatsächlich in Zusammenhang stehen. Allerdings will ich ...

Wie gesagt, die Forschung ist noch in vollem Gang.

28.10.2021 07:49 • #277


Hola15
Zitat von Karili:
Wie gesagt, die Forschung ist noch in vollem Gang.

Ja, das ist sie seit langem und wird auch lange nicht abgeschlossen sein. Darum verstehe ich nicht, wieso du hier von "Fakt" schreibst.

28.10.2021 07:52 • #278


K
Zitat von Hola15:
Ja, das ist sie seit langem und wird auch lange nicht abgeschlossen sein. Darum verstehe ich nicht, wieso du hier von Fakt schreibst.

Ich habe vom aktuellen Stand der Forschungsergebnisse aus Israel geschrieben. Lies das in meinem ersten Beitrag zu dem Thema noch einmal nach

Für mich ist in der Diskussion einfach entscheidend, dass man nicht im schädigenden Gestern verbleibt, dort Erklärungen und Nebenschauplätze aufbaut ohne ins Handeln zu kommen.

28.10.2021 08:01 • x 1 #279


Hola15
Zitat von Karili:
Ich habe vom aktuellen Stand der Forschungsergebnisse aus Israel geschrieben. Lies das in meinem ersten Beitrag zu dem Thema noch einmal nach Für ...

Habe ich. Und es ändert trotzdem nichts daran, dass du von "Fakt" und "nachweislich" geschrieben hast
Wir müssen uns aber jetzt auch nicht an einer Diskussion darüber aufhängen.

Wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir vor allem darum, nicht in einer "hilflosen Opferhaltung" zu verharren, sondern sein Leben in die Hand zu nehmen - da gebe ich dir Recht.

28.10.2021 08:06 • x 1 #280


K
Zitat von Hola15:
Habe ich. Und es ändert trotzdem nichts daran, dass du von Fakt und nachweislich geschrieben hast Wir müssen uns aber jetzt auch nicht an ...

Genau darum geht es
Nachweislich bedeutet, dass es nachgewiesen ist. Das kann in unterschiedlichen Untersuchungen und Studien jeweils anders ausfallen. Fakten ändern sich zuweilen auch Wie gesagt, die Forschung ist im Gang und ich habe mal einige aktuelle Ergebnisse ubd Forschungsstände aus Israel wiedergegeben.

Aber konzentrieren wir uns wieder auf's Thema

28.10.2021 08:13 • #281


Scheol
Zitat von LoveForFuture:
Das kann bei mir nicht ausschließlich der Fall sein, so fiel ich schon mit drei Jahren auf und erlebte Stress und Streitsituationen besonders intensiv und zwar so sehr, dass ich mich biss. Immer wieder biss ich mich selbst mit zwei, drei Jahren so sehr, dass meine Hand blau war. Meine Mutter stand übrigens häufig ...

Wegen der Geburt.. Professor Franz Ruppert hat interessante Aufstellungen gemacht . Bei YouTube die Videos sind interessant.

das beißen in der Kindheit , ich habe eine Vermutung, man spricht das man nach einem Trauma mit sich selbst nach INNEN nicht mehr verbunden ist . Um sich zu spüren machen Menschen deshalb Dinge. Ich vermute das dieses beißen somit eine Reaktion sein könnte , was unter Traumafolgestörung fallen könnte.

28.10.2021 12:49 • x 2 #282


Scheol
Zitat von Karili:
...Fakt ist: Wir sind nicht das Opfer von Selbstmord- oder Suchtgenen. Die gibt es so nicht. Es cibt möglicherweise bestimmte Alk. oder Substanzaffinitäten falls die Mutter in der Schwangerschaft oder in der Stillzeit konsmierte. In der Familie und im Umfeld wird früh durch Vorbild und mit Regeln das Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst. In Gesellschaften wie Japan z.B., ist der Suizid akzeptierter und gesellschaftlich präsenter als in anderen Ländern, in denen er für den Selbstmörder, besonders aber für die Hinterbliebenen, zum Stigma werden kann. Die frühen Werte prägen uns, nicht Gene oder ein Hokuspokus , mit Hokuspokus meine ich natürlich nicht die Gene

Lt.
Franz Ruppert
Verena König
Damir Sharif

sind Süchte Traumafolgestörungen , und sind sozusagen , selbst Medikationen.

28.10.2021 12:53 • x 1 #283


Scheol
Zitat von Karili:
Ich würde gerne etwas zum Thema ererbte Erinnerung und Konditionierung sagen. Das erste ist eine sehr wackelige These. Die Vermutung entstand, weil Nachkommen von Holocaust Überlebenden bisweilen mit Traumbildern und Flashbacks konfrontiert waren, die sie als anders als andere Träume wahrnahmen. Dazu wird besonders ...

Ich habe mal zu dem Thema Trauma ein neues Thema aufgemacht , da dies anscheinend doch einige interessiert.

trauma-traumauebertragung-traumafolgestoerung-t65798.html#p2702781

28.10.2021 13:37 • x 2 #284


A


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