Zitat von 6rama9:Treue ist nur ein partnerschaftliches Konstrukt unter vielen. Bei vereinbarter Untreue gibt es die Fragen bzgl Boshaftigkeit etc ja gar nicht. Wie hälst du es aber mit Aufrichtigkeit und Vertrauen bei heimlicher Untreue? Da muss man nicht mal den moralischen Zeigefinger haben, sondern nur ein universell ethisches Verständnis von richtig und falsch im menschlichen Umgang haben, um die Disfunktionalität des Verhaltens zu erkennen.
Ich habe ja schon versucht, deutlich zu machen, dass moralische Vorstellungen eben keine Naturgesetze sind und daher auch das behauptete universelle ethische Verständnis nicht existiert. Was man als ethisch betrachtet oder nicht, ist Resultat einer kulturellen und gesellschaftlichen Prägung und eben nicht universell. Es gibt ja auch Kulturen, die haben zur heimlichen Untreue tendenziell eine andere Ansicht als hierzulande. Was man als richtig oder falsch beurteilt, das bewertet jeder für sich selbst, geprägt durch Erfahrungen, Erziehung, Gesellschaft, aber dennoch ist das eine Einschätzung, die jeder individuell trifft. Und so kann es für den einen ok sein, z.B. dem Partner vorzulügen, man fände sein neues Shirt ganz toll oder habe sich über das hässliche Geschenk gefreut und für den anderen wäre das schon nicht ok, da zu lügen. Aber diese Grenze setzt jeder selbst. Jemand kann sagen, man darf nie lügen, jemand kann sagen, man darf manchmal lügen, aber wann es für einen selbst vertretbar ist oder nicht, in Abwägung auch eigener Interessen, entscheidet man selbst es gibt hier keine universelle Vorgabe was richtig oder falsch ist. Es gib zwar hierzulande eine gewisse gesellschaftliche Norm, aber ich bin nicht verpflichtet, mich der anzuschließen, ich kann für mich auch zu einer anderen Einschätzung kommen.
Beispiel: Ich bin früher oft nach Thailand in den Urlaub gefahren und habe mich auch mit der Kultur dort beschäftigt. Die Thais haben ein ganz anderes Verhältnis zur Wahrheit als wir. Da gehört es eher zum guten Ton, Probleme eben nicht lang und breit zu diskutieren und unterschiedliche Vorstellungen abzufragen, sondern man geht Problemen aus dem Weg, über Unangenehmes wird nicht groß geredet und bei allem, was unangenehm oder peinlich ist, wird oft gelogen. Da ist es wichtiger, eine gute Stimmung zu bewahren als durch unangenehme Wahrheiten Konflikte zu schaffen. Wenn tatsächlich alle Menschen die gleichen universellen Prinzipien leben würden, müssten ja auch global alle gleich sein und Wahrheit gleich wichtig nehmen - ist aber nicht so. Wir wohnen hier in Deutschland, da ist es etwas anders, aber dennoch finde ich es vermessen, große Reden von universellen Prinzipien zu schwingen.
Zitat von Schnickschnack:Du verstehst meinen Punkt nicht. MMn hat jeder Mensch das Recht auf den gleichen Informationspool (Kontext Beziehungsparameter) zugreifen zu können wie sein vermeintlicher Partner/Verbündeter. Wenn man sich gegenseitig kritische Dinge verheimlicht ist die ganze Beziehung meines Erachtens völlig wertlos. Was soll ich damit? Für belangloses Bettgehüpfe und herbeischwadronierte, substanzlose Süßholzkasperei muss ich nicht einen auf Beziehung machen.
Doch, ich verstehe deinen Punkt, ich teile deine Meinung aber trotzdem nicht. Für mich ist es nicht wichtig, auf die gleichen Informationen zugreifen zu können wie der andere. Ich finde auch nicht, dass eine Beziehung wertlos ist, nur weil man sich kritische Dinge verheimlicht. Ich will kritische Dinge nicht unbedingt wissen und ich unterstelle mal, dass es manchen auch so geht. Für mich ist es nicht Sinn einer Beziehung, sich unbedingt alles sagen zu müssen, sondern für mich ist der Sinn einer Beziehung 1) Zeit mit jemandem verbringen den man sehr mag/ liebt 2) wie du es nennst Süßholzkasperei, also Zärtlichkeiten und 3) schöne Momente miteinander haben und 4) nicht befürchten zu müssen dass der andere am nächsten Tag plötzlich weg ist. Das ist für mich Beziehung. Wenn du das anders siehst und eine Beziehung bei dir anders aussieht, dann ist das ok, du musst ja nicht meine Meinung teilen. Jeder definiert Beziehung für sich anders, aber du kannst mich doch nicht dafür verurteilen, dass ich eine andere Beziehungsidee habe als du.
Zitat von darkenrahl:Das heisst doch, du bist beziehungsunfähig. Das gibt es öfters als man denkt
Nein, das heißt nicht, dass ich beziehungsunfähig bin und den Schuh ziehe ich mir auch nicht an. Nur weil ich nicht gerne ausschweifend über Probleme rede, sondern die lieber von vorne herein umschiffe und keine Vertragsverhandlungen mag bin ich nicht beziehungsunfähig.
Zitat von paulaner:@Südfrüchte Ich versuch's nochmal. Weil die Diskussion ein wenig durcheinander geht. Du hattest in einem Post gesagt, dass es doch möglich ist (oder sein sollte), zwei Menschen zu lieben. Dem hatte ich zugestimmt. Ich hatte dir dann aber die Frage gestellt, ob diese Liebe zu zwei Menschen dann immer auch, quasi automatisch, ausgelebt werden muss. Oder ob es auch die Möglichkeit gäbe auf einen von beiden zu verzichten. Das hast du nicht beantwortet. Ich gehe also davon aus, dass du Liebe zu zwei Menschen gleichsetzt mit Diese Liebe auch mit beiden ...
Das hatte ich übersehen. Ja, ich setze das gleich mit dem Ausleben. Natürlich ist es rein theoretisch möglich, sich zwar in jemanden zu verlieben, aber dennoch keinerlei Kontaktaufnahmeversuche zu betreiben. Denkbar ist das. Aber für mich ist Verknallt sein/ Verliebt sein schon so ein intensives Gefühl, dass ich den sehr starken Drang habe, zumindest dem betreffenden Menschen irgendwie nahe zu sein, den näher kennenzulernen, Zeit mit dem zu verbringen. Nicht unbedingt S. zu haben, das ist mir nicht wichtig, aber zumindest dazu, mit demjenigen Zeit zu verbringen und eine gewisse Nähe herzustellen zieht es mich schon sehr stark, sodass ich das nicht unterdrücken kann. Das ist so wie wenn man nachts nochmal Lust auf Schokolade hat. Rein theoretisch kann man den Kühlschrank zu lassen, aber in der Praxis kann man doch nicht widerstehen, zum Kühlschrank zu schleichen und zu naschen. Was mich davor bewahren könnte, ist höchstens, dass ich gar keine Süßigkeiten erst einkaufe.
Wenn ihr verliebt seid, habt ihr doch bestimmt auch das Bedürfnis, demjenigen nahe zu kommen. Und wir wissen doch alle, dass man aus Verliebtheit manchmal komische Dinge tut, einfach weil das Gefühl so stark ist und so handlungsleitend und weil man das eben nicht einfach ausblenden kann. Genauso wie mit den Süßigkeiten wenn sie einmal da sind, dann ist der Drang groß. Wenn ich einmal verknallt bin, ist das auch so. Dann müsste ich vermeiden, dass ich mit vergucke und das geht praktisch nicht.
Ich nehme an, dass viele die hier schreiben, betrogen wurden und darunter sehr litten. Das tut mir ja auch leid. Ich wurde früher auch mal betrogen und fand das auch doof, aber heute denke ich eben anders darüber und mir persönlich ist es wichtiger, einerseits eine gute Stimmung und Harmonie in einer Beziehung zu bewahren und eben auf der anderen Seite etwas, was ich sehr gern möchte, auch haben zu können. Die Balance zwischen diesen beiden Dingen bedeutet für mich, dass man eben manches nicht erzählt und manches auch nicht erzählt bekommen möchte.
Ich habe es auch schon erlebt, dass ich das Thema vorsichtig angedeutet habe und dann fragte darf ich dies und darf ich jenes und der andere erklärte dann, Kuscheln und Küssen ist ok, aber wenn mehr passiert (auf Nachfrage kam heraus dass damit S. gemeint war) sollte ich das sagen, aber er würde mir dann auch nicht den Kopf abreißen, weil er ja will, dass ich bei ihm bleibe. Das kam mir natürlich sehr entgegen und war im Prinzip das, was ich wollte. Aber man kann halt auch nicht mit jedem über sowas auf diese Weise reden.