112

Bindungsangst bei Frau

P
@Begonie

Wie schon Du das beschrieben hast:

Ich googelte und mir fielen die Augen raus. Über dieses Phänomen gab es ja ganze Bücher! Ich las einige und sah meine Beziehung.
Die Probleme, die ich als einzigartig ansah, waren gewöhnlich. Fast erschreckend, wie wenig individuell das alles war.

Stefanie Stahl beschrieb in ihrem Buch Jein die Mechanismen, die ablaufen, ganz genau. Und sie beschreibt auch, warum man sich aus solchen Beziehungen oft kaum lösen kann. Eben weil die Bindungsvermeider ein gutes Gespür dafür haben, wann und wie sie sich beim Partner wieder melden und ins Spiel bringen, dass der automaitsch und glücklich über die Zuwendung sofort wieder erfreut bereit steht. Eine scheinbar liebevolle SMS, ein Anruf zu unerwartetet Stunde, eine liebe Mitteilung - der Wartende ist meist mit so wenig zufrieden, dass er sich an jeden Strohhalm klammert.

Die Taktik ist so: Da, darfst Du mal *beep*, wie es wäre, wenn Du den ganzen Bonbon bekommen würdest. Aber ätsch, den kriegst Du nicht, denn ich bestimme, wie oft Du daran *beep* und riechen darfst, ehe der Bonbon vor Deinem Mund wieder verschwindet.

Geschickt halten sie einen in der Warteschleife.Das geht natürlich nur mit den richtigen Partnern. Diese Partner sind meist auch ziemlich austauschbar und sich im Wesen ähnlich. Von einer großen inneren Sehnsucht nach Liebe und Verschmelzung geprägt, oft mit Defiziten aus der Kindheit wie Liebesentzug und zu wenig Beachtung geplagt, eiern sie ziellos durchs Universum. Bis sie dann in die Umlaufbahn von Mr. oder Ms. X finden und dann dort ihre Kreise ziehen. Sie sind zwar Mitglieder der Umlaufbahn, aber werden auf Abstand gehalten. Das traurige Schicksal ist immer dasselbe: Der Partner zieht voller Sehnsucht nach Nähe seine Kreise und wie weit er dem Zentralgestirn nahe kommen darf, entscheidet das Zentralgestirn.
Wie gerne wäre ich die Hauptperson in seinem tollen Leben gewesen, war aber im Endeffekt nur der Zaungast, der ihm oft eifersüchtig und missgünstig beim selbstständigen Leben zusah. Und indem ich sein scheinbar tolles Leben sah, wurde mir wieder mal bewusst, wie klein und unvollständig doch mein Leben war. Man weist sich selbst eine ungenügende Rolle zu.

Dazu braucht es auch eine bestimmte Wesensstruktur, die so ein Beziehungsmuster innerlich akzeptiert. Zwar leidet man innerlich oft darunter, aber im Grund genommen teilt man sich selbst etwas Unvollständiges zu. So, als ob man eine richtige Beziehung nicht wert wäre, begnügt man sich mit einer Pseudobeziehung, die diese Bezeichnung nicht verdient.

Mangelndes Selbstwertgefühl ist der ideale Nährboden für toxische Beziehungen. Das betrifft den aktiven Bindungsvermeider, der meist auch süchtig nach Bestätigung und Zuwendung ist, weil er im Grund genommen weiß, dass er nicht viel wert ist. Und das betrifft den passiven Part, der von vorn herein davon überzeugt ist, dass er nicht viel wert ist.

Und so kommen zwei Partner zusammen, die beide defizitär um nicht zu sagen, krank sind. Im Grund genommen ist es eine Art Krankheit, die immer wieder aufflammt, sich zeitweise scheinbar bessert, ehe sie wieder akut zum Vorschein kommt. Genauso laufen diese Beziehungen ab.Zwei Kranke werden gemeinsam nicht heil, weil jeder in seiner Krankheit verharrt und nicht raus kommt.
Und ein gesunder Mensch mit einem gesunden Selbstwertgefühl und mit einem ausgeprägten Ehrgefühl würde sich ja nie auf so eine Schmalspurbeziehung einlassen bzw. beizeiten wieder verschwinden.

Was der passive Bindungsvermeider meist nicht weiß, ist , dass er selbst von dieser Krankheit betroffen ist. Er lebt und liebt ja leidenschaftlich und wünscht sich doch nichts mehr als eine schöne Beziehung auf Augenhöhe, die Glück und Zufriedenheit und innere Ruhe bringt. Aber er sucht ausgerechnet dort nach Liebe und Zuwendung, wo er sie nicht oder nur sporadisch bekommt.

Es bleibt nur, mit den eigenen Defiziten zu leben, sie zu erkennen und sie anzunehmen und das Beste draus zu machen.Es ist es wie es ist und damit fertig.

Seltsam, wo eigentlich diese Träumereien vom Märchenprinzen geblieben sind, der in mein Leben kennt, meinen einzigartigen Wert erkennt und mich rettet. Sie sind einfach weg. Die Realität ist zwar ein gutes Stück kälter, aber doch lebenswert. Also machen wir das Beste draus.

08.06.2022 17:12 • x 2 #46


P
@Begonie

Oh ja:

Du warst wohl der Auslöser, dass sie beim Therapeuten aufgeschlagen ist. Ob er ihr helfen kann, ist fraglich, aber für Dich auch egal. Du bist aber mit Sicherheit nicht der Grund, warum sie ihre Vergangenheit aufarbeiten will. Die Fehlprogrammierungen bei ihr dürften in der Vergangenheit zu suchen sein. Das aufzudecken, ist Sache von ihr und dem Therapeuten.

Geh Du Deinen Weg weiter und vermeide jeglichen Kontakt. Sie war nur eine Episode.

08.06.2022 17:15 • #47


A


Bindungsangst bei Frau

x 3


P
@merilin

Ich weiß:

Sie liebt dich nicht. Sie nutzt die Vorteile die du ihr bringst um dann verliebt zu sein in jemanden der sie schlechter behandelt als du. Ist so.

08.06.2022 17:17 • #48


P
Bei uns ist es also aus. All right.

Meine BÄ und ich waren im sechsten Jahr inkl. Dreiecksbeziehung (sie verheiratet) gewesen.

Da es hier ja eine geballerte Kompetenz gibt, würde ich gerne auch noch eine Frage los werden.

Ich hatte sie aufgrund unserer Fernbeziehung des öfteren einmal gefragt, warum sie mir, von Weihnachten einmal abgesehen (Bitte warte auf mich) eigentlich NIE einen Brief oder sonst etwas schreiben würde?

Mir kam das im Nachhinein so vor, als hätte sie dann etwas heucheln müssen, dass sie ohnehin nicht aufrichtig meint, sodass ich sie später nicht an ihren eigenen gemachten Worten verbindlich festnageln kann.

Was meint Ihr, wieso ein BÄ, auf den alles zutrifft, was Stefanie Stahl beschreibt und der das auch alles selbst eingesteht, sich weigert, seinem Affärenpartner einen Brief zu schreiben?

08.06.2022 18:31 • #49


P
@Begonie

Liebe Begonie,

besser als Du es in Deinem Post vom 04.11.2019 beschrieben hast, kann man es definitiv nicht beschreiben! Daumen nach oben!

Danke für Deine Zeit und Mühe, welche Du in Deinen Beitrag investiert hast!

16.06.2022 10:00 • #50


P
@Begonie


Was für eine Meisterleistung Deiner Beschreibung!

Daaaaaaanke für diesen tiefen Einblick in Deine damalige seelische Verfassung!

16.06.2022 10:38 • #51


B
Danke für Dein Kompliment!
Ich kann gut darüber schreiben, weil ich das ja durchlebt habe, dieses ständige Hoffen und Bangen, die Sehnsüchte, die Gier nach seiner Zuwendung und die Abhängigkeit von ihm. War er lieb und zugewandt, stellte sich sogleich ein wohliges Gefühl ein und durchströmte mich. Oft war es anders und er wirkte kühl und irgendwie abwesend, was mich oft schon verwirrte. Mit der Zeit stellte sich dann die Abwertung meiner Person ein. Es begann leise und doch bemerkte ich es und im Lauf der Zeit spürte ich, dass ich trotz aller Anstrengungen nichts mehr richtig machen konnte. Wir waren längst in der Abstiegsphase angelangt und ich redete mir immer noch alles schön und klammerte mich an Strohhalme. Denn das Ziel war klar: Alles, nur keine Trennung!

Natürlich kam die Trennung, die er aussprach. Klar, er hatte ja die Hosen an, er gab den Takt vor, er entschied über mein Wohlbefinden oder eben über Ängste und Zweifel und Trauer.
Er wollte, obwohl er ja kaum in der Lage war, dauerhaft eine Beziehung zu halten, immer die Kontrolle haben.

Ich erinnere mich an einen Festabend auf einem Kongress. Er ging mit seiner EDV-Truppe zum Feiern und ich mit einer Kollegin und einem, den ich vorher nicht kannte. Es war zunächst für mich sein sehr lustiger Abend und wir hatten viel Spaß. Im Lauf des Abends trabte ER dreimal an meinem Tisch vorbei - scheinbar zufällig. Und doch hatte ich das Gefühl, dass er mich kontrollieren wollte. Zugegeben hätte er es nie.
Viel später traf eine SMS von ihm ein mit der dummen Frage ob ich noch da sei. Ich ärgerte mich, weil er ja nur nachschauen hätte müssen. Und doch keimte wieder die Hoffnung in mir auf. Ich schrieb zurück dass ich noch ein Wasser trinke und dann gehe. Keine Reaktion. Dabei hatte ich irgendwie gehofft, er würde vielleicht auch gehen wollen, mit zu mir.

Als ich zum Ausgang ging, sagte meine Kollegin (die einzige, die von uns wusste), dass er da stand. Tatsächlich, ich ging direkt an ihm vorbei und ich fragte mich, warum er jetzt da rum stand. Wollte er vielleicht doch ...? Als ich vorbei kam, fragte ich ihn kurz: Und, bleibst Du noch! Er sagte nur ja, ich bleibe noch.
Meine Enttäuschung war wieder mal grenzenlos. Ich hatte den Schimmer einer Hoffnung, die er wieder zunichte gemacht hatte, mit ein paar wenigen Worten.
Ich hielt mich noch, bis ich mich von der Kollegin verabschiedet hatte, die in einem anderen Hotel wohnte. Dann ging ich allein weiter, nach Mitternacht und heulte und heulte und ich war so froh, dass mir niemand begegnete. Irgendwie schaffte ich es ins Hotel.
Ein Abend, der fröhlich begonnen hatte und in tiefer Traurigkeit endete. Es war hoffnungslos und das wusste ich insgeheim die ganze Zeit. Aber ich handelte nicht danach, ich ließ handeln und mich be-handeln.

Gestern habe ich ein Buch über narzitischen Missbrauch gelesen und einiges kam mir sehr bekannt vor ...
Und ich, die scheinbar lebenstüchtige und fröhliche Frau wurde zu einem passiven Anhängsel, das die meiste Zeit Verlustängste hatte und Eifersucht verspürte. Er nahm ja auch Kontakt zu anderen Frauen auf, von denen er angeblich nichts wollte, als ich ihn darauf ansprach. Er lerne halt gerne Jemand kennen, sagte er. Ich glaubte ihm sogar, dass er nicht das Eine von denen wollte, aber sie gaben ihm doch etwas sehr wichtiges: eine narzistische Zufuhr von Anerkennung und Geschätztwerden. Er war gierig nach jeder Form der Anerkennung und der Bestätigung, aber was von mir kam, wirkte schon lange nicht mehr. Da wirkt das von einer anderen Frau natürlich ganz anders.

Es ist jetzt so lange her, aber wenn ich mich an Episoden erinnere, ist es, als ob es gestern erst gewesen wäre.
Er hat mich nachhaltig gebeutelt, aber ich verspüre noch heute eine große Erleichterung, dass dieses Kapitel Geschichte ist und ich es doch recht gut gemeistert habe. Er hat mich nicht gebrochen und klein gekriegt.
Er war nicht bösartig, aber irgendwie doch hinterhältig und er tat vieles im Geheimen. Ehrlich war er selten, aber auch nicht direkt verlogen.
Es ist kompliziert zu beschreiben. Jedenfalls war er auch bedauernswert, ein Gefangener seines inneren Traumas, das ihn wahrscheinlich sein ganzes Leben begleiten wird. Und da verspüre ich auch wieder ein wenig Mitleid mit ihm. Er war nicht daran schuld, andere hatten ihm zu dem gemacht, was er ist. Sein Elternhaus, das ihm vermutlich zu wenig Liebe und Anerkennung gab. Die Mutter überfordert mit Zwillingen, die eineinhalb Jahre nach ihm zur Welt kamen. War er bis dahin der mütterlichen Zuwendung sicher, so änderte sich das vermutlich schlagartig, zumal ihr auch der Vater nicht hilfreich zur Seite stand. Und so war er entthront, lief so nebenher und verstand nichts, denn er war ja noch ein Kleinkind. Aber auch so etwas brennt sich ein.
Später fühlte er sich oft allein und diesen Zustand übernahm er ins Erwachsenenalter. Er war gerne allein, aber doch brauchte er die Umwelt als einen Spiegel, dass er eben doch wichtig und geschätzt ist.
Mit seinem Vater verband ihn wenig. Der arbeitete, aber kümmerte sich wenig um das Familienleben. Urlaub gab es nicht und gemeinsame Unternehmungen mit Kindern und Eltern auch nicht. Er behandelte ihn nicht gut, den erstgeborenen Sohn, sondern wertete ihn oft ab. Geh weg, das kannst Du nicht - solche Sprüche waren wohl häufig. Für die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins ist das kein Nährboden. Vielleicht wurde er vom Vater auch geschlagen. Viel weiß er nicht mehr, denn das meiste hat er ausgeblendet und verschoben ins Unterbewusstsein, sodass er den Schmerz der Ablehnung nicht mehr spürt, aber er wirkt eben doch und steuert ihn unbemerkt.

Er war innerlich traurig, er lachte nie, er lächelte hin und wieder. Und nicht mal das bemerkte ich, erst viel später. Er war allenfalls lauwarm, aber nie richtig warm. Er wusste und erspürte instinktiv, wie er sich zu verhalten hatte, damit er das bekam, was er brauchte. Lob, Bestätigung und noch mehr Lob.
Klar war er im Beruf gut und kompetent, aber innerlich doch ein kleiner trauriger Bub geblieben, der sich über Wasser hielt und doch nirgendwo richtig ankam. Im Grund seines Herzens ein Sonderling.

Ich habe meinen Therapeuten damals mal gefragt, ob Bindungsängste heilbar seien. Da meinte er, nur schwer und es ist eine langwierige Angelegenheit und setzt die Erinnerung des Klienten voraus und auch die Bereitschaft zur Erinnerung. Aber was, wenn das meiste scheinbar vergessen ist und verschüttet? Dann ist oft nicht mehr viel zu machen, denn der Patient muss nochmals in sein Drama zurückkehren, um es zu bewältigen.
Oftmals gehen diese Menschen gar nicht zu einem Therapeuten. Der eine Grund ist sicher die Angst, was da alles ans Tageslicht kommen könnte. Der andere ist, dass sie oft nicht glauben, dass sie es nötig hätten. Es ist einfacher so weiter zu leben und sich wieder einen neuen Partner zu suchen, der für eine Zeitlang das große Glück ist, ehe er in der Abwertung landet.

Sei gottfroh, wenn Du dem entronnen bist. Einmal Hölle und zurück reicht für den Rest des Lebens!

17.06.2022 11:16 • x 3 #52


P
Zitat von Pilot66:
Das aufzudecken, ist Sache von ihr und dem Therapeuten.

Natürlich!

17.06.2022 11:19 • #53


B
Weißt Du, ob sie noch in der Therapie ist? Denn solche Menschen brechen diese oft ab, wenn es zu schmerzhaft wird.

17.06.2022 11:22 • x 1 #54


Vienne
@Begonie und allen anderen vielen herzlichen Dank für eure Schilderungen...

Es ist schockierend, dies zu lesen. Ich stecke im Moment genau in so einer Hölle...

19.08.2022 19:09 • #55


B
Zitat von Vienne:
Ich stecke im Moment genau in so einer Hölle...

Und das nicht umsonst. Deine Seele will Dir damit zeigen, wo es bei Dir im Argen liegt. Meist sind es ja doch bei vielen dieselben Dinge. Viele haben instabile Familienverhältnisse erlebt wie Trennungen, Scheidungskriege und wechselnde Bezugspersonen.
Das hinterlässt im späteren Beziehungsleben deutliche Spuren und führt dazu, dass Verbindungen oft nicht halten oder selbst gehalten werden können, weil auch Instabilität weiter gelebt wird.

Und bei sehr vielen ist einfach ein Manko an Zuwendung der elterlichen Seite da. Das Kind wird kalt gestellt, bestraft (mit Abwesenheit, Desinteresse, keine Zeit für es), gelobt und versteht sehr schnell: wenn ich so und so bin, dann ...

Und das trägt man dann auch in Beziehungen, wo man sich oft instinktiv den komplizierten Männern zuwendet, weil man ja nur dort das innere Trauma auflösen könnte. Der Mann ist aber selbst beschädigt und kann kein Trauma heilen, am allerwenigsten das eigene.
Und so kommt es eben zu schwierigen Beziehungen, die einem zeigen, dass man genau das, was man so dringend erhoffte wie stabile Zuneigung, Verlässlichkeit, Vertrauen nicht bekommt.

Da raus zu kommen, ist schwer. Aber machbar.
Der Mann, der Dich in diese Hölle gebracht hat, ist nicht weiter von Interesse. Den kannst Du auch nicht ändern. Aber bei Dir ansetzen, das kannst Du. Lerne mehr Selbstbewusstsein, mehr Eigenliebe. Das ist ein wichtiges Kapital fürs Leben, auf das Du bauen kannst. Ein Mann wird Dir das nie im erforderlichen Maße geben können.

Und vergiss nicht: Der Aufenthalt in der Hölle ist auch eine eigene Entscheidung. Man kann die Hölle auch verlassen und sich ein besseres Leben gönnen.

22.08.2022 11:05 • x 1 #56


Vienne
@Begonie

Danke für deinen Zuspruch...

Ich denke nicht, dass die Situation mit meiner Kindheit zu tun hat. Da war alles perfekt, .eine Eltern waren sehr liebevoll.
Allerdings hat mein Mann mich kurz nach Weihnachten 2020 nach 25 Jahren Ehe verlassen, war eine unschöne Geschichte, die ich aber hinter mir habe. Wir sind mittlerweile wieder gute Freunde.

Als ich dann meinen Freund im Januar 2022 kennenlernte, habe ich mich sehr schnell und intensiv bis über beide Ohren verliebt. Das hätte ich nicht mehr für möglich gehalten.
Er hat mich relativ bald darauf hingewiesen, dass er Bindungsangst hätte, aufgrund seiner schlechten Erfahrungen (Ehefrau verließ ihn nach 17 Jahren Ehe abrupt, hatte einen Anderen, eine dreijährige Beziehung danach ging in Brüche, da seine Freundin ein massives Alk. hatte) er beziehungsunfähig wäre, aber er eine Beziehung mit mir wolle.

Ich habe die Situation komplett unterschätzt...er hat offenbar auch noch ein Näheproblem. Trotzdem sind wir über Ostern nach Wien in mein Haus gereist, das war seine Idee, mir war da schon nicht ganz wohl dabei. Das Wochenende verlief sehr schön für uns beide, ich brachte ihn zum Flughafen. Am nächsten Tag trennte er sich von mir. Bindungsangst...zu viel Nähe... hält er nicht aus.

Wir hatten eine Aussprache, entschieden, es weiterlaufen zu lassen. Weiter on off Beziehung...im Juni beschlossen wir, eine Beziehung light zu versuchen, um den Druck für ihn weiter rauszunehmen. Also keine Verantwortung und Verpflichtung, nur, dass wir aber einander treu sind.

Am Anfang dachte ich naiv, dass er nur mit mir dieses Bindungsproblem hätte. Mittlerweile weiß ich, dass er das mit jeder Frau hat, seine Beziehungen dauern 3-4 Monate, dann wird es zu nah, er flüchtet und sucht sich die Nächste.
Es hat lange gedauert, bis ich gemerkt hatte, was da abläuft. Schon nach 2 Wochen, als wir uns kannten, fuhr er, dem am Anfang nichts schnell genug zu gehen schien, unsere Treffen zurück. Da begann bereits diese Nähe -Distanz -Problematik, Treffen fanden nur statt, die er vorschlug. Wie ein Machtspiel. Das ist bis heute so. Mal möchte er mich 2 oder 3 Wochen nicht sehen, dann Phasen mit zweimal Treffen pro Woche.

Er erfand sogar Geschäftsreisen, um mich nicht treffen zu müssen...ich dachte schon, dass er verheiratet wäre. Ist er aber nicht. Er stellte mich weder seinen Freunden noch seinen Töchtern vor, was ich natürlich eigenartig fand.
Wenn wir zusammen sind, ist es für uns beide wundervoll, wie ein Traum. Nie Streit. Aber wenn er wieder beginnt, ein Treffen zu blocken, dann fange ich zu klammern an in seinen Augen, weil ich nach einem Treffen frage. Es ist immer dasselbe Schema, ich fühle mich zurückgewiesen und fange an zu flüchten...weil es mit ihm keinen Sinn macht. Er will nur die schönen Momente genießen und sonst nichts. Dazu kommt, dass es zwischen uns eine enorme körperliche Anziehung gibt... S. ist mega unglaublich für uns beide.

Es ist wie eine Achterbahn. Nur, dass es immer extremer zu werden scheint. Die letzte Phase war zwei Wochen lang zwei Treffen pro Woche, es war für uns beide unglaublich schön. Dann wieder vor zwei Wochen das Gleiche...wieder beendet. Ohne Grund zu nennen...die letzten 10 Tage waren die Hölle für mich. Ich beginne, in eine Depression zu verfallen. Ich bin unfähig, etwas zu tun, nur mehr am Heulen. Ich kann mit ihm nicht, ohne ihn komme ich nicht zurecht. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich bin sonst eine starke Persönlichkeit, selbstbewusst und war nie von jemandem abhängig. Die Beschreibung mit der Dro. trifft des Pudels Kern...

Heute treffen wir uns zu einer Aussprache. Er weiß nicht, was er will. Wie üblich...

Entschuldigung für den langen Text.

22.08.2022 12:32 • x 1 #57


B
Zitat von Vienne:
Wenn wir zusammen sind, ist es für uns beide wundervoll, wie ein Traum. Nie Streit. Aber wenn er wieder beginnt, ein Treffen zu blocken, dann fange ich zu klammern an in seinen Augen, weil ich nach einem Treffen frage. Es ist immer dasselbe Schema, ich fühle mich zurückgewiesen und fange an zu flüchten...weil es mit ihm keinen Sinn macht. Er will nur die schönen Momente genießen und sonst nichts. Dazu kommt, dass es zwischen uns eine enorme körperliche Anziehung gibt... S. ist mega unglaublich für uns beide.


Ja, ja, es ist wundervoll. Eben weil diese Situationen immer ein Ausnahmezustand sind. So selten wie ihr euch seht, kehrt kein Alltag ein, abgesehen davon, dass das mit dem eh nicht möglich ist. Aber das führt natürlich auch dazu, dass Du Eure Treffen zu etwas Wundervollem, nicht Selbstverständlichem hochstilsiierst, eben weil sie eher selten sind.
Das ist ein menschlicher Mechanismus. Er hält Dir ein Bonbon hin und sagt, da, darfst Du mal dran le cken, aber den ganzen Bonbon kriegst Du nicht. Ergo, die Gier nach dem Bonbon wird immer stärker und immer auf einem Level gehalten und wenn Du dann Deine Dosis bekommst, durchströmt Dich ein Glücksgefühl.
Da ist nichts Besonderes und Geheimnisvolles dran, das ist normale Küchenpsychologie, die jedem einleuchtet.

Hinzu kommt, dass Du Eure Treffen ja möglichst nicht mit ernsten Themen beschweren willst. Denn Du puderst ihm ja seinen Ar..., damit er es ja schön hat. Also bekommt er dazu eine liebevolle, unkomplizierte und sehr anpassungsfähige Frau, die alles dafür tut, ihn bei der Stange zu halten.
Ergo: kein Ärger, keine Dramen, denn Du willst ihn ja nicht vertreiben. Aber das Leiden ist Dir gewiss. Ihm geht es ja gut. Er lebt seine inneren Eingebungen rigoros an Dir aus, flüchtet wenn es ihm wieder reicht mit der überfrachtenden Zweisamkeit und lässt Dich mit Deiner Traurigkeit, Deiner Sehnsucht und Deiner Hoffnungslosigkeit einfach sitzen.
Er tut was ihm beliebt und er trägt das auf deinem Rücken aus. Du begnügst Dich mit wenig und die Hilfe zur Selbsthilfe besteht darin, dass Du den Vollkoffer auf ein Podest stellst und ihn quasi erhöhst zu einem einzigartigen, wundervollen Mann. Was tust Du damit? Du kommst ganz automatisch in die Rolle der Ertragenden, die traurig auf ihrem Schemel sitzt und ihn anhimmelt. Ihr habt ein riesiges Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen und Du hast eh nichts zu sagen. Das nagt an Dir, denn das geht gegen Deine Ehre und Deine Würde. Aber hast Du sowas überhaupt? Hast Du ein normales Selbstwertgefühl, das Dir einen nüchternen Blick auf diesen defizitären Mann ermöglicht? Nein. Bist Du Dir zu gut für das was Du dir erbettelst und erhoffst? Auch nicht. Er macht und Du lässt machen. Aber Du bist wiederum diejenige die das instabile Kartenhaus irgendwie zusammenhält das sowieso irgendwann zusammenkracht.
Und das alles für ein bisschen vermeintliche Liebe, die auch sehr ungleichmäßig vorhanden ist. Du verzehrst Dich nach ihm und er geht fröhlich seinen Impulsen nach und macht vermutlich noch einen auf Selbstmitleid, weil er Dir ja eh nie das geben kann, was Du bräuchtest. Ja, der ist echt arm dran und hat Dein vollstes Verständnis, Deine Geduld und Deine Nachsicht wahrlich verdient.

Und der tolle Sx. Ebenfalls ein normaler Mechanismus, weil Du da nämlich zwangläufig Nähe verspürt. Darauf bist Du ja süchtig und wenn Du sonst kurz gehalten wirst, ist Sx eine wundervolle Möglichkeit, so was wie Pseudonähe herzustellen. Kein Wunder, dass Du scharf auf den bist. Der hat Dich ja voll im Griff und Du tanzt nach seiner Pfeife. In jeder Hinsicht.
Solltest Du mal unattratkiver für ihn werden oder womöglich in der Abwertungsspirale ankommen, dann wirst Du merken, dass Sx ein prima Druckmittel ist. Denn dann kriegst Du ihn zu selten und gierst noch mehr danach. Siehe oben, die Sache mit dem Bonbon.

Also verabschiede Dich davon, diese Beziehung als einzigartig anzusehen und diesen Mann zu glorifizieren. Ich sehe hier nur einen Egoisten, der nach seinen Bedürfnissen lebt und diese rücksichtslos auf Deinem Rücken austrägt.
Das geht natürlich nur mit einer Partnerin, die sich das freiwillig antut und alles erträgt und hofft, dass er eines Tages Deine Bemühungen honorieren wird. Das wird nicht passieren, denn hinterher wirst Du Dich fragen, wie Du jemals so blöd sein konntest und das alles mit Dir hast machen lassen.
Es kommen da schon zwei Passende zusammen. Deine Kindheit war ohne Makel. Ja, vermutlich siehst Du das aber auch zu blauäugig, denn warum sonst begibst Du Dich in solche Pseudobeziehungen, die Dir niemals das geben, was Du vordergründig gerne hättest?

Ach, und jetzt habt Ihr also ein neues Modell erfunden, das vermutlich hauptsächlich auf Deiner Intention beruht. Jetzt also darf es eine Beziehung light sein, damit der arme kleine Bub verinnerlicht, dass es zwar eine Beziehung ist, aber die ja ganz locker ist und ihm ganz wenig abverlangen wird.
Sag mal, siehst Du überhaupt was da abläuft? Ich glaube es ja nicht, aber jetzt entwirfst Du schon Konstrukte um ihn ja nicht zu überfordern, denn er könnte sonst weglaufen und das womöglich für immer!

Und was kommt nach der Beziehung light, die Beziehung ultralight oder was? Alles so wie er es braucht und noch aushält und das alles auf Deine Kosten, aber das spielt ja keine Rolle, Es geht ja nur um Dich. Du bist das Leiden ja gewohnt und für Liebe muss man eben viel hinnehmen, auch wenn es nur eine Schmalspurliebe ist. Du bist Dir nichts wert un d glaubst, dass dieser Mann der Schlüssel zu Deinem Glück ist.
Dabei puderst Du ihm den Hintern und kriegst nicht viel dafür, außer einem superharmonischem Wochenende, bei dem Du es ihm schön machst inklusive gutem Essen, prima Sx und viel Harmonie. Denn zickig darfst Du nicht werden, denn das ist riskant. Und daher bist Du die beste Frau ever. Und natürlich grandiosem Sx. Ist ja auch was wenn man sonst kurz gehalten wird.

Es ist ein Tanz den ihr aufführt. Ein Schritt vor,zwei zurück und einmal im Kreis rum und von vorne. Er führt und du lässt Dich führen. Das ist eigentlich zum Gähnen langweilig, weil es eine ständige Wiederholung ist die aber nichts verändert und vor allem nichts verbessert. Beide bleiben in defizitären Verhaltensweisen stecken. Du mit Deinem mangelnden Selbstwertgefühl, das er ohnehin tritt, Deiner Gutgläubigkeit, Deiner Geduld und Nachsicht und Deiner Willfährigkeit. Und er braucht sowieso nichts zu tun, weil Du ihn mit Samthandschuhen anfasst und auf Selbstverständlichkeiten verzichtest und das ganz freiwillig.

Das permanennte Auf und Ab ist nichts als eine destruktive Wiederholung von eingefahrenen Beziehungsmustern, das einen aber bei der Stange hält. Danach kann man süchtig werden, weil man dann endlich mal das Gefühl hat, richtig zu leben und zu lieben. Und man selbst verliert sich, diagnostiziert ihn und das ganze Denken und Fühlen kreist nur um diesen Mann, der den Aufwand nicht wert ist.
Du bist da in eine Abwärtsspirale geraten, die Dich allmählich ferig macht.

Die gute Nachricht: Solche Beziehungen sind zum Untergang verdammt, weil zwei Lahme zusammen nicht gehen können. Sie humpeln durch eine Beziehung, aber zufrieden und glücklich sieht definitiv anders aus. Irgendwann findet das ein Ende, entweder weil ihm die Light-Variationen der Beziehung auch erdrücken, er Deiner überdrüssig wird, denn allzu anpassungsfähige Frauen werden auch mal langweilig oder weil eine Next am Horizont auftaucht, mit der er vermeintlich endlich eine gute Beziehung wird führen können .
Oder aber, weil Du irgendwann so vor die Hunde gegangen bist, dass so was sie Selbstschutz Dich antreibt.

Und Du kannst Dich daraus lösen, aber Du zahlst dann auch dafür. Aber draufzahlen tust Du eh. Das alles kostet ein wenig. Sehnsüchte aushalten, Weinanfälle, Traurigkeit durchleben um dann irgendwann zu erkennen, worauf man sich da eingelassen hat und das freiwillig.Das ist dann nochmals eine Nummer für sich. Denn nach einem Ende und mit viel Abstand kommt die Scham, vor Dir selbst.
Aber dann hättest Du auch die Chance, innerlich reifer zu werden. Deinen Selbstwert aufzubauen, selbstbewusster und eigenständiger zu werden und Dein Leben in die Hand nehmen und es zu gestalten, dass es für Dich passt. Jetzt bist Du im Mutter-Theresa-Modus, die glaubt, alles aushalten und geben zu müssen. Die tat wenigstens Gutes damit, aber Du reitest ein totes Pferd und merkst es nicht.

Und er? Na, er sucht sich irgendwann Nextie und der geht es dann genauso, denn er lebt auch nur zwangsweise Wiederholungen und findet aus dem Dilemma nicht raus, weil er ja ganz gut damit fährt. Er ist lau, heiß und kalt erlebt er bei anderen, da konsumiert er es sozusagen, aber er bleibt unbeteiligt. Und sieht keinen Anlass zur Änderung. Du auch nicht, aber hoffentlich irgenwann mal.

Die schlechte Nachricht: Du wirst das nicht lesen wollen, nicht wissen wollen und es Dir weiterhin schön reden. Allerdings ist ein gewisser Punkt des Ertragens schon erreicht, sonst wärst Du nicht hier. Dann fährst Du halt noch ein paar Runden auf dem Karussell, ehe einer endlich absteigt.

Bindungsängste sind nicht heilbar. Man kann einigermaßen damit leben wenn man sich damit auseinander setzt und die Ursachen erkennt. Die liegen wie so oft meist in der Kindheit begründet, in den prägenden Jahren, in denen das Urvertrauen angelegt wird oder eben nicht oder zu wenig. Er hat innere Ängste, die sich als Freiheits- und Unabhängigkeitsdrang zeigen und Du hast auch innere Ängste, die Du verbirgst. Denn eigentlich willst Du doch eine richtige Beziehung, so mit allem, oder? Warum verschwendest Du dann Deine kostbare Lebenszeit mit einer Schmalspurbeziehung, in der er Dir zuteilt was Du kriegst und ob überhaupt?

Du erntest immer das was Du säst:
Wer sich selbst nicht liebt, wird nicht geliebt. Oder würdest Du sein Verhalten als liebevoll und zugewandt bezeichnen?

Wer sich selbst nicht achtet, der wird nicht geachtet. Der signalisiert dem anderen, Du kannst auf mir rumtrampeln wie Du willst, ich bleibe bei Dir und finde Dich unglaublich super.

Wer sich selbst ncihts wert ist, der ist auch anderen nicht viel wert. im Gegenteil, Du bist allenfalls eine Light-Beziehung wert, aber das ist ja auch schon was.

Fass Dich an Deine Nase und schau Dich an und schau ihn an. Und dann überlege, ob es den Aufwand wert ist. Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, er ist es nicht wert. Du kriegst nicht das was Dir vorschwebt, aber manchmal sind Bauchlandungen auch sehr gut, weil man dann endlich mal sich selbst hinterfragt und sich fragt, was ist denn eigentlich mit mir nicht in Ordnung?

22.08.2022 17:45 • x 2 #58


Vienne
@Begonie
Vielen lieben Dank für deine ausführliche Analyse...in den meisten Punkten stimme ich mit dir überein.

In dem Forum bin ich gelandet, weil ich vor einem Jahr wirklich auf dem Boden war...und tatsächlich hat es mir sehr geholfen, damals meine Geschichte aufzuschreiben, habe auch viele liebe und gute Ratschläge hier bekommen. Nie hätte ich erwartet, ein Jahr später in so einer Situation zu stecken.

Dass meine Ehe in Brüche ging, kam für mich unerwartet. Und ja, es gibt ein Muster. Ganz klar muss ich mein Beuteschema verändern, offenbar habe ich ein Talent, mir emotionale Tiefkühlschränke zu suchen. Das Ungleichgewicht in meiner Ehe hatte sich aber erst spät entwickelt. Mein Mann bekam eine anständige Midlife-Crisis und leider war die Liebe dann bei ihm weg. Aber diese Geschichte ist wirklich Vergangenheit, wir hatten wirklich sehr lange schöne Zeiten erlebt. Ich bin meinen Mann auch nicht mehr böse, er hat das gut entschieden und ist jetzt recht glücklich, ich vergönne ihm das sehr, wir sind gute Freunde und funktionieren als Eltern sehr gut.

Es war auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass mein Freund so ein massives Problem hat. Ich habe ziemlich genau analysiert, wann und warum ich mich in ihn verliebt habe. Ich habe ein sogenanntes Helfer-Syndrom, ich unterstütze und helfe gerne mit Herzblut, das war mir immer schon ein Bedürfnis, das ist mein Charakter. Und genau diesen Punkt hat mein Freund in .mir angesprochen, ohne dass er das wollte. Klingt jetzt wahrscheinlich unheimlich kitschig...es war seine Verletzlichkeit, seine Einsamkeit und totales Offenlegen seines Innersten zu einem Zeitpunkt, zu dem er mich so gut wie gar nicht kannte. Und da war es um mich geschehen. Ja, es gibt natürlich auch äußerliche Unwichtigkeiten, wie sein Akzent, gutes Aussehen, seine Mentalität und natürlich auch der unglaublich tolle S. (das empfindet er genauso), die ich als sehr angenehm empfinde.
Steht er auf einem Podest? Nein, definitiv nicht. Ich weiß leider sehr wohl, was hier abläuft. Ich habe auch versucht, aus dieser Geschichte zu fliehen, eben, weil ich der Meinung bin, dass ich da raus muss, weil es mein Ruin sein wird. Es ist mir ein Rätsel, warum ich das nicht schaffe. Eigentlich bin ich eine starke Persönlichkeit und dies passt gar nicht zu mir.

Und ich weiß genau, dass sich da nie etwas ändern wird. Immer ein Schritt vor und zwei zurück. Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt und ich frage mich, ob ich aus der Achterbahn stürzen werde...denn ich schaffe es trotz einiger Versuche nicht auszusteigen. Es ist, wie du es beschrieben hast, wie Entzug, toxisch. Ich habe das alles klar vor Augen und frage mich, ist er Narzist, Egoist, Sadist oder Autist...

Rational gesehen ist ganz klar, dass ich nur eine Handlungsoption habe. Nur um Himmels Willen, warum schaffe ich es nicht, konsequent zu handeln? Das ist mir noch immer nicht klar, wie ich da heraus komme. Meine Selbstachtung ist im Keller, das ist so etwas von schwach... unglaublich.

Eigentlich hatten mein Freund und ich uns gestern zum Gespräch verabredet, beide wissen wir nicht, was wir wollen. Aber kaum kam er, nahm mich in die Arme und küsste mich...da haben wir nur mehr um den heißen Brei herum geredet...und sind dann natürlich mit unglaublichem S. im Bett gelandet, haben später gegessen und sind früh schlafen gegangen. Wieder totale Harmonie...wie immer eben!

Er hat zwar im Gespräch kapiert, dass er eine Therapie machen muss, da es mir dieses Mal so an die Substanz gegangen ist, aber ob er das dann auch wirklich tun wird... dabei geht es mir dieses Mal gar nicht mehr um unsere Beziehung...es geht um mich, ich habe Angst, was diese Geschichte aus mir machen wird, es geht um meine Existenz. Und das hat er geschockt zur Kenntnis genommen, dass er nie mehr so weit gehen darf.

Übrigens die Konstellation mit der Beziehung light stammt natürlich von mir. Ich musste wirklich lachen über deine Idee mit ultralight...kam mir noch nicht in den Sinn !

23.08.2022 15:33 • x 1 #59


B
Zitat von Vienne:
Ganz klar muss ich mein Beuteschema verändern, offenbar habe ich ein Talent, mir emotionale Tiefkühlschränke zu suchen. Das Ungleichgewicht in meiner Ehe hatte sich aber erst spät entwickelt. Mein Mann bekam eine anständige Midlife-Crisis und leider war die Liebe dann bei ihm weg. Aber diese Geschichte ist wirklich Vergangenheit, wir hatten wirklich sehr lange schöne Zeiten erlebt. Ich bin meinen Mann auch nicht mehr böse, er hat das gut entschieden und ist jetzt recht glücklich, ich vergönne ihm das sehr, wir sind gute Freunde und funktionieren als Eltern sehr gut.


Emotionale Tiefkühltruhen. Nähe-Distanz-Verhalten. Ausleben der eigenen Impulse, die ihn überkommen.
Und Dein Mann war ähnlich. Also lebst Du ein inneres Muster.

Vienna, Partnerwahl ist niemals Zufall. Dein Unterbewusstein, Dein unbewussten Wahrnehmungen, die unerfüllten Bedürfnisse Deiner Seele führen Dich zu solchen Männern. Und warum? Warum nicht zu dem netten Norbert zwei Häuser weiter, der auch allein ist und Dich schon länger im Auge hat? Weil er langweilig und reizlos ist und zwar, weil er Deine inneren Muster nicht bedient.
Du könntest mit dem vielleicht eine schöne Beziehung haben, in der einer auf den anderen achtet, ihn schätzt und sich an der Zweisamkeit freut. Mit einem Grillabend und einem schönen Glas Wein zusammen. So ganz friedlich, schön und Geborgenheit spendend.

Aber es hilft nichts, Du brauchst die Problemmänner, die Dir immer wieder vor Augen führen, dass sie kalt sind und innerlich eher unbeteiligt. Die Dich nicht schätzen für das was Du bist und tust, sondern die Dich kalt und damit ins Abseits stellen. Da lebst Du Dein inneres Drama nach, da blühst Du auf, da investierst Du und strengst Dich an, dass es eine wahre Pracht ist. Denn da lebst Du richtig und Du spürst Dich intensiv und verwechselts das daher mit Liebe. Liebe lebt von Gegenseitigkeit, die aber nicht vorhanden ist. Nur einseitig.

Du arbeitest Dich an beziehungsunfähigen und beziehungsunwilligen Männern ab, bei denen Du instinktiv fühlst, dass sie innerlich einsam und allein sind. Und kompliziert.
Aber da kommt ja nun Vienna, die großartige Heilerin und Therapeutin mit einem großen Herz für leidende Buben. Ach, die sind ja so geheimnisvoll, so anders, so unbegreilich, so dass man sie gerne ergründen möchte.

Ach, der ist sicher sehr tiefgründig. Mit dem kann ich wunderbare Gespräche führen, der wird mich verstehen und ich ihn. Ach wie herrlich. Ich werde das Schiff schon schaukeln und in ruhige Gewässer lenken! Ach, ich bin so toll, ich bin die großartige Helferin. Das ist der Hochmut in Dir, denn Du bist keine Therapeutin für defizitäre Männer. Du kannst Dir ja nicht mal selbst helfen, also wie einem anderen?
Außerdem kannst Du das eh nicht, denn Du willst ja was dafür. Liebe, noch mehr Liebe, ein Fass, einen See voll Liebe, die nie genug ist. Egal wieviel er oben reinschüttet, es läuft unten wieder raus und es stellt Dich innerlich nie zufrieden, denn Du kommst nie an. Dein Hunger nach Liebe ist so groß, dass Du alles hinnimmst. alles akzeptierst, Dich anpasst und ihm erzählst, wie toll doch Eure Beziehung ist und wie sehr Du ihn schäzt und bewunderst. Dabei glaubst Du, dass Du Deinen kleinen Krisenpatienten schon auf den rechten Weg führen wirist und ihm zu einem beziehungsfähigen partnerschaftlichen Mann machen willst.

Es ist hoffnungslos. Eine Partnerin, die was will von ihm, kann ihn nicht heilen. Eine Partnerin ist nicht objektiv, sie hat keinen Abstand, denn sie will ja auch was dafür. Ja, am Anfang war es toll, da schlugen zwei Herzen im Takt und es hätte nicht besser sein können.
Aber dann kamen die ersten Störfaktoren. Er wurde manchmal so anders, so als ob er nicht da wäre oder so, als ob Du gar nicht da wärst. Er zog sich zurück und das hast D gespürt. Und damit kam die Angst.
Was ist da los? Was ist mit ihm? Habe ICH was falsch gemacht, gesagt? Warum ist er so zurückgezogen, so fern? Oh mein Gott, was soll ich nur tun?

Und es kommt eine leise Ahnung. Diffus keimt in Dir das Gefühl auf, das kenn ich doch. Dieses Kaltstellen, diese entsetzliche Distanz die ich spüre und die Angst, die damit einher geht. Ich werde nicht verstanden, meine Gefühle und Wünsche und Bedürfnisse zählen nicht, weil auch dieser Mann nur mit sich beschäftigt ist.

Wo ist denn die Gegenliebe, die Anerkennung, die Wertschätzung für mich? Weg, so als ob sie nie da war. Tja, Enttäuschung kommt auf. Aber da ist ja Mutter Theresa, die sich nicht so leicht entmutigen lässt. Die angreift und die weiß was zu tun ist.
Denn ab jetzt kriegt er die beste Frau, die er nur haben könnte. Die ihn versteht, die seine Probleme kennt, denn die hat sie mittlerweile glasklar erkannt. Bindungsängste, lächerlich, die kriegen wir schon weg mit viel Liebe, Nachsicht und Geduld und Akzeptanz. Wäre doch gelacht wenn wir das nicht hinkriegen würden?

Aber es ist auch hier wie immer. Du schüttest oben rein und es läuft durch und statt Liebe und Anerkennung und Bestätigung ernest Du Distanz. Du stehst im Schatten, dabei hast Du doch alles getan, was man nur tun konnte! Du melkst Ochsen und wunderst Dich dass keine Milch kommt.
Irgendwann wird er es erkennen was ich für ihn bin, für ihn tue und was ich alles auf mich nehme, nur damit der Vollkoffer es gut hat und bleibt. Eines Tages werde ich für meine Mühen und auch mein Leiden belohnt, ganz sicher. Denn in jedem Märchen ist es so, dass das Gute gewinnt und das bin ich.

Klar, Du hattest eine wundervolle Kindheit, in der alles rosafarben war. Glaube ich sofort.
Du hast massive Verletzungen in Dir die bis heute nicht verheilt sind. Und genau daher suchst Du Dir solche Männer mit denen Du Dein Dilemma nachlebst, ob Du willst oder nicht.
Du suchst in Tiefkühltruhen nach Wärme, einem angenehmen Ort, an Qualität die den Wunsch zum Bleiben erweckt. Aber Du erlebst nur Enttäuschungen - eine nach der anderen. Und irgendwann schwant Dir dass das doch kein Zufall ist, dass da was dahinter steckt.

Ich war auch eine von denen, die sich problematischen Männern, die wenig liebesfähig waren, an den Hals warf. Die wollte ich dann retten, heilen, aber ich wollte natürlich auch was dafür. Und auch ich glaubte, mit viel Geduld, Nachsicht und noch mehr Nachsicht und vor allem Selbstaufgabe würde ich endlich gerettet werden, indem ich geliebt werden würde. So richtig, exklusiv, so, dass mein inneres Dilemma gelöst würde. Wenn ich diesen Mann bekäme, dann wäre alles gut, weil ich dann erkennen würde, dass ich gut bin. Gut genug, am besten. Die tolle Frau, die Anerkennung findet und belohnt wird.
Stattdessen gingen die Männer, einer nach dem anderen. Nummer eins blieb bei seiner langjährigen Freundin, mit der ihm angeblich nichts mehr verband. Nummer zwei war erstens zu jung, zweitens zu unreif und drittens, was hätte er mit der alten Kuh gewollt (ich war 35 und ich 28). Ich war ihm um Längen voraus, aber die Vormachtstellung überließ ich ihm, diesem wundervollen Mann von einem Bauernhof im Fränkischen, zu dem ich so gut passte wie das Weihwasser zum Teufel. Eines Tages kam eine junge Maid des Weges, die viel besser passte und das richtige Alter hatte und die stolz auf sich war. Tja, und ich. Statt der gewünschten Anerkennung erntete ich wieder mal eine Bauchlandung. Ich war wieder nicht gut genug gewesen, konnte der anderen nicht das Wasser reichen. Er war ein Ar..., aber ich liebte ihn dennoch. Halt nein, ich liebte ihn nicht, ich wollte dass er mich liebte damit ich endlich was wert war.
Und Nummer drei war die Krönung. Ein Tiefkühlschrank, der Mann mit der Maske, der hinter einer Mauer lebte, die ich nicht überwinden konnte. Der sich in seinen Bergfried ohne Zugang für andere zurückzog wo er allein war und wo niemand was von ihm wollte. Vor allem keine Frau, die ständig in ihn dringen wollte, die überhaupt was wollte und die zu viel wollte.
Der lief zur Hochform auf. Er entschied alles für sich und ich war draußen und sah ihm traurig beim Leben zu, an dem ich keinen bis wenig Anteil hatte. Ich sah eine Konzertkarte für ein mehrtägiges Festival. Es war eine Karte. Ergo war ich nicht vorgesehen, ja wurde nicht mal informiert. Er unternahm dieses und jenes und ich war nicht dabei.
Ansprüche konnte ich nicht erheben, da ich verheiratet war, selbstverständlich unglücklich, weil mir auch dieser Mann nicht das geben konnte was ich gebraucht hätte. Liebe und noch mehr Liebe.
Der Eisschrank sollte mich aus meiner freudlosen Ehe retten, das war die Aufgabe die ich ihm unbewusst zugeteilt hatte. Wenn ich nicht nur so gefroren hätte neben ihm. Ich fühlte mich oft so merkwürdig austauschbar, so als ob es egal wäre, ob jetzt eine Sandra, eine Jessica oder eben ich neben ihm herging. Er war so lau und von der hinein interpretierten Tiefgründigkeit war auch nichts zu spüren. Denn er war ja ständig mit sich beschäftigt. Mit seinem Befinden. Heute geht es ihm gut, alles gelingt, er fühlt sich rund und wohl in seiner Haut und morgen konnte es ganz anders aussehen. Selbstverständlich hatte ich auch dafür größtes Verständnis, denn wie es mir ging, wusste ich nicht so richtig.

Gut ging es mir nicht, denn mich quälte so viel. Die Verlustangst, er könnte sich jederzeit einer anderen zuwenden, denn ich war ja eh nicht wichtig. Versagensangst, weil ich wieder nicht gut genug war, dass er bei mir blieb. Selbstzweifel, Selbstverleugnung und ein krampfhaftes Ausblenden der verheerenden Lage waren meine Wahl. Er war doch so großartig, so besonders, so anders als mein langweiliger Ehemann. Ich musste nur dranbleiben, nicht locker lassen, dann ...

Er hatte andere Kontakte, auch zu Frauen. Ich fühlte es und ich sah es. Es war nichts mit Liebe und Sx, aber er brauchte die Kontakte, weil sie ihm Auftrieb gaben. Ich war ihm bedingslos ergeben, ich schaute andere Männer gar nciht mehr an, aber er .... Ich hatte keine Sicherheit. Woher auch? Er vermittelte sie mir ja nicht.
Meine innere Unsicherheit wuchs. Mein Selbstwertgefühl hatte er erfolgreich demoliert, weil ich es ihn demolieren ließ. Meine Selbstachtung war im Keller wie eigentlich mein ganzes Leben nach. Wie und wofür hätte ich mich achten sollen. Ich war ja doch eine Versagerin und konnte nicht mal eine befriedigende Beziehung führen. Die Männer gingen und der, der mir blieb, interessierte mich wenig. Denn ich wollte das Besondere, das Anstrengende, das was mir das Gefühl gab zu leben und zu lieben. Bis zur Selbstaufgabe.

Natürlich scheiterte auch die Affäre. Er ging, wie immer. Ich war es nicht wert, nicht gut genug, ich hatte versagt. Wie immer. Meine Mutter hatte mir auch oft das Gefühl gegeben dass ich nicht gut genug bin. Ich glaubte nicht an mich und dachte mir immer, ich müsste halt anders sein, dann .. würde ich richtig geliebt werden. Dabei war ich ja eigentlich gar nicht schlecht und ich tat alles dafür dass man mit mir zufrieden sein konnte. Aber es reichte nicht, es war nicht genug.

Warum passiert das alles, wo es doch nur wieder Leid bringt? Traurigkeit, Ängste?
Weil die Seele leidet. Weil sie was mit sich schleppt was sie nicht tragen kann und will. Sie kann aber nicht zu uns sprechen und sagen, Du, schau mal da und dorthin, da muss was besser werden. Sie wählt die Wiederholung und sie schickt uns wieder und wieder in defizitäte Beziehungen, in denen wir immer wieder das unaufgelöste innere Drama endlich auflösen sollen. Dazu braucht es den bestimmten Typ Mann. Denjenigen der uns triggert, weil unser Unterbewusstsein gleich kapiert, dass der dafür geeignet ist.

Mit Norbert können wir es nicht heilen, der juckt uns ja nicht, aber da ist dieser einzigartige charismatische Mann mit dieser besonderen Aura, der uns interessiert und unseren Helferdrang weckt. Vielleicht hat dieser Mann eine Ähnlichkeit mit dem Vater, der auch immer ein wenig fern blieb, mit dem wir gerne mehr Zeit verbracht hätten, der uns mehr Zuwendungen hätte geben können?
Das geeignete Objekt für uns. Und der wird das endlich alles beheben was in uns weh tut und der wird uns endlich zeigen, dass wir es ja doch wert sind.
Tja, es wird nur nichts, denn wir sehen, dass der Mann ja selbst beschädigt ist, selbst mit sich nicht klar kommt und permanent um sich und seine Befindlichkeiten kreist anstatt um uns.

So wird das nichts. Der Zwang zur Wiederholung ist ein Wegweiser, der uns zeigen will, dass was bei uns im Argen liegt. Dass da was ist, was weh tut und was wir verdrängen und nicht sehen wollen und mit dem wir uns nicht abgeben wollen. Da ist es doch viel gewinnbringender sich problematischen Männern zuzuwenden, die wir dann analysieren und therapieren wollen.
Die Seele will Heilung, sie will diese Dinge aufgelöst wissen, sie strebt nach Glück, nach Sicherheit, nach Geborgenheit in uns.

Und was tun wir? Wenden uns dem Außen zu, den Männern anstatt zu erkennen und zuzulassen was uns Schmerzen bereitet. Und hoffen dabei, dass die Männer das richten werden und damit zu Glücksbringern werden. Der Ritter in der glänzenden Rüstung und auf dem edlen Ross wird uns auf unser Schloss des Wohlbefindens führen und das auffüllen was uns fehlt.

Wir können nur bei uns ansetzen und unseren Helferdrang lieber uns selbst zu Gute kommen lassen als ihn zu verschwenden an Männer, die sich doch gar nicht helfen lassen wollen.
Wir können uns der schmerzhaften Dinge bewusst werden, uns erinnern an Situationen, in denen wir uns so gefühlt haben wir in dieser Beziehung. So ängstlich, so unverstanden, so trostlos. Und Erinnerungen und Erkenntnis sind ein wichtiger Schritt, denn Dinge, die wir zulassen und auf die bewusste Ebene holen, steuern uns weniger als die aus dem Unterbewusstsein. Die tun uns dann weniger weh und wir können anders damit umgehen.

Ach, das kenne ich ja schon! Oh je, wieder mal eine Niederlage eingesteckt, wieder mal nicht gut genug gewesen. Ja, aber eigentlich ist doch niemand perfekt und ich bin auch gut genug. Ich kann meinen inneren Dämonen gehorchen die mir schädliche Dinge ins Ohr flüstern und die ich glaube, obwohl sie falsch sind. Ich kann sie aber auch vertreiben und sagen, ihr bösen Kobolde quält mich nicht mehr. Ich bin eine gute Frau und ich habe es verdient geliebt zu werden. Und wer mich kalt stellt und im Regen stehen lässt, der hat mich nicht verdient. Nicht meine Aufmerksamkeit, nicht meine Nachsicht, nicht meine Aufopferung und Vernachlässigung meiner selbst und meiner Werte. Ich bin es wert dass man mich schätzt und liebt und gut mit mir umgeht. Im Gegenzug gehe ich auch wertschätzend mit dem Partner um. Ich sehe ihm Eigenheiten nach, die eigentlich Bagatellen sind und er sieht mir auch manches nach, was er bei mir nicht ändern kann. Aber Geben und Nehmen sind im Gleichgewicht. Das sorgt für Ausgewogenheit und nicht für das dumpfe Gefühl dass wir uns umsonst abarbeiten.

Es ist einfach zu sich gut zu sein und sich zu mögen, wenn man es von Kindheit an gelernt und übernommen hat. Ich bin gut wie ich bin und es ist schön dass es mich gibt. Wenn das zu wenig vermittelt wird, so ist das schmerzhaft für das Kind, das sich dann verbiegt und den Schmerz verschiebt. Dorthin wo er nicht mehr spürbar ist. Leider aber ist die Betonschicht darüber sehr rissig und es drängt immer wieder nach oben und steuert unser Verhalten. Wir nehmen unsere Bedürfnisse nicht richtig wahr, gehen darüber hinweg, verdrängen es und dann holt es uns ein. Weil es die falsche Strategie ist.

Du bist an diesen Mann geraten, weil er ein Wegweiser für Dich ist. Es zeigt genau auf das, was im Argen liegt. Und die Quintessenz ist meistens ein miserables Selbstwertgefühl, das wird dadurch aufpolieren wollen.
Alles Wiederholung, aber das Gute ist, wenn man es erkannt hat, kann man sich der eigenen Person zuwenden und das innere Kind an die Hand nehmen. Es wahrnehmen, denn dann gibt es Ruhe. Nur der Glaube daran, irgendein Mann könnte das übernehmen ist falsch.

Du kannst ihn nicht heilen, bekehren. Nenn es wie Du willst, eine Besserung wäre allenfalls möglich, wenn er selbst erkennt, dass er hilflos ist und von inneren Dämonen getrieben wird, die ihm vermitteln, dass Beziehungen im Endeffekt nur bedrängend und erdrückend sind. Er ist unreif und seinem Unterbewusstsein ausgeliefert. Er bräuchte therapeutische Unterstützung, was die wenigsten akzeptieren. Denn es ist einfacher, immer davon zu laufen.

Er lebt so. Er hat eine große innere Sehnsucht nach Ankommen, nach Geborgenheit, Zusammenhalt und dazu braucht er eine entsprechende Frau. Eben Mutter Theresa die unbewusst wittert, dass das hier ein prima Minenfeld für ihre Intentionen ist. Ich helfe ihm und ja, er hat gesagt, er hat Probleme mit Bindungen, aber mit mir wird es anders sein. Aufgrund seiner Liebessehnsucht geht er eine Beziehung ein, profitiert davon, aber dann erdrückt es ihn wieder und er muss wieder in die Sicherheit der Distanz gehen, denn das kennt er, hier fühlt er sich vielleicht nicht wohl, aber doch sicher. Wenn er auf Dauer dann nicht doch wieder eine verdammte Einsamkeit verspüren würde, die ihn wieder Annäherung suchen lässt.
Und so kommt es zu diesem Spiel aus Nähe und Distanz, das immer unbefriedigender ist, bis einer es endlich beendet.

Wer das bei Euch sein, wird sich herausstellen. Aber Du hast keine Chance dass es mit dem was wird, denn er kann nicht anders. Er ist defizitär und meint, hier wird mir geholfen, aber dann schmeckt ihm die Hilfe nicht mehr. Sie erdrückt, sie erwürgt ihn förmlich, sie bedrängt ihn. Und dann bleibt nur die Flucht - zeitweise oder endgültig.

Es ist nicht Deine Aufgabe und Du hast nicht die Kompetenz ihn zurecht zu biegen, wenn er selbst es gar nicht angehen wird. Denn er weiß dass was nicht stimmt und dass dieses Etwas sehr schmerzhaft ist. Und daher lässt er es lieber, zumal er als aktiver Bindungsvermeider eh im Vorteil ist, da emotional weniger beteiligt. Du bist der passive Part, für den das Ertragen und das Leiden gedacht ist.
Du kannst da raus gehen oder Du drehst noch ein paar frustrierende Runden.

Und sag nicht so einen Krampf wie Beziehung light, weil es verlogen ist. Du willst eine Beziehung mit Hand und Fuß und keine halbe Beziehung. Du brauchst ihn nicht zu schonen, denn er weiß durchaus dass er Dir damit weh tut. Aber das ist egal denn seine Impulse zählen und sonst nichts. Er zerdrückt vielleicht ein paar Krokodilstränen die auch keinem helfen über sein Unvermögen. Am wenigsten dir. Sie erweichen höchstens Dein Herz, weil Mutter Theresa wieder anspringt.

Hilf Dir selbst und das wird Dir nützen. Ihm ist nicht zu helfen, nicht von Dir und nicht durch Dich.

24.08.2022 15:11 • x 2 #60


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag