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Bindungsangst bei Frau

Vienne
@tesa
Ich schicke dir eine PN

28.08.2022 03:30 • x 1 #76


tesa
Zitat von Begonie:
Wir gingen auch nur in Gaststätten wo er nicht Gefahr lief mit mir gesehen zu werden. Einerseits weil ich ja verheiratet war,


Ab diesem Satz habe ich Deine Beiträge aus der Sicht Deines Ehemannes gelesen.

Und mir gedacht, dass Du offenbar zum gleichen Zeitpunkt aktiv und passiv warst. Nur verschiedenen Personen gegenüber.

Allein, wie lange es brauchte, Deine Kommentare zu lesen und endlich zu erfahren, dass es da einen Ehemann gab.

Das soll kein Angriff sein, sondern eine Erhellung.

Wie muss sich Dein Ehemann gefühlt haben/fühlen, der während Du Zaungast im Leben des AM warst, Zaungast in Deinem ist.

Es ist alles sehr verwirrend, denn einerseits verhalten sich Aktive, als würden ihnen die Passiven nichts bedeuten, andererseits bin ich überzeugt davon, dass gerade wir sie besonders berühren.

Und ist es nicht eher so, dass Dein AM Dich ausgesucht hat, weil er wusste, dass das für ihn nicht gefährlich wird, weil Du ja gebunden warst?

Zitat von Begonie:
diese Männer (es können auch Frauen sein, aber die gehen meist ein wenig anders vor) misshandeln ihre Freundinnen.


Darüber denke ich auch grade nach ... ich weiß, dass wir (die Passiven) die Seite wechseln, wenn wir auf jemanden Treffen, dem wir gefallen. Zeigt jemand ernsthaft Interesse blocke ich meistens sofort ab. Die wenigen Male, wo ich das nicht tat, waren eine Qual für mich. Und ich beendete es zeitverzögert.

Was aber nie passieren würde ist, dass ich Dinge täte, wie wir sie alle bei den Männern kennen. (Unzuverlässigkeit, kurzfristige Absagen ... bei mir gab es sogar einen Kandidaten, der immer so tat, als wäre die Telefonleitung gestört ... ) Wahrscheinlich bin ich genau deshalb in der Rolle der Passiven.

Ich kann mich aber daran erinnern, dass ich in jungen Jahren meinen Freund auf Distanz hielt, indem ich ständig sagte, er solle nicht vergessen, dass wir nicht zusammen wären. Und genau das habe ich später erlebt. Nur umgekehrt.

Zitat von Begonie:
Er geht so mit Dir um weil er keinen Respekt vor Dir hat.

Das ist das verwirrende.
Vordergründig sieht es nach Respekt losigkeit aus. Aber ist es das wirklich?

Wenn wir davon ausgehen, dass aktive Beziehungsängstler panische Angst vor tiefgehenden Gefühlen haben und ich davon überzeugt bin, dass diese Angst bei Frauen, die gefährlich werden können, besonders groß ist, dann ist das Motiv Respektlosigkeit unlogisch.

Die Respektlosigkeit ist wahrscheinlich nicht das ureigenste Motiv sondern eher das Kleid, indem sich die Angst zeigt.

Zitat von Begonie:
Glaubst Du, dass er einen Funken Achtung vor Dir hat? Sicher nicht.


Auch hier ... kann es wirklich so sein? Wenn es so wäre, dann hieße das, dass sie keine Gefühle für uns hätten. Das stimmt aber nicht.

Einer meiner ersten Beziehungsängstler tauchte nach fast 20 Jahren wieder auf und wollte mich plötzlich heiraten, weil ich die richtige gewesen wäre. Und dieser Mann behandelte mich auch Respektlos. Gleichzeitig wusste ich schon damals, dass er mich im Innersten liebte. Nach außen bekam ich kalt, warm.

Zitat von Begonie:
Du bist bedürftig, er bleibt autark. Für sich, in seiner Welt, an der Du keinen Anteil hast.


Das sieht nur so aus. In Wahrheit sind sie innerlich zerrissen.

Während ich das schreibe geistern alle Männer meines Lebens in meinem Kopf herum. Die Beziehungsängstler gibt es in allen möglichen Ausführungen. Und der einzig gemeinsame Nenner ist ihre innere Angst.

Zitat von Begonie:
Zurückgenommen, ernst, geheimnisvoll, ich wollte ihn ergründen, diesen tiefen See.


Das erinnert mich an mich.

Bei mir gibt es allerdings zwei Formen. Die Stillen, ernsten und die Paradiesvögel. Das macht die Sache noch schwerer, sie gleich zu erkennen.

28.08.2022 10:41 • x 2 #77


A


Bindungsangst bei Frau

x 3


B
Bindungsängstliche Menschen sind nicht gefestigt. Sie schwanken wie Schilfrohre und sind nicht im Boden verankert.
Die innere Angst verkleidet sich bei aktiven und passiven.
Die aktiven kehren immer wieder in ihre scheinbare Selbstbestimmtheit zurück, in der sie sich sicher fühlen, zumindest für einige Zeit. Nach außen sind sie rücksichtlos, stellen ihre Freiheit und ihre scheinbare Unabhängigkeit in den Vordergrund.
Der passive verkleidet noch besser, denn er kommt von hinten. Er will ja eine Beziehung, er strebt danach, er entwickelt wenn er das passende Objekt gefunden hat, unglaubliche Sehnsüchte und stürzt dabei ins Unglück, weil er immer wieder Zurückweisung erfährt. Er hat selbst Angst und sucht sich daher auch Bindungsvermeider aus.

Ein Mensch mit einem gesunden und stabilen Selbstgefühl hat es nicht nötig, gegenüber einem Partner seine Unabhängigkeit auszuleben, denn er weiß, dass er ein selbstständiger Mensch ist, der sich aber partnerschaftlich verhält. Weil er sich auch verantwortlich fühlt für den Partner und auch Verantwortung für das eigene Verhalten übernehmen kann. Ein Mensch mit Stabilität hängt sich auch nicht an einen unfähigen Partner und investiert wahnsinnig viel Zeit und Herzblut, erträgt Sehnsüchte und Lieblosigkeit, weil er weiß, was er will und was er wert ist.

Es kommen zwei sehr unvollkommene Menschen zusammen, denn ein Bindungsvermeider und ein Nicht-Bindungsvermeider könnten nichts miteinander anfangen. Sie stünden sich fremd gegenüber. Was täte denn der aktive mit selbstbewussten Partnerin, die weiß was sie will? Da könnte er ja seine Defizite nicht ausleben. Und der passive genauso. Männer, die bereit für eine richtige Beziehung wären, können nicht landen, weil sie als uninterssant und langweilig empfunden werden. Der ist ja ganz nett, aber ...
Der passive Vermeider mutiert zum Erdhörnchen das sich bei Gefahr, also Bedrängung ins Erdloch zurückzieht.

Und Bindungsvermeider verhalten sich nicht selten wie Chamäleons. Sie können in der einen Beziehung die aktive Rolle ausleben, in einer anderen die passive. Eben weil sie nicht gefestigt sind, suchen sie unbewusst ebensolche Partner.

Zitat von tesa:
Und mir gedacht, dass Du offenbar zum gleichen Zeitpunkt aktiv und passiv warst. Nur verschiedenen Personen gegenüber.

Ist das nicht fabelhaft, wie wundersam sich Menschen verhalten können? Es ist tatsächlich so. Bindungsvermeider können das problemlos, nur glücklich werden sie nicht.
Das hast Du gut erkannt. In meiner Ehe bin ich tatsächlich der aktive Vermeider, aber ich habe mittlerweile dazu gelernt, dass so ein Verhalten schlichtweg unmöglich, grenzenlos unfair und verantwortungslos ist. Mit so was bin ich heute durch. Ich brauchte früher Kontakte zu Männern, wobei es gar nicht mal um Sx ging, einfach um mein Ego aufzupolieren. Auch das brauche ich nicht mehr, ich habe das Interesse daran verloren.

Manchmal kommen Menschen in unser Leben weil wir etwas lernen müssen oder sollten. Meine Affäre war so ein Mensch. Untauglich für eine Beziehung, immer irgendwie auf der Flucht, vor mir und vor sich selbst, süchtig nach Anerkennung. Daher auch die vielen Bekannten, gerne weiblich ... Auch er brauchte das um sein kleines Ego zu polieren. Jämmerlich, aber das ist häufig und gab es schon immer und wird es immer geben.

Zitat von tesa:
Zeigt jemand ernsthaft Interesse blocke ich meistens sofort ab. Die wenigen Male, wo ich das nicht tat, waren eine Qual für mich. Und ich beendete es zeitverzögert.

Ich brauche nur an meine Jugend zu denken, dann kann ich nur sagen: DITO!
Die sicherste Methode mich zu vertreiben, war, mir hinterher zu laufen.
Ich habe unfassbar lange gebraucht, bis mir dieser Mechanismus überhaupt bewusst wurde.

Zitat von tesa:
Die Respektlosigkeit ist wahrscheinlich nicht das ureigenste Motiv sondern eher das Kleid, indem sich die Angst zeigt.

Natürlich ist sie das. Auch dieses IndenVordergrundstellen der eigenen Person, dieses Streben nach scheinbarer Unabhängigkeit, sind Kleider. Aber das macht das Verhalten ja auch nicht besser. Sie wissen durchaus dass sie anderen damit weh tun, aber der eigene Impuls ist viel stärker. Und beim Passiven ist das Ochsen melken auch nur ein Kleid. Das geht ja nur, eben weil sie nie das kriegen, was sie sich ersehnen. Würde der Amigo auf einmal zum treusorgenden Partner mutieren, wer weiß, wie Vienna sich dann verhalten würde? Womöglich würde dann sie ihn auf Abstand halten.
Es ist ja immer einfach sich etwas herbei zu sehnen was man nicht hat. Man verhält sich wie der Esel der ständig der Mohrrübe hinterher läuft, die vor seinem Maul baumelt. Er rennt und rennt und weiß genau er kriegt sie nicht, aber er rennt trotzdem, weil er sich einbildet, irgendwann muss ich sie doch zu fassen kriegen.

Zitat von tesa:
Die Stillen, ernsten und die Paradiesvögel. Das macht die Sache noch schwerer, sie gleich zu erkennen.

Das ist allerdings wahr. Paradiesvögel haben mich nie interessiert, sie sind langweilig. Aber die ernsten, zurückhaltenden hatten immer gute Chancen auf Beachtung und Interesse.

Ich weiß dass ich es zum Teil von meiner Mutter übernommen habe, zum Teil von meinem Vater. Meine Mutter arbeitete sich auch oft erfolglos an meinem Vater ab, wollte mehr, als er ihr geben konnte.
Er machte aber immer sein Ding und richtete sich erfolgreich seine Nischen ein. So durfte es z.B. zum 40-Stunden-Job gerne noch eine Nebentätigkeit mit 10 oder 15 Stunden pro Woche sein oder Mitgliedschaft hier und dort und Vereinstätigkeit da und dort.
Selbst heute mit 84 schafft er sich noch seine Nischen und verschwindet mal für die nächsten drei Stunden weil er das Grab gießen will ...
Ich lache dann immer weil er seine Frau immer wieder ein wenig austrickst, die ihn gerne kontrollieren will. Es macht sie ärgerlich und frustriert wenn er sich wieder mal erfolgreich seine Insel geschaffen hat. Aber sie ist ein wenig zu dumm um das zu durchschauen.

28.08.2022 17:54 • x 3 #78


tesa
Zitat von Begonie:
Ein Mensch mit Stabilität hängt sich auch nicht an einen unfähigen Partner und investiert wahnsinnig viel Zeit und Herzblut, erträgt Sehnsüchte und Lieblosigkeit, weil er weiß, was er will und was er wert ist.


Ergänze emotionaler Stabilität ...
Zitat von Begonie:
Was täte denn der aktive mit selbstbewussten Partnerin, die weiß was sie will? Da könnte er ja seine Defizite nicht ausleben. Und der passive genauso.


Hier möchte ich ein Detail betonen, das bei mir selbst besteht ... und ich bei Dir spüre.

Wir sind nicht durch unser Auftreten erkennbar. Sowohl meine Beziehungsängstler als auch ich sind sehr starke im Leben stehende - mitunter beruflich sehr erfolgreiche Menschen. Wir werden sogar für unsere Stärke und unser Selbstbewusstsein von anderen bewundert.

Das ist der Punkt, der es noch so viel schwerer macht, ihnen aus dem Weg zu gehen. Man erkennt sie nicht.

Lediglich die Tatsache, dass wir einander gegenseitig attraktiv finden und einander anziehen ist das Indiz und gleichzeitig der Beweis, dass es ein Beziehungsängstler ist.

Und damit schließt sich der Kreis und macht es uns unmöglich, jemanden zu finden, der beziehungstauglich ist.

Und ich verzweifelte in der Vergangenheit in diesem Forum oft, weil ich mehrfach den Ratschlag bekam, mir einen anderen Mann zu suchen. Es ist unmöglich.


Zitat von Begonie:
Mit so was bin ich heute durch. Ich brauchte früher Kontakte zu Männern, wobei es gar nicht mal um Sx ging, einfach um mein Ego aufzupolieren. Auch das brauche ich nicht mehr, ich habe das Interesse daran verloren.


Geht mir auch so. Wobei ich nicht sagen könnte, dass ich mein Ego aufpolieren wollte. Wobei - ich war in einer anderen Situation als Du. Ich war ja auf der Suche nach meinem Ehemann und Vater meiner Kinder.

Zitat von Begonie:
Manchmal kommen Menschen in unser Leben weil wir etwas lernen müssen oder sollten.

Das ist immer so.
Und oft denke ich mir - wenn ich all die traurigen Geschichten vom Ausgang normaler Partnerschaften lese, dass ich da wohl besser dran bin. Ich muss nicht irgendwo ausziehen. Keine Wohnung aufteilen. Keinen Kontakt zum Betrüger aufrecht halten, wegen der Kinder.

Zitat von Begonie:
süchtig nach Anerkennung.


... weswegen auch immer welche dabei waren, die starke narzisstische Tendenzen hatten wenn sie nicht sogar welche waren.

Zitat von Begonie:
Meine Mutter arbeitete sich auch oft erfolglos an meinem Vater ab, wollte mehr, als er ihr geben konnte.


Das ist bei mir eine besonders interessante Konstellation. Meine Männer ähneln emotional meiner Mutter, die ihrerseits meinem emotionslosen Stiefvater nachgehechelt ist. Somit hatte ich gleich beide Formen in einer Person als Lehrmeisterin.

28.08.2022 18:58 • x 2 #79


B
Zitat von tesa:
Wir sind nicht durch unser Auftreten erkennbar. Sowohl meine Beziehungsängstler als auch ich sind sehr starke im Leben stehende - mitunter beruflich sehr erfolgreiche Menschen. Wir werden sogar für unsere Stärke und unser Selbstbewusstsein von anderen bewundert.

Ohja, beruflich erfolgreich, im Privatleben gut aufgestellt, scheinbar starke Persönlichkeiten. Das ist die eine Seite, in der auch eher der Verstand zu Hause ist.
Die andere emotionale Seite ist dann das Feld, wo die Bindungsängste ausgelebt werden.

Bindungsängstler sind kaum gleich am Anfang erkennbar. Im Gegenteil, sie präsentieren dem Gegenüber ein wunderbares Bild von sich. Ob einer tatsächlich dazu gehört, zeigt sich später und da geht es dann mit den Verletzungen los.

Bindungsängste lassen sich nicht wegtherapieren. Selbst gute Therapeuten stossen da sicher an ihre Grenzen. Aber man kann auch mit Bindungsängsten lernen, eine einigermaßen funktionierende Beziehung zu leben, wenn man sie erkannt hat. Dann nämlich verlieren sie ihre Maske.

28.08.2022 19:25 • x 2 #80


Vienne
@Begonie

Liebe Begonie,

vielen lieben Dank für deine ausführlichen Beschreibungen der Mechanismen bei Bindungsangst und für deine Ratschläge.

Ich habe für mich entschieden, dass ich diese Achterbahn stoppen möchte.
Die Beziehung werde ich zwar nicht beenden, sehe aber wenig Chancen, dass sich etwas ändern wird. Er wird nie eine Therapie machen, weil er nie genügend Leidensdruck entwickeln wird. Er wird einfach damit fortfahren und immer seine Flammen austauschen, wenn es eng wird.

Habe ihm vorgeschlagen, dass er das nächste Treffen vorschlagen soll, um den Druck für ihn rauszunehmen. Aber sobald er ein Treffen vorschlägt, werde ich ihm sagen, dass ich Abstand nehme. Es passiert ja sowieso immer der gleiche Mechanismus...und ich bin nicht mehr bereit, das mitzumachen.

Wenn ihm tatsächlich etwas an mir liegt, wird er auf mich zukommen. Wenn nicht - ich kann nur meine Probleme lösen, nicht seine oder unsere. Also eine rationale Entscheidung. Aber ich bin weder Masochistin noch süchtig. Und ich werde in einem Erstgespräch mit einem Psychologen feststellen lassen, ob ich tatsächlich unter Bindungsangst leide.

Aber so macht es einfach keinen Sinn. Irgendwann werden hoffentlich meine Gefühle verschwinden. Einen anderen Mann will ich nicht, Daten fällt flach. Ich brauche zu meinem Glück keinen Mann, ich komme gut allein zurecht.

Vielleicht kommt er zur Besinnung, vielleicht nicht. Ich rechne nicht damit. Schade. Aber es soll wohl nicht sein...

29.08.2022 09:43 • #81


B
Zitat von Vienne:
Die Beziehung werde ich zwar nicht beenden, sehe aber wenig Chancen, dass sich etwas ändern wird. Er wird nie eine Therapie machen, weil er nie genügend Leidensdruck entwickeln wird. Er wird einfach damit fortfahren und immer seine Flammen austauschen, wenn es eng wird.


Nun ja, Du lavierst Dich halt weiter durch. Macht nichts, denn eines Tages wird es wohl doch enden. Diese Art von Beziehung hat auch kein Entwicklungspotential. Es geht nichts vorwärts, langfristige Perspektiven gibt es sowieso nicht.
Natürlich macht er keine Therapie. Wieso auch? Ihm geht es doch gut, also kein Grund sich mit sich zu befassen. Außerdem spricht auch das männliche Ego dagegen. Da müsste man sich ja einem anderen Menschen offenbaren. Womöglich werden Probleme angesprochen. Danke vielmals, kein Bedarf!
Genau, er wird seine Flammen austauschen und als Charmeur weiß er sowieso wie er ans Ziel kommt. Allein schon seine Aussage, er sei beziehungsunfähig, wolle aber dennoch eine Beziehung mir Dir. Widerspruch in sich und ein ganz und gar unfaires Angebot, denn das Ende ist schon vorweggenommen, ehe die Beziehung begann. Braucht es nur noch die richtige Partnerin dazu, die sich doch darauf einlässt.

Und jetzt willst Du Dich also sozusagen raus nehmen, keine Vorschläge mehr machen, sondern er soll antraben. Vielleicht tut er es ja, weil Du den Druck dadurch rausnimmst. Andererseits ist es gelogen, denn wie willst Du denn von gefühlter Liebe und Sehnsucht nun auf schulterzuckendes Abwarten umschalten, das Dir nicht weh tut.
Ich glaube, damit überschätzt Du Deine Fähigkeit zum Loslassen.
Du sagst Dir, mach was Du willst, mir doch egal. Wenn Du Lust hast, melde dich, ansonsten mache ich es mir allein schön.
Ja, das habe ich auch probiert, es ging nicht, denn die Emotionen flammen immer wieder auf und man spürt das verkrampfte Konstrukt, das man sich aus Selbstschutz selbst auferlegt. Ab heute bettle ich nicht mehr ... ab heute ist er mir egal ...
Wenn es nur so einfach wäre.

Das richtige Loslassen kam erst mit dem Kontaktabbruch in Gang. Die Gefühle werden nämlich solange man in der Beziehung bleibt, immer wieder angefüttert und schreien nach mehr. Dann kommt der Verstand daher und sagt, gibt ihr mal Ruhe, ihr Jammerliesen. Ich hab Euch doch schon hundertmal gesagt, dass ab heute neue Regeln gelten. Dann jaulen die Gefühle wieder dazwischen und sagen: Wir wollen ihn aber bei uns haben, wir wollen ihn sehen, hören, spüren... Wir sehen das nicht ein.

Es ist dann eine Situation des inneren Zwiespalts. Mal gewinnt die eine Instanz, dann dann die andere. Das Wechselbad bleibt dadurch im Grund genommen doch bestehen, denn keiner kann von Liebe auf eine Art Freundschaft umsteigen. Kommt dann noch die se xuelle Ebene dazu. Sx bindet, gerade bei Frauen und so tritt nach dem grandiosen Sx wieder der Katzenjammer auf, weil es halt doch nicht reicht. Wer hält auf Dauer schon eine Freundschaft plus durch? Einer will mittendrin meistens mehr und dann geht das Jammern und Klagen los.

Musst Du selbst wissen, aber ich befürchte, Du vergewaltigst Dich damit nur selbst.
Und ob ein Therapeut bei einer Sitzung sagen kann, ob Du auch unter der Krankheit leidest, bezweifle ich. Der sagte auch nicht zu mir, sie sind ja selbst betroffen. Aber das habe ich in mehreren Ratgebern gelesen und eine Rückschau spricht voll dafür.

Sehe ich dann meine Vergangenheit an bis zur Kindheit, dann erkenne ich , dass sehr viel schon in sehr frühen Jahren angelegt wurde. Scheol hat das mit der Abspaltung schön erklärt und genau das sagte mir auch mein Therapeut. Das Kind verschiebt Dinge, die praktisch Existenzangst auslösen können, weit weg und weit fort auf eine Ebene, wo es nicht mehr weh tut. Aber es wirkt dann eben aus dem Unterbewusstsein und zeigt sich später in merkwürdigen Partnerkonstellationen oder langen Zeiten des Alleinseins. Denn das Kind hat schon verinnerlicht, dass Bindungen weh tun, Schmerz bringen und man doch alleine ist. Man kann sich ja auch in einer Beziehung sehr alleine fühlen.

Mein Vater hatte Glück. Er wurde mit 54 Witwer. Danach durchlebte er das obligatorische Trauerjahr, das natürlich nicht gesetzmäßig ein Jahr dauert. Aber in einem Jahr hat man zumindest die schlimmsten Tage durch wie Geburtstag, Weihnachten, Todestag. Das ist hart genug.
Dann wurde er sehr unternehmungslustig. Ging wieder zum Fußball mit seinen alten Herrn, fuhr viel Rad mit einer Radclique, ging wöchentlich einmal in die Sauna, wo er im Lauf der Zeit neue Bekannte fand usw.

Ich staunte über seinen Unternehmungsgeist. Und irgendwann so nach 2 oder 3 Jahren trat dann die zweite Frau auf den Plan. Selbst Witwe lernten sie sich auf einer Geburtstagsfeier wieder kennen. Denn sie kannten sich schon als Kinder, aber 6 Jahre Altersunterschied sind viel bei Kindern. Sie hatten nichts miteinander zu tun und gründeten eigene Familien.
Irgendwann haben sie auch geheiratet. Es klappt so weit ganz gut. Nur mein Vater neigt noch immer dazu, sich seine Inseln zu schaffen wo er seine Ruhe hat. Das wird so bleiben. Direkt Bindungsängste sehe ich bei ihm nicht, aber er braucht immer wieder seine Rückzugsmöglichkeiten. Das hat aber mit Bindungsangst nichts zu tun.

Nun, es wird spannend, wie es mit dem Amigo weiter geht und mit Dir, liebe Vienna. Mögest Du Dein Glück finden. Vielleicht wäre ein Norbert doch mal einen zweiten Blick wert. Man kann sich auch täuschen. Aber Norberts sind halt keine Amigos.

29.08.2022 13:19 • x 1 #82


Vienne
@Begonie

Liebe Begonie,

abermals vielen lieben Dank für deine Analyse. Ich schätze deinen scharfen Verstand.

Wie du so treffend formuliert hast ...ein Norbert ist kein Amigo !
Wobei dieser Norbert sich selbst als Alphamännchen sieht, über Witz, sehr scharfen Verstand und einen gewissen Charme verfügt, sonst hätte er mich nicht angezogen.
Es hat sich eine richtig gute Freundschaft zwischen uns entwickelt. Die möchte ich um nichts in der Welt missen! Wir haben viel Spaß miteinander, telefonieren nächtens öfter 3 Stunden miteinander, es ist nie langweilig mit ihm und ich kann so herrlich und unbeschwert mit ihm lachen. Auch er möchte unsere Freundschaft nicht mehr missen.

Wir haben beschlossen, diesen Ausflug über ein Wochenende zu realisieren, allerdings mit 2 Einzelzimmern und ohne Option auf mehr. Weil wir wirklich gern miteinander Zeit verbringen. Schade ...es wird leider nicht mehr daraus werden können, weil ich mich nicht verliebt habe. Aber achtgeben muss ich trotzdem, es knistert schon ein bisschen zwischen uns.

Nun, was meinen lieben Freund betrifft, ich habe nicht vor, das auf eine F+ zu reduzieren.
Was ich unbedingt möchte, ist es, eben diese Achterbahn zu stoppen. Denn die macht mir schwer zu schaffen.
Daher mein Versuch, den Mechanismus zu durchbrechen, indem ich den Druck völlig rausnehme. Und wenn er dann sich Zeit lässt, ein Treffen vorzuschlagen, darf ich mich einfach nicht mehr triggern lassen. Denn das ändert ja nichts an der Situation, sondern schadet mir enorm.

Ich hoffe so, dass er mich sehen möchte (und nicht muss), dann Lust auf mehr Treffen bekommt. Natürlich wird sich die Nähe -Distanz-Problematik nicht ganz entschärfen lassen, das ist mir klar. Aber insoweit, dass ich mich nicht jedes Mal triggern lasse...

Natürlich kommt ihm das entgegen, keine Frage. Aber das Hauptziel für mich ist, dass ich die Situation für mich entschärfen kann.
Und klar, die Sehnsucht wird wieder auftauchen, da habe ich keine Illusionen. Aber ich muss mich für mich, für meinen Seelenfrieden zurücknehmen! Und nicht für die Beziehung...

Klar, wenn die Treffen selten bleiben sollten und ich damit nicht leben kann, dann bleibt nur leave it ..und Chance, dass er auf lange Sicht etwas ändert? Da kann ich nur in wieherndes Lachen ausbrechen...of course not!

Ja, ich laviere mich weiter...da hast du schon recht. Aber ich will nicht unter die Räder kommen...

29.08.2022 14:18 • #83


Vienne
@Begonie

Den inneren Zwiespalt habe ich natürlich. Es war dieses Mal eine rationale Entscheidung , ich muss einfach für mich den Schaden begrenzen, ich darf nicht mehr in diese Achterbahn kommen. Hier ging es in erster Linie um mich, ich habe Angst, wie weit mich sonst die Abwärtsspirale treibt. Daher die Notbremse. Ob das funktionieren kann...es muss einfach.

Und natürlich ist der S. mit ihm unglaublich. Das wird sich nie ändern. Ist aber für ihn auch so ungewöhnlich, ich weiß, dass er so etwas auch noch nie vor uns erlebt hat. Es ist aber nicht der S. das Bindende zwischen uns. Und ist es eines Tages aus, das werde ich nie wieder mit einem anderen Mann erleben können.

Es ist aber eben auch alles, was wir miteinander erlebt haben, ungewöhnlich. Das sehen wir beide so. Im Positiven wie im Negativem...

Ich hatte vor dieser Beziehung noch nie eine mit Bindungsangst. Es gab eine einzige Begebenheit vor meiner Hochzeit, da haben mein Mann und ich plötzlich 2 Monate davor viel gestritten. Ich bekam deshalb ein bisschen kalte Füße...habe ihn aber doch geheiratet. Wir waren da ja auch schon 6 Jahre zusammen und kannten uns sehr genau.
Eben, weil ich noch nie so eine Beziehung hatte, zwar der passive Part war, bin ich nicht sicher, ob das nur in dieser Beziehung jetzt so ist. Mal sehen, was der Therapeut meint. Ich kann eigentlich nirgends vorher irgendwelche Belege davor finden.

Erstaunlich, die Geschichte mit deinem Vater...aber er scheint ja gut zurecht zu kommen!

Und ja, ich bin auch gespannt, wie meine Geschichte weiter geht...sie ist jedenfalls alles andere als langweilig....

29.08.2022 15:31 • #84


A


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