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Die Schuldgefühle der Verlasser

K
Was mich jedoch traurig stimmt, ist, dass ich mich veraendert habe. Zynischer geworden bin.

Obwohl ich verlassen habe, ist es bei mir genau so. Ich dachte mit LIEBE schaffen wir alles. Diese Illusion habe ich nicht mehr. Irgendetwas hat sich in mir verändert. Ich glaube nicht mehr an die GROSSE Liebe. Die hatte ich und es hat trotzdem nicht geklappt. Wir haben einiges probiert, Therapie, Bücher gelesen, Abstand, Nähe...
Nach Jahren des kämpfens um unsere Ehe und Beziehung (vielleicht auch die Hoffnung er kommt etwas auf mich zu) habe ich am Schluss aufgegeben und bin gegangen.
Am Ende wollte ich mich schützen. Trotzdem plagen mich nach fast einem Jahr immer noch Schuldgefühle. Es gibt Monate da ist es besser und momentan wieder sehr schlimm.

27.05.2019 15:26 • x 1 #61


M
@KatNbg Ich stamme aus türkischem Elternhaus, bin in einigen Dingen furchtbar altmodisch. Traue das aber in der Regel nur in anonymen Foren zuzugeben

Wenn es Charakterzüge des Partners sind, die einen abstossen, dann muss man sich trennen. Z.B. er ist gehaessig, er ist geizig, er macht einen vor anderen nieder, er will beleidigen, er schlaegt, er droht, er nutzt seine Machtposition aus (finanziell, emotional, etc.). Er respektiert einen nicht mehr als Mensch. Er sieht einen nicht als gleichwertig an.

Wenn es aber keine Charakterzüge sind, wenn er einen immer noch abgöttisch liebt (ich weiss, ein hochgestochenes Wort), dann wird die Trennung eine Narbe hinterlassen, die bis an das Lebensende nicht vergehen wird. Die Wunde wird heilen, vernarben, aber trotzdem dann und wann schmerzen. Damit muss man lernen umzugehen.

Den Glauben (die Illusion), den ich mit Anfang 20 hatte, dass immer etwas besseres noch daherkommt, den habe ich schon lange nicht mehr. Auf Maria kam Claudia, auf Claudia, Marion, auf Marion, .... Alles zauberhafte Geschöpfe, aber nicht unbedingt eine besser oder schlechter als die andere. Haette Maria mich gewollt, mir haette es für diese Leben vollkommen gereicht.

27.05.2019 15:59 • x 1 #62


A


Die Schuldgefühle der Verlasser

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Wandler
Ich kann die angesprochenen Schuldgefühle der TE sehr gut nachvollziehen, denn mich plagen diese oder ähnliche auch.
Und das hat absolut gar nichts mit unterschwelligem Zurückwollen des oder der Ex zu tun.

Oft ist es so, daß der Verlasser sich schon lange mit dem Gedanken des Beendens der Beziehung herumschlägt, das im Kopf schon -zig mal vollzogen, aber aus tausenderlei Gründen doch nicht in die Tat umgesetzt hat, eben auch aus - wer weiß falschverstandener - Sorge um den Verlassenen.
Auch das ist ein großer Leidensdruck.
Wenn der Verlasser dann endlich die Kraft, den Mut, die Entschlossenheit gefunden hat, wirklich zu verlassen, ist der Verlassene meist vor den Kopf gestoßen und fühlt sich, als sei der Boden unter den Füßen weg.
Dann findet der Verlasser neues Glück, aber damit sind Verbundenheit und Sorge um den Verlassenen ja nicht einfach weg. Und man wünscht dem Verlassenen, daß er auch wieder glücklich wird. Traut sich aber nicht, nachzufragen. Weil man selbst von dem eigenen neuen Glück nicht erzählen mag aus Angst, dies könne dem Verlassenen zusätzliches Herzeleid zufügen. Dementsprechend wird der Kontakt extrem schwierig...

Ja, ich kenne das, und klar spreche ich aus meiner eigenen Erfahrung.
Jeder Jeck ist anders, logisch. Aber die Problematik der TE kommt mir sehr bekannt vor.

27.05.2019 18:18 • x 1 #63


K
Danke erst einmal für deine Offenheit. Ich finde es toll mich mit Männer darüber zu unterhalten. Mit meinem Mann kann ich das leider nicht.

Es ist doch immer ein Mischmasch...Charakterzüge die nicht so charmant sind haben mich nicht gestört wo es gut lief. Nur als wirkliche Probleme dazu kamen und es wichtig gewesen wäre auch mal darüber zu sprechen, hat er zu gemacht.
Ist abgetauscht und hat mich mit den ganzen Mist oft alleine gelassen. Ich hätte auch über die nicht so tollen Charakterzüge hinweg schauen können. Den sind wir mal ehrlich, jeder von uns hat Ecken und Kanten und ich mag auch eher Menschen mit Kanten als wenn alles nur glatt und rund ist. Aber ich will mich in einer Ehe nicht alleine fühlen. Und ich will die Chance haben auf Familie, mit allem was dazu gehört. Und wenn es schwierig ist, möchte ich auch einen Mann der auch mal den Mund aufmacht. Es sollte eine Partnerschaft sein. Und nicht aus Einzelkämpfer bestehen die sich das Bett teilen.

Aber du hast recht wenn ich so darüber nachdenke. Es waren eben nicht alleine der Charakter sondern eher das ich das Vertrauen in Ihn verloren haben. Oder besser gesagt in Uns.
Die Wunde lässt sich schlecht schließen. Er war meine große Liebe und ich kann und will das Leben nach 13 Jahren nicht auslöschen. Mein halbes Leben ist quasi ER / WIR.
Ich weigere mich ihn zu hassen oder Ihn nur in einem schlechten Licht zu sehen. Das wäre einfach aber total unfair. Er hingegen kann das wohl sehr gut. Ich bin die Böse und er der Verlassene.
Jetzt können wir keine 2 Worte mehr mit einander sprechen. Er macht noch mehr zu. Ich hätte gerne mit ihm zusammen alles geklärt und besprochen. Aber die Chance werde ich wohl nicht mehr bekommen.

28.05.2019 14:53 • #64


K
Zitat von Wandler:
Oft ist es so, daß der Verlasser sich schon lange mit dem Gedanken des Beendens der Beziehung herumschlägt, das im Kopf schon -zig mal vollzogen, aber aus tausenderlei Gründen doch nicht in die Tat umgesetzt hat, eben auch aus - wer weiß falschverstandener - Sorge um den Verlassenen. Auch das ist ein großer Leidensdruck. Wenn der Verlasser dann endlich die Kraft, den ...


Derjenige der Verlässt ist im Kopf schon viel weiter. Was später auch die Kommunikation so schwierig macht.
Ich wusste doch schon ein Jahr bevor ich gegangen bin das etwas nicht stimmt. Habe das auch immer wieder gesagt und auch geschrieben. Nur wurde nie darauf eingegangen.
Du hast es gut beschrieben auch das ist ein großer Leidensdruck. Ich habe ja nicht nur meinem Partner / Mann verlassen, sondern die Wohnung und auch Teile der Familie und Freunde.
Und trotzdem habe ich das schlecht Gewissen und fühle mich manchmal wie eine Hexe. Nur weil ich ehrlich war und das ausgesprochen habe, was so offensichtlich war.
Ich möchte das ER ein glückliches Leben führt und sich nicht verpflichtet fühlt mit mir zusammen zu sein. Das gleich gilt natürlich auch für mich.
Ich wollte uns damit beiden die Chance geben, noch mal durch zustarten und jemanden zu finden der wirklich zu einem passt. Und trotzdem mache ich mir Vorwürfe ihm gegenüber.

28.05.2019 15:06 • #65


M
Na ja, ich denke, es kam für ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er hat die Warnsignale gar nicht bemerkt, und die, die er bemerkte, hat er falsch gedeutet. Das heisst der Abnabelungsprozess, den du ja schon hinter dir hast, den hat er noch vor sich. Wenn er dich dann auch noch auf ein Podest stellt - ich weiss, das willst du gar nicht, aber für ihn ist es nun einmal so - wie soll er dann je von dir loskommen? Er steht ja jetzt schon vor den Trümmern seiner Ehe, und quaelt sich mit was hat der Naechste, was ich nicht habe. Seien wir mal ehrlich, für ihn ist das jetzt eine traumatische Sache, wo er sich noch lange Zeit damit quaelen wird, was er falsch gemacht hat. Und Menschen mögen sich nicht quaelen. Also wird er, zumindest am Anfang lieber auf Selbstmitleid machen und die Schuld dir zuschieben. So habe ich das damals auch gemacht als die Killerin mit dem Engelsgesicht ging.

Weil als sie damals ging, ging sie ja nicht allein. Sie nahm meine Traeume mit, meine Sehnsüchte, all das, was ich ganz tief in mir vergraben hatte. Und sie war mein bester Freund.

Das wird bei deinem Mann nicht anders sein. Er verliert dich, was schon schlimm für ihn ist, aber er verliert eben auch einen Teil seiner Traeume, Sehnsüchte, auch wenn das am Ende nur Illusionen waren. Wenn du in guten Ehezeiten neben Lover und Ehepartner auch noch bester Freund von ihm warst, dann wird er noch gaaaaaaaaaaaaaaaaanz lange daran zu knabbern haben.

Ich will dir um Gottes Willen kein schlechtes Gewissen einreden. Verstehe mich bitte nicht falsch. Du hast deine Gründe, und die sind mehr als legitim. Freiheit ist ein hohes Gut, auch wenn manchmal die Freiheit des einen den anderen schmerzt.

Was ich sagen möchte ist, gib ihm Zeit. Mit den Jahren wird man auch wieder mit ihm sachlich reden können. Aber nicht unbewusst und auch ungewollt immer wieder in seiner Wunde herumbohren. Das hat er nicht verdient.

Mein Lebensprinzip ist, dass ich mit keiner, die ich aus emotionalem Antrieb mal ohne Kleider gesehen habe (ausser Faelle, wo Zaertlichkeit gegen Geld getauscht wird), jemals wieder fremd sein kann. Irgendetwas bleibt immer. Und zwei Ehepartner können normalerweise auch nach einer Scheidung niemals mehr richtig fremd sein.

28.05.2019 15:19 • #66