@Darek
Nein, ich würde so einen doofen Kampf nie mehr aufnehmen. Es war eine völlige Verirrung und Verblendung, der ich hinterher lief.
Anfangs das große Glück, wie unbegreiflich, dass uns das zuteil wurde! Noch dazu, weil wir beide ja schon 40 + hinter uns gebracht hatten.
Er solo, ich verheiratet, aber völlig unzufrieden mit allem und jedem, am meisten mit mir selbst, was mir erst viel später klar wurde. Die Ehe dümpelte so vor sich hin, in der Arbeit Stillstand und im sonstigen Leben nur Verdruss.
Vermutlich eine MLC, die ich nicht als solche erkannt habe. Ich war entschlossen, die Ehe aufzugeben, wenn sich was Besseres bieten würde. Und die Lichtgestalt kam dann ja und nach einem Treffen auf einem Kongress (kennengelernt hatten wir uns flüchtig schon Monate vorher) kam die Sache ins Rollen.
Ich schaute nicht nach links und rechts, sondern raste hormongeschwängert durchs Leben. Es war verrückt, was Hormone mit einem anstellen. Verstand ist ausgeschaltet, die Gefühle feiern, aber schwanken auch zwischen Ängsten und Zuversicht.
Würde das so bleiben?
Natürlich nicht. Die Affäre nahm Fahrt auf, von der mein Mann bald wusste. Er reagierte irgendwie fast gleichgültig und hatte schon vor Monaten zu mir gesagt, dass etwas mit mir nicht stimmt, aber damals gab es noch lange keine Affäre. Aber er kennt mich und bemerkte, dass etwas nicht rund lief. Wollte reden, aber ich blockte ab.
Heute würde ich es als eine Situation von Hoffnungslosigkeit, Langeweile und umfassender Unzufriedenheit definieren. Ich hatte zu nichts mehr Lust, ich lebte auf einer Sparflamme.
Diese Affäre brachte zunächst Schwung in mein Leben, aber schon bald traten die ersten Kalamitäten auf, die sich auf leisen Sohlen heranschlichen.
Das klassiche Modell zwischen zwei bindungsschwachen und von Selbstzweifeln geplaten Menschen. Er wurde immer autarker, selbstbestimmter und verteidigte seilne sogenannte Freiheit und ich lief hinterher als das schwächere Gl. der Kette, suchte Nähe, die ich oft nicht bekam und war oft traurig.
Wo war sie denn hin, diese glückselige Liebe? Es kamen nun andere Gefühle auf. Klammern, Selbstzweifel, denn ich war womögich nicht gut genug, ich hätte anders sein müssen, aber wie denn? Ich war wie blockiert und fühlte mich gefangen in einem Karussell aus Selbstzweifeln, Kummer, Aussichtslosigkeit, Ängsten, unterbrochen von glücklichen kurzen Phasen, das sich immer weiter drehte.
Er sprang nicht ab, noch nicht und ich erst recht nicht. Ich hielt an meinem Traum vom Glück fest und tat alles, was Menschen so tun. Sie appellieren, versuchen den anderen zu erreichen, sie halten mit ihren schlechten Gefühlen hinter dem Berg und finden viele Entschuldigungen für das Verhalten des anderen.
Er braucht Zeit, ich muss das verstehen, ein Opfer einer verkorksten Kindheit, er kann nichts dafür, dass er Beziehung nicht so gut kann. Aber ich konnte sie, bildete ich mir ein. Die Diagnose war bald gestellt. Bindungsängste bei ihm, bei mir natürlich nicht. Erst mit der Zeit kapierte ich, dass ich auch darunter litt, sie nur anders auslebte als er.
Geduld und Verständnis und Warten würden wirken und er würde merken, welche tolle Frau er doch gewonnen hatte. Ich hätte Jahre warten können, es hätte nichts genützt.
Es passierte viel damals, zu viele Situaionen, die mir zeigten, dass es aussichtslos war, aber ich habe eine Eigenschaft, die nicht nur gut wirkt: Beharrlichkeit.
Es würde irgendwann gut werden, ganz sicher. Das redete ich mir immer wieder ein.
Dann trennte er sich, zu einer Zeit. als ich glaubte, wir wären nuin auf einem guten Weg. Ich war wie vor den Kopf gestossen. Und dann kamen die ganzen Phasen, durch die ich musste. Erst Heulen, Unverständnis, Enttäuschung ohne Ende. Dann kam die Wut auf ihn, auf mich, auf alles. Ich wünschte ihm einen Unfall nach dem er gelähmt wäre, ich wünschte ihm einen Hirntumor, eine schwere, siechende Krankheit, ich wünschte, er würde tödlich verunglücken. Auf der Fahrt zu Nextie, denn nur wenige Monate nach mir hatte er sie. Ich vermute, dass sie auch der Grund war, dass ich weg musste.
Es dauerte Monate, ich zog mich viel zurück, meine Ehe lief weiter.und seltsamerweise gar nicht so schlecht, Denn ganz allmählich sah ich meinen Mann wieder mit anderen Augen. Wie er mit der Situation umgegangen war, unglaublich. Wie er einfach wartete und sich wohl dachte, sie muss da jetzt durch, aber dass es nciht das große Glück für mich war, merkte er auch.
Kene Vorwürfe, keine Klagen, kein Jammern, keine Ultimaten. Nur warten bis ich wieder zur Vernunft kam. Keine Seitenblicke. Irgendwie gelang es ihm dass er sich das Leben schön machte - trotz allem. Er macht nämlich sein Wohlergehen weniger von anderen Menschen abhängig, ruht mehr in sich als ich und kennt sich selbst wohl besser.
Und eines Tages, Monate nach allem, wurde mir mit einem Klick alles klar. Wie eines zum anderen geführt hatte, wie ich mich verirrt hatte und nur von Gefühlen und Hoffnungen leiten ließ auf ein besseres Leben und wie ich ihn, den Affärenmann, auch missbraucht hatte. Für eigene Zwecke, denn er sollte mein Leben aufmöbeln, mich glücklich machen, mir beweisen, dass ich liebenswert war. Er bewies mir, dass ich damit kläglisch gescheitert war und in einem Gebäude aus Selbstlügen lebte.
Ich merkte, entweder ganz oder gar nicht. Entweder ich stehe endlich richtig zu meiner Ehe und nehme meinen Mann an, wie er ist, als Komplettpaket und ich lerne endlich, mich anzunehmen, auch als Komplettpaket. Vieles wurde besser.
Vor allem lebe ich heute in der Realität, im Hier und Jetzt. Und zu enge Kontakte mit anderen Männern interessieren mich einfach nicht mehr.
Es kommt selten was Besseres nach. Und ein besseres Leben wartet auf den, der sich sich selbst stellt, aber nicht auf den, der auf das Glück von äußerer Zufuhr abhängig macht.
Meine Bilanz: Es ist gut, dass er kam, es ist besser, dass er ging.
Denn durch die Affäre lernte ich letztendlich sehr viel über mich und darauf kommt es an. Es ist immer leicht, einen anderen analysieren zu wollen, denn damit hält man sich in der Außenwelt auf. Aber die Sicht auf sich selbst wäre viel wichtiger.
Warum schicke ich einer flüchtigen Bekannten eine Freundschaftsnzeige? Wohl doch in der Hoffnung auf näheren Kontakt. Ich will mich bemerkbar machen.
Warum falls ich so leicht auf emotionales Geschreibsel einer fremden Person herein, die ich doch gar nicht richtig kenne, sondern nur zu kennen glaube?
Warum kann ich mich nicht mit dem zufrieden geben, was ist und dort Veränderungen anstossen?
Und warum bin ich so verlogen, dass ich einen immer enger werdenden virtuellen Kontakt pflege mit einer Fremden, in die ich all das hinein interpretieren kann, was ich sehen möchte? Warum spreche ich nicht mit meiner Frau und stattdessen lieber mit dieser anderen, die sich wohl auch Hoffnungen machte?
Keine schönen Fragen, die man sich beantworten sollte.
Kürzlich habe ich ihn wieder gesehen, auf dem alljährlichen Kongress, auf dem ich ihm gesetzmäßig begegne, auch wenn einige Tausend Besucher da sind. Dieses Jahr war er obendrein im selben Hotel.
Wir gehen uns aus dem Weg. Jeder hat seinen Zirkel, in dem er sich aufhält und wenn wir uns mal tatsächlich begegnen, reicht es zu einem knappen Gruß, nach dem jeder weiter geht. Kein Smalltalk, warum auch und worüber?
Es ist mir unbegreilflich, was ich damals an ihm fand und heute würde er mich nicht mehr beeindrucken. Aber damals fühlte ich instinktiv, dass da Jemand war, der ähnlich zweifelnd und zaghaft durchs Leben ging und mit sich selbst nicht klar kam.
Ich habe mein Leben zurück bekommen und das ist das eigentlich Unbegreifliche.
Ein guter Freund hatte mich damals gewarnt. Der Neue wird Dir nicht ein neues Glück bringen, weil schon die Voraussetzungen ganz schlecht sind. Warmwechsel gedeihen selten. Und wenn Dein Mann keine Lust mehr auf Deine Mätzchen hat, kannst Du schauen wo Du bleibst.
Du hast Tomaten auf den Augen.
Er hatte Recht gehabt. Aber ich glaubte damals er wäre nur neidisch auf mein neues Glück. Daran sieht man wie man sich seine Realität zurecht bastelt.
Mach was aus deinem Leben aber greife nicht nach den fernen Sternen, denn die sind nicht zu greifen. Und wenn Du Dich trennen willst, mach es sauber und fair.
Man kann schnell viel verlieren, was dann erst mal verloren ist - oft für lange Zeit. Und die Wiese ist woanders nicht grüner.
Ich denke, Du hattest großes Glück, denn das innere Alarmsystem ging rechtzeitig noch an und dann kamst Du ins Nachdenken. Sonst hättest Du hier nicht geschrieben.
Und letztendlich kannst du auch davon profitieren. Dich selbst besser kennen lerne, die inneren Fallstricke erkennen und eine gute Männerfreundschaft hast Du auch gewonnen. Ja , und dann musst Du schauen, dass Du das schätzt, was ihr Euch aufgebaut habt. Das ein oder andere kann man ändern, anstoßen, versuchen, aber immer einen Schrit nach dem nächsten.
Ein wieder auf Vordermann gebrachte Ehe wirkt besser als ein neuer Partner, denn man hat es versucht und geschafft. Das wirkt nachhaltig.
01.07.2025 10:42 •
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