Guten Abend @Armin86 ,
gelingt es dir, nach der ganzen Arbeit im Aussen dich auch der Arbeit in deinem Inneren zu widmen?
Hast du Nalfs Übung schon gemacht? Ich kopier einfach zur Erinnerung hier nochmal die von ihr beschriebene Übung rein:
Deine Therapeutin wird mit Dir bestimmt auch daran arbeiten. Aber wenn Du auf Deiner Bude zockst und Dich ohnmächtig fühlst, kannst Du jederzeit etwas dafür tun, diesen bei Dir nicht vorhandenen Aushaltemuskel zu trainieren. Die Kontrolle über Deine Gefühle langsam zu entwickeln. Und Dir damit selbst ein Halteseil zu basteln, das Dich vor dem Abgrund rettet.
Setz oder leg Dich bequem hin. Schließ die Augen und versuche, an nichts zu denken. Wenn das noch nicht geht, atme drei Mal ganz tief und langsam durch und Versuch es mit offenen Augen, auf dem Rücken liegend, indem Du die Deckenlampe anschaust und die Zentimeter für Zentimeter mit den Augen abwanderst. Dann kannst Du sie in Gedanken beschreiben. Z.B. die Fassung ist rund und glänzt messingfarben. Die rechten zwei Drittel liegen im Schatten etc. pp. Versuch das 3 oder 5 Minuten hinzubekommen. Aber erst nach der Übung auf die Uhr schauen und Dich nicht ärgern, wenn es nur 90 Sekunden waren, die Dir wie ne Ewigkeit vorkamen.
Wenn das gut klappt, kannst Du als nächsten Schritt die Lampe anschauen und sie bewusst nicht(!) mit den Augen abwandern, sondern versuchen, durch sie hindurch zu schauen. Die Gedanken an Form, Farbe etc. der Lampe versuchst Du dann weiterzuschicken. Also: Gedanke, dass die Farbe Messing ist, kommt in Deinen Kopf. Du nimmst ihn als Gedanken wahr und schickst ihn wie eine Wolke, die Du wegpustest, weiter. Dabei kannst Du auch ruhig tief einatmen und den Gedanken auch mit langem Ausatmen wegpusten. Dann wartest Du, das beim Hindurchschauen durch die Lampe der nächste Gedanke kommt. Du lässt ihn kurz in Deinem Kopf stehen und schickst ihn dann weiter.
Zwischendurch kommen auch Gedanken an z.B. ein Zwicken in der Wade oder an das Werkzeug, das Du noch vom Auto in den Schuppen bringen wolltest. Bei Übung 1 verdrängst Du diese Gedanken, indem Du noch intensiver die Lampe abwanderst und beschreibst. Bei Übung 2 nimmst Du diesen Gedanken kurz wahr, hirnst aber nicht darüber nach, sondern schickst ihn mit einem Pusten weiter. Keine Sorge, solche Gedanken sind immer noch da, wenn Du die Übung beendet hast. Du musst den Gedanken also nicht festhalten.
Und auf diese Weise trainierst Du Deinen Gedankenkontrollmuskel wie einen Bauchmuskel. Am besten jeden Morgen und jeden Abend für ein paar Minuten. Wirst sehen, dass das wie beim Sport von Mal zu Mal immer besser geht. Wenn es Dir gut geht, klappt es besser. Wenn Du innerlich aufgewühlt bist, wird's an dem Tag schwieriger. Aber wenn es Dir dann doch ein bisschen gelingt, ist das Training an solchen Tagen umso wertvoller.
Und wenn Du richtig gut darin bist, die Gedanken kommen und gehen zu lassen wie ein Dirigent, dann kannst Du Dich daran machen, auch blöde Gedanken zuzulassen. Z.B. eine Situation, die Dir ein bisschen peinlich war. Z.B. ein offener Hosenstall in der 8. Klasse. Konzentration auf die Lampe (oder alternativ Augen zu und Kopf leer machen) und dann diesen Gedanken wie eine Trainingshantel hochholen. Es aushalten, dass Dein Körper mit uralten Schamgefühlen geflutet wird. Doch darüber wundern, dass so eine Nichtigkeit vor so langer Zeit noch so viel Macht über Dich hat. Und dann diesen Gedanken bewusst wegschicken und merken, dass Du die Kontrolle über Deine Gedanken und damit auch Deine Gefühle hast. Und dass Dir Gedanken und Gefühle im Grunde nichts antun können und keinesfalls stärker sind als Du. Weil Du sie ab jetzt mit den neuen Muskeln dirigierst und hin- und herschickst wie der Wind die Wolken.
Dann kannst Du einzelne Gefühle, die Dir zu schaffen machen, in einer ruhigen Minute hervorholen und an ihnen trainieren und sie beherrschen lernen. Und kommt dann ein Trigger von außen in Deinem Alltag, kennst Du das Anfluten des Gefühls nicht nur als Anfang eines dunklen Tunnels, sondern eben auch aus Deinen Trainingssessions als völlig ungefährliche Biochemie des Körpers, der Du Dich hingeben kannst oder sie eben auf gesunde Weise wegschicken kannst, ohne ihnen ausgeliefert zu sein.
Dann bist Du frei und nicht mehr auf Tanja oder andere Hilfsmittel und Ausweichhandlungen angewiesen. Dann steht Dir die ganze Energie, die Du täglich im Wildwasser Deiner Gefühle mit Rudern kurz vorm Abgrund vergeuden musst, als produktive Energie für Dich selber wieder zur Verfügung.
Andere Achtsamkeitsübungen, die du über Youtube gefunden hast- welche sind das? Baust du sie regelmäßig in deinen Alltag ein? Was ist mit Atemübungen, Autogenem Training, haben dir da deine Therapeuten etwas gezeigt?
Diese Übungen sind extrem wichtig, Armin! Nur schuften, bis du nur mehr kurz duscht und ins Bett fällst, und sonst nichts einüben, was deiner Impulskontrolle dienlich ist, ist zu wenig!
Das ist auch ein Muskel, den du trainieren kannst- ein innerer Muskel, der dafür zuständig ist, dass du BEWUSST re- agiert, und nicht blind- instinktiv, was dich nur ins Verderben führt.
Also denk bitte daran, deinen Achtsamkeitsmuskel täglich zu trainieren!
17.06.2025 19:20 •
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