Hallo,
dies ist mein erster Beitrag dieser Art. Ich bin am Boden zerstört und hoffe, dass ich mich trotzdem verständlich ausdrücken kann. Kurz wird es leider eher nicht.
Meine Freundin und ich (beide Mitte/Ende 30) sind seit 15 Jahren zusammen und waren eigentlich sehr glücklich. Ich bin ihr Zuliebe sogar aus der Stadt weggezogen, in der ich eigentlich irgendwann als alter Mann sterben wollte. Nach einem langen, beruflich bedingten Umzugsmarathon hatten wir endlich ein neues Zuhause gefunden, das wir so schnell nicht wieder verlassen wollten.
Vor dreieinhalb Jahren haben wir dann eine wundervolle Tochter bekommen, an der mein ganzes Herz hängt. Leider fingen mit ihrer Geburt unsere Probleme an. Die Herausforderungen der Elternschaft haben zu viel Streit und Entzweiung geführt, man hat sich gegenseitig nicht gut getan. Auch war oft nur noch das Kind Thema, unsere Beziehung (einschließlich S.) fand quasi nicht mehr statt.
Ich hatte gehofft, dass sich alles wieder einrenken würde, wenn wir den Alltag mit Kind allmählich souveräner auf die Reihe bekommen. Dann im September 2024 hatten wir aber einen Punkt erreicht, an dem ich trotz dessen, dass ich mir wieder mehr Mühe für unsere Beziehung und Familie gab, meiner Freundin nicht mehr gerecht werden konnte. Es gab sehr kuriose Situationen, in denen sie plötzlich explodierte, mich als den bösen, verständnis- und gefühlslosen Freund darstellte (sie selbst legte aber ähnliche Gefühlskälte an den Tag), obwohl dem Geschehen sehr schöne harmonische Tage vorangingen und die Reaktion verhältnismäßig sehr extrem ausfiel. Da beschlich mich das dunkle Gefühl, dass sie eigentlich unbewusst versucht, eine emotionale Rechtfertigung für die Affäre mit einem anderen zu finden. Einen Gedanken, den ich in all den Jahren nie hatte, da ich ihr blind vertraut habe!
Hier beginnt auch etwas in mir selbst, auf das ich keineswegs stolz bin: ich habe erstmalig ihr Handy durchsucht. Und prompt fand ich eine Mail von Anfang September an einen Kollegen, mit dem sie seit vielen Jahren befreundet ist, kennengelernt habe ich ihn aber nie. Was ich weiß: er selbst hat zwei Kinder und oft Beziehungsprobleme, da er ein Workaholic ist. Meine Freundin und er arbeiten an unterschiedlichen Standorten, haben aber vor gut neun Jahren für ca. zwei Jahre am gleichen Standort miteinander gearbeitet. Persönlich sehen sie sich nur zwei- bis dreimal im Jahr bei Mitarbeiterversammlungen und Tagungen. In der Nachricht war u. a. von „Katz- und Mausspiel“, „Gefühlen“, „da ist etwas zwischen uns“ und „wir müssen einen Weg finden, damit umzugehen“ die Rede. Es las sich alles sehr eindeutig und mich traf der Schlag. Ich habe sie noch am gleichen Tag unter Tränen zur Rede gestellt, schließlich hatte ich auch große Angst um unsere Tochter, ich wollte nicht, dass sie als traumatisiertes Trennungskind aufwächst. Meine Freundin meinte, ich würde alles falsch interpretieren und übertreiben. Da sei etwas mit ihrer engen Freundschaft passiert, sie haben sich gestritten und jetzt leide sie unter dieser Situation und sie müsse da noch viel verarbeiten. Außerdem solle ich ihr Zeit geben, bis sie mir alles erzählt.
Die Zeit wollte ich ihr geben, habe mich weiter versucht zu bessern, bin sogar wegen mentaler Probleme und Traumata, auf die sie mich oft hingewiesen hat, zur Therapie gegangen. So lang, bis ich im Dezember 2024 dann das Gefühl hatte, fast schon gegaslightet zu werden. Immer sollte nur ich an mir arbeiten, aber von ihr kamen kaum neue Impulse und über diese schreckliche Situation im September ließ sie mich weiter im Dunkeln.
Also tat ich es am 2. Weihnachtsfeiertag, als wir bei ihren Eltern waren, wieder: sie ging mit ihrer Mutter spazieren und hatte ihr Handy liegen lassen. Ich nahm es und fand erneut eine Mail von kurz vor Weihnachten, dieses Mal war es eine längere Konversation. Sie sprach davon, dass sie es jetzt gern hätte wenn er sie hier „direkt auf ihrem Schreibtisch hart rannehmen“ würde. Er antwortete mit ähnlich „gut“ Nachrichten und fragte sie nach ihren S. Vorlieben „fürs nächste Mal“. Außerdem schrieb meine Freundin, sie habe sich „von seiner Standhaftigkeit“ ja schon überzeugen können. Als er dann fragte, wann sich das nächste Mal eine Gelegenheit ergeben würde, vertröstete sie ihn auf 2025, wenn wieder gemeinsame Veranstaltungen anstünden.
Ich war komplett am Ende. Als meine Freundin dann mit ihrer Mutter wiederkam, habe ich sie ins Gästezimmer gebeten und ihr gesagt, dass ich weiß, dass sie mit ihrem Arbeitskollegen geschlafen hat, ich sie aber immer noch liebe und ich um unsere Beziehung und unsere Familie kämpfen möchte. Woher ich wusste, was sie getan hat, habe ich ihr aus Scham nicht gesagt, aber sie hat mir dennoch alles gebeichtet. Bei einer Tagung Mitte Juni habe sie am Abend im Hotel mit ihm geschlafen. Sie sei hinsichtlich unserer Beziehung an einem absoluten Tiefpunkt gewesen und da sei es passiert. Es handele sich nicht um eine Affäre und das Ganze wäre aber vorbei. „Vorbei?!“, dachte ich mir da, „aber kurz vor Weihnachten habt ihr euch noch eindeutige Nachrichten geschrieben und den nächsten S. für 2025 geplant?!“ Ich konnte es ihr aber nicht sagen, der Fakt, wieder in ihr Handy geschaut zu haben, war mir einfach zu peinlich. Im Nachhinein war das vielleicht dumm.
Es folgten Wochen der Aufarbeitung mit vielen Gesprächen, teils ruhig, teils intensiv, aber stets auf das Ziel „Neuanfang“ ausgerichtet. Sie meinte, dass sie mich und diese Familie nicht verlieren wolle, dass ihr das alles sehr leid täte und sie dieses Geheimnis gern mit ins Grab genommen hätte. Außerdem sei die aktuelle Situation zwischen ihr und ihm so, dass sie versuche, lediglich die Trümmer der einstigen Freundschaft wieder zu kitten. Ich sagte ihr, dass mich noch nie jemand so verletzt hat wie sie und dass ich weiß, dass ich eine Mitschuld am Beginn dieser Affäre trage, aber nicht daran, dass sie sich bewusst für all das, was sie getan hat, entschieden hatte. Letztere klare Trennung war mir wichtig, auch aus emotionalem Selbstschutz. Übrigens: den Begriff „Affäre“ lehnte sie weiterhin ab. Ich würde das alles größer machen, als es war.
Tatsächlich fanden wir wieder eine gemeinsame, sogar liebevolle Basis. Auch hatten wir wieder sehr oft und regelmäßig S. miteinander. Doch trotzdem wurde ich den Gedanken nicht los, dass sie die Affäre ja eigentlich nie offiziell beendet hatte. Also sank ich weiter in meinen Kaninchenbau hinab und wurde wieder enttäuscht.
Ich fand auf ihrem Computer unter anderem einen Screenshot vom Februar 2025. Er hatte wahrscheinlich versucht, sie per Videoanruf im Homeoffice zu erreichen. Sie schrieb: „Du wolltest mich wohl im Schlafanzug sehen?“ Er antwortete: „Gern ohne.“ Schreibt man sich „unter Freunden“ solche Zeilen? Und macht man sich dann davon als Andenken noch einen Screenshot?
Außerdem schaute ich ihren Browserverlauf durch und fand heraus, dass sie bereits im Herbst 2023 „Affäre wieder aufleben lassen“ gegoogelt hatte und in den darauffolgenden Wochen und Monaten nach vielen Seiten u. a. zum Thema „verliebt in die Affäre“ aufgesucht hat.
Zu guter Letzt fand ich eine von ihr bestellte Tarotlesung vom Dezember 2024 zur Frage „Werde ich mit meiner Affäre wieder zusammenkommen?“ Ich wusste gar nicht, dass meine sehr rationale Freundin an die Sterne glaubt, sie musste wohl sehr verzweifelt gewesen sein.
Hinzu kamen eigentlich gelöschte Notizen mit Entwürfen von Antworten auf Nachrichten im Februar/März, die wiederum nirgends zu finden sind. In einer spricht sie von „Erinnerungen wachküssen“ in der anderen macht sie sich darüber lustig, wie er reagiert, wenn sie mal wie er länger für eine Antwort brauche und schreibt abschließend: „Schön, dass ich dir gefalle.“ Ist es in einer Freundschaft wichtig, dass man dem anderen „gefällt“?
Ich sammelte also meine Erkenntnisse und Fragen:
Es handelte sich definitiv um eine Affäre, die ihren Anfang allerdings weit über das Jahr 2024 hinaus genommen hat.
Gab es vielleicht schon die Andeutungen einer Affäre in den Jahren vor der Geburt unserer Tochter und ich habe nicht im Geringsten Mitschuld an der ganzen Situation? War ich einfach nur der Punchingball für die Rechtfertigung ihrer Gefühle für den anderen?
Wie kann sie sagen, dass ihr die Beziehung und Familie wichtig ist, aber den Kontakt zu ihm abzubrechen, kommt ihr nicht in den Sinn?
Diese und andere Fragen und Gedanken in meinem Kopf vergifteten Ende Februar unsere Bemühungen. Es eskalierte in einem Streit, in dem ich ihr gestand, ihr Handy und ihren Rechner durchgesehen zu haben, erzählte ihr aber nur vom kürzlichen Lesen der „S.“ (die ich ja eigentlich schon viel länger kannte). Ich sagte ihr auch, dass ich nicht möchte, dass sie diese „Freundschaft“ rettet und deutete nur an, dass ich auch andere Dinge auf ihrem Handy/Rechner gefunden habe. Ich wollte ihr die Gelegenheit geben, Weiteres selbst zu thematisieren und evtl. Anderes, das ihr peinlich ist (siehe Tarot) unter den Tisch zu kehren. Leider sprach sie nichts davon an und äußerte nur, dass sie bestürzt sei, dass ich ihr so wenig Vertrauen entgegen bringen würde und dass dies einen Neustart unmöglich machen könnte. Außerdem habe ich ihr die Entscheidung über diese Freundschaft ungefragt abgenommen, was sie sehr verärgerte und sie fügte hinzu, dass sie diese nun beenden werde.
Wir einigten uns schlussendlich darauf, dass wir beide sehr unmoralische Taten begangen haben (sie: Affäre, ich: nachspionieren) und nun „bei Null“ anfangen sollten. Nicht ganz der Ausgang des Gesprächs, den ich mir erhofft hatte, aber wenigstens würde sie den Kontakt nun abbrechen, was mich zumindest für den Moment beruhigte.
Einige Wochen sind seitdem vergangen. Es ist wieder Harmonie in unser Heim eingekehrt. Wir reden viel miteinander, versuchen, rechtzeitig auf hitzige Situationen zu reagieren und durch das Mitteilen unserer Gefühle aufeinander einzugehen. Und trotzdem ist da etwas, das mitschwingt.
Kürzlich habe ich es dummerweise wieder getan und in ihr Handy geschaut. Ich hasse mich selbst dafür. Zum einen mache ich es auf diese Weise unmöglich, ihr jemals wieder voll zu vertrauen, zum anderen habe ich aber erneut einen Nachrichtenentwurf in ihren Notizen gefunden (sie macht so etwas oft, um ihre Gedanken vor dem eigentlichen Schreiben der Nachricht zu ordnen).
Sie spricht davon, dass er sie sehr verletzt hat und sie ihm nicht mehr vertrauen könne. Außerdem werde er oft gemein statt Einblick in seine Gefühlswelt zu geben. Sie könne ihn nicht mehr einschätzen und sei durcheinander.
Und schon schießen mir viele Fragen in den Kopf: Warum hat sie den Kontakt nicht abgebrochen? Warum scheint sie immer noch irgendwelche Gefühle aus ihm herausbekommen zu wollen? Wie hat er sie verletzt? Hatte ich einfach nur „Glück“, dass er sie vielleicht nicht so wollte wie sie ihn? Was passiert, wenn sie plötzlich wieder zueinander finden? Geht es hier „nur“ um die Rettung einer engen Freundschaft oder doch mehr? Oder ist meine Freundin gar naiv und hat sich in einen Mann verliebt, der eigentlich nur S. von ihr will? Und ich bin derjenige, der bei all dem nur ein nichts ahnender Zuschauer ist?
Status Quo ist für mich: Ich tue mich extrem schwer damit, das verlorene Vertrauen wieder aufzubauen, aber sie gibt mir auch allen Grund dazu, misstrauisch zu sein.
Ich bin innerlich am Ende und habe große Angst, auch um unsere Tochter. Habt ihr einen Rat für mich? War oder ist jemand in einer ähnlichen Situation? Soll ich weiterkämpfen bis diese emotionale Affäre ein Ende hat? Oder soll ich doch die Notbremse ziehen?
Vielen Dank für eure Hilfe und sorry für den extrem langen Beitrag.
25.04.2025 23:04 •
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