Ich wollte noch mal auf die Genderdebatte zurück kommen, weil ich die ja ziemlich feiere.
Es gibt nach wie vor eine valide Diskussion um strukturelle Benachteiligung verschiedener Gruppen gegenüber anderer Gruppen, eine davon eben an welchen Stellen werden Frauen strukturell benachteiligt. Repräsentation ist halt ein gutes Mittel, um althergebrachte Strukturen sichtbar zu machen bzw diese zu verändern. Obamas Wahl zum Potus ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür. Diese Wahl hat für sehr viele PoC ein wichtiges Zeichen gesetzt, einerseits nämlich daß es möglich ist auch als PoC die sogenannte gleiche Eignung zu erreichen und andererseits setzt es eben auch visuell ein Zeichen, ist ein Impuls, wenn man jemandem, der so ausschaut wie man selbst, auf einem Bild einflussreichster MachthaberInnen sieht.
Wer glaubt, daß das gar nicht so eine große Bedeutung haben kann, dem empfehle ich sich mal mit dem Insta-Account the man who has is it all vertraut zu machen oder mal ne Runde Bridgerton zu schauen, welches durch color blind casting unsere Sehgewohnheiten mal so richtig in Frage stellt. Die ewige Diskussion das ist aber nicht historisch korrekt, ist dahingehend lustig, weil es sich bei Bridgerton um eine rein fiktive Geschichte handelt. Fakt ist, wir alle sind vertrauter mit Comicfiguren, die Könige und HerscherInnen darstellen, als einer PoC Königin im fiktiven Großbritannien. Ja, aber UK in der Zeit war dominant kaukasisch, joh und über die Jahrhunderte wurde Othello von Weißen mit Blackface dargestellt.
Wir akzeptieren völlig automatisch Schauspielerinnen, heute wäre es eher sehr schwierig für unsere Sehgewohnheiten, wenn ein Mann eine Frau in einem Film darstellt, ohweia da kommen wir ganz schnell in die Trans-Diskussion, daß dies im alten Griechenland noch die Norm war, nun ja.
Repräsentation macht etwas mit uns.
Zurück zum Gendern. Ich finde es teilweise amüsant und teilweise erschreckend, wie diese Debatte um ein paar Worte, wie ja immer angeführt wird von den Gegnern, denen man aber nicht entgegnen darf, na wenn es doch eh nur pille palle ist, dann kann es doch auch gemacht werde, mehr für den Feminismus getan hat, als die gleichbleibende erschreckend hohe Anzahl an Femiziden.
Es ist ja hier im Forum immer mal wieder auch zu diesem Thema eine Debatte angestoßen wurden, da kommen dann zwei oder drei Leute um die Ecke mit naja ist schon doof, aber Frauen töten auch, also der Klassiker des not all men oder auch genannt I am not a racist but (…). Nichts aber erregt die Gemüter so sehr, wie ob man eventuell in Zukunft ein paar Silben mehr, ein Sternchen oder ne kleine Pause verwenden soll. Da werden die Schönheiten der deutschen Sprache bemüht, die Unsinnigkeit der Debatte, oder eben man wird doch einfach mal sagen dürfen, dass. und wenn das alles nicht hilft, geht der Feminismus zu weit, Emanzen ist Extremismus zu unterstellen und es wird von Kampf gesprochen.
LOL. Wenn ich mich dann hinstelle und sage, joah mei, was dem einen kriegerische Handlung ist, ist mir halt Wurst, her mit der Frauenquote, was ist denn so schlimm daran ein paar Frauen in den Aufsichtsräten sitzen zu haben?
Anwort, die können das nicht, die wollen das nicht, sonst gäbe es diese ja schon, sie sind zu emotional und schließlich und endlich, das ist ja nur etwas für eskalierende Kampfemanzen.
Wißt ihr, was ne eskalierende Kampfemanze ist, das ist ne Frau, mit der nicht geschlafen wird. Es ist einfach eine Frau, die sagt, liebe/r MitdiskutantIn, Du magst mir doch jetzt bitte nicht allen Ernstes erzählen, daß wir keinen Feminismus mehr brauchen, weil aus deiner Perspektive jetzt Gerechtigkeit herrscht und wenn ich dem nicht zustimme, dann erfülle ich Deine Definition einer Frau nicht mehr und muß mich nicht darüber wundern, daß ich ob meines Geschlechts entwertet werde.
Make it make sense.
Auch hübsch ist die immer wiederkehrende Nummer. Also ich gendere ganz sicher nicht, ich behandele Frauen doch eh fein. Joah ne, wozu sollten denn bitte Skla. eigene Rechte bekommen, bei mir haben sie es doch gut.
Mal ehrlich, eine Frau die mit mir zusammen ist oder meiner Tochter, der zahle ich selbstverständlich die Tampons? Ich bin halt so progressiv. Einer Frau aber die nicht mit mir schläft, mit der ich nicht verwandt bin, ach naja so teuer ist das doch nicht, ich verstehe überhaupt nicht, warum aus 10 Euro pro Monat ein Problem gemacht wird.
Gerne noch mal für alle: ein strukturelles Problem hat nix mit der „Größe“ des Problems zu tun
Ich bin Feministin, ich bin gerne Feministin und ich finde es eher hilfreich und amüsant, daß ich mit so einer kleinen Bemerkung doch recht schnell Rückmeldung bekomme, wer denn alles der Meinung sei, daß ich für diesen nicht als Partnerin in Frage komme, nicht das ich gefragt hätte, aber Information ist King oder eben Queen, ne.
Ich bin nicht Feministin, weil ich keinen abbekomme, fett wäre, oder einfach keine echte Frau, also dem Bild entspreche, was über Jahrhunderte von Männern geprägt wurde, sondern weil wir nach wie vor auch in unserer Gesellschaft Frauen strukturell benachteiligen, sich diese unsicher fühlen und vor allem, weil es mir um blinde Flecken, fehlende Bildung und Veränderung geht.
Ich war schon ein paar Mal in der Situation, die einzige Weiße in einem Raum zu sein, ich würde mir aber nie erlauben daraus ableiten zu wollen, daß ich weiß, wie es sich auch heute noch anfühlt, der/die einzige PoC in einem Raum voller Weißer zu sein.
Ich weiß aber, wie es sich anfühlt, die einzige Frau in einem Raum voller Männer zu sein. Und nein, ich unterstelle hier keinem Mann, daß er Frauen bedroht, aber ich bin nicht mehr bereit ein gesellschaftliches Problem, was Männer haben sollten, zu meinem zu machen. Es ist nicht an mir herauszufinden, ob du ein netter oder bedrohlicher Mann bist, sondern es ist an Euch Männern damit klarzukommen, daß manche von Euch schon bei der Aufforderung mal ein Sternchen zu benutzen Schaum vorm Mund bekommen.
Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, aber das so ein paar kleine Buchstaben so entlarvend sein können, finde ich hinreißend.
11.11.2022 12:48 •
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