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Ich bin fremd gegangen! Muss ich es bereuen?

B
Liebe Himmelrosa,

irgendwas ist immer. Der eine hat eine Familie, manche große, manche kleine und manche fast gar keine. Das kann man sich nicht aussuchen. Aber in jeder Familie gibt es ein Kreuz, das oft genug von außen nicht sichtbar ist. Man sieht es meist nur, wenn man mehr Einblick hat. Aber in keiner Familie geht es so reibungslos und komplikationslos ab, wie es oft dargestellt wird.
Das nur mal als Trost, auch wenn das Thema unweigerlich irgendwann kommt. Eltern sterben, Schwiegereltern sterben, Freunde können sterben und so manchen erwischt es vor der Zeit. Das ist traurig, scheint aber zum Leben zu gehören. Das ist etwas was wir nicht steuern können, sondern akzeptieren müssen.

Wegen einer Reise alleine. Du hast Dich mit Rücksicht auf Deinen Mann immer sehr zurück genommen. Das ist sicher edel gedacht, aber es kann nicht alles sein. Das Leben ist kurz und jeder hat seine eigenen Wünsche, die man sich auch erfüllen sollte, solange sie einem Anderen nicht schaden. Mache doch einfach mal eine kleine WE-Reise wohin sozusagen zum Einüben. Das kann sehr heilsam sein und sehr gut tun. Ich habe mir das vor meiner Affäre nie getraut, brauchte immer einen Anker, an dem ich mich festhalten konnte.
Dadurch, dass ich sah, wie autark und selbstständig der AM lebte, bei dessen Planungen ich praktisch nicht vorkam, dachte ich um. Ich wusste nach dem Ende, Du musst jetzt was für Dich tun und vor allem bei Dir anfangen. Die ersten Maßnahmen waren dann eben Kino- und Theaterbesuche ohne Begleitung. Später kam noch die besagte Berlinreise, die mental eine Art Freischwimmer für mich war. Seither weiß ich, dass es mir gut tun, mit mir alleine unterwegs zu sein.

Auch mein Auftreten bei dienstlichen Anlässen hat sich seither signifikant verbessert. Früher dachte ich immer, ach Gott, wer wird da sein, mit wem kann ich da reden und heute fahre ich einfach. Wenn keiner da ist, den ich kenne, bin ich eben alleine, aber oft genug lernt man dann gerade bei solchen Anlässen neue Menschen kennen. Man sollte nur keine Angst haben, die behindert einen nur.

Übrigens, eine Therapie habe ich nicht gemacht. Ich habe darüber nachgedacht, es aber verworfen. Wenn es mir gut geht, habe ich keinen Bedarf. Ich war aber zweimal zu einem Beratungsgespräch bei einem Therapeuten und die waren durchaus erhellend. Das Seltsamste war, dass ich kurz nach dem Affärenende eigentlich über ihn reden wollte, stattdessen aber fast unbeabsichtigt bei mir anfing.
Wir unterhielten uns länger als die übliche Zeit und manches blieb mir im Gedächtnis hängen. Hinterher im Lauf der nächsten Monate erkannte ich auch manche Zusammenhänge, z.B. über aus der Kindheit ins Erwachsenenleben importierten Verhaltensweisen. Wir leben mehr nach, als uns bewusst ist und sind von Kindheit und Elternhaus mehr geprägt, als wir glauben.
Was mir gut tat, war die vollkommene Neutralität des Therapeuten. Es gab keinerlei Verurteilungen, er blieb völlig sachlich. Es gab auch kein Mitleid, er blieb vollkommen außen vor. Und gerade diese unglaubliche Sachlichkeit tat mir so gut. Sie führte auch dazu, dass ich mir selbst eher verzeihen konnte, aber auch den AM nicht mehr so gnadenlos aburteilte.
Die Affäre hatte keine Chance auf eine feste Beziehung, obwohl das mein Wunsch gewesen wäre. Aber die Vorzeichen waren schon katastrophal schlecht, charakterliche Defizite auf beiden Seiten und zwangsläufige Verletzungen beiderseits, obwohl ich unterm Strich mehr einsteckte als er, taten ein Übriges. Man kann nicht aus einer Ehe in eine neue Beziehung fliehen.

Ganz seltsam war es, was eines Tages bei einem Frühstück stattfand. Ich war alleine, mein Mann schon gefahren. Lange hatte ich nicht mehr an den AM gedacht, auf einmal fiel er mir wieder ein. Ich wunderte mich, warum eigentlich. Es gab keinerlei Anlass dafür, auch keinen Trigger. Ich überlegte, ob es mich interessierte, wie es ihm wohl gehen würde und stellte fest, nein, es interessiert mich nicht. Warum also der Gedanke an ihn?
Mit einer gewissen Wehmut sah ich dann auf einmal die Affäre wie ein Theaterstück auf der Bühne. Ein Zwei-Personen-Stück, in dem beide permanent das Falsche taten ohne es zu merken. Eines bedingte das Andere, sein Verhalten meines und umgekehrt. Und auf einmal wurde mir klar, wofür diese Affäre stand.

Der AM sollte mich retten. Weder mochte ich mich besonders noch hielt ich viel von mir. Ich führte ein unvollständiges Leben, das mir nicht mehr genügte. Und als Rettung vor mir selbst suchte ich in der Außenwelt nach einer Art Erlösung. Der Weg für einen AM, mit dem alles anders werden würde, war frei.
Und ausgerechnet der AM, der selbst defizitär war, sollte es sein, der meine unbewussten Aufträge an ihn erfüllen sollte.

Diese waren:
Bitte liebe Du mich, damit ich endlich daran glauben kann, dass ich liebenswert bin.
Bitte liebe Du mich, damit ich weiß, dass ich wertvoll bin.
Bitte vertreibe meinen Überdruss und meine Langeweile und gib mir das Gefühl, dass ich ein besonderer Mensch bin.
Bitte bestärke mich, damit ich endlich selbstbewusster werde und an mich glauben kann.

All das sollte er bewerkstelligen und einiges tat er sogar. Er vertrieb meine Langeweile und meinen Überdruss, erst durch maßloses Glück, das immer mehr in Unglück und Ängste umschlug. Aber langweilig war es mir definitiv nicht mehr. Das zweite war das Berufliche. Wir sind in derselben Sparte. Während ich aber eine Leitungsfunktion habe, ist er ein wenn auch wichtiges Rädchen. Durch ihn wurde mir aber bewusst, wieviel ich eigentlich im Gegensatz zu manchen Kollegen in größeren Einheiten leisten musste. Das war für mich so selbstverständlich, dass ich den besonderen Wert darin nicht mehr sah. Das machte er mir bewusst, indem er mal sagte: Viele meiner Kollegen könnten das, was Du dort leisten musst, nicht tun. Es wäre ihnen zu viel Verantwortung, zu viel an Anforderungen.
Die anderen Wünsche erfüllte er mir nicht, denn diese kann auch keiner erfüllen. Ein anderer Mensch soll der Retter eines als reizlos empfundenen Lebens sein. Dieser Anspruch ist völlig überzogen. Was Du selbst nicht für Dich tun kannst, das kann Dir auch kein Anderer gehen. Ein Partner ist kein Lebensretter, sondern hat selbst mir sich zu kämpfen, hat auch seine Defizite, mit denen er klar kommen muss.

Als mir das klar wurde, schämte ich mich vor mir selbst. Leider war ich vor der Affäre aber nicht schlauer, sondern erst hinterher.
Daher sage ich, diese Affäre war nicht umsonst. Ich habe dadurch mehr gelernt als in den Jahrzehnten zuvor.
Nichts ist umsonst im Leben. Und ein Leben ganz ohne Beulen gibt es auch nicht.

Bzgl. Nachbarn. Dir taugt Dein Umfeld nicht. Vermutlich ist es aber doch das Richtige für Dich, denn es zeigt Dir ja auch so manches. Sehr lehrreich ist es allemal.
Du kannst es aber auch in eine Wolke hüllen. Den Tipp gab mir vor Jahren mal eine Frau, die auf der Esoterik-Schiene unterwegs war. Ich sollte einen Kurs halten und hatte Angst insbesondere vor einer Person, die in dem Kurs war. Sie gab mir den Tipp: Hüll sie ein!
Ich: ?
Sie: sie ist da, aber nicht weiter wichtig. Sie ist eine Wolke am Himmel, die weiter ziehen wird.
Das war ein hervorragender Tipp. Die Frau war da, aber sie musste mich nicht tangieren, da sie wie eine Wolke war. Damit waren die Bedenken auch weg. Diesen Rat kannst Du mal bei den Nachbarn ausprobieren. Du stellst damit auch eine emotionale Distanz zu ihnen her und bist weniger tangiert.

Begonie

09.01.2020 12:38 • x 4 #46


E-Claire
Zitat von himmelrosa:
Was denkst du, welche Funktion, außer der S., hattest du für deinen AM?


Falls ich mich an dieser Stelle mal einklinken darf. Warum ist es wichtig, welche vermeintliche Funktion man für jemanden anderen hat?

Ich finde es sehr schwierig, wenn jemand von sich und über sich selbst als Funktion spricht. Dabei stelle ich nicht in Abrede, daß es Menschen gibt, für die man selbst womöglich eben nur Funktion hat, aber ich für mich weigere mich, auch nur im Ansatz mich selbst so zu sehen. Denn darin steckt eigene Abwertung. Ich kann nicht ändern, daß andere Leute mich hier und da abwerten, aber ich habe es sehr wohl in der Hand, das nicht selbst zu tun.

Darüber hinaus finde ich die Frage vorsichtig formuliert auch einseitig. Meinem Empfinden, wird bei Affären zumeist noch immer nicht vollständig wahrgenommen, daß diese nicht nur zwischen zwei Menschen sondern in einem System passieren. Auf Deiner Seite gibt es Deinen Mann, auf der anderen Seite weitere Eroberungen, all diese Menschen sind aber eben auch, wenn man im Nachgang Ursachen und Auswirkungen verstehen möchte, Teil dieses Systems.
Was zB einen Mann dazu bewegt, mit einer verheirateten Frau zu schlafen, kann doch so vieles sein. Von Sicherheit nicht eine Beziehung eingehen zu müssen bis Dominanz über einen anderen Mann kann da so unendlich vieles zur Begründung reichen. In dem Moment, in dem man sich selbst, die Frage stellt, was man für den anderen war, rückt man aber von der einzigen Position, die für einen produktiv und beherrschbar ist, nämlich von sich selbst, ab.

Damit entwertet man sich erneut.

Die Frage ist also nicht, welche Funktion, Du für ihn erfüllt hast, sondern die Frage bleibt, was war er für dich. Nehme ich Dein Geschriebenes scheint es zwei Komplexe zu geben, das eine ist Identitätssuche, wer bist Du, das andere ist ganz klar, Ohnmacht in der Kommunikation mit Deinem Mann.

Bei der Identitätssuche, ich habe mich endlich wieder weiblich gefühlt, von einem Nest ins andere springen, etc. Wird eins ganz deutlich, der Versuch sich selbst über ein anderes, insbesondere männliches, Gegenüber zu definieren. Als Beispiel, ich fühle mich nicht dadurch weiblich, daß ich von jemandem begehrt werde, sondern ich bin aus mir selbst heraus immer und absolut weiblich. Wenn ich vermuten dürfte, dann ist ein großes Stück der von Dir vorgestellten und daher geplanten Identität mit dem Scheitern der Mutterschaft kaputt gegangen und womöglich hast Du irgendwann eine Art Burgfrieden mit der Situation geschlossen, zu echter Akzeptanz gehört aber eben genauso die Entwicklung anderer Szenarien. Familie scheint ein zentrales Thema, statt eine andere Form von Familie zu entwickeln, verharrst Du im Moment im Betrauern eines Traums, der sich offensichtlich nicht erfüllen wird. Dabei gibt es so wahnsinnig viele, tolle und schöne Varianten Familie zu schaffen.

Wenn Lebenspläne scheitern ist das immer ganz furchtbar, aber jeder einzelne von uns trägt die Verantwortung sich selbst einen anderen zu entwickeln. Die Suche nach einem anderen Nest wird Dir auf ewig nur eine Gastrolle bescheren. Nur das eigene aus sich selbst heraus geschaffene Nest vermag das zu ändern.

Ich für meinen Teil sehe das so, irgendwann im Laufe eurer Ehe, hat Dein Mann die Aufgabe, die Du ihm übertragen hast, Dir also eine Identität zu geben, nicht mehr erfüllt. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, weil Dein Mann vermutlich weder von dieser Aufgabe wusstet, noch sie hätte bei wissen erfüllen können. Das hinterließ Leere und schließlich Wut (eine unbändige lese ich in Deinen Texten). Du wiederum hast keine Möglichkeit gefunden, Deine Bedürfnisse adäquat und erwachsen zu kommunizieren. (dafür müsste man ja diese Bedürfnisse kennen und sich aus der Deckung begeben und diese benennen). Und dann kam der Pirat eine einfache vermeintliche Lösung für eine extrem komplexe Situation.

Wir kommen also zurück zu: Du verbringst Deine Zeit damit, Dich selbst abzuwerten, Dinge zu betrauern, die nicht zu ändern sind und erwartest Kommunikation von anderen, die Du selbst aber (noch) gar nicht leisten kannst.

An all diesen Dingen lässt sich arbeiten, sich auf die Suche nach sich selbst zu machen, macht sicher Angst, kann auch mühsam sein, aber glaub mir, auch spannend und wertvoll und es ist der erste Zweig für DEIN von Dir gebautes Nest.
Es geht nicht darum, welche Funktion, du für ihn hattest, es geht darum, warum Du Dir diesen Mann ausgesucht hast und was Du finden willst.

Alles Gute.

09.01.2020 13:03 • x 6 #47


A


Ich bin fremd gegangen! Muss ich es bereuen?

x 3


H
Liebe Begonie,

Jetzt kommen mir bei dem Lesen deiner Zeilen doch glatt die Tränen. Ja genau so war es. Der AM sollte mein Retter sein. Er sollte mich lieben, weil ich es selbst nicht konnte. Ich fühlte mich völlig wertlos und wenig liebenswert. Hatte ich doch gerade meinem Mann seinen sehnlichsten Wunsch nach einem Kind nicht erfüllen können. Ich war ja nach der OP nicht nur körperlich ausgeräumt sondern auch seelisch leer. Aus Rücksicht auf mich hat mein Mann das nie thematisiert. Es war für ihn durch, einfach so! Und ich konnte nicht glauben, dass er mich trotzdem liebte. Auch ich hatte viele Defizite aus meiner Kindheit mit ins Erwachsenenleben geschleppt. Immer suchte ich im Außen nach Bestätigung, Wertschätzung und Liebe. Ich war sehr streng erzogen worden und wenig emotional. Mein Vater war ein harter Hund wie man so sagt. Meine Mutter war das unterwürfige Heimchen am Herd. Sie lebten ein sehr konventionelles Leben. Dennoch liebten sie sich sehr und so hatten wir Kinder schon bald keinen Platz mehr in ihrem Leben. Meine Schwester zog mit 17 aus. Ich wurde mit 19 sozusagen rausgeworfen. Mein Vater war der Ansicht, dass zu langes Nesthocken ein Zeichen von Schwäche sei und Schwäche duldete er nicht. Auch nicht gegen sich selbst, noch nichtmal in den letzten Tagen seines Lebens. Ich war in unserer Familie immer das kleine, schwächlichere Mädchen gewesen. Unsportlich, etwas moppelig und hypersensibel. Das erregte den Unwillen meines Vaters so sehr, dass er mir sogar mit noch mehr Härte begegnete, als meiner Schwester. Väterliche Fürsorge suchte ich nun also in jedem Mann, der mir begegnete und irgendwie fand ich sei bei meinem Mann nicht. Oder ich war einfach so bedürftig, dass seine Fürsorge alleine die Löcher nicht stopfen konnte. Ich war ein Fass ohne Boden, weil ich es immernoch nicht gelernt hatte, mir selbst das zu geben, was ich im Außen vergeblich suchte.

Im Gegensatz zu den ersten postaffärischen Monaten mache ich meinem AM nun fast keine Vorwürfe mehr. Auch er war damals sehr bedürftig. Darauf möchte ich öffentlich nicht weiter eingehen. Doch er wäre aufgrund seiner beruflichen Vorbildung eigentlich in der Lage gewesen, die Verantwortung für sein tun und für seine jeweiligen Partnerinnen zu übernehmen. Er betonte auch immer, dass ihm diese Verantwortung bewusst sei und dass sie der Grund für sein zögerliches Handeln sei. Heute weiß ich, dass das nicht stimmen konnte.

Aber genug von AMs und Co.! Die haben uns genug Energie und Gehirnschmalz gekostet. Zeit auf mich selbst zu schauen und auf meinen Mann. Wir beide haben es nun verdient, es uns gut gehen zu lassen. Ok, das mit der Wolke ist eine tolle Idee! Und auch, dass diese Familien mir trotz ihrer angeblichen Idylle zeigen, dass sie eben nicht idyllisch sind und somit auch -Gott bewahre- nicht das, was ich mir für uns wünsche. Ich danke Dir nochmals! Ich werde deine Briefe noch häufig lesen. Und vielleicht auf den einen oder anderen Aspekt nochmals eingehen. Sie enthalten soviel Futter, das muss ich jetzt erstmal verdauen!

Vielen Dank! und liebe Grüße
Himmelrosa

09.01.2020 13:11 • #48


paulaner
@himmelrosa
Lies dir bitte auch den letzten Post von E-Claire nochmal durch.
Sie beschreibt da ein sehr oft vorkommendes Problem gerade von Frauen. Dieses Geliebt-Werden-Wollen.
Ich finde gerade dieser Satz
Als Beispiel, ich fühle mich nicht dadurch weiblich, daß ich von jemandem begehrt werde, sondern ich bin aus mir selbst heraus immer und absolut weiblich.
drückt das mega gut aus.
Zitat von himmelrosa:
Ich hatte wohl eine gewisse Funktion für ihn, was ich hier nicht näher erläutern will,

Zitat von himmelrosa:
Ich hatte eine Bedeutung für ihn, ich nenne es aber lieber Funktion, weil es sich weniger gefühlsduselig anhört.


Du hast das übrigens ja selber geschrieben:
Zitat von himmelrosa:
Wie heißt es so schön, Männer gehen fremd um ihr Ego zu puschen, Frauen, weil sie sich verlieben.

Ersetze weil sie sich verlieben durch weil sie begehrt/geliebt werden. Also letztendlich auch um ihr Ego (ihr Sich-Weiblich-Fühlen) zu pushen, oder?

09.01.2020 13:20 • x 2 #49


H
Danke auch dir E-Claire! Auch auf deinen Beitrag werde ich noch eingehen. Jetzt aber muss ich ein bisschen was tun. Das ganze nimmt doch sehr viel Zeit in Anspruch. Aber es freut mich, dass unser Austausch nun doch noch ein akzeptables Niveau erreicht. Ich hoffe nur, dass die ewigen Nörgler uns das nicht zunichte machen. Vielleicht wechsele ich daher bei dem einen oder anderen Aspekt in die Kommunikation per PN, wenn ich darf.

Auch dir vielen Dank! und liebe Grüße!
Himmelrosa

09.01.2020 13:21 • #50


B
Zitat von himmelrosa:
So wie ich, warst ja wohl auch du zuerst in deinen AM verliebt. Als du dann feststelltest, dass du für ihn nur eine Randfigur warst, wie bist du mit dieser Erkenntnis umgegangen. Das ist ja eine sehr schmerzliche Erfahrung. Ich habe auch darunter sehr gelitten. Ich war eine von vielen.


Ich konnte damit gar nicht umgehen. Ich litt in der Affäre nach der anfänglichen Glücksphase wie ein Hund. Darunter, wie unwichtig ich für ihn war. Darunter, wie selbstständig und unabhängig er sein Leben lebte. Darunter, dass ich nie das war, was ich sein wollte für ihn, die Hauptperson. Ich war irgendwann wie ein Statist, der ihm zusah und genauso fühlte ich mich auch.

Es war mein persönliches Waterloo, das ich in der Affäre nachlebte. Aufgrund von Erziehung und Elternhaus nicht unbedingt mit einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein ausgestattet, hatte ich wenig Selbstwertgefühl und das Wenige machte er noch mehr kaputt. Ich empfand keine Eigenliebe und war ihm daher schutzlos ausgeliefert. Ich war verletzlich, weinte oft im Stillen und hatte Ängste, die ich seit meiner Kindheit kannte. Das Gefühl von Machtlosigkeit war eklatant.
Denn ich hatte ihn auf ein Podest gehoben. Er war ja so toll, so intelligent, so einfühlsam (gerade letzteres war er absolut nicht!) und ich arme Maus konnte ja froh sein, dass er sich mit mir abgab.
Ich wies mir selbst eine ungenügende Rolle zu. Denn wer einen anderen Menschen auf ein Podest stellt, für den bleibt im Gegenzug nur die Position darunter.
Auch das aus der Kindheit importiert. Ich war nicht wichtig, ich hatte nichts zu sagen, meine Gefühle spielten keine Rolle. Augen zu und durch, lautete die Devise. Stell Dich nicht so an, hab Dich nicht so, andere plärren deswegen auch nicht usw.
So was schleppt man oft das ganze Leben mit sich rum und ich denke, dass auch bei Dir viele Altlasten da sind, die Du in der Affäre nachgelebt hast.
Das war das was ich empfand und damit gingen natürlich Ängste einher. Die Angst, er würde mich als ungenügend sehen, als nicht mehr attraktiv. Andere Frauen könnten kommen und ihm besser zusagen.
Er war kein Gigolo, auch kein bösartiger und rücksichtsloser Casanova.

Aber ich checkte mal seinen Mailwechsel, weil die Gelegenheit gerade so günstig war und ich sowieso das diffuse Gefühl hatte, das da was war. Ehrlich und offen war er nie.
Und tatsächlich: eine Kollegin, die er auf einem Kongress wieder getroffen hatte (sie waren vorher bekannt) hatte ihm eine E-Card von einer Urlaubinsel geschickt.
An sich ja nichts Schlimmes, aber als ich sah, dass sich dahinter ein ganzer Mailwechsel verbarg, wurde mir schlecht.
Sie hatten nichts getan (noch nicht), nur so ein wenig hin und her geschrieben und sich gegenseitig beweihräuchert (sein mieses Ego kannte ich zur Genüge, es brauchte immer Futter von außen), aber sie dachten ein Treffen an.
Trotz unterschiedlicher Wohnorte kein Problem bei 100 km. Und er, der kleine Drecksack, hatte doch gleich einen Termin parat. Leider zerschlug der sich, weil sie nicht konnte.
Man visierte unverbindlich Ostern an. Es war EINE Woche vor Ostern, als ich bei ihm war.

Mein Blutdruck erreichte ungeahnte Höhen, meine Hände wurden wässrig, Stress hoch zehn. Was sollte ich nur tun? Wäre ich gefahren, hätte ich ihm Tür und Tor geöffnet, das wollte ich nicht. Also musste eine andere Strategie her, die mir im Lauf des Tages auch einfiel.
Ich sprach mit ihm, natürlich nicht über den Mailwechsel den ich unter Verletzung sämtlicher Persönlichkeitsrechte gelesen hatte, sondern über sein Leben. Und unsere Beziehung. Und meine Probleme damit, weil er immer in einer Distanz blieb, die nicht zu überwinden war.
Warum wollte ich das überwinden, statt sie ihm zu lassen? Das frage ich mich heute.

Irgendwie erreichte ich ihn damit und irgendwie wurde ich damit wieder anders von ihm wahrgenommen.Das fühlte ich, es arbeitete in ihm, zumindest ein bißchen. Viel arbeitete selten in ihm, er war wie ein Fisch im Wasser, oft seltsam emotionslos.
Ich wusste, ich hatte was bewegt in ihm. Er konnte nicht mehr einfach so sich mit dieser anderen treffen, denn es wäre gegen sein Gewissen gewesen.

Wie ging die Geschichte aus? Es war ein Etappensieg für mich, nicht mehr. Wie ich später heraus fand, tat er das, was er immer tat. Er tauchte ab, kontaktierte diese Dame nicht mehr. Vorläufig. Stattdessen lief auf einmal unsere Beziehung besser! Aber nur auf Zeit, denn ich fühlte mich besser. Auch ich hatte was zu sagen, auch ich konnte was bewirken. Er wollte sich mehr Mühe geben. Man beachte die Wortwahl! Das Wort Mühe sagte schon einiges.

Am Samstag vor Ostern trafen wir uns und gingen in den Zoo, Er war scheinbar lieb, aber im Grund genommen nicht bei der Sache. Er checkte an diesem Tag geschätzte Hundert Mal sein Handy und wartete wohl auf eine Anfrage der bewussten Dame, die nicht kam.
Am Ostersonntag besuchte er seine Mutter und Schwester, das wusste ich . Wegen Ostermontag blieb mir nur die Hoffnung.

Wenig später kam er darauf, dass ich seine Mailbox kontrollierte. Abstreiten sinnlos und das führte wieder zu einer interessanten Änderung der Machtverhältnisse. Denn ich musste mich entschuldigen, legte meine Gründe dar usw. Und er? Ach, er war ja so edel. Er reagierte fast verständnisvoll, gönnerhaft.
Später habe ich es verstanden. Durch mein Fehltverhalten war ich wieder in die untergeordnete Rolle gerutscht. Und er war wieder oben, das gewohnte Machtverhältnis war wieder hergestellt zu seinen Gunsten. Der König kann leicht gnädig sein, wenn der Untertan kuscht.

Er sagte, er habe nichts von ihr gewollt. Es ist eine Bekannte, nichts weiter. Aha, ich glaubte ihm nicht, aber ich tat so.
Ich war dann zwei Wochen in Urlaub und in dieser Zeit hat er ihr geschrieben. Es muss eine lange Mail gewesen sein, die ich nicht mehr lesen konnte. Sie reagierte recht kühl und knapp. Er schrieb dann nochmals: Ich hoffe, Du verstehst jetzt, warum ich mich nicht melden konnte. Die Beziehung läuft jetzt besser und dafür bin ich dankbar, obgleich ich weiß, dass es nicht von Dauer sein wird.

Er war noch mit mir zusammen, obwohl er das Ende vor sich sah. Es war eine Frage der Zeit. Die kam dann auch einige Wochen später. Mein Stöbern kam auf, kurzzeitige Entspannung bevor er sich dann trennte. Ich litt, aber ich verstand es auch. Es war alles zu verfahren und er wollte nicht mehr.

Ein paar Monate später hatte er die Nächste. Das zog mir kurzzeitig noch mal den Boden unter den Füßen weg. Seither kein Kontakt mehr. Wenn wir uns sehen, grüßen wir uns. Man kennt sich ja, aber sonst keinerlei Kommunikation. Er ist nicht mehr interessant und von Bedeutung.
Andere Dinge wurden wichtiger. Ich und meine Ehe, ein besseres Leben, ein unabhängigeres Verhalten.
Ich war für ihn vermutlich nicht von großer Bedeutung, eben eine Affäre, aber er hat mir mein Leben zurück gegeben. Weil er war wie er war. Er weiß es nicht, ist auch nicht wichtig, aber ich weiß es.
Er war einerseits ein Zerstörer, aber langfristig ein Retter. Teufel und Engel in einer Person. Aber davon weiß er nichts, muss er auch nicht.
Ich wünsche ihm nichts Schlechtes (mehr), aber im Grund ist er heute bedeutungslos.

Betrauere nichts, was ist wie es ist und was Du nicht mehr ändern kannst. Es hat alles seinen Wert, glaube mir.
Und es liegt mehr in Deiner Hand, als Du glaubst. Du allein kannst Dein Leben zufriedenstellender gestalten und ich glaube, Dein bequemer und beständiger Gefährte wird mit Dir davon profitieren.

Forsche mal ein wenig in Deiner Kindheit. Vielleicht findest Du da manche Parallelen zu heute.

Begonie

09.01.2020 13:52 • x 3 #51


medusaaa
bleibt wohl nur eine offene beziehung,wenn du S. verlangen ausleben möchtest und deein mann aber seineRuhe möchte.

09.01.2020 14:07 • #52


medusaaa
Zitat von Eleni:
Spiel mit deinem Mann in der Umkleidekabine, bring ihm Frühstück ins Bett, schwimm mit ihm im Meer, ganz einfach. Tob dich aus.

er will das alles nicht.ihr mann will seine ruhe hat sie geschriebem

09.01.2020 14:09 • #53


Kummerkasten007
Seltsam, dass es gehäuft in letzter Zeit immer wieder sehr sehr ähnliche Threads mit sehr sehr ähnlicher Schreibweise gibt.

09.01.2020 14:16 • #54


I
Zitat von Kummerkasten007:
Seltsam, dass es gehäuft in letzter Zeit immer wieder sehr sehr ähnliche Threads mit sehr sehr ähnlicher Schreibweise gibt.



Psssst

09.01.2020 14:21 • x 1 #55


E-Claire
Zitat von himmelrosa:
Aber es freut mich, dass unser Austausch nun doch noch ein akzeptables Niveau erreicht. Ich hoffe nur, dass die ewigen Nörgler uns das nicht zunichte machen.


Zwei Anregungen: akzeptables Niveau, ist nicht nur Wertung, sondern hat auch eine sehr bestimmte Richtung. Du (!) findest es jetzt akzeptabel, wohlgemerkt nicht mal gut, wie jetzt auf dich eingegangen wird. Das steht Dir selbstverständlich zu. Die Wortwahl allerdings ist in meinen Augen dazu geeignet, Widerstand hervorzurufen. Damit also zu torpedieren, was Dir so wichtig ist, der wertschätzende Austausch. Ich empfinde die Formulierung akzeptables Niveau nicht als wertschätzendend.

Zweitens: nicht die ewigen Nörgler (warum ist es Dir so wichtig, diese zu benennen und so zu benennen, daß es als Provokation aufgefaßt werden könnte?), sind die, die Austausch zunichte machen, sondern Deine Entscheidung (!) deren Wertung anzunehmen, ist, was Kommunikation zunichte macht. Vielleicht könntest Du es als Übung nehmen, richte Deinen Blick auf die Beiträge, die für dich wichtig sind und laß Dankbarkeit für diese zu und nimm den Blick von den Beiträgen, die Dir nichts bringen. Es ist wie im Leben auch, lenke Deine aufmerksamkeit auf das Gute.

Als mein subjektiver Eindruck verbleibt, daß eine deutlich wahrzunehmende Aggression in Deinen Texten mitschwingt. Ich würde mir wünschen, daß Du diese besser annehmen könntest und gezielter mit ihr umgehst.
Du bist kein Opfer. Weder Deine Nachbarn noch das Forum sind gegen dich.

Was die Frage der PN angeht, ich habe über das letzte Jahr eher weniger gute Erfahrungen mit PNs gemacht, meine Erfahrung, nicht Deine! Gleichzeitig mag ich die Threads deshalb so sehr, weil sie offenes, erwartungsfreies Mitschreiben für mich ermöglichen. Ich kann ein- und aussteigen, wann ich für mich das möchte und wie es meine Zeit erlaubt.
Ich bin mir aber sicher, daß für andere Foristen der Austausch über PNs ein willkommener ist.

Alles Gute.

09.01.2020 15:23 • x 3 #56


Wurstmopped
Zitat von himmelrosa:
Das schmerzt immernoch und deshalb habe ich lange mit mir gerungen, um nicht wieder den Kontakt zu suchen

Warum fiel es Dir schwer, was bist Du dir den Wert!

Zitat von himmelrosa:
Väterliche Fürsorge suchte ich nun also in jedem Mann, der mir begegnete und irgendwie fand ich sei bei meinem Mann nicht.

Weli Du dir einen Mann ausgesucht hast, der Dich an Deinen Vater erinnert hat! So konntest du weiterhin brav in Deiner Rolle bleiben, da kennst du dich ja aus!

09.01.2020 16:13 • #57


E
Zitat von Himmelrosa:
Ein Leben ohne ihn will ich mir nicht vorstellen.


Warum gehst Du dann den Weg der Affäre, statt den Weg der Heilung innerhalb der Beziehung? Dies erschließt sich mir nicht!

09.01.2020 16:16 • x 3 #58


paulaner
Zitat von SimplyRed:
Warum gehst Du dann den Weg der Affäre, statt den Weg der Heilung innerhalb der Beziehung? Dies erschließt sich mir nicht!

Tja Simply, warum wohl?
Weil es erstmal so aussieht, als könnte das etwas lösen.
Und...weil es eben sehr viel einfacher (und natürlich auch schöner) ist.

Und...Affäre heißt doch meistens eben nicht, dass man sich ein Leben ohne den Partner vorstellt, sondern es ist doch (nur) ein Zusatz zum Alltag. Fast keiner, der fremdgeht, tut das, weil er seinen Partner verlassen will. Darum wird doch die Illusion einer heilen Beziehung unbedingt aufrecht erhalten. Der Partner soll ja auch weiterhin loyal und treu sein.

Wer fremdgeht verändert ja den Status einer Beziehung. Ich habe hier mal einen schönen Ausdruck gelesen: Der Fremdgeher macht aus einer monogamen Beziehung eine einseitig verdeckt offene Beziehung.

09.01.2020 16:37 • x 2 #59


Wurstmopped
...Schatz, ich habe dich nicht direkt betrogen, ich habe die Beziehung nur einseitig verdeckt geöffnet!
Ich war mir nicht bewusst, dass es so wichtig für Dich ist, darum habe ich es Dir nicht sofort gesagt!

09.01.2020 17:12 • x 2 #60


A


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