Zitat von himmelrosa:So wie ich, warst ja wohl auch du zuerst in deinen AM verliebt. Als du dann feststelltest, dass du für ihn nur eine Randfigur warst, wie bist du mit dieser Erkenntnis umgegangen. Das ist ja eine sehr schmerzliche Erfahrung. Ich habe auch darunter sehr gelitten. Ich war eine von vielen.
Ich konnte damit gar nicht umgehen. Ich litt in der Affäre nach der anfänglichen Glücksphase wie ein Hund. Darunter, wie unwichtig ich für ihn war. Darunter, wie selbstständig und unabhängig er sein Leben lebte. Darunter, dass ich nie das war, was ich sein wollte für ihn, die Hauptperson. Ich war irgendwann wie ein Statist, der ihm zusah und genauso fühlte ich mich auch.
Es war mein persönliches Waterloo, das ich in der Affäre nachlebte. Aufgrund von Erziehung und Elternhaus nicht unbedingt mit einem unerschütterlichen Selbstbewusstsein ausgestattet, hatte ich wenig Selbstwertgefühl und das Wenige machte er noch mehr kaputt. Ich empfand keine Eigenliebe und war ihm daher schutzlos ausgeliefert. Ich war verletzlich, weinte oft im Stillen und hatte Ängste, die ich seit meiner Kindheit kannte. Das Gefühl von Machtlosigkeit war eklatant.
Denn ich hatte ihn auf ein Podest gehoben. Er war ja so toll, so intelligent, so einfühlsam (gerade letzteres war er absolut nicht!) und ich arme Maus konnte ja froh sein, dass er sich mit mir abgab.
Ich wies mir selbst eine ungenügende Rolle zu. Denn wer einen anderen Menschen auf ein Podest stellt, für den bleibt im Gegenzug nur die Position darunter.
Auch das aus der Kindheit importiert. Ich war nicht wichtig, ich hatte nichts zu sagen, meine Gefühle spielten keine Rolle. Augen zu und durch, lautete die Devise. Stell Dich nicht so an, hab Dich nicht so, andere plärren deswegen auch nicht usw.
So was schleppt man oft das ganze Leben mit sich rum und ich denke, dass auch bei Dir viele Altlasten da sind, die Du in der Affäre nachgelebt hast.
Das war das was ich empfand und damit gingen natürlich Ängste einher. Die Angst, er würde mich als ungenügend sehen, als nicht mehr attraktiv. Andere Frauen könnten kommen und ihm besser zusagen.
Er war kein Gigolo, auch kein bösartiger und rücksichtsloser Casanova.
Aber ich checkte mal seinen Mailwechsel, weil die Gelegenheit gerade so günstig war und ich sowieso das diffuse Gefühl hatte, das da was war. Ehrlich und offen war er nie.
Und tatsächlich: eine Kollegin, die er auf einem Kongress wieder getroffen hatte (sie waren vorher bekannt) hatte ihm eine E-Card von einer Urlaubinsel geschickt.
An sich ja nichts Schlimmes, aber als ich sah, dass sich dahinter ein ganzer Mailwechsel verbarg, wurde mir schlecht.
Sie hatten nichts getan (noch nicht), nur so ein wenig hin und her geschrieben und sich gegenseitig beweihräuchert (sein mieses Ego kannte ich zur Genüge, es brauchte immer Futter von außen), aber sie dachten ein Treffen an.
Trotz unterschiedlicher Wohnorte kein Problem bei 100 km. Und er, der kleine Drecksack, hatte doch gleich einen Termin parat. Leider zerschlug der sich, weil sie nicht konnte.
Man visierte unverbindlich Ostern an. Es war EINE Woche vor Ostern, als ich bei ihm war.
Mein Blutdruck erreichte ungeahnte Höhen, meine Hände wurden wässrig, Stress hoch zehn. Was sollte ich nur tun? Wäre ich gefahren, hätte ich ihm Tür und Tor geöffnet, das wollte ich nicht. Also musste eine andere Strategie her, die mir im Lauf des Tages auch einfiel.
Ich sprach mit ihm, natürlich nicht über den Mailwechsel den ich unter Verletzung sämtlicher Persönlichkeitsrechte gelesen hatte, sondern über sein Leben. Und unsere Beziehung. Und meine Probleme damit, weil er immer in einer Distanz blieb, die nicht zu überwinden war.
Warum wollte ich das überwinden, statt sie ihm zu lassen? Das frage ich mich heute.
Irgendwie erreichte ich ihn damit und irgendwie wurde ich damit wieder anders von ihm wahrgenommen.Das fühlte ich, es arbeitete in ihm, zumindest ein bißchen. Viel arbeitete selten in ihm, er war wie ein Fisch im Wasser, oft seltsam emotionslos.
Ich wusste, ich hatte was bewegt in ihm. Er konnte nicht mehr einfach so sich mit dieser anderen treffen, denn es wäre gegen sein Gewissen gewesen.
Wie ging die Geschichte aus? Es war ein Etappensieg für mich, nicht mehr. Wie ich später heraus fand, tat er das, was er immer tat. Er tauchte ab, kontaktierte diese Dame nicht mehr. Vorläufig. Stattdessen lief auf einmal unsere Beziehung besser! Aber nur auf Zeit, denn ich fühlte mich besser. Auch ich hatte was zu sagen, auch ich konnte was bewirken. Er wollte sich mehr Mühe geben. Man beachte die Wortwahl! Das Wort Mühe sagte schon einiges.
Am Samstag vor Ostern trafen wir uns und gingen in den Zoo, Er war scheinbar lieb, aber im Grund genommen nicht bei der Sache. Er checkte an diesem Tag geschätzte Hundert Mal sein Handy und wartete wohl auf eine Anfrage der bewussten Dame, die nicht kam.
Am Ostersonntag besuchte er seine Mutter und Schwester, das wusste ich . Wegen Ostermontag blieb mir nur die Hoffnung.
Wenig später kam er darauf, dass ich seine Mailbox kontrollierte. Abstreiten sinnlos und das führte wieder zu einer interessanten Änderung der Machtverhältnisse. Denn ich musste mich entschuldigen, legte meine Gründe dar usw. Und er? Ach, er war ja so edel. Er reagierte fast verständnisvoll, gönnerhaft.
Später habe ich es verstanden. Durch mein Fehltverhalten war ich wieder in die untergeordnete Rolle gerutscht. Und er war wieder oben, das gewohnte Machtverhältnis war wieder hergestellt zu seinen Gunsten. Der König kann leicht gnädig sein, wenn der Untertan kuscht.
Er sagte, er habe nichts von ihr gewollt. Es ist eine Bekannte, nichts weiter. Aha, ich glaubte ihm nicht, aber ich tat so.
Ich war dann zwei Wochen in Urlaub und in dieser Zeit hat er ihr geschrieben. Es muss eine lange Mail gewesen sein, die ich nicht mehr lesen konnte. Sie reagierte recht kühl und knapp. Er schrieb dann nochmals: Ich hoffe, Du verstehst jetzt, warum ich mich nicht melden konnte. Die Beziehung läuft jetzt besser und dafür bin ich dankbar, obgleich ich weiß, dass es nicht von Dauer sein wird.
Er war noch mit mir zusammen, obwohl er das Ende vor sich sah. Es war eine Frage der Zeit. Die kam dann auch einige Wochen später. Mein Stöbern kam auf, kurzzeitige Entspannung bevor er sich dann trennte. Ich litt, aber ich verstand es auch. Es war alles zu verfahren und er wollte nicht mehr.
Ein paar Monate später hatte er die Nächste. Das zog mir kurzzeitig noch mal den Boden unter den Füßen weg. Seither kein Kontakt mehr. Wenn wir uns sehen, grüßen wir uns. Man kennt sich ja, aber sonst keinerlei Kommunikation. Er ist nicht mehr interessant und von Bedeutung.
Andere Dinge wurden wichtiger. Ich und meine Ehe, ein besseres Leben, ein unabhängigeres Verhalten.
Ich war für ihn vermutlich nicht von großer Bedeutung, eben eine Affäre, aber er hat mir mein Leben zurück gegeben. Weil er war wie er war. Er weiß es nicht, ist auch nicht wichtig, aber ich weiß es.
Er war einerseits ein Zerstörer, aber langfristig ein Retter. Teufel und Engel in einer Person. Aber davon weiß er nichts, muss er auch nicht.
Ich wünsche ihm nichts Schlechtes (mehr), aber im Grund ist er heute bedeutungslos.
Betrauere nichts, was ist wie es ist und was Du nicht mehr ändern kannst. Es hat alles seinen Wert, glaube mir.
Und es liegt mehr in Deiner Hand, als Du glaubst. Du allein kannst Dein Leben zufriedenstellender gestalten und ich glaube, Dein bequemer und beständiger Gefährte wird mit Dir davon profitieren.
Forsche mal ein wenig in Deiner Kindheit. Vielleicht findest Du da manche Parallelen zu heute.
Begonie