Zitat von E-Claire:Weli Du dir einen Mann ausgesucht hast, der Dich an Deinen Vater erinnert hat! So konntest du weiterhin brav in Deiner Rolle bleiben, da kennst du dich ja aus!
Das ist absolut richtig. Viele Frauen suchen sich unbewusst Männer, die sie an den Vater erinnern, entweder weil der Vater zu einer Art Gott stilisiert wird (wie später der Partner) oder weil sie als Tochter eines bestimmten Vatertyps Defizite, Verletzungen mit sich rumschleppen, die die Frauen von einem Partner heilen lassen wollen. Das Ganze ist natürlich völlig unbewusst und daher kann man es auch nicht kritisieren. Wenn man Dinge tut, Partner wählt und eigentlich nicht weiß, warum genau dieser Typ Mann gewählt wird, so kann man hier keinen Vorwurf machen. Solche Zusammenhänge erschließen sich nicht in jungen Jahren, sondern setzen ein höheres Alter und auch ein Maß an Blessuren voraus. Mit 25 oder 30 ist man meistens unfähig, Zusammenhänge herzustellen.
Auch was Du über die Funktion schreibst, finde ich einen guten Ansatz.
Die Frau definiert sich darüber, was sie für den Mann ist. Die einen mutieren z.B. schwerpunktmäßig zu einer kapriziösen Geliebten und definieren sich darüber, die anderen werden zur Ersatzmutter und Versorgerin und ziehen daraus Bestätigung.
Das Schlimme ist, dass meist die Frau eine Rolle sucht, über die sie sich definieren kann. Damit braucht sie ein bestimmtes Gegenüber, das diese Aufgabe eine Zeitlang vielleicht sogar erfüllt.
Flaut das ab, kehrt der Alltag ein, schleifen sich Verhaltensweisen ein, wird alles zur Gewohnheit und der Partner erfüllt seine Aufgaben nicht mehr oder ungenügend.
Dann suchen sich Frauen, weil sie die Bestätigung von außen suchen, also eine Rückmeldung vom Mann brauchen, oft genug einen anderen Mann, mit dem vermeintlich endlich alles besser wird.
Wenn ich mich in Frage stelle und mich frage, was bin oder war ich eigentlich für den Mann, dann ist das ein deutliches Indiz, dass der eigene Selbstwert unzureichend vorhanden ist und dieses Loch von außen gestopft werden muss, damit man sich halbwegs gut fühlt.
Diese Fragestellung ist typisch für Frauen, die wohl schon durch die Erziehung oft unbewusst in dieses Fahrwasser kommen.
Mein Mann liebt mich, also bin ich.
Ist die Beziehung zu Ende, ist der kümmerliche Rest des Selbstwertgefühls erst Recht in Frage gestellt. Daher auch oft die Verzweiflung und die Orientierungslosigkeit. Wohin mit meinen Gefühlen und wer hilft mir jetzt?
In der Regel keiner.
Damit kommt dann nach anfänglicher Verzweiflung oft auch Wut und Aggression. Man war schon in der Beziehung gefrustet, aber jetzt ist alles zu Ende. Keine Perspektiven! Das ist typisch für eine Opferrolle. Ich habe ja alles gegeben, aber der fiese Mann hat versagt und mich sitzen lassen. Auch eine interessante Wortwahl, fällt mir gerade ein. Sie drückt die eigene Hilflosigkeit und Passivität aber sehr gut aus.
Ich wurde sitzen gelassen, abserviert, weg geworfen. Typische Worte für eine Opferrolle. Das eigene Versagen steht deutlich vor Augen. Ich war es nicht wert, geliebt zu werden. Damit ist man dann beim klassischen Selbstboykott. Man taugt nicht, ist ungenügend, eben weil der Input von außen fehlt.
Interessant, was Himmelrosa schrieb. Sie war ein Fass ohne Boden. Diese Beobachtung konnte ich rückblickend bei mir auch feststellen. Die Liebe war nie genug, egal, wie viel oben reingeschüttet wurde, es lief unten sozusagen wieder raus. Typisch für Menschen, die mit zu wenig Liebe groß werden mussten. Das Defizit ist nicht auffüllbar.
Die Ansprüche an den Partner werden nicht formuliert. Können sie auch nicht, weil man sie nicht erkennt, meist erst im Rückblick. Was ich nicht erkenne, kann ich nicht ausdrücken. Man fühlt lediglich einen inneren Mangel.
Leider ist oft der Blick auf das Negative sehr stark. Das Positive wird darüber übersehen. Z.B. Himmelrosa, die von ihrem Vater in eine Rolle gedrängt wurde, der sie nicht gewachsen war. Dem Vater könnte man Vorwürfe machen, aber auch er ist letztendlich vom Leben und seiner Kindheit geformt worden. Ihm wurde nichts geschenkt, die Selbstansprüche waren hoch und genauso ging er mit den Kindern um. Was einem Kind nichts ausmacht, ist für ein anderes und sensibles Kind die Hölle.
Aber auch hier muss ich nicht nur das Negative sehen. Der Vater kann nur geben, was in ihm drin ist. Das ist das Eine und kein Vater der Welt ist vollkommen. Auf der anderen Seite sollte man aber auch den Blick darauf richten, dass man an der Anforderung auch gewachsen ist und auch das ist ein Kapital fürs Leben. Es steckt überall auch ein positiver Aspekt drin, der aber über dem Schmerz, der tief in einem verankert ist, nicht gesehen werden kann.
Dann kommt oft die Haltung: Mein Vater hat mir dies und jenes angetan.
Das bedeutet aber nicht, dass ich ewig in der Rolle eines Menschen, dem etwas angetan wurde, verharren muss. Ein Opfer hat es eigentlich einfach. Es leidet, denn es ist ja Opfer und damit fertig. Ein Opfer muss nichts tun, es ist geboren um zu leiden und es bleibt passiv. Es gibt dann kein Entwicklungspotential, denn man steht sich selbst im Weg.
Um da raus zu kommen, braucht es viel Selbstreflexion und auch Energie und die Fähigkeit, Rückschläge einzustecken. Denn es ist sehr schwer, manifestierte Verhaltensweisen zu verändern.
Ich denke, da erkennt sich auch Himmelrosa wieder. Aus Selbsterkenntnis kann wiederum viel wachsen. Eine andere Haltung dem Leben gegenüber, eine andere Sichtweise auf Männer und sich selbst und ein Aushalten von Schicksalsschlägen. Die eigene Identität darf nicht nur von außen kommen, sie muss aus sich selbst erwachsen.
Ich bin eine kinderlose Frau, Himmelrosa auch. Bei mir weiß ich nicht, ob ich Kinder wollte, eher nicht, sonst hätte ich welche. Himmelrosa wurde die Mutterrolle versagt. Das ist richtig schlimm und tut grausam weh.
Aber muss ich darüber verzweifeln? Nein, es gibt auch andere Dinge im Leben. Ich habe mehr Geld zur Verfügung, ich kann mich beruflich weiter entwickeln, ich kann mich besser selbst entfalten, weil ich den Kindern nicht verpflichtet bin. Ich erlebe vielleicht manche Enttäuschung als Elternteil nicht. Ich muss mich nicht darüber ärgern, dass das Kind ständig mit seinem Smartphone befasst ist und alles Andere vernachlässigt. Ich muss mich nicht mit pubertierenden Kindern abgeben usw.
Ich bin kinderlos, aber dennoch ein wertvoller Mensch.
Und ich habe die Chance, mich mehr mit mir zu befassen als eine Frau, die ihre Rolle als Ehefrau und Mutter und halbtags tätige Arbeitskraft erfüllen muss, was meist ein Spagat ist.
Wenn dann noch ein Mann da ist, der die Kinderlosigkeit als etwas Gegebenes hinnimmt und sich sagt, okay, das klappt nicht, aber dann habe ich mehr Zeit für meine Jungs im Fußballclub, ist das ja durchaus positiv. Die Frau wird nicht als unfruchtbar und daher nicht brauchbar abgestempelt, sondern man bleibt bei ihr und macht das Beste mit ihr daraus. Nur dass es der Frau nicht genug war, daher dann ja auch die Affäre.
Nichts ist nur positiv, aber auch nicht nur negativ. Den Blick auf das Positive zu rücken, lässt sich trainieren. Ich denke, Himmelrosa wird das lernen, weil sie es auch lernen will.
Begonie