Liebes Forum,
vor einigen Monaten habe ich schonmal hier geschrieben, weil mich die Probleme in meiner Beziehung sehr belastet haben. Nach einem klärenden Gespräch hatte ich auch ganz viel Zuversicht, dass sich alles besser entwickeln würde.
Zu einem guten Teil hat es das auch. Wir haben einen wahnsinnig tollen Urlaub verbracht, ich habe meine eigenen Probleme anhand meiner Therapie sehr gut in den Griff bekommen und wir hatten auch keine Diskussionen mit Respektlosigkeiten mehr, was mich in der Vergangenheit sehr verletzt hatte.
Trotzdem haben wir alle paar Wochen mal Diskussionen gehabt, ausgelöst von weiß ich eigentlich gar nicht mehr genau. Was dabei vor allem bei mir hängen geblieben ist, ist das Gefühl nicht verstanden zu werden und dass meine Gefühle wegargumentiert und nicht angenommen werden. Am Schlimmsten ist die Ja, genau so geht es mir auch!-Methode, bei der die geschilderten Gefühle als Vorwurf aufgefasst werden und anschließend mit einem Aber das Ganz hübsch verpackt zurückgeworfen wird. So nach dem Motto: Dito.
Ich fühle mich nicht ernst genommen und verstanden.
Dazu kommt noch, dass mein Freund einfach an seiner Lebenssituation nichts ändert. Er versucht es zwar, aber er macht keine Fortschritte. Auch macht er nur wenig für sich selbst und viel zu viel von mir abhängig. Weil ich ihm angeblich so wichtig bin und er am liebsten seine Zeit mit mir verbringen würde.
An seiner Liebe und dass ich ihm der wichtigste Mensch bin habe ich schon länger Zweifel, habe das auch schon mehrmals geäußert. Er sagt dazu auch immer etwas liebes in dem Augenblick. Aber in meinem Empfinden passt das alles nicht mehr wirklich zu seinen Taten.
Wenn wir diskutieren sagt er mir immer, wieviel er ja für mich tun würde. Ich hätte ja so viele Probleme, er würde so oft zu mir kommen, sich kümmern, auf so vieles verzichten und zurückstecken für mich. Für mich ist sowas in einer Beziehung selbstverständlich. Für ihn auch, wenn alles gut läuft, aber wenn nicht, betont er doch immer wieder was er alles tut - daran müsse ich doch sehen, wieviel ich ihm bedeute. Ich glaube dass ich das mittlerweile sogar auch hin und wieder tue, weil er bei mir das Bedürfnis weckt, dass ich mich rechtfertigen muss.
Naja, im Grunde sind meine Zweifel stetig gewachsen. Ich kam mir mehr und mehr vor wie Ballast und eine Bremse, weil er immer wieder betonte welchen Verzicht er ja wegen mir eingeht. Ich habe ihn mehrmals aufgefordert doch auch Dinge alleine zu machen. Das würde ihm gut tun und wir würden uns ja trotzdem sehen können. Aber er wollte ja auch am liebsten bei mir sein. Wenn das ging war alles gut, wenn das nicht ging, dann wies er mich oft auf darauf hin, wieviele Einschränkungen er in Kauf nehmen müsse und sowas.
Alles in allem habe ich irgendwann mehr und mehr das Gefühl bekommen, dass er mich nicht mehr so liebt wie anfangs. Ich habe versucht all das Gute und Schöne zu sehen was er für mich tat und was wir zusammen hatten. Normalerweise hat mir das immer Kraft gegeben um unsere Probleme zu stemmen.
Diesmal habe ich keine Kraft mehr. Ich habe mir lange den Kopf zermartert an welchen Dingen das liegen kann. Habe sie in meinem sonstigen Leben gesucht. Bei Job, Kind, Zeiteinteilung und Tagesrhythmus, Schlafmangel, Bewegungsmangel, meinen Denkweisen, Ansichten, meiner Sensibilität. Auch wenn nicht immer alles rund läuft so bin ich absolut zufrieden mit meinem Leben. Ich habe meine Verlustängste bearbeitet und bin sie so gut wie los. Ich schaue dank der Therapie besser auf meine sensiblen Seiten und weiß nun auch, dass ich damit immer falsch umgegangen bin und arbeite daran. Die meisten Dinge in meinem Leben tun mir gut.
Leider bin ich mittlerweile öfter traurig als glücklich wegen ihm. Zum einen liegt das an diesen Zweifeln und anstrengenden Diskussionen, zum anderen liegt es auch daran, dass ich mich hilflos fühle weil er sich mehr und mehr verloren hat und es kaum schafft, an seiner Lebenssituation zu arbeiten.
Er will schon seit Ewigkeiten zuhause ausziehen, aber aus irgendeinem Grund klappt es nicht. Er fand zunächst keine passende Eigentumswohnung, konnte sich dann dazu durchringen, dann wenigstens zur Miete auszuziehen. Er schaut sich dann engagiert Mietwohnungen an, hat aber höchste Ansprüche an die Lage, was die Auswahl extrem beschränkt wenn man sich das Zentrum einer Großstadt mit Studenten aussucht und nach Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnungen schaut. Wenn ihm was gefällt zögert er solange, sich zu melden, bis er zu spät dran ist.
Dazu kommen noch andere Dinge, zum Beispiel hört er immer auf zu Rauchen und fängt dann wieder auf irgendeiner Feier oder bei Problemen an. Er will aufhören zu zocken und sich mehr um andere Dinge kümmern, tut das für einen Monat und fängt dann wieder an. Die ganzen unerledigten Dingen stapeln sich für ihn gefühlt zu einem Berg, aber er kann sich kaum dazu durchringen, das alles anzupacken. Er macht dann was mit mir. Und am Ende höre ich dann, dass das ja alles liegen bleibt, weil er bei mir war. Wie man sich dabei wohl fühlt.
Vor zwei Wochen wurde es mir dann zuviel als ich meinen freien Abend dann damit verbracht habe, einen Reiseadapter für seine Eltern zu suchen und zu organisieren, wie man das Ding nun so zu ihm bekommt, dass die Eltern es am nächsten Tag auch pünktlich mitnehmen könnten. Um am Ende dann zu hören: ist gut, brauchst das Ding nicht mitnehmen, meine Eltern machen das anders. Da hatte ich schon organisiert morgens früher los zu fahren. Ich wollte nur noch raus aus der Situation und Abstand nehmen. Das sagte ich ihm. Er reagiert ansich sehr liebevoll und meinte, er würde das zwar anders sehen, wäre aber für mich da, wenn ich genug Abstand gehabt hätte.
Und was passiert als ich weg bin? Er fängt an, an sich selbst zu arbeiten, nachzudenken, Dinge zu erledigen, was zu unternehmen und für sich zu tun. Ich war einerseits sehr froh darüber, andererseits ist das aber schon bitter.
Mir ging es damit soweit auch erstmal besser. Ich konnte mich abregen und ein wenig sortieren, dachte viel nach und tat mir was Gutes. Ich vermisste ihn höllisch, spürte aber, dass ich trotzdem noch Zeit brauchte. Der Abstand hat mir bestätigt, dass ich mit meinem Leben sehr gut im Reinen bin, hat mir aber auch gezeigt wo mir noch etwas fehlt und wo ich noch an mir arbeiten möchte. Und ich konnte so einfach mal mein Gefühlschaos der letzten Monate etwas auf die Reihe bekommen.
Ich schrieb dann mit meinem Freund trotzdem zwischendurch mal, hatte etwas gelesen von dem ich dachte es half ihm, er freute sich darüber und sagte mir auch, dass ihm diese Form meiner Aufmerksamkeit gerade gut täte. Am Ende aber wieder mit einem Seitenhieb, nämlich dass ich sowas ja schon lange nicht mehr gemacht hätte, weil ich ja sonst immer nur bei mir bin.
Ein paar Tage später berichtete er von seinen persönlichen Fortschritten, was mich wirklich riesig gefreut hatte. Ich erkundigte mich zum Stand zur letzten Anfrage zu einer Wohnung - schon vergeben. Hat mich nicht überrascht weil er viel zu lang gewartet hat.
Ansonsten hatte er aber viel weggearbeitet, Sport gemacht, viel nachgedacht über sich und was ist und war etc. Also lauter gute Dinge und ich habe wieder Hoffnung geschöpft, dass das etwas verändert.
Ich habe trotzdem noch mit meinem Zweifeln gekämpft, vor allem nach der Aktion mit dem Reiseadapter. Warum mache ich so einen Blödsinn überhaupt mit?
Egal ich fing an dass ich konkretisieren konnte, was mich traurig machte, was ich gerne anders hätte, wieso ich mich wann wie gefühlt hatte etc. Das war mir in den Wochen davor nicht mehr möglich weil ich emotional so ausgelaugt war. Unser Kontakt wurde wieder etwas intensiver. Dann teilte er mir mit, dass er nun ein Cabrio wolle und schickte mir Links zu Autoanzeigen. Auch hier war ich einfach nur enttäuscht. Zum einen kennt er meine Meinung zu Cabrios; ich weiß, dass er vermutlich trotzdem nur wissen wollte, wie ich welches finde. Zum anderen war ich enttäuscht, dass er sich nicht erstmal um seinen Auszug kümmerte. Ich sagte ihm das nett, aber gebracht hat das wohl nix.
Dann begegnete er zufällig seiner Ex und er erzählte mir davon. Ich sagte voraus, dass sie sich in Kürze fadenscheinig bei ihm melden würde. Und ich hatte Recht. Am nächsten Tag kam eine Nachricht von ihr. Er fragte mich noch so nach dem Motto Wie würdest Du reagieren? und ich versuchte, diplomatisch die meiner Meinung nach beste Lösung zu schildern. Hätte ich mir aber auch schenken können.
Er hat ihr geantwortet und ich war sehr enttäuscht. Nicht darüber, dass er ihr geantwortet hat sondern wie. Er setzt ihr keine Grenzen und hat immer noch nach fast 4 Jahren so große Schuldgefühle ihr gegenüber, dass sie sich erlauben kann was sie will. Und da ist schon viel Kindergarten passiert. Es ärgert mich, das so zu sehen und es verletzt mich, dass er sich nicht endlich selbst verzeihen und gut zu sich sein kann. Im Grunde zeigte mir das aber auch wieder ein Bild von ihm, was mich unfassbar traf.
Keine Ahnung, ich war sowieso schon überladen und war also echt stinkig. Er ging aber gar nicht drauf ein, meinte nur ich solle nicht stinkig sein, bräuchte ich doch gar nicht. Für ihn war das eine Kleinigkeit. Für mich war es so, als hätte ich gesehen, wie wenig Selbstbewusstsein, Stärke und Liebe für sich er hat. Das war enttäuschend, denn ich habe ihn anders kennengelernt.
Ich konnte nicht anders als mich wieder ein Stück zurück zu ziehen. War wie gelähmt irgendwie. Nachdem ich am nächsten Morgen keinen Guten Morgen gewünscht hatte fragte er mal nach ob ich noch leben würde, ich hätte ja nichts geschrieben. Und dann schickte er mir einen neuen Link zu einem Cabrio.
Ich schrieb noch, dass ich irgendwie sehr stinkig wäre, er meinte, das müsste ich doch nicht.
Danach hatten wir tagelang keinen Kontakt mehr. Er ging natürlich nicht auf meine Stinkigkeit ein, das war aber auch nicht mein Ziel mit dem stinkig sein. Ich war einfach nur schon wieder so enttäuscht und traurig. Und er machte keinen Schritt auf mich zu.
Ich habe dann zufällig gesehen, dass er sich das Cabrio angeschaut hat. Und meine Enttäuschung wuchs weiter. Warum zieht er nicht aus und ändert mal was? Statt dessen schaut er sich nach einem Auto um von dem er nichtmal weiß, wo er es in Zukunft unterstellen will.
Am Sonntag Abend habe ich ihm eine lange Mail geschrieben darüber wie ich mich fühle, was mir durch den Kopf geht und warum ich das so nicht weiter machen kann. Ich erklärte ihm was mir zu schaffen macht, was mich traurig macht und was ich mir wünsche. Ich schrieb ihm noch eine SMS, dass ich so nicht weiter machen können und ihm das alles in einer Mail erklären würde.
Ich weiß, es ist sehr unschön nicht persönlich zu sprechen. Aber ich hatte einfach keine Kraft mehr dazu mich auf ein Gespräch einzulassen, bei dem er wieder sagt was er alles für mich tut, dass ich ja nur bei mir bin etc und bei dem er nicht einfach mal nur meine Gefühle hinnehmen kann. Ich hatte keine Kraft für ein Gespräch, bei dem ich mich nicht verstanden und akzeptiert fühlen würde. Ich liebe ihn so sehr. Und kann trotzdem nicht weitermachen.
Ich danke Euch herzlichst fürs Lesen. Es tat gut, mal einen Teil davon aus loszuwerden.
26.06.2018 15:16 •
x 1 #1