Liebe macht Angst

Hallo zusammen

Ich bin neu hier und weiss gar nicht recht, wie ich meinen Text beginnen soll. Am besten stelle ich mich mal kurz vor. Ich bin 30 Jahre alt, wohne allein, hatte im gesamten drei Beziehungen, habe eine Führungsposition in einer Kindertagesstätte, welche mich manchmal etwas stresst, aber sonst im grossen und ganzen erfüllt und in meiner Freizeit mache ich viel Sport, treffe Freunde, unternehme Ausflüge und geh gern lecker Essen oder was trinken. Achso und ich wohne in der Schweiz und fühle mich in den Bergen sehr wohl.

Nun zu meinem Problem. Wie gesagt hatte ich drei Beziehungen, keine davon war wirklich gesund für mich und irgendwie geriet ich immer an die falschen. Ich stecke ein bisschen in dem Dilemma, sind es wirklich die falschen Typen oder bin ich das Problem? Und keine Frage, im Nachhinein konnte ich auch meinen Anteil erkennen und mittels Therapie versuche ich, alles aufzuarbeiten.

Jetzt versuche ich seit einigen Jahren, meinen Deckel zu finden und habe viele verschiedene Männer gedatet und bin auch einige Male auf die Schnauze gefallen. Zuerst konnte ich mich nie verlieben und dann in solche, die nicht wirklich verfügbar waren und jetzt denke ich mir, dass ich selber emotional auch so verkorkst bin, dass es für einen normal, sicher-gebunden Mann schwierig ist, sich auf mich einzulassen. Andererseits sind halt die, die nicht verfügbar sind, für mich relativ sicher, da mir da nichts passieren kann, da es eh nie mehr wird. und obwohl ich es mir wünsche, macht mir genau diese Nähe Angst, weil ich nicht weiss, wie man eine normale, gesunde Beziehung führt.

Vor zwei Monaten habe ich einen Mann kennen gelernt - online - und seither daten wir uns und es wird immer ernster. Wir stehen täglich in einem tollen Austauschen, telefonieren ab und zu und sehen uns zur Zeit hauptsächlich nur am Wochenende, jedoch meistens nicht FR bis SO sondern eher Samstag gegen den späteren Nachmittag bis Sonntag Mittag. So und jetzt kommt das Problem. Dieser Dating-Prozess wird für mich langsam schwierig. Relativ schnell wenn ich verliebt bin, kommt in mir der Drang, dass ich ihn am liebsten das ganze Wochenende sehen würde oder zumindest noch 1x unter der Woche - leider wohnen wir nicht um die Ecke, aber es wäre definitiv machbar. Und mit dem Drang, diesem Menschen nah sein zu wollen, kommt aber auch, dass ich schnell verletzt bin. Ich lade ihn zu einer Party ein und er will vorher nicht noch zu mir kommen, damit wir mehr Zeit haben? Ich bin enttäuscht. Er will macht keine Anstalten, mich mehr zu sehen? Ich habe Angst, dass er doch nicht bereit ist für etwas ernsthaftes. Er schreibt einen Tag keine flirty Nachrichten? Ist er überhaupt verliebt? Schreibt er noch mit anderen?

So viele Fragen, so viele Unsicherheiten. anstatt einfach mal schauen, was auf uns zukommt. Und anstatt vielleicht pro-aktiv zu sein - wie kann man das überhaupt sein? Hat mir meine Therapeutin geraten und ich weiss nicht mal genau, was es heisst - verspüre ich innerlich nur den Drang zu klammern und/oder gleichzeitig FLUCHT! Ich will ihm nicht mehr schreiben, will ihm aus dem Weg gehen, will diese Nähe nicht mehr spüren, weil es mir Angst macht. Es macht mir Angst, dass ich mich an ihn kuscheln will, wenn ich bei ihm bin und anstatt dass ich es mache, drehe ich mich weg. Und dieses komische, verkorkste Verhalten könnte mir natürlich alles kaputt machen und nimmt mir meine Lockerheit.

Aktuell spielt sich das alles nur in meinem Innern ab. Nichts davon würde ich ihm gegenüber zeigen oder äussern, weil ich ihn nicht verschrecken will und ich weiss, dass das meine Baustellen sind.

Ich bin wirklich verliebt in diesen unglaublich tollen, einfühlsamen Mann, der rein gar nichts macht, was meine Angst rechtfertigen würde. Ich will mir Zeit lassen, ihn kennen zu lernen, um dann sagen zu können, ja, mit ihm will ich mein Leben verbringen.

Aber ganz ehrlich, was tut man gegen diese Gedanken? Gegen diese selbstsabotierenden Gedanken? Kennt das jemand?

Ich bin froh um jeden Input

Danke für eure Hilfe!

@Unterwegs

Vielen Dank für deine Antwort. Jap, das habe ich gemacht, nachdem ich bei meiner ersten Beziehung total den Bezug zu mir selber verloren habe. Das ist schon 10 Jahre her. Seither hat sich viel geändert. Ich gehe 2x in der Woche in den Sport, treffe mich sehr viel mit Freunden und unternehme viel was. Ich versuche auch echt, sobald meine Gedanken überhand gewinnen, dass ich mein Handy möglichst lange weg lege und in Sport gehe oder etwas mit einer Freundin abmachen kann oder ich nutze die Zeit für ME-Time und lese etwas oder nehme ein Bad.

Aber die Gedanken sind trotzdem schwer zu handeln. Trotzdem bin ich enttäuscht oder ängstlich...

Zitat von Lemonhead:

Aber ganz ehrlich, was tut man gegen diese Gedanken? Gegen diese selbstsabotierenden Gedanken? Kennt das jemand?

Für mich als Laie, der natürlich keinerlei fundierte Diagnose erstellen kann und darf hört sich das an wie eine Form von Bindungsangst. Je enger es wird, desto schlimmer für Dich.

Natürlich kann man mit dem Naheliegendsten kommen - entspann Dich und schätze Dich glücklich, dass Du diesen guten Typen gefunden hast (die findet man mMn tatsächlich nicht an jeder Ecke). Mach Dir nicht zuviele Gedanken und genieße die Zeit mit ihm.

Er flirtet heute nicht mit Dir? Wurscht.... vielleicht hat er grad ein fieses Meeting auf der Arbeit. Vielleicht ist ihm wirklich nicht danach und er möchte heute nur mal ganz locker mit Dir schreiben. Er kommt nicht vor der Party bei Dir vorbei? Ok... er kann nicht kaffeesatzlesen.... hast Du es ihm angeboten?

Damit meine ich - der Typ hat auch ein Leben. Wenn da keine flirty Nachricht kommt, hat das null was zu bedeuten. Das sind eh nur Worte. Lass Taten sprechen. Besuch ihn, lass ihn zu Dir kommen und geniesse die Zeit.

Das Problem an meinem Geschreibsel: Sagen wir mal, da ist wirklich eine kleine Bindungsangst bei Dir im Gange.... dann werde ich Dich wohl leider nicht mit ein paar bloßen Zeilen erreichen. Sprich auf jeden Fall nochmal mit Deiner Therapeutin. Vielleicht hat sie bislang nicht wirklich verstanden, was in Dir vorgeht. Ich wüsste jetzt auch nicht, wass sie damit meint, wenn sie sagt, Du sollst da proaktiv rangehen.....

@KlausHeinrich vielen Dank für deine Worte.

Tatsächlich erreichen mich deine Worte, denn es bestätigt mich darin, dass ich sehr wachsam mit meinen Gedanken und Gefühlen sein muss und dass diese nur bei mir sind und nichts mit meinem Gegenüber zu tun haben.

Es hilft mir, wenn ich darüber schreiben kann, damit ich es irgendwo kanalisieren kann und es sozusagen keinen Schaden anrichtet.

Zum Beispiel wegen der Party... ich gehe da mit Freunden hin und habe ihn eingeladen, damit wir uns sehen können, weil ich sonst keine Zeit gehabt hätte am Wochenende. Gestern hat er mir mitgeteilt, dass er flexibel bleiben möchte und einfach mal kommt und schaut, wie lange er bleiben will - vorher möchte er nicht kommen und evt. auch nicht bei mir übernachten. Er hat es so geschildert, dass er mir einfach keine Umstände machen will, weil er ja spontan dazu kommt und ich eigl. mit meinen Freunden verabredet gewesen bin. Ich habe versucht zu erklären, dass er absolut keine Umstände macht und ich auch gerne mit ihm früher nach Hause gehe, falls er müde ist - das war eine Sorge von ihm.

Sein ich möchte flexibel bleiben ist bei mir halt als ich möchte spontan entscheiden, wie viel Zeit ich mit dir verbringen will angekommen. Ich habe seine Aussagen sehr stark auf mich und die Beziehungsebene wahrgenommen und es fällt mir unglaublich schwer, dass einfach zu akzeptieren. Ich habe dann am Telefon leider etwas verunsichert reagiert, aber mich danach entschuldigt.

@Hola15

Tatsächlich habe ich schon von ihr gehört. Ich werde ihre Bücher direkt heute noch unter die Lupe nehmen und die ganze Nacht durchlesen *lach*

Danke für den Tipp

@Charla

Danke dir für deine Nachricht.

Welche Verletzungen könnten dahinter stehen ?
- Ein Vater, der sich nie für mich interessiert hat und ich den Glaubenssatz habe, dass ich, wenn ich meine Bedürfnisse äussere, zu viel bin... oder dass ich es gar nicht wert bin, dass diese automatisch von aussen gesehen werden...
- Das Gefühl, dass ich nicht geliebt werden kann, so wie ich bin
- Die Erfahrung, dass sich alle Menschen sowieso von mir abwenden und wenn ich ihnen frühzeitig meine Schwachstellen zeige und sie dann gehen, ist es mir lieber, sie gehen früher als später... dann tut es weniger weh.

Was fehlt dir?
- Die Sicherheit, dass ich auch mal nervig, anstrengend, komisch und und und sein darf und das man mich trotzdem noch mag.
- Sicherheit
- jemand, der einfach mal bleibt, egal wie verkorkst ich bin.

Kommunizierst du, was du von ihm brauchst ?
Traust du dich offen über deine Gefühle zu reden ?
Ja und Nein. Ich versuche es aber habe Mühe damit, es auf eine lockere Art zu machen. Ich zeige meine Unsicherheiten ungern und tendiere dazu, solange mich schlecht zu reden, bis der andere das dann halt auch so sieht... Ich glaube, es ist oft zu früh, um zu kommunizieren, was ich brauche. Da sich meine Bindungsangst oft sehr früh zeigt, wenn die Bindung noch sehr zart ist, sag ich mal.

@sahneschnitte

Nein, tatsächlich hatten wir noch keinen S.. Wir haben es probiert, aber er war zu nervös.

Wir haben tatsächlich auch erst 3x übernachtet. 1x spontan, weil er bei mir war und er keinen Zug mehr hatte, das zweite Mal haben wir einen Ausflug gemacht mit Übernachtung im Hotel und das zweite Mal war ich bei ihm und habe ihn gefragt, ob ich bleiben darf - quasi eine Selbsteinladung.

@Heffalump

Ich glaube halt, wir haben total auf einer anderen Ebene kommuniziert. Ich habe vorher noch unser Telefon geschildert. Er war halt auf der Sach-Ebene: Er will keine Umstände machen, weiss nicht, wie lange er durchhält, will flexibel bleiben und weiss noch nicht, ob er bei mir übernachtet oder nicht.

Und ich war voll auf der Beziehungsebene - warum will er flexibel bleiben? Weiss er noch nicht, wie viel Zeit er mit mir will? Will er sich nicht binden/festlegen? Bin ich verliebter als er?

Und mir ist voll bewusst, dass ich jetzt die Situation einfach sein lassen sollte. Dass ich es einfach so nehmen soll, wie es kommt. Er will Zeit mit mir verbringen und basta. Egal ob das nun 3 Stunden sind oder die ganze Nacht... aber es ist echt schwierig, weil eben... normalerweise würde ich sowas voll ausdiskutieren wollen. Aber das verschreckt die Leute nur.