Liebe Community,
wir sind seit 14 Jahren zusammen, 8 Jahre davon verheiratet. Ich habe einen 19jährigen Sohn, welcher noch bei uns lebt.
Mein Mann ist eigentlich sehr einfühlsam, liest mir regelrecht jeden Wunsch von den Augen ab und hat mich immer unterstützt – eigentlich alles was sich Ehefrau nur wünschen kann. Wir haben in den letzten 6 Jahren ein Großprojekt gemeinsam gemeistert und einen 200 Jahre alten Bauernhof restauriert. Sein Familienerbe. Allerdings ist die Hälfte auf mich überschrieben. Es war nie einfach und wider aller Erwartungen hat dies uns, in dieser Zeit, umso fester zusammenwachsen lassen.
Eine „Macke“ stört mich allerdings sehr und diese Art des Umgangs mit mir und meinem Sohn wird zunehmend für mich immer unerträglicher.
Seit ich meinen Mann kennengelernt habe, redet er viel und gern sehr lange – mit jedem. Schon während der Bauphase musste ich ihn aus Nachbars Garten oder von Bekannten immer wieder wegholen, weil er sich der Arbeit „von jetzt auf gleich“ entzog, wenn sich die Möglichkeit bot. In dieser Zeit dachte ich, dass es einfach den Stress bei ihm mindert.
Da wir Tiere haben, ist unser Hof mittlerweile von Zäunen und Toren umgeben und wir haben sogar eine Klingel. Ich hatte schon immer ein sehr großes Problem damit, dass sich Nachbarn, Bekannte, wie seine Freunde und Familie herausnehmen- unangekündigt zu den unmöglichsten Zeiten einfach aufzukreuzen und unsere Zeit für sich einforderten. Sie kamen eben nicht um uns zu unterstützen, sondern weil sie selbst für sich was brauchten oder klären mussten. Ich habe gern Besuch und helfe auch mal gern, wenn ich entscheiden kann, wann ich das tue und für wen.
Bei meinem Mann ist das anders. Ich habe das Gefühl er zieht förmlich seine Energie aus den Menschen, die ihn ständig um Hilfe bitten. Es sind aber keine Notlagen, sondern er soll reparieren, Werkzeug ausleihen oder dumme Fragen beantworten, die man in 2sec gegoogelt hat. Zu jeder Zeit und für jeden. Ob ihm auch mal Hilfe angeboten wird oder nicht. Ich finde er lässt sich ziemlich ausnutzen.
Aber gut, er ist mit 52 Jahren erwachsen, wenn es ihm gut tut, soll er es machen.
Nun lebe ich ja auch auf dem Hof und wir hatten schon unzählige Gespräche darüber und ich hab wirklich versucht mich an dieses ständige unangekündigte „Auflaufen“ der Leute zu gewöhnen- ist halt auf dem Dorf so?. Ich schaffe es aber leider nicht. Ich fühle mich so überrumpelt, wenn der Nachbar einfach das Tor öffnet und an meinem Frühstückstisch steht, während ich noch im Schlafanzug da sitze. Bäh….
Jetzt habe ich natürlich über die Zeit die Initiative ergriffen und es den Leuten direkt gesagt, dass sie bitte wenigstens klingeln sollen. Manche akzeptieren es und manche eben nicht.
Wie oft habe ich meinem Mann, unter Tränen, erklärt, dass ich das nicht möchte und er bei den Hartgesottenen doch bitte jetzt auch mal was sagen muss – er tut es einfach nicht! Im Gegenteil, er lädt jeden ein – „komm wann du möchtest“.
Es wird zunehmend immer schlimmer. Er sagt nicht Bescheid, wenn er später kommt und einem Kollegen nach der Arbeit noch hilft, es wird aber von mir erwartet. Er erwartet das jeden Abend das Essen auf dem Tisch steht, ist aber unbekannt verschwunden, sobald ihm mal wieder jemand über den Weg läuft und verpasst lieber das Abendessen. Schlägt mir vor gemeinsam Lampen aufzuhängen, fährt plötzlich weg und kommt 3 Stunden nicht wieder. Auf Nachfrage ob er denn mal wiederkommen würde, antwortet er „vielleicht“. Er geht Freitags bis 2 Uhr morgens zu einem Stammtisch, Samstag Hofarbeit, verbringt Sonntags den ganzen Tag mit einem Freund, kommt kurz nach Hause um dann wieder zu einem Stammtisch zu verschwinden und ist mal wieder nicht zum Essen zu Hause, für das ich ne Stunde in der Küche gestanden habe. Stellt sogar sein Handy auf lautlos. Sagt einem Nachbarn zu, während dessen Urlaub auch seine Tiere zu versorgen und setzt sich zu seinem Feierabendbierchen in dessen Garten? Springt vom Tisch auf, weil er ein Motorengeräusch hört, dass zum Motorrad seines Freundes passt, der es nicht mal geschafft hat zu seinem 50. Geburtstag anwesend zu sein. Erlaubt einen Nachbarn sich aus unserem Stall selbst das Heu und Stroh zu nehmen, was er braucht. Etc.
Meinem Sohn gegenüber war er schon immer etwas unfair. Kritisiert ihn oft, hört ihm nicht zu bis er mit Tränen in den Augen vom Tisch aufsteht. Mit 19 Jahren! Für mich als Mutter unerträglich, mein Sohn nimmt es zum Glück – wahrscheinlich mir zu Liebe – mit jugendlichem Leichtsinn und hats 10 Minuten später wieder vergessen.
Jetzt hat er seinen Führerschein frisch in der Tasche und er sollte das Auto meines Mannes nach Hause fahren, da dieser einen Firmenwagen bekam. Zunächst im Konvoi hintereinander, mein Mann war noch mit einem Kollegen verabredet, ging ihm das alles zu langsam und er lies meinen Sohn im Stich und fuhr einfach eine andere Strecke. Mein Sohn verlor die Orientierung und kam dann ne Stunde später zu Hause an. Unglaublich aber die Führerscheinfrischlinge können sich noch nicht gleichzeitig aufs Autofahren und Navi/Schilder lesen konzentrieren.
Das liest sich jetzt so als würde er nicht gern zu Hause sein und deswegen ständig verschwinden. Das ist es aber nicht. Er sagt mir ständig wie sehr er mich liebt, ist immer fürsorglich, er liebt seinen Hof, erledigt auch jede Arbeit, die erledigt werden muss. Er kümmert sich liebevoll um unsere Tiere etc. Aber sobald jemand des Weges kommt, ist er weg und vergisst jeglichen Anstand eines Familienlebens. ….und ich verstehe es nicht. Er lässt uns zunehmend regelmäßig hängen, nicht mal für wichtige Freunde - für Fremde?
So sauer auf ihn, habe ich mich jetzt mal wieder zurückgezogen, koche mal wieder nicht mehr für ihn und wir reden auch seit einer Woche mal wieder nicht miteinander. Erstmals hat er mich, zum Dank, kindischerweise, vom häuslichen W-Lan ausgesperrt und sich seinen eigenen Kühlschrank befüllt. Haha.
So lustig das jetzt klingt ist es aber nicht das erste Mal, dass ich auf diese Art versuche ihn zur Vernunft zu bekommen. Dann gibt es lange Gespräche, wie sehr mich sein Verhalten uns gegenüber verletzt. Das hält aber nicht lange und der nächste Fauxpas ist da. Diese Abstände werden aber immer kürzer und seine Aktionen werden immer krasser. Respektlos uns gegenüber.
Natürlich kein Grund sich gleich scheiden zu lassen und den Hof zu verlassen- das geht realistisch aus finanziellen Gründen schon nicht. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich das meine restliche Ehe so hinnehmen soll wird mir übel.
Könnt ihr mir einen Rat geben? Lieben Dank