Zitat von Giraffenmädchen:
Ist das nicht in gewisser Weise schizophren?
Wieso?
Wir Menschen bestehen aus vielen verschiedenen Persönlichkeitsanteilen und zeigen die im Aussen durch unsere Rolle in der Gesellschaft: du bist Tochter, Ehefrau, Mama, Geliebte, Berufstätige, gute Freundin etc und in all diesen Rollen zeigst du bestimmte Persönlichkeitsaspekte verstärkt.
Du bist Viele.
In manchen Rollen sicher und sattelfest, in anderen eher unsicher, ängstlich oder schlicht unerfahren, wenn du bestimmte Charaktereigenschaften und Fähigkeiten noch gar nicht einüben konntest- oder musstest, weil es immer jemanden gab, der diese Teile ( für dich!) abgedeckt hat.
Verstehst du jetzt besser, was ich meine?
In manchen Bereichen deines Lebens bist du auf Universitätsniveau, in anderen in der Berufsschule und in wieder anderen in der Grundschule und musst erst das ABC erlernen.
Zitat von Giraffenmädchen:
Das ist gut. Aber gar nicht so leicht.
Wenn du willst, kannst du es erlernen. Willst du denn?
Ich verrate dir was: Als ich Mitte 20 war, bin ich psychisch komplett zusammengebrochen und war monatelang in der Klinik. Hab 2 Selbsttötungsversuche hinter mir.
Diagnose: Schwere depressive rezidivierende Episoden, posttraumatische Belastungsstörung und obendrauf noch eine Borderline Persönlichkeitsstörung.
Habe innerhalb von 5 Monaten 30 Kilo wegen den Medikamenten zugenommen. 6 Psychotherapeuten abgeklappert, bis mir endlich die 7. helfen konnte und mich übernahm. Ich war insgesamt über 10 Jahre in Therapie, regelmäßig jede Woche, dazu alle 4 Wochen beim behandelnden Psychiater. Immer wieder Klinikaufenthalte, wenn es wieder ganz schlimm und ich eine Gefahr für mich selbst wurde.
Ich wurde mit Ende 20 endgültig berentet. Für jemanden, der seinen Job geliebt hatte und sich immer sehr durch Leistung definierte, eine zusätzliche Katastrophe.
Ich hab hemmungslos C.a.n.n.a.b.i.s. konsumiert, Zig. geraucht wie ein Schlot und wollte nur sterben. Nicht, weil ich aufs Sterben aus war, sondern weil das Leben zu schmerzvoll und schlicht unerträglich war. Ich bin mit Schmerzen aufgewacht und mit Schmerzen eingeschlafen.
Aber ich hab gekämpft. Tagebuch geschrieben, viele verschiedene Bücher gelesen in der Hoffnung, etwas zu finden, das mir hilft. Ich hab mich bemüht, gesund zu essen und mir Kochbücher zu Low Carb- High Fat besorgt. Innerhalb kurzer Zeit purzelten die Pfunde und ich konnte bald neue Jeans in 2 Nummern kleiner kaufen. Meine Kaufsucht, mit der ich mich versuchte abzulenken, habe ich in den Griff bekommen, indem ich mich freiwillig auf meinen bevorzugten Onlineshops sperren ließ.
Ich habe aufgehört, in Männern den Retter zu suchen und habe den Fokus komplett auf mich und meine Heilung gelegt. Ich habe festgestellt, dass ich extrem sensibel bin und meine Fernsehgewohnheiten verändert, sprich: kein tägliches Nachrichten schauen mehr, weil mich all die Horrormeldungen nur noch mehr fertig gemacht haben.
Ich habe mich mit spirituellen Dingen beschäftigt und meine Heimat im Polytheismus gefunden.
Schließlich- was der Abschluss war- habe ich mich von meinem langjährigen Partner getrennt, ohne Netz und doppelten Boden. Kein neuer Mann, keine Familie oder Freunde. Nur ich und mein Hund. In ein Bergdorf gezogen. Ich kannte absolut niemanden.
Das war vor knapp 7 Jahren.
Vor 6 Monaten strich mein Psychiater die Boderlinediagnose und meinte, ich zeige keinerlei Anzeichen dafür und das ich stolz auf mich sein könne.
Und weißt du was? Das bin ich!
Natürlich ist es nicht leicht, sich zu verändern! Niemand hat je behauptet, das Leben sei leicht!
Es kann hart sein. Sehr hart. Und unfair obendrein. Beängstigend und schmerzhaft.
Aber wenn du kämpfst und dich wirklich verändern willst, dann kannst du das auch.
Das Leben ist dir nichts schuldig. Niemandem.
Aber du kannst die Ärmel hochkrempeln und sagen: So, ich gehe es jetzt an. Nicht morgen oder vielleicht irgendwann, sondern JETZT.
Das Leben belohnt keinen, der für alles mögliche Ausreden findet und jammert. Dies ist zu schwer, und das ginge nicht weil...
Nein. Es liegt an dir.
Deshalb frage ich dich:
Willst du mutig sein?
Liebe ermutigende Grüße, Heka