Autsch. Das tut jetzt echt weh. Wirklich? nein, der Schmerz kommt erst noch. Vielleicht, wenn ich dies hier geschrieben und ein paar mal durchgelesen habe. Dann habe ich es womöglich verstanden, dann habe ich den Schock verdaut und ich spüre das Reissen in der Brust.
Was ist denn da passiert? Ich bin 40, habe zwei Kinder und eine wundervolle Frau. Wir sind seit 16 Jahren und zwei Tagen ein Paar. Meine zweite Beziehung. In meiner ersten konnte ich mir nicht vorstellen, dass man sich nach 2 oder 3 Jahren noch lieben kann. Ich hatte nicht nur keine Ahnung, ich hatte auch nicht geliebt. Jetzt habe ich immer noch keine Ahnung, dafür liebe ich aber umso mehr. Wie man das wissen kann, wenn sich Bauch und Kopf wie aus Watte anfühlen? Wie unterscheiden von verletzten Gefühlen? Ich bin sicher, ich kann es. aber das erkläre ich noch.
Zu meiner aktuellen Situation. Ich sitze jetzt ganz alleine noch im Büro. In meinem Beruf löse ich mit meiner Ruhe und Kreativität die Probleme anderer. Die Kinder schlafen friedlich und unbesorgt. Meine Frau habe ich gebeten, bei ihren Eltern zu schlafen. Meine Frau also ich meine, MEINE(!) Frau steht seit einigen Monaten enorm unter Druck. Im Beruf steht sie mit beiden Beinen auf dem Gaspedal, aber ihre Eltern (das sind gleichzeitig ihre Arbeitgeber) haben ihre Handbremse so fest angerissen, dass sie sich keinen Millimeter vom Fleck bewegt. (ich merke ich muss schneller schreibenwenn ich zu lange nachdenke, hört die Betäubung auf zu wirken) Zusätzlich versucht meine Frau sich mit einem Nebengewerbe etwas dazu zu verdienen und sucht dort sicher auch Bestätigung. Sie hat enorm viel Zeit investiert, die dann leider uns (also ihr und mir) gefehlt hat. Dann ist noch die Wohnsituation angespannt (uns fehlt mindestens ein Zimmer) , unser großes Kind hat eine Behinderung boa, darüber nachzudenken, was einen alles belastet ist auch nicht gerade schön
Aber das ist doch jetzt nicht das Problem, oder? Tatsächlich ist das vielleicht alles nur das Vorgeplänkel und der Grund, warum die Symptome unserer erkrankten Beziehung nicht zur richtigen Diagnose geführt haben, und ich vom eigentlichen Dilemma nichts mitbekommen habe: Meine Frau hat sich in jemand anderen verliebt. Eine Tatsache, die ich mir zuvor nicht vorstellen konnte. Wenn es eine Konstante gab, dann erschien mir das die Liebe meiner Frau. Das hat sie unter Beweis gestellt.
Seit einigen Monaten läuft es etwas schlecht bei uns. Ich habe meine Frau unterstützt, und zurückgesteckt, als sie sich begeistert auf ihr Nebengewerbe eingelassen hat. Aber aus Lust wurde Frust, erst fraß es Minuten, dann Stunden. Irgendwann habe ich mich auch in eine Nische geflüchtet. Dann saßen wir beide nebeneinander, jeder seinen Blick auf das eigene Handy gerichtet. Weniger Zuwendungen, weniger Zärtlichkeiten, weniger Kommunikation. Das war das erste Symptom, aber die Krankheit war noch nicht ausgebrochennur das Immunsystem unserer Beziehung war schon geschwächt.
Im Winterurlaub hat mir meine Frau gesagt, dass es sich mit mir anfühlt, wie mit einem Bruder. Der Satz ist durchaus geeignet, das Selbstwertgefühl eines Mannes zu vernichten. Und was passiert wohl, wenn man diesen Satz jemandem sagt, der immer sofort eingeschnappt ist und überreagiert?!? Man stelle sich die übelste Explosion aus Stirb Langsam vor und total verkehrt. Vielleicht war ich jetzt auch nicht gerade so richtig begeistert. Aber ich war sofort entschlossen, um diese Frau zu kämpfen. Es war nicht berechnend, dass ich nicht böse auf sie oder eingeschnappt war.
Es folgten Wochen, in denen ich überlegt habe, was mit mir wohl nicht stimmt. Bruder. Das ist schon hart. Ich hatte über vieles nachgedacht und im Kopf durchgespielt, doch auf eines wäre ich ohne ihre Offenbarung wohl nicht gekommen: Wenn der Platz in ihrem Herzen schon besetzt ist, bleibt der Bruder vor der Türe. Ich war nicht wütend, als sie mir ihre Gefühle gestand. Ich interessierte mich auch nicht dafür, wie weit die beiden schon gegangen waren.
Wir sind jetzt im jetzt: Ich will jetzt wieder den Mut fassen und die Kraft tanken, um um diese Frau und ihre Liebe zu kämpfen. Nicht verzweifeln, nichts unternehmen, was ihr die Rückkehr erschwert. Deshalb kann ich nicht mit Freunden oder Familie darüber reden. Gleich werde ich auf Beitrag veröffentlichen klicken und ins Bett gehen .weiter habe ich noch nicht geplant. Ich hoffe, im Bett verlässt mich endlich diese besch Souveränität und ich spüre endlich wieder was.
Achja, eines bin ich ja noch schuldig: Warum ich so sicher bin, dass ich sie liebe. Ich habe jetzt nicht mehr die Kraft, die ganze Geschichte zu erläutern. Und ich fürchte, ich werde mir gleich nicht mehr vorspielen können, dass ich das tapfer und zuversichtlich durchstehe. Aber soviel möchte ich noch sagen: Ich habe einige schwierige und entbehrungsreiche Momente mit dieser Frau durchlebt, in denen ich meiner Gefühle ganz sicher sein konnte. Und damals habe ich mir gesagt: Merke dir dieses Gefühl und sei dir sicher wenn du zweifelst: Martin, das ist die Liebe deines Lebens.