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Neuanfang nach 15 J und 3 J Betrug - wie geht das?

E
Hi zusammen,

ich bin neu hier und gestern zufällig im Neuanfang-Thread gelandet. Für alle, die es interessiert, möchte ich gern meine Situation erzählen.

Mein Mann hat sich im Januar von mir getrennt nach 15 Jahren, wir haben erwachsene Kinder, die woanders studieren. Unsere Beziehung wurde in den letzten Jahren schlechter, aber ich hätte mich nicht trennen können oder wollen, weil so viel noch gut war. Und ich habe nicht damit gerechnet, dass mein Mann mich jahrelang betrogen hat. Getrennt hat er sich, weil er sich im Herbst offenbar richtig verliebt hat.

Ich war fassungslos in dem Gespräch und verstehe den Betrug bis heute nicht. Mein Mann wusste, dass für mich Ehrlichkeit das Wichtigste ist. Wir haben über Affären wegen eines schlimmen langjährigen Betrugs bei Freunden von uns früher ausführlich gesprochen. Ich habe meinen Mann seit Sommer mehrfach konkret gefragt, ob er sich mit jemand anderem trifft. Nein, Quatsch. Und ich habe vertraut. Naiv, oder?

Das Schlimmste an der Situation ist der Betrug. Das Zweitschlimmste, dass ich mein Leben ganz gut fand und es jetzt irgendwie pulverisiert ist. Meine Beziehung war meine Basis im Leben, dazu braucht es gar nicht viel. Ich bin ein ziemlicher Freigeist und brauche viel Zeit für mich. Wir hatten jeder eigene Freunde, ich war nie eifersüchtig. Ich finde besonders übel, dass er sich im Hintergrund entliebt hat und mich so richtig ins offene Messer hat laufen lassen. Er hatte im Januar mit unserer Beziehung komplett abgeschlossen, war überrascht, wie leicht es ihm fällt, sich zu trennen (so gesagt), während mir mein Leben um die Ohren flog. Was für ein A.

So, ok, wo will ich hin mit diesem Beitrag ?

Ich bin eine ganze Strecke Weg gegangen seit Januar. Jetzt ist mein Mann Ende Mai ausgezogen und das Ganze holt mich emotional NOCHMAL ein. Ich bin schon wieder oft so traurig und vor allem hab ich auch keine Lust auf einen Neuanfang. Ich bin eher introvertiert - ich will jetzt nicht raus, und trotzdem merke ich, dass ich gerade nicht so allein sein will, wie ich mich oft fühle. Aber es ist alles anstrengend und nicht so vorfreudig, wie ich das gern hätte. Ich würde gern online daten, einfach um mich zu trauen, vielleicht auch aus kleinem Trotz, aber ich kann das irgendwie nicht.

Organisatorisch haben wir alles gut geklärt. Es gibt jetzt keinen Anlass mehr für Gespräche.

Mein Aha-Effekt gestern beim Lesen in diesem Forum hilft mir immer noch: Mir war die ganze Zeit nicht klar, dass dieses neue Leben für immer ist. Ich hatte die ganze Zeit (unterbewusst) wohl das Gefühl, irgendwann ist der Spuk vorbei und ich darf wieder meine Beziehung haben, und alles ist gut. Zu merken, dass es eben ein One-Way-Ticket ist mit dem neuen Leben, war hilfreich, wenn auch etwas hart.

Dass es kein Zurück gibt, ist mir auch innerlich klar. Mein Mann ist mir fremd. Und trotzdem habe ich so oft diese Sehnsucht nach meiner Familie. Also: Es schwankt. Und gerade will ich eher nichts, was schlimm klingt, aber es geht mir damit ganz ok. Ich hoffe, dass ich irgendwann den Neuanfang will .

24.06.2023 12:49 • x 17 #1


Z
Auch wenn ich aus deinen Zeilen lesen kann, wie traurig, enttäuscht und verletzt du bist, du machst das toll! Und das du nach 25 Jahren Zeit brauchst, um in dem ( nicht freiwillig von dir gewählten) neuen Lebensabschnitt anzukommen, ist völlig normal und in Ordnung. Lass dir Zeit.. Ich empfehle dir, tue nur Dinge, die du willst und die dir gut tun. Umgebe dich mit lieben Menschen, die für dich da sind. Vielleicht hat jemand Lust, einmal ein paar Tage mit dir an einen schönen Ort zu fahren? Wellness? Einfach Urlaub für die Seele, andere Eindrücke? Vielleicht tut dir das gut.
Ich wünsche dir alles Gute.

24.06.2023 13:06 • x 3 #2


A


Neuanfang nach 15 J und 3 J Betrug - wie geht das?

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NurBen
Zitat von Mira2023:
Mein Aha-Effekt gestern beim Lesen in diesem Forum hilft mir immer noch: Mir war die ganze Zeit nicht klar, dass dieses neue Leben für immer ist. Ich hatte die ganze Zeit (unterbewusst) wohl das Gefühl, irgendwann ist der Spuk vorbei und ich darf wieder meine Beziehung haben, und alles ist gut. Zu merken, dass es eben ein One-Way-Ticket ist mit dem neuen Leben, war hilfreich, wenn auch etwas hart.

Verständlich. Nach 25 Jahren muss man die neue Situation auch erstmal verarbeiten und das sollte man auch.
Dabei ist es auch normal, dass man sich die guten Zeiten wieder herbeiwünscht.
Diese Erkenntnis Nein, es wird nicht mehr und Ich muss in die Zukunft sehen ist ein wichtiger Teil für einen Neuanfang. Die Vergangenheit hinter sich lassen und sich auf die Zukunft konzentrieren.

Mir hat es damals sehr geholfen, mich auf neue Möglichkeiten zu konzentrieren. Auch wenn man es am Anfang nicht fühlt oder merkt, hat ein Neuanfang auch immer etwas Positives.
Du kannst Dinge machen, die du hättest sonst nicht machen können.
Du triffst deine eigenen Entscheidungen und kannst neue Dinge ausprobieren bzw. in Angriff nehmen ohne es erstmal mit einen Partner abzusprechen.
Ein Neuanfang bedeutet auch immer die Gelegenheit sich zu entfalten oder zu entwickeln.

Mittlerweile, mit einiger Distanz, sieht man alles so viel klarer. Ich ärgere mich, dass ich so viel Zeit mit den Gedanken an Vergangenes verschwendet habe. Das ich mir viel zu viel Zeit gelassen habe um nach Vorne zu blicken.

24.06.2023 13:18 • x 3 #3


E
@Zipfel : Danke für Deine Worte. Das ist schon schräg - in diesem Forum ist so viel Freundlichkeit, das tut gut, auch wenn man sich ja gar nicht kennt.

@NurBen : Danke. Ich finde das nahezu beruhigend, dass Du schreibst, es ist normal, sich die alten Zeiten herbeizuwünschen. Also die guten Zeiten, nicht die letzten Jahre. Nach vorne schauen glaube ich mir selbst nicht recht, aber ich bin es auch leid, mich als Opfer zu fühlen - das war ich noch nie vorher. Mich hat Deine Nachricht aber ins Nachdenken gebracht, weil da auch eine Logik drin ist: Ich hab bei einigem aus der Beziehung diesen hätte hätte-Gedanken und die führen halt zu gar nichts. Ich möchte nicht, dass ich das auch für die Zeit nach der Beziehung irgendwann denke ... einfach machen ist halt nicht so einfach, wenn man Komfortzone gewöhnt ist

24.06.2023 16:03 • x 2 #4


tina1955
@Mira2023 , was Du erlebt hast ist einfach furchtbar.
Jetzt ist es das Wichtigste, dass Du lernst mit der neuen Lebenssituation klar zu kommen. Neue Hobbys, neue Freunde usw.
Mir ist es nach knapp 30 Jahren auch passiert, dass mein Ex sich einen ONS mit einer anderen Frau gönnte. Die Trennung folgte sofort von meiner Seite aus
Von Stunde an waren bei mir selbst die Gedanken an schöne Zeiten weg.
Tief in einer Schublade vergraben und abgeschlossen.
Ich wollte mich nicht selbst mit den Gedanken wie hätte, wenn und aber quälen, weil es nichts an der Situation ansich geänderten hätte.

24.06.2023 16:23 • x 2 #5


E
@tina1955 Nach 30 Jahren ... Ich glaube, ein ONS hätte mich auch verletzt, keine Ahnung, ob ich mich dann getrennt hätte? Ich fühl mich im Moment ja so verraten, weil er sich fröhlich pfeifend im Hintergrund entliebt hat und ich hätte es fair gefunden, diese zwei Jahre Betrug für mich zu haben, also lieber ohne den langen Betrug getrennt sein und selbst anfangen können mit dem neuen Leben. Ich fühle mich im Alltag nie alt, aber auf die 2 Betrugsjahre könnte ich rückblickend gut verzichten, die waren auch in der Beziehung nicht bereichernd .....
Hätte hätte merke ich inzwischen meist schnell und stoppe mich dann (wenn's klappt ), das macht wirklich keinen Sinn.

24.06.2023 16:35 • x 3 #6


J
Hallo @ Mira, das mit dem Verletztsein durch den Betrug kann ich sehr gut nachvollziehen. Man fühlt sich so benutzt. Bei mir war es nicht ganz so lange, aber er hat mit mir weiter S. und mit der Neuen eben auch. Ich war am Boden zerstört, aber ich wollte ihn halten. Habe mich erniedrigt, aber ihn nicht erreicht. Jetzt nach so vielen Jahren, denke ich, dass Schlimmste was war, dass ich so lange so traurig und neben mir war. Und doch habe ich diese Zeit gebraucht. Das weiß ich jetzt. Lass Dir die Zeit, die Du brauchst.

24.06.2023 21:17 • x 3 #7


NurBen
Zitat von Mira2023:
Danke. Ich finde das nahezu beruhigend, dass Du schreibst, es ist normal, sich die alten Zeiten herbeizuwünschen. Also die guten Zeiten, nicht die letzten Jahre.

Natürlich, mit dem Ende einer Beziehung gibt man ja nicht nur die negativen Dinge, wie Streit, Meinungsverschiedenheiten und Verletzungen auf, sondern eben auch die guten Seiten. Da denkt man auch an Alternativszenarios wie Hätte ich doch früher..., Was wäre wenn...
Man hat immer noch diesen Gedanken, dass man den früheren Zustand wieder herstellen könnte. Aber das kann man nicht.

Zitat von Mira2023:
ich bin es auch leid, mich als Opfer zu fühlen - das war ich noch nie vorher.

Diese Erkenntnis ist wichtig. Ich habe damals viel zu lange im Selbstmitleid gebadet. Mein Selbstbewusstsein war auf dem Tiefpunkt. Und da ist es wichtig wieder rauszukommen. Den Anfang zu machen, das ist das Schwierigste dabei.

Zitat von Mira2023:
... einfach machen ist halt nicht so einfach, wenn man Komfortzone gewöhnt ist

Richtig. Wie gesagt, den Anfang zu finden ist das Schwierigste. Ein großer Fehler ist nämlich auch, dass man zu viel von sich erwartet. Manchmal packte mich die Motivation, es scheiterte und ich dachte mir dann Wozu?
Es ist eben wichtig, dass man Schritt für Schritt seine Komfortzone erweitert und es nicht mit aller Gewalt versucht um sich etwas zu beweisen. Denn dann kann einen ein Rückschlag weit zurückwerfen.
Ich habe angefangen, mehr für meinen Körper zu tun. Nicht nur in der Beziehung, sondern vor allem danach, habe ich mich gehen lassen.
Ebenso habe ich mich neu eingekleidet.
Neue Hemden, Hosen, Schuhe, neue Frisur. Ein wenig fürs Selbstbewusstsein tun, fürs Körpergefühl, sich wieder ein Stück mehr wohl zu fühlen.

Ich gebe zu. Der Großteil kam von selbst, als ich die Firma gewechselt habe. Da war ich mehr oder weniger gezwungen meine eigene Komfortzone zu verlassen.

25.06.2023 11:10 • x 2 #8


E
Zitat von NurBen:
Natürlich, mit dem Ende einer Beziehung gibt man ja nicht nur die negativen Dinge, wie Streit, Meinungsverschiedenheiten und Verletzungen auf, sondern eben auch die guten Seiten.

Ich hab (ich glaub: in einem Podcast) gehört, dass das Gehirn eine Trennung wie einen Entzug durchmacht und als Ersatzdroge nimmt es sich eben die guten Erinnerungen. Deswegen wäre das nur begrenzt gut und auch wichtig, dass man sich auch an das Schlechte erinnert - und definitiv das letzte Jahr war so, dass ich im Gespräch mit ner Freundin öfter gesagt hab: Eigentlich müsste ich mich trennen. Aber ich hätte es vermutlich nie gemacht, keine Ahnung - gibt sicher auch verschiedene Gründe dafür, wenn ich da mal nachforsche .

Dass mich der Betrug dann dermaßen aus der Spur haut und das tatsächliche Ende unserer Beziehung, ich hätte es so noch nicht einmal erwartet.

Raus aus der Komfortzone ... tja, das ist die schwierigste Übung. Dass Dein Firmenwechsel rückblickend Dein Startschuss war dafür, finde ich ja interessant. Das steht bei mir auch an und macht's echt nicht einfacher. Ich kann das noch etwas abwarten, aber das wird richtig kompliziert, befürchte ich (letzter Job 10 Jahre lang, jetzt für neue Stelle einfach richtig zu alt, glaub nicht, dass frühere Erfolge dann viel zählen ... ) . Ich glaube, deswegen schiebe ich das, da brauche ich erstmal noch eine Portion Selbstvertrauen wieder.

25.06.2023 22:13 • x 1 #9


E
@Jamirah : Das stimmt - die Vorstellung schiebe ich tatsächlich von mir, dass mein Mann S. mit der Affäre hatte und quasi parallel mit mir. Wobei ich den S. an sich jetzt rückblickend nicht das Schlimmste finde, es ist wirklich stärker das Gefühl, so verar---t worden zu sein.

Und ein komplettes Unverständnis, dass er das so durchgezogen hat - komplett. Also: nach Hause kommen, nachdem man *beep* hat und so tun, als wäre nichts. Ich glaub, ich könnte das echt nicht, aber naja. Wir hatten ja sogar drüber gesprochen, dass es sein kann, dass einer von uns sich anderweitig interessiert. Das Einzige, was mir wichtig war, war, dass wir ehrlich drüber sprechen.

Ich glaube, deswegen finde ich nach sechs Monaten könnte das besser werden, vielleicht wie Du schreibst: Ich mag es auch nicht, dass es mir immer noch oft schlecht geht, obwohl es immer konkrete Gründe gibt, warum es wieder runterging, jetzt halt der Auszug bzw. die Tatsache, dass wir nach einem letzten Orga-Gespräch Mitte Juni keinerlei Anlass mehr für ein Treffen haben. Was ich einerseits gut finde, und manchmal erschöpft es mich.

In den letzten Tagen hab ich aber auch drüber nachgedacht, dass ich jetzt wirklich einfach entscheiden kann, was ich mache - nicht dass ich den Mann für irgendwas hätte fragen müssen, aber man stimmt sich natürlich ab - wann hat wer Urlaub, was will man machen, sowas. Ich hatte fast Vorfreude zu überlegen, was ich eigentlich will - ohne Kompromisse Gutes Gefühl!

25.06.2023 22:29 • #10


T
Zitat von Mira2023:
Ich hatte fast Vorfreude zu überlegen, was ich eigentlich will - ohne Kompromisse Gutes Gefühl!

So fängt der Heilungsprozess an. Ein wichtiger Schritt. Du bist auf einem gut Weg. Aber wie schon jemand schrieb: Erlaube dir auch traurige oder sentimentale Momente. Erwarte nicht zu viel von dir selbst.

Du wirst sicherlich schon manches hier gelesen und festgestellt haben, dass sich die Geschichten in vielen Punkten ähneln. Du bist also nicht allein. Mir persönlich hat das sehr geholfen lockerer mit mir selbst umzugehen. Nicht mehr zu denken: Ich hätte doch etwas merken müssen.

Alles Gute für dich

26.06.2023 02:51 • x 1 #11


E
Danke @Toretto . Ich lese gerade meist die Geschichten, wenn jemand mir antwortet, und ja - ich bin wirklich fassungslos, wie viel sich da ähnelt. Gerade dieses vorher nicht reden, dann von jetzt auf gleich, also aus Sicht der/des Verlassene/n, warm wechseln. Warmwechsel ist ein gruseliges Wort, aber trifft es. Es ist schäbig.

Und wie viele hier dieses volle Vertrauen hatten wie ich und wie viele Verlasser eben keine Ehrlichkeit hinkriegen. Nicht mehr zu denken, das hätte ich doch merken müssen, das wäre gut, kann ich im Moment nicht. Wenn es mir ok geht, dann denke ich es eher andersherum: Warum war mir unsere Beziehung oder warum war ICH mir so wenig wert, dass ich sein Null-Interesse an uns als Paar und an mir nie infrage gestellt habe. Da war kein Spaß mehr, keine Verbundenheit. Und ich hab das gemerkt, auch im Vergleich zu Paaren um mich herum, die alle etwas Gemeinsames hatten.
Ich hab's echt nicht sehen wollen, so dieses sich mit Brosamen begnügen, ist jetzt übertrieben, unser Alltag war ja relativ ok.

Das Forum macht seltsame Dinge mit mir in den wenigen Tagen, seit ich registriert bin. Bisher war ich nie wirklich wütend auf meinen Mann, trotz des Betrugs. Objektiv schon, aber mein Gefühl war immer nur schlimme Traurigkeit und so Hoffnungslosigkeit. Eher Warum? Warum haben wir uns nicht um unsere Beziehung gekümmert? neben dem Warum hat er mir das angetan, er wusste es doch. Aber:

Je mehr ich hier lese, wie sich Menschen aus langen Beziehungen auf eine richtig schädigende Art verabschieden, desto mehr merke ich, dass ich richtig wütend darauf werde. Auf meinen Mann, aber einfach auch auf diese Tour. Weil das nicht fair ist. Dass das minimalste an Anstand nicht möglich ist den Menschen gegenüber, mit denen man Jahre lang gelebt hat, das k...t mich richtig an. Im Moment hilft mir das leider beim Leben nicht weiter, ist aber interessant zu merken.

26.06.2023 07:55 • x 1 #12


E
Satz aus einem Podcast, der gefiel mir, den eine Kollegin zur betrogenen Frau sagte: You know, there's always an Upgrade.

Ich kann mir das nicht vorstellen, weil ich keinerlei Lust auf eine Beziehung habe und dazu auch raus müsste, Menschen kennenlernen, aber mir gefällt's

26.06.2023 07:59 • x 1 #13


E
Ich wollte noch etwas zum Thema Midlife-Crisis bei den Verlassern schreiben, ich glaube MLC ist hier die Abkürzung. Ich lese oft: Naja, MLC eben, Hormonrausch, der kommt schon wieder runter und wird merken, dass nicht alles rosa ist., also tröstend gemeint.

Ich glaube nicht recht an den Hirnaussetzer durch MLC oder finde das zu einfach. Mein Mann ist zurechnungsfähig, berufstätig, normal intelligent, Vater, bald 60 etc etc. Klar ist Verliebtsein ein Hormonhoch, aber glaubt Ihr wirklich, dass man so im Rausch ist, dass man die frühere Beziehung deswegen so komplett als wertlos ansieht? Ich glaub das nicht - ich glaube eher, dass mein Mann vielleicht auch aus einer MLC die erste Affäre gestartet hat, aber dass er sich getrennt hat, weil er sich trennen wollte (nicht weil ihm Hormone das Hirn und die Sicht vernebelt haben).

Vielleicht auch als Selbstschutz: Wenn ich die Trennung auf (seine) MLC und Hormonrausch schieben würde .... dann käme ich auf die schiefe Gedanken-Bahn zu denken: Ist nur die MLC, dann kommt er zurück, wenn die erstmal vorbei ist, das kann ich abwarten. Das will ich nicht denken, mache ich auch nicht vom Verstand her und habe akzeptiert, dass die Trennung für immer bedeutet. Aber mein Gefühl ist noch nicht soweit und ich frage mich, ob diese Begründung anderen Verlassenen hilft. Oder ob diese Begründung MLC nicht wie mir allgemein das Loslassen furchtbar erschwert, weil man sich vormacht, der Mann ist so durch Hormone geschüttelt, sonst wäre das nicht passiert.

Und meine zweite Frage an alle, die vielleicht schon etwas weiter sind als ich:

Wisst Ihr noch, wann Ihr etwas stabiler gefühlt habt und vor allem, wann das dauerhaft stabiler war? in dem halben Jahr seit Trennung ist bei mir viel passiert und es geht mir nicht mehr durchgängig schlecht. Es schwankt aber derart, dass ich auch nicht sagen kann, es geht mir ok. Mir geht's manchmal/oft gut und ich will dieses neue Leben beginnen. Aber zu oft fange ich von jetzt auf gleich an zu weinen und denke in Schleife dieses Warum? und dass ich halt keine Lust habe, den ganzen Kram nochmal anzufangen, Mann neu, Job neu, och nein danke, da verkrümel ich mich lieber, also zuhause, Rollläden runter, Buch, Sofa, fertig.

Wann hört das auf? Ich weiß so viel inzwischen, dass Ihr das natürlich nicht beantworten könnt, dass es von Fall zu Fall unterschiedlich ist, aber dieses Schwankungen erschöpfen mich komplett. Vielleicht habt Ihr ja Lust zu antworten?

26.06.2023 16:00 • x 1 #14


E
Ich nochmals , ich merke, dass ich hier so viel Zeit verbringe, dass ich mich selbst blockiere für andere Sachen. Zuerst möchte ich mich bei Euch allen ganz herzlich bedanken, weil Ihr mir so freundlich entgegengekommen seid. Das war wohltuend, wissend, dass man sich nicht kennt. Das Forum hat mir erst die Augen geöffnet, wie viele Menschen es in genau meiner Situation gibt - ich bin immer noch fassungslos.

Bei mir hat die räumliche Trennung Mitte Juni alles nochmals hochkommen lassen. Ich merke aber, dass ich in den sechs Monaten seit Trennung viel kapiert und akzeptiert habe. Der Betrug ist für mich weiterhin unentschuldbar, nicht mal der S., aber dass mein Mann sich entschieden hat, mich über zwei Jahre lang zu belügen. Zu hintergehen, aber auch im letzten Halbjahr mich direkt anzulügen. Ich werde das nie verstehen. Ich frage mich aber auch, warum ich unsere Beziehung so lange so schlecht hab laufen lassen. Damit meine ich keine Trennung von mir aus, aber Veränderung (für mich, jemand anders ändern kann ich nicht).

Ich habe gelesen, in Beziehungen gibt es vier apokalyptische Reiter, also Vorboten des Endes: 1) Gleichgültigkeit (der/die andere ist einem egal und das lässt man ihn/sie spüren), 2) Vernachlässigung (man investiert nichts mehr in die Beziehung, wie man das in allen anderen Beziehungen zum Teil muss, Job etc), 3) Gewalt (nicht physische, sowas z. B. wie in der Sprache, Tonfall, passiv-aggressiv etc.) und am schlimmsten 4) Verachtung. Bis Verachtung waren wir nicht gekommen, zum Glück, aber der Rest war da. Ich hab nichts dagegen gemacht, weil wir so lange zusammen sind und weil ich in meiner Komfortzone bleiben wollte.

Eine Komfortzone ist für alle wichtig, aber in der gibt's wenig Begeisterung, kein Wachstum, die ist eben für die Gemütlichkeit. Hab ich auch neu gelernt: Drum herum gibt es eine Wachstums- oder Lernzone - die bringt einen voran - ich würd's so sagen: Man fühlt sich lebendig. Und wieder drumherum gibt es die Panikzone - die führt zum Einfrieren, wenn man im Panikmodus ist, dann geht erstmal nichts. Die Trennung hat mich aus der Komfortzone instant in die Panikzone geschleudert, was sicher normal ist und ich hier oft auch lese. Inzwischen bin ich da raus und hab irgendeine Komfortzone wieder, aber die tut mir nicht gut. Ich glaub, richtig gut geht's mir, wenn ich wieder übe, aus der Komfortzone rauszugehen.

Und das funktioniert mit großem Bedauern nicht über Schreiben oder Denken, dazu muss ich raus

27.06.2023 12:41 • x 2 #15


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