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Partner mit unverarbeiteter Kindheit- trennen?

S
Guten Abend miteinander,

ich habe seit sechs Monaten einen scheinbar wundervollen Mann an meiner Seite, in den ich wirklich sehr verliebt bin und der alles für mich tun würde.

Jetzt ist es so, dass er schon damals beim ersten Date erwähnte , er hat eine sehr schwierige Beziehung zu seiner Mutter. Hatte immer Angst vor ihr, Gewalt war an der Tagesordnung und Liebe hat er dort nie erfahren.

Das erschrak mich damals schon , aber wie man eben so denkt, man kann das ja alles besser machen , tzzzz!

Versuchen, das Trauma aufzuarbeiten hat er vor einigen Jahren schonmal mit therapeutischer Hilfe, mit mäßigem Erfolg wie ich feststelle.

Immer wieder gibt es Situationen in dieser sonst sehr schönen Partnerschaft, die ihn an seine Mutter erinnern, alles wieder hochkommt und ich dann die Schuldige und die Dumme bin und erstmal als Prellbock fungieren soll.

Das habe ich exakt einmal getan und ihm dann gesagt entweder er sucht sich Hilfe oder ich gehe. Also hat er sich sofort eine Therapeutin besorgt, die er privat zahlt um schneller einen Termin zu bekommen.

Das geht jetzt seit zwei / drei Monaten und ich weiß , dass ich da keine Wunderheilung erwarten kann. Es ist allerdings, Samstag ist es wegen Nichtigkeiten richtig eskaliert, dass er bis jetzt sich einfach nicht genug anstrengt und in dieser Opferposition verharrt und ich glaube auch ausruht. Frei nach dem Motto, mir wurde so weh getan, entweder du akzeptierst, dass ich mich so benehme oder du gehst.

Ich habe ihm also wieder gesagt, dass ich weder sein Rammbock, noch seine Mutter selbst noch seine Therapeutin bin und wirklich keine Lust habe, über jedes Wort vorher fünfmal nachzudenken.

Er würde sich bessern, die Therapie ernster nehmen, das umsetzen, was die Therapeutin ihm mitgibt, er tut das für mich.

Ich liebe ihn wirklich, und ich will das nicht aufgeben aber alles was bleibt ist ein flaues Gefühl und Angst vor dem nächsten Mal, wo ihn wieder was einholt .

Was würdet ihr mir da raten?

23.03.2020 22:18 • #1


M
Mehr Geduld. Er versucht es doch und langjährige Muster legt man nicht mal eben so ab.

23.03.2020 22:26 • x 5 #2


A


Partner mit unverarbeiteter Kindheit- trennen?

x 3


B
Ich schließe mich der Vorrednerin an, hab mehr Geduld.

Es kann zermürbend sein, ich kenne das von meinem Ex, der Borderliner war / ist. Ich hatte mich getrennt, weil es zu schwer war...und auch letzten Endes nie die Beziehung, die für's Leben bestimmt war. Aber das scheint bei euch ja anders zu sein. Du musst dir natürlich solche Situationen, in denen du als Prellbock dastehst, nicht gefallen lassen. Das hat ja nichts mit Beziehung auf Augenhöhe zu tun. Aber mehr Geduld solltest du haben. Vielleicht macht es Sinn, wenn du auch mal zu dieser Therapeutin gehst. Sie kann dir bestimmt Tipps geben, wie du mit solchen Situationen am besten umgehst. Und vielleicht gehst du dann bei einem weiteren Termin nochmal mit ihm gemeinsam hin. Wenn du das mit ihm zusammen durchstehen willst und dich dafür entschieden hast, macht das vielleicht Sinn.

23.03.2020 22:32 • #3


monchichi_82
Es ist eine große Herausforderung einen Partner mit psychischer Belastung zu haben. Nur du kannst für dich entscheiden ob du bereit bist dich dem Kampf zu stellen und ob du seine Dämonen auch zu den deinen machen möchtest. Ein gestörtes Eltern-Kind Verhältnis wird sich auch in Partnerschaften bemerkbar machen. Du bist die Projektionsfläche. Wenn du irgendwas machst, ein falscher Blick , ein falsches Wort, eine falsche Bewegung die ihn an seine Mutter erinnert bist du die Doofe. Das hast du bereits zu spüren bekommen.
So eine Therapie kann unter Umständen Jahre dauern bis das einigermaßen aufgearbeitet ist. Nach 2,5 Monaten hat er mit dem Therapeuten noch nicht mal eine richtige Kennenlernphase abgeschlossen, geschweigedenn ein Vertrauensverhältnis hergestellt.

Therapie heißt nicht Heilung. Es kann besser werden aber er wird sein Leben lang mit der Geschichte umgehen müssen und du wirst immer diejenige sein die Rücksicht nimmt, Verständnis hat, für ihn da ist, ihn unterstützt. Es ist wichtig, dass du dir die Frage stellst wo du in der Beziehung bleibst, mit deinen Sorgen, Ängsten, Nöten, ob er die Stabilität hat das aufzufangen.

Was ich zudem bedenklich finde, ist der Ansatz, er tue es für dich, dass er die Therapie ernst nimmt und das mitnimmt was die Therapeutin ihm sagt. Da käme mir vor, er hat immer noch nicht verstanden worum es in einer Therapie geht obwohl er schon eine gemacht hat. Es geht dabei nicht um dich sondern um ihn. Er muss sich auf sich konzentrieren.

Er kann dir noch so sehr versprechen, er wird sich bessern. Das mag schon sein und sicher hat er Schlimmes erlebt, das ist ihm nicht abzusprechen aber es ist nicht abzusehen wie lange das dauern wird. Das ist auch nicht zur eine Zeitfrage sondern auch ein ungewisser Ausgang.
Wenn man so in der Mitte des Lebens angekommen ist, würde ich lieber einen Partner finden wollen mit dem man nicht nur Drama erlebt sondern mit dem man gemeinsam ankommt, Ruhe und Harmonie leben kann. Ich muss es so sagen wie es ist aber mir wäre für diesen Mann meine Lebenszeit zu schade.

23.03.2020 22:41 • x 6 #4


A
Zitat von susannah:
Was würdet ihr mir da raten?

Wenn du mit ihm nicht leben kannst - dazu gehört auch seine Vergangenheit - dann musst du dich von ihm trennen.

Es ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst.....man geht nicht zu einem Therapeuten, erzählt ihm alles, dann ist alles vergessen.
In manchen Momenten (das sind immer die Momente, wo Dinge aus der Vergangenheit getriggert werden) wenn der Schmerz zu groß wird, kann es immer mal wieder zu unkontrollierten Reaktionen kommen. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, bist du nicht die Partnerin für ihn, die er braucht.
Ein Bein wächst durch eine Therapie auch nicht nach, der Facharzt kann zwar eine Prothese empfehlen, das Bein bleibt ab. So kann es auch mit einer seelischen Verletzung passieren, der Therapeut kann Hilfen an die Hand geben, beseitigen kann er die Verletzungen nicht.

Wenn dir das Verständnis fehlt, die Kraft, das mit ihm zu tragen, dann trenn dich.

23.03.2020 22:46 • x 4 #5


S
Danke für eure Sichtweisen, erstmal.

Es ist so, dass auch ich unter einem psychotischen, Substanz missbrauchendem Vater mehr als nur gelitten habe, mir aber irgendwann gesagt habe , ich bin erwachsen, er kann mir nichts mehr tun und ich bin für diese, meine Verletzungen verantwortlich und kümmere mich um sie.

Er ist eher der Meinung, Mama ist die Böse, deswegen darf ich mich benehmen wie die Axt im Wald. Er schaut zu wenig auf sich selbst, auf seinen Handlungsspielraum.

Ich trage das natürlich immer wieder und ein Stück weit mit, in dem ich mit ihm darüber rede , ihm immer vermittelt wie wertvoll er als Mensch ist, aber oft, und ich bin auch nur ein Mensch, überschreitet er dabei völlig meine eigenen Grenzen, und ich habe keine Argumentation, ihm begreiflich zu machen, dass ich das nicht will. Es ist halt noch so und kann wieder passieren und fertig. Aber er gibt sein bestes.


Es ist keinesfalls so, dass ich das nicht ernstnehme, nur spüre ich meine eigenen Grenzen deutlich und bin vielleicht an dieser

23.03.2020 22:54 • #6


Lilli70
Darf ich fragen wie alt der Mann ist?

23.03.2020 22:57 • #7


A
Zitat von susannah:
Mama ist die Böse, deswegen darf ich mich benehmen wie die Axt im Wald.

Hast du Angst, dass du zu kurz kommst, wenn er sich in den Focus des ihm zugefügten Leides stellt, weil du doch selber schlimme Erlebnisse zu beklagen hast?

23.03.2020 22:58 • x 1 #8


OxfordGirl
Zitat von susannah:
Versuchen, das Trauma aufzuarbeiten hat er vor einigen Jahren schonmal mit therapeutischer Hilfe, mit mäßigem Erfolg wie ich feststelle

Ich rate dir dringend, dich eingehender mit dem Thema zu befassen. Brigitte Fuchs (Innsbruck) schreibt sehr anschaulich auf ihrer Homepage über Kindheits-/Beziehungstraumata.
Zitat von susannah:
Jetzt ist es so, dass er schon damals beim ersten Date erwähnte , er hat eine sehr schwierige Beziehung zu seiner Mutter.

Männer, die mich beim ersten Date quasi vorwarnen, würde ich aus heutiger Sichr kein zweites Mal treffen. Die wissen Bescheid, leider.
Ich wünsche dir alles Gute !

23.03.2020 23:00 • x 1 #9


S
Zitat von Lilli70:
Darf ich fragen wie alt der Mann ist?


Klar, 35

23.03.2020 23:00 • #10


S
Zitat von Angi2:
Hast du Angst, dass du zu kurz kommst, wenn er sich in den Focus des ihm zugefügten Leides stellt, weil du doch selber schlimme Erlebnisse zu beklagen hast?


Hallo Angi,

Ich glaube du möchtest mich gerade etwas falsch verstehen.
Nein, ich gehe anders damit um, für mich ist dieser Weg jedenfalls gesünder als sich in diesem Leid.. ja wie sage ich, auszuruhen. Ich übernehme für mich die Verantwortung an meiner Vergangenheit.

23.03.2020 23:02 • #11


monchichi_82
Zitat von susannah:
ich bin erwachsen, er kann mir nichts mehr tun und ich bin für diese, meine Verletzungen verantwortlich und kümmere mich um sie.

Mit der Denkweise bist du deinem Partner meilenweit voraus. Du übernimmst Verantwortung für dich und weißt, dass nicht andere für deine Vergangenheit verantwortlich sind. Das ist bei ihm aber noch längst nicht angekommen. Das ist ein Ungleichgewicht.

So kann und wird keine Beziehung funktionieren mit der Einstellung Ich bin so oft verletzt worden, deswegen musst du mir nachsehen, was ich an doofen Nummern durchziehe und meckere dann bloß nicht rum, weil ich da jetzt echt empfindlich bin. Bequemes Sofa.

23.03.2020 23:02 • x 1 #12


Zweizelgänger
Zitat von susannah:
Es ist allerdings, Samstag ist es wegen Nichtigkeiten richtig eskaliert, dass er bis jetzt sich einfach nicht genug anstrengt und in dieser Opferposition verharrt und ich glaube auch ausruht. Frei nach dem Motto, mir wurde so weh getan, entweder du akzeptierst, dass ich mich so benehme oder du gehst.

Hallo erstmal.
Also was bedeutet denn für dich richtig eskaliert..?

Zum anderen finde ich schon, dass du einerseits recht hast, anderseits es aber erstmal etwas hart klingt wie du bzw wie schnell du reagierst.

Ich war ja nicht dabei und kann mir unter deiner Beschreibung eigentlich nichts vorstellen, wenn ich ehrlich bin.

Er hat dir doch gleich gesagt, dass er da ein Problem hat, also sollte man doch auch erstmal miteinander reden, bevor man mit Konsequenzen droht.

Zum anderen ist es natürlich auch so, dass das alles kein Freibrief für ihn sein darf.

Zitat von Angi2:
Wenn dir das Verständnis fehlt, die Kraft, das mit ihm zu tragen, dann trenn dich

Diese Aussage finde ich jetzt mal nicht so prima...
Es geht da oft mal wenig um Verständnis, wenn man selbst involviert ist.
Es kann einfach extrem anstrengend und schwierig sein, auch mit jeder Menge Verständnis.


Zitat von susannah:
Ich übernehme für mich die Verantwortung an meiner Vergangenheit

?
Wie geht das denn..?

23.03.2020 23:02 • x 1 #13


E
Zitat von susannah:
und kann wieder passieren

Was genau passiert in solchen Eskalationen? Brüllt er Dich an? Oder wird er wirklich gewalttätig? Ich habe selber ähnliches wie Dein Partner in der Kindheit erlebt, aber es hat sich nur dann auf eine Beziehung ausgewirkt, wenn mich der Partner 'getriggert' hat. Das waren Einschränkungen der Bewegungsfeiheit (ich wurde als Kind oft in einen Schrank gesperrt), Ignoranz meiner Privatsphäre (die war mir als Kind verboten) oder Zweifel an meiner Wahrnehmung. Ich will Dir ein solches Verhalten unter keinen Umständen unterstellen, aber war das auch in anderen Partnerschaften ein Thema? Oder erinnert er sich bei Dir an irgendetwas? Falls das letzte der Fall sein sollte, wäre die Beziehung für Euch beide sehr schwer, ja fast unmöglich.
Deine Grenzen dürfen nie überschritten werden, auch nicht aus Mitleid. Auch aus therapeutischer Sicht wäre das für ihn nicht hilfreich - er lernt ja sonst nie ein normales Miteinander. Wenn Du weiter daran arbeiten möchtest, solltest Du klar formulieren, dass Du Dich in gewissen Situationen zurückziehst und nicht mehr als Mutter-Ersatz (im Sinne von Sparring-Partner) zur Verfügung stehst.

23.03.2020 23:08 • x 1 #14


S
Zitat von Zweizelgänger:
Hallo erstmal.
Also was bedeutet denn für dich richtig eskaliert..?

Zum anderen finde ich schon, dass du einerseits recht hast, anderseits es aber erstmal etwas hart klingt wie du bzw wie schnell du reagierst.

Ich war ja nicht dabei und kann mir unter deiner Beschreibung eigentlich nichts vorstellen, wenn ich ehrlich bin.

Er hat dir doch gleich gesagt, dass er da ein Problem hat, also sollte man doch auch erstmal miteinander reden, bevor man mit Konsequenzen droht.

Zum anderen ist es natürlich auch so, dass das alles kein Freibrief für ihn sein darf.


Diese Aussage finde ich jetzt mal nicht so prima...
Es geht da oft mal wenig um Verständnis, wenn man selbst involviert ist.
Es kann einfach extrem anstrengend und schwierig sein, auch mit jeder Menge Verständnis.


Danke auch für deine Antwort.

Ich umschreibe kurz die Situation von Samstag.
Wir waren auf dem Geburtstag meiner kleinen Schwester, meine Familie und wir beide in gemütlicher Runde, er schon gut angetrunken. Wir hatten Spaß, alles schien gut. Wir hörten trashige 90er Musik und hatten richtig Laune damit.
Plötzlich steht er auf , geht ins Nebenzimmer, schnappt seine Jacke und sagt ich gehe jetzt nach Hause, total angesäuert.

Ich dann hinterher, frag was denn jetzt sei, da sagt er , er könne diese schlimme Musik nicht ertragen, ich würde auf seine Gefühle keine Rücksicht nehmen , die wären mir egal , er könne mit so einer Musik nicht leben, lieber würde er sich die Ohren abreißen.

Das war mir vor meiner Familie soooo unangenehm. Also ich ihn ins Auto gepackt und nach Hause. Ich hab überhaupt nicht verstanden , was das soll , ob er mich vereimern will.

Ende vom Lied war, ich hab auf meinem eigenen Sofa geschlafen und er im Bett, sonst wäre ich geplatzt.

Morgens , nüchtern, sagte er dann wieder, es hätte ihn alles an seine Mutter erinnert und es wäre halt so, ich müsse entscheiden ob ich damit leben kann.

23.03.2020 23:10 • #15


A


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