Vielleicht zuerst zu meiner zugegebenermaßen nicht ganz vergleichbaren Erfahrung mit dem Thema: Nach meines Vaters Tod habe ich sein Tablet geerbt, und naja, was ich da an Filmchen gefunden habe, hätte ich lieber nicht gesehen. Kein Blümchensex, auch ich geh nicht weiter ins Detail. Das war ein Schock. Ich war ebenfalls tagelang durch den Wind. Klar kriegt da das Bild vom anderen Risse.
Mit meinem jetzigen Partner weiß ich leider auch, dass ich ihm S. das, was ihn am meisten anmachen würde, nicht geben kann.
Also hier meine Gedanken dazu:
Das eine ist, dass niemand von uns seinen Partner (oder eine andere Person) ganz und gar kennt. Und dass auch jeder ein Recht darauf hat, selber zu entscheiden, wem er in welcher Form von seinen dunklen Seiten erzählen möchte. (Logischerweise solange sich das ganze im Rahmen der Gesetze befindet.) Gerade wenn es um S. geht, denke ich, gibt es bei fast jedem Dinge, die wir selbst dem Partner nicht anvertrauen wollen. Einerseits vielleicht weil wir uns schämen, andererseits aber (zumindest bei mir ist das so) auch, weil ich eben befürchte, dass der Partner dann ein anderes Bild von mir bekommt. Du hast da etwas gesehen, was nicht für deine Augen bestimmt war. Klar wird es jetzt schwer sein, die Bilder wieder aus dem Kopf zu bekommen... Aber: diese Bilder haben nichts mit dir, oder mit eurer Beziehung zu tun.
Irgendwo habe ich sowas mal als spirituelles Vergessen beschrieben gelesen: Dinge die wir erfahren haben, die wir aber nicht wissen sollten. Bei mir hat es ganz gut funktioniert, dass ich mir, immer wenn die Bilder aufgetaucht sind, gesagt habe: das solltest du nicht wissen, das hat nichts mit dir zu tun.
Und: Da ist also diese dunkle Seite, aber deren Existenz ändert so rein gar nichts daran, was ihr miteinander habt.
Das andere ist, dass es ein Glaubenssatz unserer Gesellschaft ist, dass die Partner quasi immer gegenseitig für alle ihre Befürfnisse zuständig sind. Mir hat es sehr gut getan, mich davon zu befreien. Dein Partner erwartet nicht von dir, dass du ihm dieses Bedürfnis erfüllst. Er wollte dich nicht mal mit dem Wissen über dieses Bedürfnis belasten. Jetzt lege diese Last bewusst wieder ab.
Ich denke, gerade im S. Bereich gibt es so viel, wo sich der eine furchtbar ekelt, und es den anderen gerade anmacht... Es ist vermutlich blöd, dass du da quasi bei Level 100 einsteigst, aber die Sache an sich ist nicht ungewöhnlich. Gerade Leute mit außergewöhnlichen Wünschen sind sich meistens absolut klar, dass sich das mit dem Partner oft nicht wird leben lassen.
Und eine dritte Befürchtung ist, dass es eine Sollbruchstelle sein könnte, wenn er irgendwann doch noch vor hat, das was auch immer auszuleben. Ja, das ist natürlich richtig, andererseits, wenn er mit seinen Filmchen und mit der etwas devoten S. dir gegenüber ein Ventil gefunden hat...
Es gibt so viele Möglichkeiten, warum Beziehungen scheitern könnten, dass ich, glaube ich, nicht die Flinte ins Korn werfen würde, nur weil sich da ganz weit am Horizont eine mögliche Stolperschwelle zeigt.
Naja, und dann letztlich die Überlegung, dass nur S. haben willst, wenn es ihn auch erregt... Da kann ich wiederum aus meiner eigenen Perspektive als tendenziell asexuelle Person sagen, dass mir S. auch große Freude macht, und mich Zärtlichkeit und Berührungen ebenfalls tief bewegen, auch wenn ich weitaus seltener den Erregungsaspekt genießen kann und will. Im Gegenteil finde ich es sehr schade und Druck aufbauend, wenn meine Partner immer glauben, darauf bestehen zu müssen, dass ich ebenfalls (maximal) erregt bin.
Wenn er es schön findet, und du es schön findest, dann ist doch alles gut.
Wieder: wir können unseren Partnern nicht in den Kopf schauen, wir wissen ohnehin nie, wie sich der gemeinsame S. für sie anfühlt. Die Wahrnehmung, dass wir beim S. das gleiche empfinden, ist eine Illusion.
Naja, wie gesagt, meine Gedanken dazu aus meiner begrenzten Erfahrung heraus. Vielleicht kannst du ja was für dich rausziehen.
Ok, wurde viel geschrieben in der Zwischenzeit, ich schick mal trotzdem ab.
20.10.2022 18:07 •
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