Also es ist nicht so, dass ich nicht auch eine Riesen Wut habe. Die Wut auf das, wie es abgelaufen und geendet ist, ist schon da. Und es ist auch nicht so, dass ich Verständnis für ein Verhalten habe, was unreflektiert und zerstörerisch auf mein Gefühlsleben eingewirkt hat. Vor allen Dingen auch deshalb nicht, weil ich viel darüber geredet habe und ihm viele Ausstiegsmöglichkeiten gegeben habe. Es hätte nicht so laufen müssen. Beziehung zu versprechen, konkrete Pläne zu machen, zu sagen, nächste Woche ziehe ich bei Dir ein, und dann (zwar unter Tränen) einen Rückzieher zu machen - das kann ich ihm nicht verzeihen und da hält sich meine Bereitschaft, ihm gegenüber empathisch zu sein, schwer in Grenzen.
AAAAAber: Es ist nun mal so abgelaufen. Und ich habe einen Anteil dran. Ich hätte ja selbst auch jederzeit aussteigen können. Wenn man aber liebt und vertraut, ist aussteigen unendlich schwierig. Ein nahezu undenkbarer Gedanke. Und ich habe es doch irgendwann zum Glück gemacht. Und ich glaube, dass hatte in dem Moment schon sehr viel mit verletztem Stolz und Ego zu tun. Ich habe mich gefühlt, wie ein Ochse, der am Nasenring durch die Manege geführt wird. Und ich habe sehr, sehr gelitten. Dann war es plötzlich ganz klar: so wollte ich das auf keinen Fall auch nur noch einen Tag länger leben.
Das war jedoch meine Entscheidung. Ihn habe ich da gar nicht einbezogen. Ich habe ab diesem Zeitpunkt schon fast übertrieben egoistisch agiert. MEINE Gefühle gefühlt, MEINE Tage durchlebt, MEINE Pläne und Ziele gemacht und das alles ohne ihn. Ich hirne auch komischerweise bzw. glücklicherweise nicht über ihn rum. Diese ganzen Warum? Fragen stelle ich mir nicht. Was sollte auch ein zutiefst zerrissener Mensch antworten? Nichts, was mir in meiner Enttäuschung und Schmerz weiterhelfen hätte können. Alle Aktionen, die er seit der Trennung gebracht hat, beweisen das im Übrigen auch sehr plastisch. Hilflos, unglücklich, blockiert, zerrissen. Und ja, er lügt auch weiterhin seine Partnerin und sich selbst an.
Ich verteufele ihn trotzdem nicht. Ich weiss, dass wir uns sehr geliebt haben, da hat er nicht gelogen. Ich habe im Nachhinein viel über Momentwahrheiten gelernt. Es war mir vorher nicht bewusst, dass es die gibt. Ich nehme ihm nicht, dass er alles, was er zu mir sagte, in dem Moment auch so meinte. Aber es war dennoch auch schon bei der Trennung von ihm so, dass mich die Gründe, das ganze Warum? dann gar nicht mehr wirklich interessiert haben. Und ich kann dem unkreativen Wischi Waschi, das ihr ja schon herrlichst beschrieben habt (Stichwort Affärenbibel) leider auch keine neuen Formulierungen hinzufügen.
Ich halte es mit: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Wenn ich mich z.B. an die Loslösung aus meiner Ehe zurück erinnere. Da war ich auch nicht unbedingt ein Musterbeispiel an Entschlussfreude und überhaupt nicht klar in meinen Entscheidungen. Und ich kann mich noch sehr gut an die Angst erinnern, den letzten Schritt wirklich zu machen und zu gehen. Ich glaube, ich habe nach der Trennung ein halbes Jahr lang nur geschlafen, so anstrengend war das.
Ich gehe mit der Meinung so vieler hier mit, die sagen, es ist besser, sich auf sich zu konzentrieren, zu reflektieren, was war, sich selbst zu verzeihen, zu lernen und die Energie, die aus der Situation entsteht, vor allem die Wut in etwas Positives für sich umzuwandeln. Und das ist schwer genug. Erst einmal wieder einen Fuss auf den Boden kriegen und die Emotionen in den Griff bekommen. Mein Ziel für den Nahhorizont ist erstmal ein ruhigeres Fahrwasser und damit bin ich die nächsten Wochen noch sicher voll ausgelastet. Es ist echt anstrengend im Moment.
... und na klar ... er ist manchmal natürlich auch ein Vollhonk
09.05.2019 11:02 •
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