Zitat von Minion84:Wie lange hast du gebraucht, um es zu überwinden?
Das kann ich nicht genau sagen, denn das geht so schrittweise, dass man es selbst oft nicht merkt. Irgendwann kommt aber mal der Gedanke: Huch, ich habe heute zwei Stunden nicht an ihn gedacht? Wie kann das sein?
Aus den zwei Stunden werden irgendwann fünf Stunden, dann ein ganzer Tag und aus Tagen werden Wochen.
Im Loslassen bin ich grottenschlecht, das ist mir durchaus bewusst. Daher kam ja auch die glorreiche Idee mit der Freundschaftsschiene, die ich ihm antrug. Er hatte sich getrennt und ich dachte mir, Freundschaft wäre eine Lösung. Was erhoffte ich mir damit? Ein Ex-Back käme nicht in Frage, das zumindest war mir klar, Ich denke, ich wollte aber noch eine Rolle in seinem Leben spielen, ich wollte beachtet werden, ich wollte Anteil an seinem Leben haben (und damit Kontrolle aus der Ferne). Ich wollte also keinesfalls die Verbindung auf Null kappen. Alles, nur diesen einzigartigen und wundervollen Mann nicht ganz verlieren!
Was passierte? Schlimme Dinge, denn ich war und blieb ja doch draußen. Er lebte sein Leben, berichtete von am WE geplanten Unternehmungen, während ich wusste, wie mein WE aussehen würde. Tränen, Trauer, Löcher in die Luft starren, sich wiederkehrende Überlegungen, die einem Karussell glichen.
Ich merkte, ich gönnte es ihm nicht, dass er so locker und flockig weiter lebte. Neid und Eifersucht machten sich in mir breit.
Ich rief dann nicht mehr an, dann doch wieder.
Rekapitulierte die Beziehung durch Mails an ihn! Ich wünschte mir Begründungen, Begreifen, um es besser zu verschmerzen. Es gab keine, außer dass er keine Beziehung mehr mit mir wollte. Das ist Begründung genug, aber mit der kann ein Verlassener nichts anfangen.
Wieso, warum, weshalb nur? War ich denn so schlecht, so unattraktiv, so irgendwas, dass er sich trennte?
Ich war weder schlecht noch unattraktiv, er wollte mich lediglich nicht mehr in seinem Leben haben. Ich wirkte irgendwann wie eine Bedrohung, eine Einengung für sein freies Leben. Und er zog die Konsequenzen.
Nach der Phase der Eifersucht und des Schmerzes kam die Wut. Auf ihn und dann auf mich selbst. Auch ein Kreisel ohne Ende, der mich quälte. Und danach kam ich in die Phase, in der ich lernte, ohne ihn zu leben und nichts mehr von ihm zu wissen.
Ein halbes Jahr nach der Trennung hatte er eine Neue, aber manchmal fragte ich mich, ob die nicht vielleicht auch Auslöser für die Trennung gewesen war. Denn auf einmal hatte er so seltsame Unternehmungen ... Ehrlich war er ja nie, auch in der Beziehung nur bedingt. Es war immer was Verschwommenes um ihn was ich fühlte. Was wollte ich nur von diesem Windei, auf das ich nie bauen konnte?
Er war wie ein Fisch im Wasser. Ich versuchte ihn zu greifen, aber er flutschte mir durch die Finger und verschwand in trübe Gewässer. Das ist das, was ich mit ihm assoziierte.
Schwer verständlich, warum ich dennoch an diesem Mann hing.
Zitat von Minion84:nachdem sie sich zwischen uns drängte und sie mich schlechtmachte
Das hätte er niemals zugelassen, wenn er zu Dir gestanden hätte. Sie konnte sich da nur reindrängen, weil Platz für sie war. Wäre die Beziehung zu Dir so eng und gut gewesen, hätte sie keine Chance gehabt.
Gib also nicht ihr die Schuld, zumindest nicht die alleinige. Was wer zu wem über Dich gesagt hat, wer weiß das schon? Es war doch keiner dabei und auch die Berichte von Dritten sind immer unzuverlässig und subjektiv.
Tatsache ist, er hatte sich schon weit von Dir entfernt, als sie ins Spiel kam.
Zitat von Minion84:Und dass er das zuließ, obwohl wir schon lange Freunde waren bevor wir zusammenkamen.
Wenn aus einer Freundschaft Liebe wird, die dann kaputt geht, ist es auch mit der Freundschaft vorbei. Für den Verlassenden ist die Trennung komplett, denn auch er kann mit der Diskrepanz Freundschaft / Liebesbeziehung nicht umgehen. Das kann keiner.
Zitat von Minion84:Sowohl wie er das zulassen konnte, als auch dass er mit so einer Person zusammensein mag, als auch dass es Menschen wie sie gibt, die so intrigant und hintenrum sind und damit dann auch durchkommen.
Minon, jetzt mach mal halblang! So verbittert und einseitig, wie Du das siehst, wird es nicht sein.
Dass Du Dich verraten und verkauft fühlst und wie ein Putzlappen, den keiner mehr will und braucht, ist völlig verständlich.
Warum er der angeblich üblen Nachrede Dich betreffend nicht entgegen trat, weiß keiner. Es ist ein Armutszeugnis, wenn er sich davon beeinflussen ließ oder sie sogar noch bestätigte. Aber auch hier gilt: es war keiner dabei.
Und ob sie tatsächlich so intrigant ist, weißt Du auch nicht. Sie hat sich positioniert, er hat Platz für sie gemacht, weil sie ihm zusagte und Du warst damit draußen. Man kann mit übler Nachrede keine funktionierende Beziehung kaputt machen, weil der Partner dann normalerweise einschreitet und Position bezieht.
Die Sache ist für beide ein Armutszeugnis.Insofern ist dieser Mann wohl doch nicht so toll, wie Du ihn schilderst. Ist der Verlust tatsächlich so groß und unersetzlich?
Zitat von Minion84:Wut und Verzweiflung und Schmerz, ne schöne Kombi..
Minion, meinen Glückwunsch und das meine ich ganz ehrlich! Du machst jetzt einfach ganz normale Verarbeitungsphasen durch, die jeder Verlassene durchleben und aushalten muss. Also alles gut bei Dir, obwohl nichts gut ist! Alles im grünen Bereich.
Wenn Du da durch bist, denn keiner kann über Monate oder gar Jahre so heftige Gefühle aushalten, wird es besser. Dann kommt irgendwann die Phase der resignierten Akzeptanz. Aber die Aufreger werden seltener, weil die Seele wieder auf Normalbetrieb schaltet. Kein Mensch hält ewigen Stress aus und Wut und Eifersucht sind hochstressig und energieraubend.
Wie gut, dass die Seele dann wieder auf Sparflamme schaltet, sonst würde sie vor die Hunde gehen.
Nochmals Schilderung meiner Ablösephase:
August: Trennung, kurz darauf trug ich ihm die Freundschaft an. Er ging darauf ein, vermutlich aus schlechtem Gewissen und Mitleid, was ich erst später so bewertet habe. Denn erst Mal war ich froh, denn er war ja noch nicht ganz weg. Ich war der festen Überzeugung, ich würde ihn ewig lieben, dann halt unglücklich.
Einige Wochen: Tränen, Trauer, Verzweiflung, Vermissen, Sehnsucht. Aber ich musste ja dennoch funktionieren.
Danach die Wutphase und der Trotz: von Dir A... lass ich mir mein Leben nicht kaputt machen, ich bin auch wer, auch ich kann leben und zwar ohne Dich! Diese innere Haltung half mir, auch wenn er nichts davon wusste.
Als ich in der Wutphase war, wurde der Kontakt schon spärlicher.
Februar: Die Erkenntnis, da ist eine Neue. Gott, da ging es mir nochmals grottenschlecht. Zweite Wutphase auf diesen miesen Verräter, dieses letzte A...h auf Erden, diesen Versager, diesen Lügner. Rachefantasien und schlechte Wünsche. Bitte einen Unfall wenn er von der Neuen heim fährt und dann querschnittgelähmt. Oder noch besser: Verrecke und ich gehe NICHT zu Deiner Beerdigung, weil Du mir nicht mal das wert bist.
Nun ja, weder hatte er einen Unfall noch ist er gestorben. Meine Wünsche gingen Gott sei Dank nicht in Erfüllung, er blieb gesund und lebte weiter. Mit der Neuen und ab nun ganz ohne mich. Nicht mal mehr die Freundschaft war ich ihm wert, ich war wertlos.
Diese zweite Wutphase hätte ich mir erspart, wenn ich das beherzigt hätte, was alle Ratgeber sagen. Nach einer Trennung muss komplett Schluss sein.
Diese erneute Wutphase war aber bereits kürzer. Dann kam die Akzeptanz. Er ist und bleibt weg. Mein Kummer war immer noch spürbar, aber nicht mehr so laut. Ich machte ihn zu meinem Begleiter. Mein Kummer war männlich, schwarz gekleidet, dunkle Haare, aber er blieb gesichtslos. Aber ich spürte ihn, wenn ich ins Kino ging oder in die Arbeit fuhr. Oft saß er neben mir. Die Phasen der Ablenkung wurden länger. Auf einmal war er wieder da und setzte sich neben mich. Ich sagte: Ach, Du schon wieder! Jetzt habe ich mal einige Zeit nicht daran gedacht, jetzt bist Du schon wieder da!
Der Kummer lächelte und sagte: Jetzt ist meine Zeit. Wenn die vorbei ist, gehe ich wieder.
Diese Vorstellung und Personifizierung von einem Gefühl half mit tatsächlich, ein wenig Distanz zu entwickeln.
Juni: meine Bewährungsphase. Ein Kongress in Berlin stand an. Sollte ich da hinfahren? Huch, diese große Stadt! Und: würde er kommen? Könnte gut sein, er fuhr jährlich dahin.Und nach Berlin hätte ich schon immer gewollt, mit ihm natürlich.
Widersprüchliche Gefühle aus Angst und Feigheit (eigentlich muss ich da nicht hin, ich könnte auch gut zu Hause bleiben, dann würde ich ihn sicher nicht sehen) und dann wieder dem Gefühl: Mach es!
Ich spürte, wenn ich der Angst und Feigheit nachgeben würde, würde es mich ärgern und meine Enttäuschung über mich noch verstärken. Also buchte ich ein Hotelzimmer, eine Bahnfahrkarte, suchte mir alle Verkehrsverbindungen raus und fuhr. Ich hatte Angst, die Trauer würde wieder aufflammen, ich würde womöglich heulend und einsam im Hotelzimmer sitzen und mich überhaupt unwohl fühlen.
Es kam anders Ich fühlte mich wohl, unternahm viel mit Kollegen, ging auf die Kongressparty. Das Beste war, er war nicht da!
Warum nicht, weiß ich nicht. Vielleicht fürchtete auch er eine Begegnung oder hatte er keine Zeit? Er war auch feige, immer und noch mehr als ich.
Vor Begeisterung blieb ich noch zwei Tage in Berlin, allein. Dann fuhr ich begeistert nach Hause. Ich hatte es geschafft, ihn nicht vermisst, wurde nicht von Trauer und Einsamkeit übermannt, sondern hatte volle und positive Tage. Berlin war mein Freischwimmer!
Danach ging es deutlich aufwärts.Er wurde immer unwichtiger, ich vermisste ihn nicht mehr. Weder als Liebhaber noch als Freund. Ich hatte meine Mitte wieder gefunden, lernte, mein Leben wieder zu schätzen, fand wieder zurück zu mir.
Monate später kam er nochmals in meine Gedanken. Warum jetzt? Ich weiß es nicht, er war auf einmal präsent. Irgend Jemand wollte mir was sagen. Ich bin sicher , es war mein Unterbewusstsein.
Wie es ihm jetzt wohl ging? Noch mit der Anderen zusammen? Ich wusste nichts und merkte, es ist mir eigentlich egal. Warum also dachte ich an ihn?
Auf einmal sah ich unsere Beziehung wie ein Zuschauer. Es war ein trauriges Zweipersonenstück, das wir da aufgeführt hatten. Beide voll von unseren inneren Defiziten, beide gequält von unserem miserablen Selbstgefühl, das immer Bestätigung von außen brauchte. Beide gequält von unseren Bindungsängsten, die wir unterschiedlich auslebte. Es konnte nicht funktionieren, denn zwei Lahme konnten zusammen nicht gehen. Sie humpelten sich nur mühsam durch eine Beziehung, die nicht so recht gedieh.
Und dann machte es Klick. Auf einmal erkannte ich meine Beweggründe für diese Beziehung. Er war mir wie ein Spiegel meiner selbst erschienen, mit denselben inneren Verletzungen und Defiziten, womit ich wohl richtig lag. Ich erkannte mich in ihm wieder.
Aber eben erst durch den Abstand wurde es mir bewusst.
Dieser Mann sollte mich retten, er sollte mich heilen. Ich hielt nie viel von mir, litt immer unter meinem miesen Selbstbewusstsein, meinem Mangel an Eigenliebe. Er sollte das kompensieren und mir beweisen, dass ich eben doch liebenswert war und wertvoll und dass man gerne mit mir zusammen sein wollte.
Mein Auftrag an ihn:
Bitte liebe Du mich, damit ich mich endlich selbst lieben kann!
Bitte bereichere Du mein Leben, damit ich es als sinnvoll ansehen kann!
Bitte beweise Du mir, dass ich eine wertvolle Partnerin für Dich bin, weil ich nie das Gefühl habe, wertvoll zu sein.
Bitte zeige Du mir, dass ich eine prima Ergänzung für Dich bin.
Da schämte ich mich dann. Vor mir selbst. Ich hatte ihn auch ausgenützt, nicht nur er mich, ohne es zu merken. Er sollte meine inneren Defizite, meine eklatanten Schwächen heilen. Ich gab ihm mein Herz. Hier, hast Du es, bitte heile es und dann gib es mir geheilt wieder zurück.
Was ich von ihm wollte, war heillos überzogen. Er sollte mein Heilsbringer sein und die Dinge in Ordnung bringen, die ich nicht selbst in Ordnung bringen konnte. Auftrag an einen anderen: Bitte mach Du das, denn ich habe keine Ahnung, wie ich mein Leben in Ordnung bringen sollte.
So was kommt zurück und das ist auch richtig so. Der Partner ist nicht für mein Wohlbefinden, für den Sinn meines Lebens, meine Einstellung zu mir selbst verantwortlich. Ich muss das selbst schaffen und richten. Und dann wird es mir auch besser gehen. Aber einen Larifari an meiner Seite brauche ich dazu nicht, denn der ist ja mit sich beschäftigt.
Verantwortung für mich selbst, das musste ich erst lernen.
Ich habe ein wenig dazu gelernt. Ein Partner ist eine tolle Bereicherung im Leben, wenn die Beziehung funktioniert und beide sich schätzen für das was sie sind. Und großzügig über die Schwächen und Eigenarten des Anderen hinweg sehen. Ein Partner kann aber niemals der Sinn meines Lebens sein.
Wenn ich gut zu mir bin, kann ich auch gut zum Anderen sein. Ich erwarte vom Partner nichts, was er nicht leisten kann. Er ist nicht der weiße Ritter auf dem edlen Ross, der Aschenputtel auf sein Schloss führt.
Für meine Einstellung zu mir selbst, für den Glauben an mich selbst bin ich allein verantwortlich. Das bedeutet Arbeit an sich selbst und auch Rückschläge. Aber insgesamt geht es mir heute wesentlich besser als in der Beziehung, die mit Mühe und Not gerade mal 14 Monate hielt.
Es war gut, dass er in mein Leben kam, es war gut, dass er ging. Er war letztendlich der Wegweiser, der mich dorthin führte, wo ich nie hin wollte. Zu mir selbst.
Begonie