Hallo,
Ich hatte das Bedürfnis nochmal zu schreiben. Dies geschieht eher aus selbst-therapeutischen Zwecken, ich erwarte keine Reaktion.
Ich habe viel nachgedacht, geradezu krankhaft, denn ich kann mich gefühlt mit überhaupt nichts anderem mehr beschäftigen als meinem Leben, meinen Entscheidungen, meinem Innenleben und dem was ich überhaupt will. Viele von euch haben den Nagel auf den Kopf getroffen, etwa mit Aussagen wie ich suche unverbindliche Verbindlichkeit.
Nach etlichen Reflexionsübungen zum Thema Kinderwunsch kann ich nun mit wachsender Gewissheit (und Angst) sagen, dass ich derzeit keine Kinder möchte, aber die Art der Ablehnung ist das Problem. Sämtliche Argumente, die ich für Kinder anführe haben gar nichts mit mir zu tun, sondern mit den Erwartungen meiner Frau und meiner Umwelt. Alle Argumente, die ich gegen Kinder anführe haben etwas mit dem Verlust von Autonomie, Selbstbestimmung und Freiheit zu tun. Kein einziges Argument dreht sich darum, dass ich körperlich, geistig, finanziell, also rein von der Machbarkeit her, nicht in der Lage dazu wäre. Allein die Vorstellung, dass sich mein Lebensmittelpunkt plötzlich und unwiederbringlich nicht mehr um mich dreht, bereitet mir Angst und löst geradezu ein Bedrohungsgefühl aus. Und gerade weil das so ist, traue ich mir selbst nicht mehr. Denn meine Ablehnung kommt aus dem Ursprung Angst und Angst sowie Schuld sind beides keine guten Ratgeber im leben.
Ich habe erkannt, dass sich das Thema mit der Angst vor Bindung schon ziemlich lange durch meine Beziehungsbiographie schleppt und es dafür sehr wahrscheinlich einen Trigger in meiner Vergangenheit gibt. Ein bestimmtes Ereignis in meiner Jugend, in dem mein inneres Kind regelrecht eingetrichtert bekommen hat, dass Nähe und Bindung mit Verlust von Freiheit einhergeht. Leider ist es so, dass ich nicht wirklich aufhöre an diesem Problem zu arbeiten, ich verliere mich immer weiter in Gedankenspiralen, versuche das Thema aufzulösen.
Meiner Frau gegenüber bin ich schonungslos offen und ich habe sie in den letzten Wochen sehr verletzt. Dass sie trotzdem versucht mir gegenüber liebevoll und loyal zu sein, so gut es eben geht, verletzt mich zutiefst. Ich kann Nähe nur sehr schwer zulassen, wenn es da vielleicht kein Später gibt.
In der Therapie wurde mir klar, dass ich schon länger meine Autonomiestreben bedroht gesehen habe und über die Offene Beziehung, bzw. diese spezielle Zweitbeziehung ein Standbein aufgebaut habe, dass mich insgesamt eine Zeit lang im Gleichgewicht gehalten hat. Doch als es der Zweitfrau zu wenig wurde und daraufhin ich die Trennung eingeleitet habe, habe ich den darauf folgenden Schmerz erst gar nicht verstanden. Was ich dort geliebt habe ist nicht unbedingt die Frau selbst, sondern das Gefühl der Freiheit, das sie mir gegeben hat. Alles was ich ihr an Aufmerksamkeit und Verpflichtungsaufgebot gegeben habe, das habe ich freiwillig getan und es stand in einem klaren Kontrast zu den immer näher kommenden Verpflichtungen wie Haus und Kind in meiner Hauptbeziehung. Ich habe mich, ohne, es zu merken, in eine bequeme Position gebracht, in der ich eine Stabilität herstellen konnte. An der Hochzeit mit meiner Frau war ich glücklich. Aber in Wahrheit habe ich gar nicht sie alleine geheiratet, sondern beide Frauen zugleich - bzw. das Gleichgewicht aus beiden zusammen.
Ich scheine ein riesiges Problem mit Freiheit in Bindung zu haben und jetzt, wo ich das alles ausspreche, aufschreibe und versuche mir selbst nicht länger vorzuenthalten, macht es in mir auch ziemlich viel Sinn.
Vielleicht würde man mich pauschal als beziehungsunfähig abstempeln und ein Teil von mir glaubst das ja auch selbst. Ich werde wahrscheinlich beide Frauen verlieren, denn was ich brauche ist Zeit für mich, Heilung und eine Therapie um meine Ehe zu retten. Und ein Neustart mit meiner Zweitbeziehung wäre auch nur dann möglich, wenn ich innerlich im Gleichgewicht wäre. Für mich steht fest, dass einfach weitermachen nicht mehr funktioniert.
Lg
26.10.2025 11:23 •
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