Hey Emma,
lese mit großem Interesse weiter mit.
Bin inzwischen hin- und hergerissen.
Was bedeutet das? Das ich immer noch meinen Vater entschuldigen möchte? Schon möglich.
Trotzdem war mein Vater selbstverständlich auch ein großartiger Mensch, der mir viel gutes und auch viel Liebe für mein Leben mitgegeben hat.
Die Grundfrage hier scheint inzwischen zu sein: sind Wutanfälle eine kleine Schwäche, wie so viele andere auch? Kann man da mit geeigneten Strategieen damit umgehen, wie z.B. mit Unzuverlässigkeit oder Unordendlichkeit?
Wie E-Claire richtig geschrieben hat, ich schreibe hier aus der Perspektive einer abhängigen Person, die (auch) durch diese Wutausbrüche ge-/verformt wurde.
Du bist eine erwachsene Person, und machst einen sehr in dir ruhenden Eindruck. Die Aktion mit der Bahnfahrt hätte wirklich nicht jeder hinbekommen, und sie hat offensichtlich ihre Wirkung nicht verfehlt. Soweit ganz toll!
Die andere Frage ist, ob Gewalttätigkeit droht. Meinem Vater zumindest ist schon gelegentlich die Hand ausgerutscht, wie man so schön sagt. Zuletzt musste er seiner 16jährigen Tochter eine schmieren... äh, ja.
Ok, roter Faden, wo bist du...
Also, zumindest bei meinem Vater sind diese Wutausbrüche aus einer bestimmten Haltung heraus entstanden. Der Meinung, wirklich mehr Durchblick zu haben, als fast alle anderen. Und der entsprechenden tatsächlich vorhandenen (!) Geringschätzung gegen andere.
Und dann Hilflosigkeit, wenn es andere doch gewagt haben, es anders zu machen, da kann ja dann nur Dummheit oder Boshaftigkeit dahinter stecken.
Diese Einstellung würde mich an meinem Partner doch sehr stören.
Zusätzlich, wie hier auch schon richtig geschrieben wurde, sind die verbalen Aussetzer bereits eine Form von Gewalt.
Na gut, was würde ich also aus meiner Cholerikertochterperspekrive dir als Cholerikerpartnerin empfehlen?
Wenn du wirklich entschlossen bist, es zu versuchen, setze trotzdem Grenzen, und kommuniziere die auch. Z.B. bisschen HB Männchen und Türenknallen, ok, wenn Dinge kaputt gehen ist Ende. Für mich wäre z.B. absolut Ende gewesen, wenn es gegen meine Tochter gegangen wäre. Vielleicht eine Grenze, was Häufigkeit und Dauer der Anfälle angeht? Dass Konflikte auch spontan und ohne Betablocker vernünftig austragbar sein müssen?
Und ich würde dir raten, dich selber ganz genau zu beobachten. Wie geht es dir wirklich, während der Ausbrüche? Wie reagiert dein Körper? Bist du wirklich so entspannt und unbeteiligt?
Und wie verändert sich das über die Zeit? Fängst du mit Eierschalentänzen an? Vermeidest du Konflikte? Das würde bedeuten, dass das schleichende Gift einsickert, und wäre mE ein großes Warnsignal.
So, wieder mal ein Roman. Hoffe, du kannst was rausziehen.