Und dann reißt dein Ex dir den Boden unter den Füßen weg und du weißt nicht, warum.
Sonntag schrieb er mir, dass bei ihm Asperger-Autismus diagnostiziert wurde. Es folgte eine Emotionslawine. Wut. Trauer. Enttäuschung. Hoffnung. Noch mehr Wut. Im folgenden Gespräch war ich erstmal echt sauer. Wenn ICH reden wollte, musste ich immer fragen, ob es die Gemütslage des feinen Herrn gerade zulässt. ER fragt nicht mal, ob es mir passt. und ich saß auf dem Bett von meinem Neuen und wollte Mathe lernen - schönen Dank! Die Begründung: DU hast mich ja letzte Woche angeschrieben (habe ich, wegen dem Laufwerk, welches er in meinem PC gebaut hatte - kein Hallo, kein Wie geht's, auf 'Ich habe einen Termin morgen.' - jetzt weiß ich, welchen - bin ich nicht eingegangen.)
Ich konnte nichts mehr, habe nur noch gezittert.
Er gibt sich jetzt so, als würde er überhaupt keine Empathie mehr haben, als könne er weder verstehen, noch nachvollziehen, dass es mir schlecht geht (als ob - DASS es mir schlecht geht, ist nichts, was er nicht kenne, ergo nicht nachempfinden könnte.)
Vor einem Monat erklärt er mir noch lang und breit, dass Ärzte ihm eh nicht helfen können, plötzlich läuft die Terminfindung schon lange und durch mich kam er drauf - bitte was?!
Und dann... ja aber wenn das so ist, dann verstehe ich vieles besser. Da ist die Antwort, die Erklärung, auf so viele meiner Fragen. Was, ja was wenn...
Aber nein. IHM fehlt das vertrauen zu MIR. Is' klar.
Warum - keine Ahnung. Aber es wird - von seiner Seite aus - deshalb keinen zweiten versuch geben. Muss gut sein, die Zügel wieder in der Hand zu haben. Sein einziger Fehler war es ja auch, nicht zu fragen, ob es mir gerade passen würde. Ansonsten hat er NIE Fehler gemacht, denn - er ist ja krank. Eben das alte Lied.
Ich habe um Kontaktabbruch gebeten. Schon wieder.
Hoffe nur, dass er sich dieses mal wirklich daran hält. Ich habe das 'Glück' dass ein guter Freund auch Asperger ist, der sich nachts um 2 noch die Zeit genommen hat, lange und viel mit mir geredet hat und auch in den nächsten Tagen ein Auge auf mich hatte. Und auch er hat mir ganz klar gesagt Kleine, das ändert nichts am Charakter und nichts an Verhaltensweisen. Ja, es ist eine Behinderung, aber nein, das bestimmt nicht die komplette Psyche.
Und er hat recht. Und meine beste Freundin hat auch recht. Ja, er versteht vieles vielleicht nicht. Aber es ist keine Entschuldigung für offensichtlich falsches Verhalten. Oder dafür, sich nicht zu entschuldigen.
Oder für Problemvermeidung. Es sind immer die anderen schuld ist ja eine Grundeinstellung von ihm. Auch jetzt; siehe Vertrauen.
Ich habe heute auch mit einer Kollegin gesprochen, die ähnliches gesagt hat. Und mich etwas gefragt hat.
Wäre ich glücklich?
Tja... wäre ich?
Ja, das Leben mit ihm hätte immer Kompromisse verlangt - aber das verlangt jede Beziehung.
Ich glaube, wir hätten vieles schaffen können. Mit Diagnose noch viel mehr als ohne. Aber was bleibt, was immer bleibt, ist ein Kommunikationsproblem. Konfliktvermeidung.
Die Gründe, aus denen ich gegangen bin, sind dieselben. Ja, ein Zusammenzug hat ihm Angst gemacht, eine Änderung seiner Routine. Aber mein Ex ist kein krasser Fall, keiner von denen, die zwar im Kopf pi ausrechnen, aber nicht die Schuhe zubinden können. Er ist nicht mal überdurchschnittlich intelligent. Er kann Dinge empfinden, er kann anderen helfen. Er kann - offensichtlich - langlebige Beziehungen führen. Wir konnten streiten, wir konnten Kompromisse finden. Ja, er eckt manchmal an. Aber seiner kleinen Junk-Freundin, die auch - wie ihr fester Partner - Asperger ist, erklärt er trotzdem die Welt. Asperger hat viele 'Grade', er ist sehr leicht autistisch. Eben ein Sonderling, mehr im Grunde nicht. Ja, es erklärt das ein oder andere, auch in der Kindheit, auch in der Familie.
Aber nicht alles. Er ist nicht - vor allem nicht über Nacht - plötzlich emotional 'verdummt'. Er kann fühlen, er ist kein sozial unfähiger Typ, er ist emphatisch. Und letztlich sind Erklärungen eben keine Lösungen. Aber er versteckt sich jetzt hinter einer sehr bequemen Ausrede.
Trotzdem hat mich das natürlich sehr runtergerissen. Es ist eben immer noch so - ich wollte nie eine Trennung. Und wäre er nicht zu stolz, wären wir schon nach 3 Monaten der Trennung wieder zusammengewesen. Ich wollte das, damals. Ich wollte das immer. Ich wollte ihn.
Und die Antwort auf die Frage, ob es mich glücklich gemacht hätte, habe ich nicht.
Ich kann es mir vorstellen. Und jetzt im Moment muss ich noch dagegen ankämpfen, dass mit Fortschreiten der Therapie eben doch das ein oder andere in ihm passiert. Und es dann eben doch wieder passt.
Ich weiß, ich weiß.... Unsinn.
Mi meinem Neuen habe ich darüber gesprochen, wir haben uns auch heftig gestritten. Wir waren Montag auf einer Halloween-Party, klar ist das irgendwann eskaliert, wir haben zu viel getrunken... aber irgendwie ändert es nichts. Ich mag ihn sehr. Ich würde sogar sagen, ich bin verliebt. (Ich habe meinen Ex auch gefragt, ob's ihm irgendwie Spaß bereitet, meine Welt zusammenbrechen zu lassen, jetzt, wo ich gerade angefangen habe, wieder Vertrauen aufzubauen.)
Wir planen viel, Dinge, die mit meinem Ex unmöglich wären, wir machen viel, was mit meinem Ex unmöglich war.
Aber ich mochte die Routine. Ich habe mich damit sicher gefühlt.
Ich habe mich damit gut gefühlt, immer zu wissen, was passiert.
Und ich bin sicher kein Asperger.
Ist das einzige, das hilft, Zeit?
Ich habe ein bisschen Angst, dass Zeit nicht genug ist. Ich habe Angst, immer alles mit meinem Ex zu vergleichen.
Immer zu sagen, dass ja eigentlich alles so viel besser ist - was es ist - aber eben nicht er. Unsere Beziehung hatte sehr viele gute Seiten. Ich wollte mehr Beziehung, mehr Wir. Und das war es, weshalb wir uns getrennt haben. Weil er davor Angst hat. Nicht vor mehr wir - aber vor Veränderung.
Ich bin mir einfach so sicher, dass wir gut zurecht gekommen wären. Es gibt keinen Grund, warum es nicht so hätte sein sollen. Der einzige Grund, warum wir nicht mehr sind, ist der, dass wir es nicht versucht haben.
Das ist doch total blöd. Das ist für mich irgendwie einfach keine gute Begründung.
Vertrauen lässt sich wieder aufbauen. Fehler lassen sich verzeihen.
Er will jetzt nicht. Ich doch auch nicht.
Aber, da bin ich ehrlich, so ganz, so richtig, kann ich mich von diesem Was, wenn doch?, einfach nicht frei machen.
Und ich habe Angst, dass Zeit das einfach nur relativiert. Dass ich in 5 Jahren sage Hach ja, jetzt ist eben viel zu viel passiert. - ich will nicht ewig daran festhalten. Ich sehe doch selbst, dass es nicht mehr ging, dass wir vielleicht immer wieder in Situationen gekommen wären, in denen es nicht mehr gehen würde. In denen es um mehr als eine gemeinsame Wohnung geht. Das ist ja auch sein Hauptargument. Er kann mir nicht das Leben bieten, dass ich will, dass ich verdiene.
Er will das beste für mich, ich das beste für ihn. Das zeigt natürlich a), dass wir nicht das jeweils beste für den anderen sind... aber b), dass wir einander immer noch mögen.
Ich komme aus dieser Spirale irgendwie nicht raus. ich suche Aufhänger, hatte so viele, war relativ weit - gefühlt - und dann kommt er so um die Ecke und wirft alles um. Wie ein Kartenhaus. Und jetzt?
Nehme ich jetzt die Karten, furmuliere die Argumente darauf ein bisschen um und baue es wieder auf? Noch so ein Jahr wie dieses?
und bleibt die Frage nach dem Was wäre wenn? dann nicht doch immer bestehen? Davor habe ich Angst. Ich habe Angst, nie wieder so zu lieben, weil ein Teil von mir sich beharrlich an die Vergangenheit klammert.