Zitat von Mienchen:Wenn ich zurück blicke, hat sie mich niemals in den Arm genommen, wenn es mir schlecht ging. Sie hat gesagt, ich werd schon nicht dran sterben, wenn ich Angst hatte, traurig war, mir Sorgen wegen etwas machte. Auch jetzt, mit fast 40 Jahren und nach dem Tod meines Vaters und meiner Oma kam nie Liebe in irgendeiner Form.
Sie mag ihre Gründe haben und ihre Dämonen. Liebe kann sie zeigen, ihren Freundinnen. Mir nicht.
Manchmal frage ich mich, ob diese Verlustangst, die ich manchmal habe, davon kommen könnte. Eigentlich weiß ich es.
Auch wenn der Thread hier schon ein bisschen älter ist, bin ich drüber gespoltert, weil er mich total berührt hat.
Berührt deshalb, weil dieses Thema auch für mich ziemlich zentral ist - auch wenn ich es auf beide Elternteile beziehe.
Leider hatte auch ich das Pech, in den 70er und 80er Jahren in einem Familienklima aufzuwachsen, dass man nur als deutlich unterkühlt bezeichnen kann. Nur allzu gut kenne ich die Erfahrung, wie es ist, sich nicht daran erinnern zu können, als Kind mal in den Arm genommen oder gedrückt worden zu sein. Das können die beiden bis heute nicht. Es war eher das Gegenteil der Fall. Mein Vater reinszenierte das Trauma seiner eigenen Erziehung - und das hieß physischer sowie emotionaler Missbrauch. Meine Mutter, zwar von Natur aus unsicher und empathischer, stand nur hilflos daneben. Dieses Muster zieht sich bis auf heutigen Tag weiter - also mittlerweile fast 50 Jahre.
Zu was hat es geführt? - Es liegt ganz klar auf der Hand und lässt sich in die Diagnose einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung packen. Das ist ein Begriff für ein Störungsbild, dass sehr umfassenden Einfluss auf ganz viele Lebensbereiche hat - insbesondere auf die eigenen Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn solche Dinge erlebt hast, die bedeuten, dass die ersten und wichtigsten Beziehungen in Deinem jungen Leben bereits verraten wurden, fehlt Dir das, was die Tiefenpsychologen das Urvertrauen nennen. Du bist in Beziehungen immer auf der Hut und misstrauisch, sich öffnen ist ganz schwierig und dauert sehr lange. Du hast ziemliche Schwierigkeiten, mit den eigenen Gefühlen richtig umzugehen, weil es diejenigen, deren Aufgabe es gewesen wäre, Dir das zu vermitteln, nicht oder nur unzureichend getan haben. Konkret bedeutet das, dass Du irgendwann feststellst, dass Du immer und immer wieder gegen die gleichen Wände rennst. Das Trauma wiederholt sich in allen Beziehungen und zwar so lange, bis man es realisiert und beginnt sich damit auseinanderzusetzen.
Leichter gesagt als getan. Diese Diagnose ist (noch) nicht offiziell - es wird sie erst ab 01.01.2022 im ICD-11 geben. Ohne richtige Diagnose auch keine adäquate Behandlung. Die Auseinandersetzung mit Krankenkasse und/oder Rentenversicherung ist nervig und zeitaufwendig, außerdem unnötig anstrengend, wenn Du irgendwo in Therapie kommen möchtest.
Die rechtliche Seite ist noch prekärer: Eine der Hauptursachen der Problematik - der emotionale Missbrauch - ist nicht einmal eine strafbare Handlung im Sinne des Strafgesetzbuches. Pech gehabt, wenn Du Dir vielleicht verspricht, Leistungen nach OEG zu beantragen. Außer Spesen nix gewesen. Und das Beste: Dieses Verhalten von Eltern wird weiterhin durch Artikel 6 des Grundgesetzes gedeckt.
So ist das dann im Endeffekt mit der fehlenden Mutterliebe ...