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Fehlende Mutterliebe

Scheol
Zitat von jaqen_h_ghar:

Auch wenn der Thread hier schon ein bisschen älter ist, bin ich drüber gespoltert, weil er mich total berührt hat.

Berührt deshalb, weil dieses Thema auch für mich ziemlich zentral ist - auch wenn ich es auf beide Elternteile beziehe.
Leider hatte auch ich das Pech, in den 70er und 80er Jahren in einem Familienklima aufzuwachsen, dass man nur als deutlich unterkühlt bezeichnen kann. Nur allzu gut kenne ich die Erfahrung, wie es ist, sich nicht daran erinnern zu können, als Kind mal in den Arm genommen oder gedrückt worden zu sein. Das können die beiden bis heute nicht. Es war eher das Gegenteil der Fall. Mein Vater reinszenierte das Trauma seiner eigenen Erziehung - und das hieß physischer sowie emotionaler Missbrauch. Meine Mutter, zwar von Natur aus unsicher und empathischer, stand nur hilflos daneben. Dieses Muster zieht sich bis auf heutigen Tag weiter - also mittlerweile fast 50 Jahre.

Zu was hat es geführt? - Es liegt ganz klar auf der Hand und lässt sich in die Diagnose einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung packen. Das ist ein Begriff für ein Störungsbild, dass sehr umfassenden Einfluss auf ganz viele Lebensbereiche hat - insbesondere auf die eigenen Beziehungen zu anderen Menschen. Wenn solche Dinge erlebt hast, die bedeuten, dass die ersten und wichtigsten Beziehungen in Deinem jungen Leben bereits verraten wurden, fehlt Dir das, was die Tiefenpsychologen das Urvertrauen nennen. Du bist in Beziehungen immer auf der Hut und misstrauisch, sich öffnen ist ganz schwierig und dauert sehr lange. Du hast ziemliche Schwierigkeiten, mit den eigenen Gefühlen richtig umzugehen, weil es diejenigen, deren Aufgabe es gewesen wäre, Dir das zu vermitteln, nicht oder nur unzureichend getan haben. Konkret bedeutet das, dass Du irgendwann feststellst, dass Du immer und immer wieder gegen die gleichen Wände rennst. Das Trauma wiederholt sich in allen Beziehungen und zwar so lange, bis man es realisiert und beginnt sich damit auseinanderzusetzen.

Leichter gesagt als getan. Diese Diagnose ist (noch) nicht offiziell - es wird sie erst ab 01.01.2022 im ICD-11 geben. Ohne richtige Diagnose auch keine adäquate Behandlung. Die Auseinandersetzung mit Krankenkasse und/oder Rentenversicherung ist nervig und zeitaufwendig, außerdem unnötig anstrengend, wenn Du irgendwo in Therapie kommen möchtest.
Die rechtliche Seite ist noch prekärer: Eine der Hauptursachen der Problematik - der emotionale Missbrauch - ist nicht einmal eine strafbare Handlung im Sinne des Strafgesetzbuches. Pech gehabt, wenn Du Dir vielleicht verspricht, Leistungen nach OEG zu beantragen. Außer Spesen nix gewesen. Und das Beste: Dieses Verhalten von Eltern wird weiterhin durch Artikel 6 des Grundgesetzes gedeckt.

So ist das dann im Endeffekt mit der fehlenden Mutterliebe ...



Trauma abarbeiten / abzittern / wieder Zusammenfügen , können glaube ich die wenigsten.

Peter Levine

Verena König

Franz Ruppert

Sind bis jetzt die einzigsten die ich bis jetzt gefunden habe die das Thema ganz gut erklären, damit man überhaupt versteht was MIT / IN einem los ist.

Noch als Zusatz, was zwar hier nicht zum Thema Eltern / Mutter passt , aber ,.... eine k PTBS kann auch im Erwachsenenalter ausgelöst werden durch toxische Beziehungen. Das solch Beziehungen solch Trauma auslösen können, wird meist gar nicht erkannt.
Meist spricht ein Arzt oder Therapeut von einer schweren oder nicht einfachen Scheidung oder Trennung.
Das es ein Scheidungstrauma gibt , weiß wenn ich so die Literatur verfolge , die wenigsten.

Wie sagte Franz Ruppert in einem Beitrag , sie kenne sicherlich ein paar , wo eine Seite plötzlich und unerwartet sagt , du ich möchte mich trennen , aber ich kann dir nicht sagen warum.
Da steckt ein Trauma dahinter...........

Ich denke das wir in einer traumatisierten Gesellschaft leben und dieses nicht wirklich wissen....

01.07.2020 08:12 • #241


J
Zitat von Scheol:
Peter Levine
Verena König
Franz Ruppert
Sind bis jetzt die einzigsten die ich bis jetzt gefunden habe die das Thema ganz gut erklären, damit man überhaupt versteht was MIT / IN einem los ist.

Besten Dank!
Da ich dummerweise auch noch vom Fach bin (was unter diesen Umständen auch kein Zufall ist) sind mir die genannten Namen geläufig. Verstehen, was los ist, ist die eine Sache - damit umgehen und sich helfen lassen, die andere. Ersteres geht evtl. noch alleine, das zweite geht nicht ohne Hilfe.

Zitat von Scheol:
eine k PTBS kann auch im Erwachsenenalter ausgelöst werden durch toxische Beziehungen. Das solch Beziehungen solch Trauma auslösen können, wird meist gar nicht erkannt.
Meist spricht ein Arzt oder Therapeut von einer schweren oder nicht einfachen Scheidung oder Trennung.
Das es ein Scheidungstrauma gibt , weiß wenn ich so die Literatur verfolge , die wenigsten.

Das stimmt. Emotionaler Missbrauch, evtl. auch in Verbindung mit Gewalt findet ja auch innerhalb narzisstischer Beziehungen unter Erwachsenen statt und hat dann ähnlich verheerende Folgen.

Zitat von Scheol:
Wie sagte Franz Ruppert in einem Beitrag , sie kenne sicherlich ein paar , wo eine Seite plötzlich und unerwartet sagt , du ich möchte mich trennen , aber ich kann dir nicht sagen warum.
Da steckt ein Trauma dahinter...........

Aha ... kommt das aus dem Kontext seiner Trauma-Aufstellungen? Falls ja, das ist ein Thema, dass wir mir wegen der Nähe zu Bert Hellinger nicht wirklich entgegenkommt. Ich teile Rupperts theoretische Vorstellung zu Trauma wie er sie in Seelische Spaltung und innere Heilung darlegt, aber seine Methode der Trauma-Aufstellung finde ich schwierig.

Zitat von Scheol:
Ich denke das wir in einer traumatisierten Gesellschaft leben und dieses nicht wirklich wissen....

Die Empirie beweist es immer wieder: Gewalt, physischer, emotionaler und S. Missbrauch sind weiter verbreitet als wir es wahrhaben wollen. Es geht meiner Ansicht nach nicht um das Nicht-wissen, sondern um das Nicht-Realisieren-Wollen.
Wer das nicht glauben will, lese bitte die letzten Kapitel im 2. Band von Ellert Nijenhuis Trauma-Trinität: Ignoranz - Fragilität - Kontrolle. Diese Trinität gilt nicht nur für das Trauma selber, sondern auch für den Umgang der Gesellschaft mit den Traumatisierten und den Tätern.

Warum hat es so lange gedauert, bis die komplexe PTBS endlich Bestandteil eines Diagnosesystems geworden ist? Warum ignoriert bzw. negiert das amerikanische DSM 5 die Störungskategorie seit nunmehr 2 Revisionen und 30 Jahren? Das ist Politik - nichts anderes. Realisation würde bedeuten Verantwortung zu übernehmen, für die Opfer zu sorgen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. In den USA ist das Gegenteil der Fall, Stichwort False-Memory-Bewegung, die für mich nichts anderes als ein formeller Interessenverband von Tätern ist, um dafür zu sorgen, dass die eigenen Taten ungesühnt bleiben.

01.07.2020 11:12 • x 1 #242


A


Fehlende Mutterliebe

x 3


Scheol
Zitat von jaqen_h_ghar:
Besten Dank!
Da ich dummerweise auch noch vom Fach bin (was unter diesen Umständen auch kein Zufall ist) sind mir die genannten Namen geläufig. Verstehen, was los ist, ist die eine Sache - damit umgehen und sich helfen lassen, die andere. Ersteres geht evtl. noch alleine, das zweite geht nicht ohne Hilfe.


Das stimmt. Emotionaler Missbrauch, evtl. auch in Verbindung mit Gewalt findet ja auch innerhalb narzisstischer Beziehungen unter Erwachsenen statt und hat dann ähnlich verheerende Folgen.


Aha ... kommt das aus dem Kontext seiner Trauma-Aufstellungen? Falls ja, das ist ein Thema, dass wir mir wegen der Nähe zu Bert Hellinger nicht wirklich entgegenkommt. Ich teile Rupperts theoretische Vorstellung zu Trauma wie er sie in Seelische Spaltung und innere Heilung darlegt, aber seine Methode der Trauma-Aufstellung finde ich schwierig.


Die Empirie beweist es immer wieder: Gewalt, physischer, emotionaler und S. Missbrauch sind weiter verbreitet als wir es wahrhaben wollen. Es geht meiner Ansicht nach nicht um das Nicht-wissen, sondern um das Nicht-Realisieren-Wollen.
Wer das nicht glauben will, lese bitte die letzten Kapitel im 2. Band von Ellert Nijenhuis Trauma-Trinität: Ignoranz - Fragilität - Kontrolle. Diese Trinität gilt nicht nur für das Trauma selber, sondern auch für den Umgang der Gesellschaft mit den Traumatisierten und den Tätern.

Warum hat es so lange gedauert, bis die komplexe PTBS endlich Bestandteil eines Diagnosesystems geworden ist? Warum ignoriert bzw. negiert das amerikanische DSM 5 die Störungskategorie seit nunmehr 2 Revisionen und 30 Jahren? Das ist Politik - nichts anderes. Realisation würde bedeuten Verantwortung zu übernehmen, für die Opfer zu sorgen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. In den USA ist das Gegenteil der Fall, Stichwort False-Memory-Bewegung, die für mich nichts anderes als ein formeller Interessenverband von Tätern ist, um dafür zu sorgen, dass die eigenen Taten ungesühnt bleiben.



Warum Diagnosen wie auch Burnout zb. Ignoriert werden. Wegen der Kosten.
Stell dir mal vor K PTBS und Burnout , die Rentenanträge / Rehaanträge wer da ein Anrecht darauf hätte.

Kosten und Gesundheit passen nicht zusammen. Der Mensch bleibt auf der Strecke.

Hatte schon eine Vermutung das du etwas mehr belesen bist

Gibt es Literatur / Videos Betreff traumaheilung ? Gute habe ich meines Empfinden noch nicht gefunden.

Dieses abzittern was du kennen wirst , kenne ich bei einer PTBS.

Die Aussage von Ruppert war bei einem Interview / Vortrag wenn ich mich nicht irre.

Die Traumaaufstellung , ich weiß nicht (?) da bin ich denke ich zu sehr Laie.
Es ist als Laie ja schon schwer zu verstehen das ein Teil abgespalten sein soll und dieser zurück / zusammen geführt werden soll ( so habe ich es zumindestens verstanden ).

Ich weiß aber das es Dinge gibt , wo man nicht wirklich denkt das es hilft , und dann verwundert ist , das man einen Zugang bekommt.

Hatte letztens gelesen das angeblich 2/3 der Menschen die in den Staaten auf der Straße leben eine PTBS haben und Ex Soldaten sein sollen.

Gestern mich mit jemanden über k PTBS unterhalten der sagte , das dieser volkswirtschaftliche Schaden durch dieses k PTBS , Kindesmissbrauch , Gewalt in Familien , extrem hoch ist. Der größte Kostenfaktor in der Gesundheit. Man übersieht es als Laie denke ich schnell. Politiker wollen es vermutlich nicht sehen.

Allein mit dem Kinderring wo nun 30.000 Namen aufgetaucht sind, das sowas nicht hart verfolgt wird.

Aber eben auch die Clan Kriminalität die ja auch Angst verbreitet und Menschen die dort an diesen Stellen leben nicht mehr auf die Straße gehen. Ich denke auch aus Angst und somit vielleicht Trauma (?) Angst um Leib und leben (?)

Lieben Gruß

01.07.2020 11:55 • x 2 #243


J
Zitat von Scheol:
Warum Diagnosen wie auch Burnout zb. Ignoriert werden. Wegen der Kosten.
Stell dir mal vor K PTBS und Burnout , die Rentenanträge / Rehaanträge wer da ein Anrecht darauf hätte.
Kosten und Gesundheit passen nicht zusammen. Der Mensch bleibt auf der Strecke.

Das waren eher rhetorische Fragen. Guck Dir an, was in den USA allein im Army-Bereich passieren musste, nachdem 1980 die klassische PTBS ins DSM-III aufgenommen wurde.

Zitat von Scheol:
Gibt es Literatur / Videos Betreff traumaheilung ? Gute habe ich meines Empfinden noch nicht gefunden.

Bei Trauma von Heilung zu sprechen finde ich schwierig. Wenn Du was lesen willst, dann z.B. Verkörperter Schrecken von Bessel van der Kolk oder auf Englisch: The Body keeps the Score. Von ihm gibt's auch nette Videos auf YT.

Zitat von Scheol:
Hatte letztens gelesen das angeblich 2/3 der Menschen die in den Staaten auf der Straße leben eine PTBS haben und Ex Soldaten sein sollen.

Kann ich mir sehr gut vorstellen.

Zitat von Scheol:
Gestern mich mit jemanden über k PTBS unterhalten der sagte , das dieser volkswirtschaftliche Schaden durch dieses k PTBS , Kindesmissbrauch , Gewalt in Familien , extrem hoch ist. Der größte Kostenfaktor in der Gesundheit. Man übersieht es als Laie denke ich schnell. Politiker wollen es vermutlich nicht sehen.

Natürlich geht es immer erstmal ums Geld. Außerdem müssten sich die Damen und Herren Politiker/innen dann auch Gedanken machen, wie so etwas möglich ist und wie man es besser verhindern kann. Das ist bei der komplexen PTBS schon schwierig genug. Guckt man sich zusätzlich noch so einen Bereich wie ritualisierte Gewalt an, wird es noch schlimmer. Das wird wahrscheinlich auch ein Thema bei der Aufklärung und Aufarbeitung dieser Kacke sein, die da gerade in Bergisch-Gladbach immer mehr an die Oberfläche kommt.
Zitat Michaela Huber: Weltweit wird mit Menschenhandel/Zwangsprostitution/P. genauso viel Geld gemacht wie mit Dro. und Waffenhandel zusammen. Das sagt schon einiges aus.

01.07.2020 17:27 • x 3 #244




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