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Gefühle sind nicht verhandelbar ?!

6rama9
Den Spruch Gefühle sind nicht verhandelbar halte ich für eine der gefährlichsten und zwei-schneidigsten Aussagen hier im Forum.

Nicht, weil die wörtliche Bedeutung des Satzes nicht im Großen und Ganzen korrekt wäre. Tatsächlich sind die meisten (allerdings nicht alle, dazu mehr weiter unten) Gefühle nicht einfach verhandelbar bzw. weg-diskutierbar. Man kann einem Gefühl nicht befehlen zu verschwinden, weder als Partner oder als vom Gefühl selbst Betroffener. Man kann auch nur schwer die Intensität eines Gefühls kontrollieren und lenken. Grundsätzlich gilt also schon, dass Gefühl nicht oder besser kaum verhandelbar sind. Ich selbst leider unter eine (milden) Phobie und verstehe sehr gut, dass z.B. ein Panikgefühl, sei es auch noch so irrational, nicht einfach wegdiskutiert und wegrationalisiert werden kann. Der Adrenalinschub der Phobie kommt unweigerlich, aber.

Dennoch lassen sich Gefühle auf 2 Weisen nachhaltig beeinflussen. Beide Vorgehensweisen lernen wir von Kindesbeinen auf und sind Schwerpunkte der Kindererziehung. Allerdings lernen wir diese beiden Techniken im Rahmen unserer Sozialisierung nur auf negative Emotionen anzuwenden. Und tatsächlich kommen wir damit im Normalfall geistiger Gesundheit hervorragend durch den Tag und miteinander aus. Wir können unsere Wut, unseren Hass, unsere Enttäuschung, unsere Gier (auch 6uell gemeint), sogar unsere Trauer kontrollieren und überwinden, indem wir:
Gefühle erkennen und analysieren
Aktionen bewusst einleiten

In anderen Worten, Gefühle per se sind nicht verhandelbar, aber die Aktionen und Ursachen sehr wohl. Und die Ursachenforschung und die getroffenen Aktionen beeinflussen wiederum die Intensität des Gefühls. Um auf meine Phobie zurückzukommen: Trifft mich der Adrenalin-Schock hilft durchatmen und rationalisieren (Fehlalarm, keine Gefahr, alles Einbildung). Bewusste Aktionen einleiten hilft und nicht dem Flucht-Reflex stattzugeben. Und nach ein paar Sekunden oder Minuten ist der Schreck vorbei. Ähnliches gilt bei allen negativen Gefühlen (mit Ausnahme wirklich traumatischer Gefühle), wir alle haben Methoden entwickelt, mit Hass, Zorn, Wut und Gier umzugehen. Wir haben es tatsächlich geschafft, diese Gefühle verhandelbar zu machen. Tagtäglich.

Wo wir an unsere Grenzen stoßen, ist dieses Doppel-Konzept (Gefühle analysieren und Aktionen kontrollieren) bei positiven Gefühlen anzuwenden. Genau da stoßen an unsere Grenzen, weil uns unsere Erziehung und Sozialisierung nicht beigebracht hat, positive Gefühle (wie z.B. Verliebtheit) zu verhandeln. Erschwerend kommt hinzu, dass es keinen natürlichen inneren Belohnungseffekt dafür gibt, diese Gefühle zu bekämpfen. Im Gegenteil forciert man die Entstehung eines negativen Gefühls (Trauer, Liebeskummer) auf Kosten eines guten Gefühls. Leider ist uns knapp 20 Jahre lang eingetrichtert worden, negative Gefühle zu bekämpfen.

Und genau diese Grenzen machen die eigene Fremdverliebtheit oder die des Partners zu einem so großen Problem in der Beziehung (oder die klassisch einseitig unerfüllte, unglückliche Liebe). Uns fehlen die Mittel dafür. Aber nur vermeintlich, denn die o.g. Vorgehensweisen (Gefühle analysieren und Aktionen kontrollieren) sind hier genauso erfolgreich, wenn auch wegen des negativen Belohnungseffektes, schwerer. Daher werden sie auch leider selten angewendet, vor allem nicht vom betroffenen Partner. Häufig wird dagegen versucht, das Gefühl an sich kleinzureden oder weg zu diskutieren. Aber natürlich funktioniert diese Form des Verhandelns nicht, denn ein Gefühl lässt sich eben nur indirekt effektive beeinflussen.

Was funktioniert ist: Die Gefühle annehmen und klare Aktionen vereinbaren. Als betroffener Partner kann vor allem der erste Punkt schmerzlich sein, als Fremd-verliebter der zweite Punkt. Ich bin überzeugt: Der Kampf gegen ein positives, starkes Gefühl, wie Verliebtheit ist schwer, aber erfolgreich machbar. Er fordert aber (zumindest im Falle der Fremdverliebtheit) beide Partner stark.

(Wenn ich Zeit finde und der Thread wenigsten minimales Interesse weckt, schreibe ich mal zusammen, welche grundsätzliche Vorgehensweise ich ganz persönlich und ohne Garantie auf Korrektheit bei Fremdverliebtheit des Partners für richtig halte.)

28.08.2018 08:37 • x 15 #1


_Tara_
Ja, hier - minimales Interesse.

Ich stimme der Aussage Gefühle sind nicht verhandelbar in bestimmten Bereichen zu.
Empfinde ich zum Beispiel keinerlei Lust mehr auf meinen Partner, ist die Leidenschaft für ihn komplett erloschen und tot, dann kommt das Verlangen nicht zurück. Auch nicht, wenn er nackig Handstand macht oder in sekksy Unterwäsche vor mir herumtanzt.
Oder wenn ich meinen Partner nicht mehr liebe. Wenn alle romantischen Gefühle weg sind - dann kann die auch niemand wieder herbeitherapieren. Und er kann noch so betteln und mich anflehen. Selbst, wenn ich es wollte - die Liebe kommt nicht zurück.
So, wie ich mir nicht aussuchen kann, in wen ich mich verliebe. Da steht der netteste Mann vor mir, er will mich, alles würde theoretisch so gut passen - aber es funkt einfach nicht. Trotz Rosen und Gedichten. Die Gefühle stellen sich einfach nicht ein.

Ich denke, dass das hier im Forum meist gemeint ist, wenn Gefühle sind nicht verhandelbar geschrieben wird?

28.08.2018 09:34 • x 12 #2


A


Gefühle sind nicht verhandelbar ?!

x 3


Luto
Den Satz Gefühle sind nicht verhandelbar kenne ich hier im Forum eigentlich nur für die Situation, dass Mann verlassen wurde, weil Frau die Liebe und Achtung verlor ... da gab's auch in 1000 Fällen genau keinen, wo irgendetwas verhandelt werden konnte... wenn Mann sich fremdverliebt, klar, kann er sich auch wieder entlieben... das gehört aber eher an den Stammtisch als hierher.

28.08.2018 09:37 • x 6 #3


P
Also ich finde diese Thema sehr interessant und werde diesen Thread gespannt verfolgen. Auch deine Ausführungen @6rama9 weiter oben finde ich schlüssig und informativ. Von dieser Seite aus habe ich das noch nie betrachtet.

In meiner 20 jährigen Ehe war ich auch des öfteren fremd verliebt. Ich habe es einfach ausgesessen und für mich verarbeitet. Auch habe ich mit meinem Mann, bis zu einem schweren Schicksalsschlag, eine sehr gute und erfolgreiche Ehe geführt. Wenn auch die Schmetterlinge nach zig Jahren nicht mehr flogen, hatten wir dennoch eine schöne gemeinsame Zeit. Wir sind bis heute freundschaftlich verbunden, haben uns aber, als die Kinder groß waren, gegen eine Fortführung der Ehe entschieden. Nicht weil ich die Verliebtheit vermisste, sondern weil ich so endlich mal ich selbst sein kann und mein Leben nach meinen Vorstellungen gestalten kann. Das würde ich für keinen Mann der Welt wieder aufgeben. Was nämlich noch viel weniger verhandelbar ist, als Gefühle, das ist der eigene Überlebenswille!

LG Pauline

28.08.2018 09:47 • x 3 #4


xMimox
Die Schwierigkeit sehe ich nicht darin, dass Gefühle nicht verhandelbar bzw. beeinflussbar wären, sondern darin, dass derjenige, der diese Gefühle hat, es selbst wollen muss - darüber hinaus dann noch das Wissen benötigt, wie das überhaupt funktioniert.
Und daran wird es in den allermeisten Fällen scheitern, nicht an einer vermeintlichen Unmöglichkeit.

Wie soll das auch funktionieren? So etwa: Du hast mich verlassen und sagst, dass du mich nicht mehr liebst - beschäftige dich mal mit Meditation, Bewusstseinserweiterung, Persönlichkeitsentwicklung, finde heraus, wie Gefühle entstehen und werde Herrscher über deine Gedanken!?

Mal abgesehen davon, dass dann gar nicht gesagt ist, dass nach einer Analyse dann eine positive Einschätzung über eine weitere Partnerschaft bzw. ein Liebesleben mit dem Verlassenen fallen muss - wovon viele ja ausgehen nach dem Motto ich bin doch aber gut für dich, siehst du das nicht?.

Die größte Hürde, wenn man sich denn mal selbst mit seinen eigenen Gefühlen und Gedanken auseinandersetzen möchte, ist die, dass man in dem Fall selbst Beobachter, Mittel und Objekt ist.
Zum Vergleich - ein Ornithologe ist in seinem Beruf/Hobby Beobachter, z.B. ein Fernglas das Mittel/Instrument und der Vogel ist das Objekt. Durch diese Teilung wird eine klare Sicht sehr viel einfacher. Denn wir selbst können eine Bewertung unserer Gedanken und daraus resultierend eine Beurteilung dieser immer nur aufgrund der eigenen Erfahrungen, der eigenen Sozialisierung, dessen, was wir gelernt haben, was vermeintlich gut und schlecht ist, was erstrebenswert und was weniger erwünscht ist, abgeben. Und genau da zeigt sich dann auch wieder, wie verschieden Menschen ticken. Was für den einen völlig ist, kann für den nächsten ein No-Go sein.

Das Wichtigste, wenn man sich denn selbst über seine Gefühle/Gedanken klar werden möchte, ist meiner Meinung nach, immer zu hinterfragen, ob das, was einem gerade das Hirn vorplappert, wirklich wahr, wirklich real ist. Das ist es nämlich in den allermeisten Fällen nicht, sondern es sind irgendwelche Mutmaßungen, Wünsche, Hoffnungen, Befürchtungen usw.. Wenn man sich dessen bewusst wird, sich auf den jetzigen Moment fokussiert, dann hat man schon viel gewonnen.

Zudem empfehle ich immer, auch negative Gefühle, wenn sie auftauchen, einfach freundschaftlich und friedvoll anzunehmen, in diese hineinzugehen und sich zu sagen Diese Gefühle sind für MICH da - sie sind nichts Schlechtes, sondern möchten mir etwas sagen - ich bin nicht Opfer, sondern Schöpfer meines Lebens! Da werden jetzt sicherlich einige die Stirn runzeln, weil das doch etwas esoterisch klingt. Aber der Sinn und Zweck dessen ist aber ganz einfach: Man arbeitet vor allem seine negativen Gefühle auf. Leider haben viele es gelernt, diese zu verdrängen, fressen all die Erlebnisse und Erfahrungen in sich hinein und lenken sich davon ab. So staut sich einiges unbewusst an, was dazu führt, dass irgendwann auch bei harmlosen Auslösern eine Überreaktion erfolgt bzw. alles herausbricht und man einfach unangemessen auf Dinge reagiert - und sei es nur mit Flucht (was bei Trennungen eben auch wieder relevant sein kann).

28.08.2018 10:31 • x 5 #5


Sabine
Zitat von 6rama9:
Wenn ich Zeit finde und der Thread wenigsten minimales Interesse weckt, schreibe ich mal zusammen, welche grundsätzliche Vorgehensweise ich ganz persönlich und ohne Garantie auf Korrektheit bei Fremdverliebtheit des Partners für richtig halte.


Tolles Thema

Ich versuchte es ja auch schon hier und da mal so anzusprechen. Das jemand sich fremdverliebt oder so, ich denke das kann man so nicht beeinflussen. Andere Gefühle an sich schon. Denn ich habe hier gelernt, dass man in seinem empfinden oft in einer anderen Realität steckt. Oder anders ausgedrückt, dass man eine Situation ganz anders wahrnimmt, als sie von anderen wahrgenommen wird. Zum Beispiel, weil man sich zu einer Aussage, einer Handlung sich seinen Teil denkt. Man spricht ja nicht immer jemanden darauf an.

Ich denke, dass man Aussagen oder Taten auch immer etwas mit der Grundeinstellung von sich zu jemanden hat, man selbst eben mehr positiv oder negativ Gefühle entwickelt. Und somit kommt man dann wieder zur Kommunikation und der Wahrnehmung an.

28.08.2018 10:37 • x 4 #6


_Tara_
Kurz zusammengefasst Gefühle sind nicht verhandelbar nochmal für meinen Teil:

Man kann Liebe und Leidenschaft weder herbeireden, noch wegdiskutieren.

So verstehe ich es.

28.08.2018 10:40 • x 4 #7


Sabine
Doch, sie sind verhandelbar, nur eben nicht in der selben Sekunde, in der sie auftauchen. Es geht doch dann darum, seine eigene Realität in Frage zu stellen. Und das geht, nach MEINEN Erfahrungen.

28.08.2018 10:51 • x 1 #8


V
Die Argumentation des TE geht meiner Ansicht nach an einem wesentlichen Punkt vorbei:

Gefühle sind gewissermaßen der Kompass unseres Lebens, der uns bei der Navigation durch ebendieses hilft, indem sie bestimmten Dingen oder auch Personen Bedeutungen beimessen und damit unsere Realität konstruieren helfen.

Die interessante Frage im Sinne des TE ist m.E. vor allem, warum uns z.B. ein Gefühl der Verliebtheit trotz scheinbar stabiler (Beziehungs-)Umgebung ereilt. Partnerwahl und Attraktivität sind kein Zufall. Oft spielen Projektion, Wiederholungszwang oder Reinszenierung eine wichtige Rolle und dahinter steckt ein nicht ausreichend erfülltes Bedürfnis. Daraus ergibt sich also vor allem die Frage, warum gerade diese Person gerade jetzt ein bestimmtes emotionales Schema mit einem dahinterliegenden Bedürfnis aktiviert / aktivieren kann.

Wie ich letztendlich mit der Emotion dann umgehe, ist eine ganz andere Geschichte. Wobei der Umgang damit wesentlich mit dem Ergebnis der oben beschriebenen Analyse zusammenhängt.

28.08.2018 10:55 • x 6 #9


6rama9
Zitat von victim_reloaded:
Die interessante Frage im Sinne des TE ist m.E. vor allem, warum uns z.B. ein Gefühl der Verliebtheit trotz scheinbar stabiler (Beziehungs-)Umgebung ereilt

Kann leider im Augenblick nciht auf die vielen interessanten Denkansätze eingehen. Aber hier nur zur Klarstellung: Mir geht es nicht um die Frage des Warum (im Falle der Fremdverliebtheit), sondern darum wie man mit einer an sich sehr positiven Emotion (Verliebtheit) in einer Partnerschaft so umgehen kann, dass die Partnerschaft erhalten bleibt oder sogar daran wächst und nicht zerbricht.
Zitat von Sabine:
Doch, sie sind verhandelbar, nur eben nicht in der selben Sekunde, in der sie auftauchen. Es geht doch dann darum, seine eigene Realität in Frage zu stellen. Und das geht, nach MEINEN Erfahrungen.

Die Aussage halte ich für eine Schlüsselaussage.

28.08.2018 11:09 • x 1 #10


V
Zitat:
wie man mit einer an sich sehr positiven Emotion (Verliebtheit) in einer Partnerschaft so umgehen kann, dass die Partnerschaft erhalten bleibt oder sogar daran wächst und nicht zerbricht.


Und weshalb sollte die Frage nach dem Umgang nichts mit der Frage nach der Ursache zu tun haben?
Wenn ich emotionsfokussiert arbeite, brauche ich für den Umgang mit dem entsprechenden Gefühl (i.d.R. ist das die Transformation) eine Ahnung bzgl. der Ursache und der Bedeutung. Dann kann ich es ggf. auch konstruktiv nutzen.

28.08.2018 11:25 • x 1 #11


Kabr
Definitiv interessiert.

Ich bin der Meinung, dass man dieses positive Gefühl - wenn man es denn bekämpfen will - im ersten Moment annehmen muss. Sich dessen klar werden ist wohl die erste sehr große Hürde. Für den/die Partner/in muss es aufrichtig in Ordnung sein, das dieses Gefühl angenommen werden darf.

Man ist, wenn man langjährige Beziehungen führt eh viel zu selten verliebt (nicht zu verwechseln mit Liebe). Warum also nicht einfach annehmen und genießen, wenn man während einer Beziehung (fremd)verliebt ist? Sein eigenes Handeln dabei im Rahmen der abgemachten Beziehungsregeln abstecken ist dabei natürlich ehrliche Voraussetzung.

28.08.2018 11:44 • x 2 #12


K
Mich belustigt ja eher immer der Zusatz Gefühle sind BEI FRAUEN nicht verhandelbar. Als wärs bei Männern anders. . ^^

28.08.2018 11:53 • x 4 #13


V
Zitat:
Gefühle sind BEI FRAUEN nicht verhandelbar. Als wärs bei Männern anders. . ^^


Dazu müssten Männer in der Lage sein, ihre Gefühle richtig wahrzunehmen, zu benennen und zu differenzieren.
Aufgrund des Y-Chromosoms gibt's da leider noch viel zu oft eine natürliche innere Barriere, die mit dem Selbst- und Rollenbild des betroffenen Mannes zusammenhängt.

28.08.2018 11:56 • x 5 #14


G
Wahrscheinlich bin ich zu einfach gestrickt.

Wenn ich liebe - liebe ich.
Wenn ich nicht mehr liebe - liebe ich nicht mehr und dann war's das auch für mich. Kein Reiz mehr, kein gar nichts, Ende, Aus.

28.08.2018 12:08 • x 9 #15


A


x 4




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