Zitat von Sommer21: es klingt so als hätte es von mir kommen können. Also ging es dir meistens um deinen eigenen toxischen Denkprozess? oder hast du besondere Dinge unternommen, die dir sehr geholfen haben (bis auf neue Hobbys suchen)?
Es ging mir leider nicht meistens um meinen toxischen Denk- und Verhaltensprozess. Das kapierte ich erst nach der letzten Beziehung, die mir klar vor Augen führte, dass das offensichtlich eine Wiederholung im Leben war. Ich erfuhr immer wieder, dass ich abgesägt wurde und sagte mir dann, dass ich nicht gut genug war, es nicht wert war, dass er bei mir blieb.
Nach der letzten kaputten Beziehung begriff ich endlich, dass es mit mir zu tun hatte und dass ich selbst viel ausgelöst hatte. Erst als ich bereit war, mein Beziehungsverhalten zu hinterfragen, meine Männerwahl anzuschauen, wurde mir klar, dass ich dort ansetzen muss,
Zitate (14)wo ich es kann: bei mir selbst.
Als ich die innere Bereitschaft dazu hatte, mein Verhalten anzuschauen und auch meine seltbstabwertenden Gedanken erkannte, begann sich etwas zu ändern. Ich merkte einfach, da ist was, was in mir geklärt werden muss. Durch die Hilfe eines guten Therapeuten (ich habe keine Therapie gemacht, war nur zweimal zu einem Beratungsgespräch dort) erfuhr ich, dass ich Dinge übernommen hatte und mir schon als Kind abgeschaut hatte, die mich selbst blockierten, Das Ergebnis war immer dasselbe: Du bist halt nicht gut genug, du reichst nicht, Du müsstest anders und besser sein, wobei ich nicht hätte sagen können, wie dieses anders und besser hätte aussehen können.
Im Grund genommen ließ sich alles auf ein schlechtes Selbstbild und ein schlechtes Selbstwertgefühl reduzieren. Und da kann man dann ansetzen und etwas für sich tun.
Es kam dann ein richtiger Prozess in Gang, der mich selbst erstaunte. Zum einen, identifizierte ich meine toxischen Denkmuster und immer wieder, wenn schlechte Gedanken kamen, schickte ich sie weg und sagte: ich brauch Euch nicht mehr, Ihr schadet mir nur, Ihr redet mir ein, dass ich nicht gut genug bin.
Und dann fing ich einfach an, die Denkmuster zu ändern. Das und jenes hatte ich gut gemacht, also bin ich doch auch nicht schlechter als andere. Ich legte den Fokus auf positive Dinge.
Dann wurde ich beruflich zu einer Art Nebenbeschäftigung, einer ehrenamtlichen Tätigkeit gerufen. Von anderen, das könntest Du doch übernehmen. Tja, was jetzt? Ich hatte nie vor, als Sprecherin meiner Sparte aufzutreten, Kontakte zu knüpfen, mit fremden Menschen zu reden. Aber ich tat es dann und sagte ja. Dachte mir erst, so wild wird das nicht werden, hatte mich aber getäutscht. Es war nicht einfach und zeitaufwändiger als gedacht. Aber dennoch, ich merkte, ich konnte das ja! Ich, wie kann das sein? Ich ging auf Kongresse, wo ich keinen bekannten Menschen erwartete und merkte, ich kann ja auch mit Fremden reden, es macht mir ja gar nichts aus! Ich merkte die Akzeptanz von anderer Seite. Und dann waren da noch zwei Termine im Ministerium. Niemals hätte ich gedacht, dass ich dort rein gehen würde und unsere Interessen vertreten würde. Und doch ging es und das sogar gut.
Auch privat änderte sich einiges. Ich wollte mich nach der letzten Trennung nicht einfach nur hängen lassen, Ich wollte mir beweisen, dass ich auch ohne die Pfeife von Ex. was mit mir anfangen konnte. Ich ging ins Theater, allein. Eigentlich ganz einfach, keine große Sache, aber für einen Menschen, der eine scheu davor hatte, öffentlich allein aufzutreten, eben doch. Und ich merkte, dass mir das sogar gefiel. Also weiter so! Ich ging ins Kino, auch allein. Wieso hatte ich mir immer gedacht, ach nö, allein ins Theater? Was denken dann andere, die muss ja allein gehen, die Arme. Was für ein Quatsch. Die anderen denken nichts oder sie denken sich was, was ich nicht wissen kann. Warum also sollte ich mir über so was Gedanken machen.
Und dann kam ein großer Kongress in Berlin. Wow Berlin! Toll, aber ich bin eine Provinzpflanze. Wie sollte das gehen? Berlin war schon eine Art Sehnsuchtsort und ich hatte immer gehofft, mein Ex., der schon oft in Berlin gewesen war, würde es mir zeigen, mit mir Dinge unternehmen. Ich hatte Angst davor, dass ich mich allein fühlen könnte, womöglich unglücklich in meinem Hotelzimmer. Die Trennung war zwar schon eine Zeitlang her, aber über den Berg war ich noch nicht. Was, wenn er auch dort war? Wie würde ich das verkraften ihn zu sehen?
Eine innere Stimme sagte mir, mach das einfach! Zieh nicht den Sch... ein und bleib vor Feigheit daheim. Und dann buchte ich meine Bahnfahrt, mein Hotel und meldete mich an.
Und dann war alles so einfach. Ich war jeden Abend mit Kollegen unterwegs, auf dem Kongress, sprach mit Firmen und Kollegen und staunte über mich selbst. Der Ex war nicht gekommen. Ich beschloss, dass er mir aus dem Weg gehen wollte, denn dieser Gedanke gefiel mir. Vor Freude blieb ich noch drei Tage allein in Berlin und schaute mir vieles an.
Seither war ich immer wieder mal einige Tage in Berlin und das allein. Das tut mir gut, denn ich beschließe, was ich mache und brauche mich nicht abzusprechen und anzupassen. Ich könnte mich sogar für das ein oder andere Treffen verabreden, aber das will ich gar nicht. Ich will diese Tage nur für mich und ohne Zwänge und Termine leben können.
Es kamen einfach Dinge in mein Leben, die mir mehr Selbstvertrauen brachten. Aber ich tat auch viel für mich und übte immer wieder, negative Gedanken durch positive zu ersetzen. Ich muss nicht alles können, aber ich bin gut genug und keinesfalls schlechter als andere.
Ich begann mich zu mögen. Das ist der Schlüssel zu einem besseren Leben.
Fange da an, wo Du es kannst. Bei Dir. Dort kannst Du was bewirken, bei anderen Menschen nicht. Die ändern sich nicht, weil Du sie gerne anders hättest. Sie sind wie sie sind und Du kannst entscheiden, ob Du Zeit mit ihnen verbringen willst oder nicht.
Du kannst das auch, es ist einfacher als gedacht. Geh raus, überlege Dir, was mache ich denn gerne? Und dann tue es. Das gibt Selbstvertrauen und auch die Achtung vor Dir selbst steigt. Ich bin ja gar nicht so, wie ich immer dachte? Ich bin ja viel besser als ich immer meinte.
Und mache Dir keine Gedanken darüber, was andere von Dir denken könnten. Das kannst Du nicht wissen und es ist auch egal. Denn wichtig ist nur, dass Du lernst, dass Du Dich in Deiner Haut wohlfühlen darfst, mit allen Ecken und Kanten, mit allen Talenten und auch allem Unvermögen. Achte auf Deine Umwelt, auf Deine Mitmenschen, auf Deine engeren Kontakte. Wenn Du merkst, da läuft was nicht rund, da fühle ich mich nicht wohl damit, dann gehe. Es passt nämlich sonst keiner auf Dich auf außer Dir selbst.
Übe eine positive Selbsteinschätzung. Natürlich sind da auch Dinge, die nicht so gut laufen, aber man kann auch hier den Verlauf steuern und die eigene Einstellung ändern.
Du kannst Dir selbst mehr helfen als Du glaubst.